1. Presseschau
Neue Hymne?
Der ehemalige thüringische Ministerpräsident und aktuelle Bundestagsvizepräsident Bodo Ramelow (Linke) hat eine neue deutsche Nationalhymne ins Spiel gebracht. Gerade viele Ostdeutsche würden die Nationalhymne „aus vielerlei Gründen“ nicht mitsingen wollen, so Ramelow in der Rheinischen Post. Er würde Bertolt Brechts „Kinderhymne“ bevorzugen. Dort komme ebenfalls die Idee eines „blühenden Deutschlands“ vor, das würde auch viele Freunde der traditionellen Hymne abholen. Auch die Nationalflagge in Schwarz-Rot-Gold stellte er in Frage, viele würden mit ihr fremdeln.
Im Debattenportal der Bild-Zeitung war die Meinung hingegen deutlich: 93 Prozent der Teilnehmer sprachen sich gegen eine neue Hymne und Flagge aus. Während jemand dort in einem Kommentar den sarkastischen Hinweis gab, man könne ja jedes Jahr neu über beides abstimmen, mahnte ein anderer: „Deutschland hat nationale Symbole, die gleich jeder erkennt. Die Flagge ist weltbekannt. Auch die Hymne würde ich nie antasten.“ (tagesspiegel.de, bild.de)
Unis in Leichter Sprache
„Viele Menschen arbeiten und lernen an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz“. So wie diesen ersten Satz übersetzen Universitäten ihre Netzauftritte in Leichte Sprache. Für die FAZ hat Andreas Cevatli nach dem Warum gefragt, denn eine Hochschulzugangsberechtigung setze ja voraus, auch komplexe Wissensinhalte verstehen zu können. Für die Mainzer Sprachwissenschaftlerin Silvia Hansen-Schirra ist die Darstellung in Leichter Sprache „eine Demokratisierung von Wissenschaft“. Immerhin sei die Zahl der Studenten mit „studienerschwerenden Beeinträchtigungen“ stark gestiegen, wird eine Studie zitiert, unter anderem „verkürzte Aufmerksamkeitsspanne und verminderte Konzentrationsfähigkeit“. Wissenschaftliche Publikationen in Leichter Sprache seien allerdings wegen der darin enthaltenen Fachtermini und des Umfangs bisher nicht geplant. (faz.net)
Neues Fach „Deutsch“
Wie sollen Schüler in Deutschland unterrichtet werden, die nur wenig oder gar kein Deutsch sprechen? Diese Frage beschäftigt seit Jahren die Bildungspolitik. Nachdem sich das Modell der „Willkommensklassen“ als wenig erfolgreich erwiesen hat, fordert die Dortmunder Bildungsforscherin Nele McElvany „Deutsch als Zweitsprache“ als normales Schulfach zu etablieren. Deutsch als Zweitsprache (kurz: DaZ) bezieht sich auf den Spracherwerb des Deutschen durch Personen, die in einem deutschsprachigen Umfeld leben und Deutsch nicht als ihre Erstsprache sprechen. Belegen sollten dieses Fach „alle Kinder, für die das nötig ist“. Der Erwerb guter Sprachkompetenzen im Deutschen sei „ein langfristiger Lernprozess, der über den ersten Erwerb grundlegender Deutschkenntnisse, um dem Unterricht folgen zu können, weit hinausgeht“, so McElvany. Die WELT befragte Bildungspolitiker der Bundestagsparteien zu diesem Thema. (spiegel.de, welt.de)
2. Gendersprache
Iris Berben gegen Gendersprache
Dass Iris Berben sich nicht mit Gendersprache anfreunden kann, ist schon länger bekannt. Jetzt sagte sie in einem Interview mit der Zeit erneut, dass ihr die politische Korrektheit und Bevormundung zuwider seien. Schnell würde auch bei kleinsten Sachen der moralische Finger erhoben: „No, no, Madame, so nicht. Und unlängst wies mich jemand mit ebendiesem Finger darauf hin, dass man nicht mehr ‚Mann‘ sagt, sondern ‚Person, die als Mann gelesen werden möchte‘. Ich arbeite ein Leben lang mit Sprache: Ein solcher Unsinn beleidigt mein Sprachgefühl. Und auch meinen Verstand.“ (focus.de, zeit.de (Bezahlschranke))
3. Kultur
Worte wie Bausteine
