Infobrief vom 4. September 2023: Deutsch ist nicht unternehmerfreundlich

1. Presseschau

Deutsch ist nicht unternehmerfreundlich

Die deutsche Wirtschaft habe es zur Zeit sehr schwer, schreibt der ehemalige Chefredakteur der Salzburger Nachrichten, Ronald Barazon, in einem Beitrag in den Deutschen Wirtschaftsnachrichten. Das liege an der aktuellen wirtschaftlichen Lage und häufig auch an der Bürokratie, da könne einem die Freude am Unternehmersein vergehen, so Barazon. Allerdings steht der Unternehmer auch sprachlich im Niemandsland. Im Gegensatz zu Berufen wie Feuerwehrmann, Krankenschwester oder Lehrer kann man sich unter dem Begriff „Unternehmer“ meist nichts Konkretes vorstellen. Das liegt vor allem an der misslungenen Übersetzung aus dem Französischen. Das Urwort sei „entreprise“, im übertragenen Sinne „jemand, der zupackt, etwas in die Hand nimmt“. Die wortwörtliche Übersetzung undertaker hat jedoch eine andere Bedeutung: Sargtischler. Dem englischen Manager bescheinigt Barazon einen höheren Stellenwert als dem deutschen Unternehmer, ihm werden besondere Fähigkeiten und ein Expertenstatus zugesprochen. Der Unternehmer hingegen bleibe in seiner Bedeutung eher blass. Dem Begriff müsse zu mehr Selbstverständlichkeit verholfen werden. Ein Weg könnte sein, jungen Menschen klar zu machen, dass ein Unternehmer eine Art Abenteurer ist – zwar nicht bei der Erschließung neuer Regionen oder der Erkundung des Meeres, sondern beim Schaffen und Führen eines Betriebes. Auch diese Herausforderung lohne sich. (deutsche-wirtschafts-nachrichten.de (Bezahlschranke))


Erste gehörlose Professorin in Deutschland

In den USA ist es längst Usus: Nachrichtensendungen, kulturelle Veranstaltungen und Vorträge werden wie selbstverständlich auch in Gebärdensprache übertragen. In Deutschland ist das eher die Ausnahme, doch der Bedarf sei da, sagt Sabine Fries. Sie ist die erste gehörlose Professorin in Deutschland, an der Hochschule in Landshut unterrichtet sie den Nachwuchs der Gehörlosendolmetscher. Der Bedarf sei immens, so Fries. Auch wenn das Verständnis für Gehörlose in der Gesellschaft schon viel größer geworden sei, die Inklusionsmaßnahmen der Bildungspolitik beschränkten sich häufig darauf, „taube Menschen mit noch besseren Geräten hörend zu machen oder noch besser lautsprachlich kommunizieren zu lehren“, sagt Fries. Letztlich blieben sie immer noch von vielen Informationen ausgeschlossen. Auch an Schulen sei das Problem stetig vorhanden. Wenn ein Kind eine Regel- statt Förderschule besuchen soll, ginge es nur über ‚Einzelintegration‘: Die Eltern müssen selbst einen Gebärdendolmetscher besorgen und oft auch für die Vergütung aufkommen. Da fehle ein systematisches Unterstützungssystem. (sonntagsblatt.de)


