VDS-Infobrief 20. Woche
1. Presseschau vom 12. bis 18. Mai 2017
Neues auf Althochdeutsch
Die Letzte ihrer Sprache
Gender-Sternchen bei der Berliner FDP
Dialekt in der Umgangssprache
Sprachlos auf der Arbeit
2. Berichte
3. VDS-Termine
4. Literatur
Verbotene Bücher für die documenta
Deutsch in Dänemark
5. Denglisch
1. Presseschau vom 12. bis 18. Mai 2017
Neues auf Althochdeutsch
Der österreichische Handschriftenexperte Martin Haltrich hat Ende 2012 im Benediktinerstift Admont zwei Seiten einer bisher unbekannten Abschrift des „Abrogans“ entdeckt, wie er letzte Woche auf einer Tagung bekanntgab. Das neue Fragment kann auf den Zeitraum zwischen 790 und 810 datiert werden und entstand vermutlich im Stift Mondsee, einem Wissenszentrum Karls des Großen.
Beim „Abrogans“ handelt es sich um eine Sammlung lateinischer Wörter, denen jeweils die deutschen Entsprechungen beigefügt sind. Germanisten besitzen damit eine Quelle von ca. 4000 althochdeutschen Wörtern wie z.B. dheomoti (demütig), samfmuoti (sanftmütig), finstar (finster) und era (Ehre).
Das „Ur-Abrogans“ (ca. 770) ist verschollen und gilt als das älteste Buch in deutscher Sprache. Weitere Abschriften liegen in Bibliotheken in St. Gallen, Paris und Karlsruhe, das umfangreichste und älteste erhaltene Fragment in der Stiftsbibliothek St. Gallen (Schweiz).
Karl-Heinz Göttert, emeritierter Sprachhistoriker der Universität zu Köln kommentierte den Fund in der Welt: „Schön, dass man sich dafür interessiert. Auch wenn Kenner nicht von einer Sensation sprechen werden, freut man sich über die Aufmerksamkeit für die deutsche Sprache mitten in einem Wahljahr mit Brexit und Trumpismus. Das ist doch einmal eine gute Nachricht.“ (magazin.spiegel.de, welt.de, e-codices.unifr.ch)
Die Letzte ihrer Sprache
Die 89-jährige Christina Calderón vom Volk der Yámana auf Feuerland bekam 2009 von der chilenischen Regierung den Titel „lebender menschlicher Schatz“ verliehen. Denn sie beherrscht als einzige noch die Sprache Yagan fließend. Calderón bemüht sich, ihre Kenntnisse an ihre Nachkommen weiterzugeben. Rund hundert Ureinwohner leben heute noch auf Feuerland. Sie leben vom Tourismus, dem Kunsthandwerk und der Saisonarbeit. Als Mitte des 19. Jahrhunderts europäische Siedler auf die Insel kamen, waren es noch 3000. (n-tv.de)
Gender-Sternchen bei der Berliner FDP
In Berliner Bezirken geht der Streit um das Gender-Sternchen weiter. Obwohl die FDP eine „Pflicht zum Gendern“ in der Bezirksverordnetenversammlung Mitte ablehnt, schrieb der Fraktionsvorsitzende Felix Hemmer in einer Erklärung „professionelle Anbieter*innen“. Dies nahm die Boulevardzeitung B.Z. zum Anlass für einen kritischen Kommentar: „FDP kippt um“. Dem folgte ein Sturm der Entrüstung per E-Mail und in den sozialen Netzwerken an die Adresse des FDP-Politikers, sodass er schließlich seine Internetseite zeitweilig vom Netz nehmen musste.