Der Lyriker Eugen Gomringer ist am 21. August im Alter von 100 Jahren gestorben. Gomringer gilt als Mitbegründer der Konkreten Poesie, bei der die Wörter, Buchstaben und Zeichen zum Gegenstand des Gedichtes werden. Gomringer war „ein Mann, der Worte wie Bausteine behandelte und ihnen architektonische Präzision abverlangte“, so das Literaturportal Lesering. Gomringer zählte zu den bedeutendsten zeitgenössischen Lyrikern. Von 1977 bis 1990 lehrte er als Professor für Theorie der Ästhetik in Düsseldorf. Besonders bekannt wurde sein Gedicht „avenidas“ aus dem Jahr 1953, welches die Alice-Salomon-Hochschule in Berlin 2018 an ihrer Fassade übermalen ließ, weil es für sexistisch gehalten wurde. (lesering.de)
Ein Herz für Dialekte
In einem Kommentar in der Süddeutschen Zeitung berichtet Heribert Prantl über seine Liebe zum Dialekt. Dieser sei für Soziolinguisten aus gutem Grund „die Sprache der Nähe“. Der baden-württembergische Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann hatte vergangenes Jahr erstmals einen Dialektpreis vergeben und in seiner Ansprache betont, dass Dialekte kulturelle Identität stifteten und für Bodenständigkeit stünden. Mundarten zu bewahren sei wichtig, denn laut einer Studie des Ludwig-Uhland-Instituts für Empirische Kulturwissenschaft der Universität Tübingen würden nur noch 11 bis 15 Prozent der Grundschüler Dialekt sprechen. Dabei sei Sprache Heimat. Dialekte hätten gerade in Politiker-Reden immer Farbe in die Politik gebracht, sei es die rheinisch gefärbte Sprache von Konrad Adenauer gewesen, die bayerische Tonalität von Franz Josef Strauß oder das nuschelnde Sächseln von Hans-Dietrich Genscher. Deutsch würde ohne seine Dialekte deutlich ärmer sein, und gerade das situationsbedingte Wechselkönnen zwischen Dialekt, Alltagssprache und Hochdeutsch gehörten zum kulturellen Reichtum. (sueddeutsche.de)
Französisch erst ab der Oberstufe?
Im Schweizer Kanton Zürich sollen die Schüler erst ab der Oberstufe mit Französisch beginnen. Das Kantonsparlament hat einen entsprechenden parlamentarischen Vorstoß („Motion“) angenommen. So sollen die Lernergebnisse verbessert und eine Überforderung vermieden werden. Die Zürcher Regierung, die das Vorhaben ablehnt, wurde damit beauftragt, innerhalb von zwei Jahren die notwendigen gesetzlichen Grundlagen zu schaffen. Bisher wird Französisch ab der 5. Klasse gelehrt. Der frühe Einstieg in die zweite Landessprache habe sein Ziel nicht erreicht, sagte die Antragstellerin Kathrin Wydler (Mitte). Lehrer der Primarstufe und der Sekundarstufe I würden die bescheidenen Französischkenntnisse der Schüler am Ende der Primarschulzeit beklagen, dies sei bedauerlich. (blick.ch)
4. Berichte
Frühstück mit Antenne Unna
Antenne Unna, der Lokalsender für den Kreis Unna, hat diese Woche den Sprachhof besucht. Vom Sender gab es im Rahmen einer Aktion ein leckeres Frühstück mit allem Drum und Dran. Neben launigen Gesprächen zum Duzen, Siezen und Ihrzen interviewte Antenne-Unna-Chefredakteur Thorsten Wagner-Conert auch den VDS-Geschäftsführer Dr. Holger Klatte und erfuhr unter anderem, welche Ideen und Veranstaltungen der VDS noch für den Sprachhof plant. (instagram.com/vds, facebook.com/vds, tiktok.com/vds)
Codewort „Das weltweite Netz der deutschen Sprache“
Der VDS nimmt in diesem Jahr an der Aktion „1000 EUR für euren Verein“ des Westdeutschen Rundfunks teil. Der Radiosender WDR 2, der überwiegend in Nordrhein-Westfalen zu hören ist, vergibt in Zusammenarbeit mit der Sparda Bank West 35 x 1000 EUR an ausgewählte Vereine, egal ob klein oder groß. Wenn der Verein im Radio aufgerufen wird, haben alle Mitglieder 15 Minuten Zeit, sich telefonisch bei der Rufnummer 0800 5678 222 zu melden. Wichtig ist, dass man dann auch das Codewort nennen kann, in unserem Fall ist es unser Leitspruch „Das weltweite Netz der deutschen Sprache“. Also denn, sollte der VDS auf WDR 2 erwähnt werden, zögern Sie nicht mit einem Anruf und nennen Sie den Leitspruch. Das Geld würde für die Förderung der Auslandsarbeit verwendet werden. (sparda-west.de)
Online-Seminar: Wissenschaftssprache Deutsch?