Hunde- und Babysprache ähneln sich

Hunde- und Babysprache ähneln sich mehr als angenommen. Forscher der ungarischen Eötvös Loránd Universität in Budapest haben jetzt festgestellt, dass Hunde besonders dann gut auf eine Ansprache reagieren, wenn die Besitzer ihre Sprache so modulieren wie beim Umgang mit einem Baby. Hier variieren Sprechmelodie und Sprechweise klarer und häufiger. Auf entsprechende Beispielsätze reagierten Hunde aufmerksamer als auf kühl-sachliche Ansprachen. Die Forscher vermuten dahinter zwei Phänomene: Zum einen könnte die unerwartete Prosodieempfindlichkeit der Hunde auf eine uralte und universelle Sensibilität im Tierreich zurückgehen, die mit einer größeren Aufmerksamkeit für höhere Töne und Veränderungen in der Sprache verbunden wäre. Zum anderen könnte die Reaktion auch spezifisch für Tiere sein, die in der Umgebung von Menschen leben und bei denen Sprache ein Teil der natürlichen Umweltreize ist. Diese Erkenntnisse liefern Hinweise auf den Einfluss der Domestizierung und die Fähigkeit der Tiere, verbale Kommandos zu verstehen. (petbook.de)


Bildungsniveau sinkt

Laut einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) hat sich das Bildungsniveau in Deutschland „dramatisch verschlechtert“. Die Entwicklungen wurden im „Bildungsmonitor 2023“ der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) festgehalten. Der Bildungsmonitor vergleicht den Bildungsstand anhand verschiedener Kategorien wie Lernerfolg, Bildungsinfrastruktur oder Betreuungsrelation. Demnach fehlt es in Deutschland an Qualität beim Ganztagsangebot sowie an der gezielten Förderung bildungsferner Haushalte. Im internationalen Vergleich gelinge es anderen Ländern besser, den Bildungserfolg von der familiären Herkunft zu entkoppeln. Vor allem beim Lesen, Zuhören und der allgemeinen Sprachkenntnis gebe es erhebliche Mängel. Am schlechtesten schnitten beim Langzeitvergleich die Viertklässler aus Brandenburg, Berlin und Bremen ab. Sachsen, Bayern und Thüringen bilden zwar die Spitze, jedoch sank das Bildungsniveau in den beiden östlichen Bundesländern im Vergleich zum Vorjahr. (zdf.de)


2. Gendersprache

Robuste Rhetorik

Zwangsstörungen, Rechtslastigkeit, Ablehnung der Gleichberechtigung – der Germanist und Autor Fabian Payr dokumentiert in einem Beitrag in der FAZ eine Verschärfung der Vorwürfe gegen Kritiker der Gendersprache. Nicht gegen Argumente oder Meinungen, sondern zunehmend gegen die Person richteten sich die Angriffe. „Wer darauf umschwenkt, sich in unredlicher Weise an der Person des Gegners abzuarbeiten oder ihn zu beleidigen, dem sind mit hoher Wahrscheinlichkeit die Sachargumente ausgegangen“, so Payr. Zu denen, die in jüngster Vergangenheit in das „rhetorisch robuste Register“ gewechselt seien, gehören der SPIEGEL-Kolumnist Sascha Lobo, der Direktor des Leibniz-Instituts für deutsche Sprache Henning Lobin und der Berliner Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch. Für Payr wird sichtbar, dass zentrale Mythen der feministischen Linguistik nach und nach entweiht werden: Der „Kaiser Gendersprache“ stehe ziemlich nackt da. (faz.net (Bezahlschranke))


Verblendung durch Gendern

Gut gemeint, aber alles andere als gut gemacht – diese Bilanz zieht Michael Andrick in der Berliner Zeitung zum Gendern. Es sei eine ideologische Sprach-Korrektur, die durchaus positive Ziele verfolge: „Sie (Anm.: die Korrektoren) wollen Diskriminierung abbauen, alle Perspektiven würdigen, Minderheiten Aufmerksamkeit verschaffen oder Ähnliches. Dennoch ist ihr Handeln moralisch niederträchtig und politisch heimtückisch; sie irren sich über ihr Tun.“ Wer gendert und es anderen aufzuerlegen versucht, gehe mit den Mitbürgern nicht auf Augenhöhe um, sondern maße sich ungefragt eine Erzieherrolle an – das verletze den moralischen Grundsatz gegenseitiger Rücksicht unter Gleichwürdigen. (berliner-zeitung.de (Bezahlschranke))