Die Fraktionen in den Bezirksparlamenten sind sich uneinig, ob Anträge und Vorlagen behandelt werden sollen, die nicht geschlechtergerecht formuliert sind. In Lichtenberg wurde ein Antrag aus diesem Grund zuletzt abgelehnt. (tagesspiegel.de, bz-berlin.de)
Dialekt in der Umgangssprache
Fastnacht oder Karneval? Boden oder Bühne? Gelbe Rübe oder Karotte? Der Dialekt verrät, wo man herkommt. Die Zeitung Die Welt veröffentlicht auf ihrer Internetseite eine Umfrage, mit der die eigene sprachliche Herkunft ermittelt werden kann. Sie verwendet dazu Fragen des Pilotprojekts „Umfrage zum regionalen Sprachgebrauch“ der Universität Salzburg, das die Stellung des Dialekts in der Umgangssprache erforscht. (welt.de)
Sprachlos auf der Arbeit
Im Land der Dichter und Denker können rund 14,5 % der Erwachsenen Texte nur teilweise oder gar nicht verstehen. Der Deutschlandfunk berichtet darüber, welche Probleme die Betroffenen im Berufsleben haben. Die Ursachen für „funktionalen Analphabetismus“ sind oft längere Fehlzeiten in der Schule oder schlechte Förderung der einzelnen Schüler. Viele Analphabeten kommen danach als Hilfsarbeiter in Branchen unter, die Schreib- und Lesekompetenzen nicht zwingend voraussetzen. Aber auch in Logistik- und Entsorgungsunternehmen kommt immer mehr EDV zum Einsatz. Wirtschaftsverbände haben das Problem zwar erkannt und bieten neben der Arbeit Alphabetisierungskurse an. Besonders in ländlichen Regionen seien diese Angebote jedoch selten, so der Bericht im Deutschlandfunk. (deutschlandfunk.de)
2. Berichte
Konzert in Berlin
Marén Berg, bekannte deutsch-französische Sängerin und VDS-Mitglied, gab am vergangenen Wochenende ein Konzert in Berlin-Falkensee. Begleitet von Gitarre und Akkordeon interpretierte sie Lieder unter anderem von Anne Sylvestre, Joseph Cosma, Bettina Wegener, Konstantin Wecker und Wolf Biermann. Die Veranstaltung „Résister – Widerstehen“ und erinnerte an die Opfer der Attentate in Berlin und Paris. (marenberg.com)
3. VDS-Termine
24. Mai, Region 56 (Koblenz)
Mitgliederversammlung mit Wahl der Regionalleitung, Vortrag Prof. Borck über „Deutsch als Amtssprache“
Zeit: 18:00 Uhr
Ort: Kurt-Esser-Haus, Zweiter Stock, Markenbildchenweg 38, 56068 Koblenz
27. Mai, Region Afrika (Elfenbeinküste)
Mitgliederversammlung mit einem Vortrag des Leiters (Franck Adam Kakou): „Engagement für gutes und verständliches Deutsch“
Zeit: 16:00 Uhr
Ort: Abengourou
4. Literatur
Verbotene Bücher für die documenta
Die argentinische Künstlerin Marta Minujin sucht für ein Kunstwerk Bücher, die irgendwo auf der Welt verboten sind oder verboten waren. Sie möchte auf der documenta einen „Parthenon der Bücher“ erbauen, also einen Nachbau des berühmten Tempels auf der Athener Akropolis. Die documenta findet wie immer in Kassel und in diesem Jahr erstmals gleichzeitig auch in Athen statt. Verlage und Privatpersonen haben bereits 42.000 Bücher gespendet. 10.000 fehlen noch, die an das Gerüst gehängt werden sollen. Die Säulen der nachgebauten Akropolis sind zehn Meter hoch. 14 Säulen sind bislang nicht mit Büchern verkleidet. Zum Ende der Ausstellung sollen die verbotenen Bücher an Besucher verteilt werden. (deutschlandfunkkultur.de)
Deutsch in Dänemark
Die deutsche Sprache wird in Dänemark sehr ernst genommen. Nach Englisch ist sie die beliebteste Fremdsprache. Bereits in der „folkeskole“, die Vorschule, Grundschule und Sekundarstufe I miteinander vereint, werden die Kinder an die deutsche Sprache herangeführt und somit schon früh für Sprache und Kultur des Nachbarlandes begeistert. Über „Deutschunterricht in Dänemark“ hat VDS-Mitglied Anne-Marie Fischer-Rasmussen ein Buch geschrieben, das nun im IFB Verlag erschien.
Anne-Marie Fischer-Rasmussen: Deutschunterricht in Dänemark, 2017, 70 Seiten, 19,00 € bzw. 200,00 DKK, ISBN 978-3-942409-65-0
5. Denglisch
Kritik an VW-Denglisch
Mit der Begründung, internationaler werden zu wollen, hat der Autokonzern VW vor einigen Monaten angekündigt, im „Top-Management“ Englisch künftig als erste Unternehmenssprache einzuführen. Die Stiftung Deutsche Sprache verkaufte daraufhin ihre VW-Aktien. Auf der Hauptversammlung in Hannover am 10. Mai hat sich nun VDS-Mitglied und VW-Aktionär Geert Teunis zu Wort gemeldet und das Denglisch des Konzerns kritisiert. „User experience“ und „Automated driving“ seien nur ein paar von vielen Begriffen, mit denen der Kunde nichts anfangen könne, so Teunis. Zusammen mit der TU Braunschweig hatte er 2012 im Auftrag von VW ausgewählte Passagen eines Geschäftsberichts und einer Passat-Betriebsanleitung auf seine Verständlichkeit hin untersucht. VW habe den Abschlussbericht zwar hoch gelobt, die Ergebnisse aber nicht umgesetzt – vor allem, weil „sich oft die englischen Begriffe durchgesetzt“ hätten, so VW-Vorstandschef Matthias Müller. Müller versprach ein baldiges Gespräch mit Teunis, um sich des Problems anzunehmen.
Der VDS hat eigens eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die seit 2010 Hauptversammlungen von Aktienunternehmen aufsucht, um sie für die eigene Sprache zu sensibilisieren.
(vds-ev.de/pressemitteilungen, vds-ev.de/deutsch-in-verwaltung-und-wirtschaft)
Aktualisierung: Einige Beiträge wurden am 26.05.2017 korrigiert
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Verein Deutsche Sprache e. V. Dortmund
Redaktion: Anna Beckmann, Lea Jockisch, Holger Klatte
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