Am Donnerstag, dem 11.09. findet in der Zeit von 18:00 Uhr bis 19:30 Uhr ein Online-Seminar zum Thema „Wissenschaftssprache Deutsch“ statt (Referent: Prof. Dr. Bruno Klauk, Beauftragter des VDS für Internationales). Die Kosten belaufen sich auf 10 EUR für Mitglieder und 25 EUR für Nicht-Mitglieder. Die Anmeldefrist wurde bis zum 09.09. verlängert. Anmeldungen und weitere Informationen hier: vds-ev.de.
Online-Seminar: Deutliche Worte – Die Kultur des Dialogs
Michael Franz, Regionalleiter des VDS München, wird im Rahmen der VDS-Akademie am 22.09., 29.09., 06.10. und 13.10.2025 über die Kultur eines besonnenen, respekt- und verständnisvollen und konstruktiven Dialogs berichten (jeweils 19:30 bis 21:00 Uhr). Die Kosten belaufen sich auf 50 EUR für alle vier Veranstaltungen (Nicht-Mitglieder: 70 EUR). Anmeldungen und weitere Informationen hier: vds-ev.de.
Jiddisch-Vortrag auf dem Sprachhof
In einer Zeit, in der Frauen eher selten als literarisch wertvoll angesehen wurden, hat die jüdische Kauffrau Glückel von Hameln (1645-1724) auf Jiddisch über die Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg geschrieben und ihre jüdische Kultur aufgegriffen. Die Literaturwissenschaftlerin Dr. Elvira Grözinger, ehemalige Jiddisch-Dozentin an der Uni Potsdam und der FU Berlin, berichtet am 15. September 2025 (Montag) auf dem Sprachhof in Kamen über die Arbeit von Glückel von Hameln und ihr Leben. Beginn ist um 18 Uhr, der Eintritt ist frei. (vds-ev.de)
„Arrival“ – Hollywood-Kino auf dem Sprachhof
Wie tritt man mit Außerirdischen in Kontakt, deren Sprache vollkommen anders funktioniert als die der Menschen? Das ist die große Frage in dem Film „Arrival“. Die Protagonisten versuchen, fremde Wesen zu verstehen, die auf der Erde gelandet sind. Aber sie müssen erst lernen, dass die Kommunikation auf unterschiedlichen sprachlichen Konzepten basiert und dass sprachliche Zeichen die Wahrnehmung beeinflussen können. Im Gegensatz zu „Per Anhalter durch die Galaxis“ steht hier kein Babelfisch zur Verfügung, vielmehr müssen andere Wege gefunden werden, um sich zu verständigen. Der Film wird in der Scheune des Sprachhofs gezeigt, der Eintritt ist frei, Getränke können gekauft oder auch mitgebracht werden. Beginn ist am 12. September (Freitag) um 19 Uhr. (vds-ev.de)
5. Denglisch
Continental ist Sprachpanscher 2025
„Die Terra Gravel Range ist ausgestattet mit unseren neuesten Innovationen, darunter BlackChili und Pure Grip Compound, unsere fortschrittliche Tubeless- und Hookless-Technologie, und führt Grip Compound für Trail Casings ein.“ Sätze wie dieser bescherten dem Reifenhersteller Continental den 1. Platz bei der Wahl zum Sprachpanscher 2025. „Continental schafft es, sich fortschrittlich zu geben und dabei diejenigen zu vergessen, die sie eigentlich ansprechen wollen: die Kunden“, sagt Prof. Walter Krämer, Vorsitzender des Vereins Deutsche Sprache. Ähnlich übel aufgefallen ist den VDS-Mitgliedern, die den Sprachpanscher gewählt haben, auch der Bund Deutscher Radfahrer, der jetzt pseudo-modern „German Cycling“ heißt und auf Platz 2 gelandet ist. Landrat Marco Prietz (Rotenburg/Wümme) kam auf den 3. Platz. Er machte Schlagzeilen mit einer Dienstanweisung, in der amtlichen Kommunikation „nur noch weibliche statt männliche“ Amtsbezeichnungen zu verwenden, und zwar „aus Gründen der besseren Lesbarkeit“. (vds-ev.de)
6. Soziale Medien
Grönemeyer mit Mitglieder*innen
Auf X teilte der Nutzer @jerzy_freitag ein Posting des Sängers Herbert Grönemeyer von Instagram. Dort bedankte sich Grönemeyer bei den Musikern des Orchesters anlässlich des Auftakts der Akustik-Tour. So ging sein Dank an die Mitglieder*innen des Rundfunkchors Berlin sowie an das Streicher*innen-Ensemble. Warum er in seinen Liedern selbst nicht gendert, bleibt vermutlich ein Geheimnis. (x.com/vds)
Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten zu verschiedenen Sprachthemen. Männer sind mitgemeint, das Gleiche gilt für andere Geschlechter. Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln gelegentlich die Meinung der Redaktion wider.
Redaktion: Holger Klatte, Dorota Wilke, Stephanie Zabel