Jürgen von der Lippe gegen Gendern

Jürgen von der Lippe gilt als Urgestein der deutschen Humorszene. Als jemand, der von Berufs wegen Sprache auf unterschiedliche Weise bespielt, um seinem Publikum ein Lachen zu entlocken, weiß er um die Bedeutung von Verständlichkeit. In einem Interview mit dem Merkur bemängelt er vor allem die Klarheit, die verloren geht, wenn man das generische Maskulinum verdammt: „Eine fehlerhafte Berichterstattung war, als geschrieben wurde: Alexander Zverev war der erste deutsche Tennisprofi, der Olympia gewonnen hat. Das ist nicht korrekt. Der erste deutsche Tennisprofi, der Olympia gewonnen hat, war Steffi Graf. Jetzt denken Sie sich mal das generische Maskulinum weg, dann können Sie das nicht sagen“, so von der Lippe. Er sieht das Gendern im Zusammenhang mit der political correctness, die an einem Umstand selbst nichts verbessere, sondern den Misstand immer wieder neu diskutiere: „Man ändert doch nichts, wenn man mit sprachlich unsinnigen Sachen kommt und den Leuten damit auf den Sack geht. Das ist kontraproduktiv. Und beim Gendern ist es einfach so, dass die Sprache verhunzt wird, weil das Gendern schlicht falsch ist.“ (merkur.de)


Buch gibt Einblicke zur Geschichte des generischen Maskulinums

Der Sprachhistoriker Eckhard Meineke beleuchtet in seinem neuen Buch „Studien zum genderneutralen Maskulinum“ die Geschichte des generischen Maskulinum und geht dabei zurück bis ins Indogermanische. Im Vergleich mit der Geschichte des Genderns in den beginnenden 1970er Jahren kommt er zu dem Schluss, dass das Gendern ein Missverstehen der Geschlechtsneutralität ist. Die Überzeugung, Begriffe wie „Wähler“ oder „Arbeitnehmer“ seien männlich, habe sich bei vielen Gender-Befürwortern tief eingeprägt. Es passe nicht in ihre Agenda, dass ein Begriff ohne Geschlecht auskommt. Dabei sei das geschlechtsneutrale Maskulinum seit zwölfhundert Jahren im Gebrauch, es markiere keinen punktuellen Gebrauch, sondern beschreibe allgemeine Eigenschaften: „‚Arbeiter‘ ist in seiner Grundbedeutung sexusneutral und wird dort verwendet, wo es auf die Geschlechtszugehörigkeit nicht ankommt. Erst die Endung -in verleiht dem Mitglied der Arbeiterklasse ein Geschlechtsmerkmal und unterscheidet so die ‚Arbeiterin‘ von ihrem männlichen Pendant“, schreibt Wolfgang Krischke in seiner Rezension in der FAZ. Diese Art von Asymmetrien gäbe es auch bei anderen sprachlichen Fällen: Das Präsens sei unmarkiert, es kann die Gegenwart (Er kocht gerade das Essen), die Zukunft (Übermorgen kocht er das Essen) oder auch Zeitlosigkeit (Wasser kocht bei hundert Grad) bezeichnen. Auch der „Tag“ habe verschiedene Bedeutungen: Es kann damit die Zeitspanne der Erdumdrehung, aber auch der Zeitraum, in dem es hell ist, gemeint sein. Die Genderlinguistik ignoriere das aus einer ideologisch motivierten Strategie heraus: „Sie ziele darauf ab, den genderneutralen Maskulina ihren sprachsystematischen Charakter abzusprechen, um sie zum Ausdruck männerdominierten Sprachgebrauchs erklären und politisch aufladen zu können.“ (faz.net (Bezahlschranke))

Kultusminister auf Sonderweg

Sonderzeichen sollen nicht etwa durch die Hintertür eingeführt werden, so kann man Josef Lange, den Vorsitzenden des Rats der deutschen Rechtschreibung verstehen. Er sieht „mit Sorge, wenn einzelne Länder in der Bundesrepublik von der einheitlichen Rechtschreibung im deutschen Sprachraum abweichen.“ Das berichtet dpa, zitiert in der Zeit. Lange erinnert daran, dass es Sonderzeichen innerhalb eines Wortes wie Doppelpunkt, Unterstrich oder Gendersternchen in der deutschen Rechtschreibung eben nicht gebe. „Sie führen zu nicht unerheblichen grammatischen Problemen, weil Sätze dadurch entweder nicht korrekt sind oder hoch kompliziert werden“, wird Lange von der Zeitung zitiert: Sprache müsse verständlich, vorlesbar und übersetzbar sein. Anlass zu Langes Sorge ist offenbar der Sonderweg des niedersächsischen Kultusministeriums, welches diese Zeichen nicht als Verstoß gegen die Sprachrichtigkeit wertet. Immerhin dürfen die Lehrer die Schüler auch nicht zur Verwendung der Sonderzeichen nötigen. (zeit.de)


3. Sprachspiele: Wort-Schätze

Ekelig und widerlich – herrlich!

„Wir müssen ekelig sein.“ Dieser kernige Fußballtrainerspruch erlebt seit der letzten Bundesligasaison eine Renaissance. Und zwar durch Thomas Letsch, den Coach des VfL Bochum, der ihn regelmäßig in Pressekonferenzen als Motto fürs jeweils anstehende Spiel auslobte. Sprachlich interessant an diesem Satz finde ich den rhetorischen Kniff, einen eigentlich negativ konnotierten Begriff in etwas Erwünschtes umzukehren.

„Ekelig“, das sollte jeden Menschen instinktiv abstoßen. Erst recht Fußballästheten. Der Fan des VfL Bochum aber ist in der Regel kein solcher (sonst wäre er z. B. Fan von Manchester City), daher kommt die Kampfansage positiv an. Obwohl es doch eigentlich Konsens sein sollte, dass Ekel etwas zutiefst Unangenehmes ist, und auch, dass es nicht Teil eines sportlichen Wettkampfes sein sollte, derlei Empfindung zu erzeugen, nicht einmal beim Gegner: Man stelle sich nur vor, ein Spieler rufe seinem Gegenspieler „Guck mal!“ zu, um sich sogleich vor dessen Augen einen Finger erst ins Nasenloch und dann samt dort erbeutetem Inhalt in den Mund zu stecken. Derlei aber meint Herr Letsch zum Glück auch nicht, wenn er von seinen Spielern verlangt, ekelig zu sein. Der Hintergrund lässt sich vielmehr so skizzieren: Im allwöchentlichen Kampf gegen die Goliaths der Branche gilt es für die kleineren Vereine seit jeher, mangelnde technische Finesse durch Leidenschaft, Einsatzwillen und ein gehöriges Maß an Härte zu kompensieren. Jeder David braucht nun mal eine Steinschleuder. Und so waren diese Qualitäten als effektives Gegenmittel zu spielerischer Genialität stets ein geachteter Teil des Fußballkosmos. Das zeigen etwa die durchaus respektvoll gemeinten Spitznamen „Terrier“ für den 1974er Weltmeister Berti Vogts und „Eisenfuß“ für die 2023 verstorbene Werder-Bremen-Legende Horst-Dieter Höttges. Über letzteren urteilte einst voller Hochachtung der seinerseits legendäre Gerd Müller: „Einer der unangenehmsten Gegenspieler, gegen den (sic) ich antreten musste.“ Und so wird ein Stollenschuh draus, denn von „unangenehmen Wadenbeißern“ zur „ekeligen“ Spielweise ist es nur ein kleiner sprachlicher Schritt.

Die Wirkung rhetorischer Stilmittel besteht, meine ich, meist in einem Aufmerksamkeit erzeugenden Bruch mit Sprachkonventionen. Da ist es kein Wunder, dass auch die hiermit so genannte „Letsch’sche Konnotationsumkehrung“ kein (medialer) Einzelfall ist. Man denke etwa an jenen Werbespruch, der einst einen Zeitgeist einfing oder gar (mit-)begründete und ihn zugleich als Motto begleitete und prägte: „Geiz ist geil.“ Ja, jener Geiz, der bis dato als fieser Charakterzug galt, als Antagonist von „Freigiebigkeit“ und „Großzügigkeit“ und zugleich als böser Stiefbruder der „Sparsamkeit“ und „Genügsamkeit“. Nachdem am ersten Spieltag der neuen Bundesligasaison der VfB Stuttgart weder mit Spielfreude noch mit Toren gegeizt und dem ekelig hilflosen VfL Bochum großzügige fünf Gegentreffer eingeschenkt hatte, rüstete Thomas Letsch verbal auf: „Wir wollen“, kündigte er nunmehr in der Pressekonferenz vor dem anstehenden Revierderby gegen Borussia Dortmund an, „widerlich sein“. Und prompt gelang mit einem 1:1-Unentschieden der erste Achtungserfolg. Als Fan des VfL Bochum und Besitzer eines Synonym-Lexikons sehe ich dem weiteren Saisonverlauf jetzt zuversichtlich entgegen: Wir werden weiter punkten, wenn wir nur scheußlich und abscheulich genug sind, wenn wir unerträglich, schauderhaft und widerwärtig bleiben. Ja, eine herrliche Spielzeit wird das, denn wir werden jederzeit grässlich sein, entsetzlich und abstoßend, verabscheuungswürdig und einfach zum Kotzen!

Christian Hirdes aus Bochum (geb. 1974) ist seit knapp 20 Jahren hauptberuflich als Musikkabarettist, „komischer Poet und Wortakrobat“ tätig und auf Comedy-, Kabarett- und Varietébühnen zu Hause. Neben einigen TV-Auftritten (z. B. bei „Stratmanns“ und „TV total“) und dem Gewinn renommierter Kleinkunstpreise wie dem Prix Pantheon, der St. Ingberter Pfanne und dem Ruhrgebietspreis „Tegtmeiers Erben“, hat er auf seinem durch die Liebe zu Musik und Sprache geprägten Lebensweg auch ein nach vielen Jahren erfolgreich abgebrochenes Germanistik-Studium vorzuweisen.


4. Kultur

Edda Moser über Lied-Traditionen

VDS-Ehrenmitglied Edda Moser hat am Rande ihres Meisterkurses in Torgau ein Interview mit der FAZ geführt und dort auch die Stellung der deutschen Sprache in der Oper thematisiert. Moser ist der Ansicht, dass die kulturtragenden Institutionen ausdrücklich in der Pflicht stehen, deutschsprachige Opern, Operetten, Oratorien und Lieder als „besondere(s) Erbe zu pflegen“. Das deutsche Lied werde aber „sträflich vernachlässigt“, insbesondere die „Kommunikationsform Liederabend“. „Da drohen Traditionen abzureißen, deren Verlust wir erst spüren werden, wenn sie nicht mehr da sind“, sagt Edda Moser. Sie verweist auch auf eine Gegenmaßnahme: das Festspiel der deutschen Sprache in Bad Lauchstädt, welches gerade begonnen hat. (zeitung.faz.net, goethe-theater.com)


Mehr ukrainische Bücher

In der ukrainischen Stadt Charkiw wird hauptsächlich Russisch gesprochen. Bereits vor dem Krieg begann jedoch die Tendenz zur „Entrussifizierung“. Der Buchhändler Oleksandr Sawtschuk berichtet, dass mittlerweile immer mehr Bücher in ukrainischer Sprache verlegt und gekauft werden. „Die Menschen kaufen ukrainische Bücher als Zeichen ihrer Identität“, erklärt Sawtschuk. Für viele Leute in Charkiw sei es nun wichtig, nicht mehr die Sprache ihrer Unterdrücker zu sprechen. (de.euronews.com)


„trans“

Hermann Unterstöger erklärt im „Sprachlabor“ der Netzausgabe der Süddeutschen Zeitung, wie das Adjektiv „trans“ zu verwenden ist. Laut Duden sei „trans“ die Kurzform von „transgender“ und somit den indeklinablen Adjektiven, ähnlich wie „lila“, „klasse“, „prima“ oder „super“, zuzuordnen. Die Schreibweise von „trans Personen“ falle jedoch im allgemeinen Sprachgebrauch weiterhin unterschiedlich aus. Die Variationen reichten von „Transmann/-Frau“, „trans Mann/Frau“ bis hin zu „trans* Mann/Frau“. Unterstöger öffnet den Blick dafür, dass es sich bei „trans“ bei einer so großen Anzahl an Möglichkeiten womöglich um eine „Trans-Wortart“ handeln könnte. (sueddeutsche.de)


5. Soziale Medien

Knuddeln dringend nötig

In einem Artikel in der FAZ (siehe oben) beschreibt der Autor Fabian Payr die aktuelle Atmosphäre zwischen Genderbefürwortern und -gegnern. Nachdem sich immer häufiger Kritiker des Genderns finden, Verwaltungen und Medien beim Gendern zurückrudern und auch der Rechtschreibrat erneut deutlich Stellung bezogen hat, werden die Gender-Fans nicht müde, ihre Überzeugung verstärkt in die Welt zu tragen. Wer nicht gendert, so der Tenor, ist rückwärtsgerichtet und gegen Geschlechtergerechtigkeit. Dass Payr diesen Mythos aufschlüsselt und seine Kritiker in die Schranken weist, gefällt nicht jedem – allen voran Hennig Lobin, dem Direktor des Leibniz-Instituts für deutsche Sprache in Mannheim. In einem Posting bei X (vormals Twitter) beschwert er sich darüber, dass neben ihm auch Sabine Krome und Damaris Nübling ihr Fett wegbekommen. Dabei gehe es in seinem Buch „Sprachkampf“ nicht mal nur ums Gendern, sondern um die Sprachpolitik der Neuen Rechten, z. B. der AfD. Dass sich Genderkritiker so herausgefordert fühlten, verstehe er nicht. Dabei sei er selbst noch nicht mal Genderbefürworter, sondern lehne das dumpfe Kritisieren ab: „Ist das verdammt noch mal so schwer zu verstehen?“ Die Antwort der Internetgemeinde folgte prompt. @hawaiitoast_ stellte der Aussage Lobins ältere Postings gegenüber, wo er Genderzeichen als „ganz wichtigen Schritt“ benannte und im Gendern eine wissenschaftliche Berechtigung und demokratische Notwendigkeit sah. Lobins kurze Lunte, sprachlich schön unterstrichen durch sein verbales Aufstampfen per „verdammt noch mal“ zeigt, wie dünnhäutig die Gender-Befürworter mittlerweile geworden sind. Ihre Argumentation wird nicht mehr widerspruchslos akzeptiert, das rüttelt am Selbstverständnis der selbsternannten Erzieher. Und für einen kurzen, sehr kurzen Moment wünscht man sich, Hennig Lobin mal lieb über den Kopf zu streicheln und ihn ganz lange zu knuddeln, damit er nicht mehr so traurig ist. (x.com/henninglobin)


Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten zu verschiedenen Sprachthemen. Männer sind mitgemeint, das Gleiche gilt für andere Geschlechter. Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln gelegentlich die Meinung der Redaktion wider.

Redaktion: Oliver Baer, Holger Klatte, Asma Loukili, Dorota Wilke, Jeanette Zangs

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