Die deutsche Sprache wird von über 100 Millionen Menschen in Europa als Muttersprache gesprochen. Die Amtssprache der Bundesrepublik Deutschland stellt zusammen mit dem österreichischen Deutsch und dem Schwyzerdüütsch die größte Sprachgemeinschaft in der Europäischen Union dar. Eine Verbindung zwischen den national verschiedenen Varianten des Deutschen bildet die Schrift- und Standardsprache. Die deutsche Sprache wird natürlich nicht nur in Deutschland, Österreich und Teilen der Schweiz gesprochen. Auch anderswo lassen sich Varietäten der deutschen Sprache finden – selbst abseits der klassischen Einwanderungsländer wie den USA oder Kanada. Deutschsprachige Minderheiten finden sich auf vier Kontinenten. Im Zuge aktueller und vergangener Emigrationswellen hat sich die deutsche Sprache in vielen Ländern verbreitet. Als Arbeitsgruppe „Deutsch als Minderheitensprache“, möchten wir die Pflege der deutschen Sprache, deren Anwendung und zeitgemäße Weiterentwicklung auch im internationalen Kontext vorantreiben.
Uns interessieren auch gegenwärtige Auswanderungsbewegungen von Deutschen, die aus welchen Gründen auch immer, ihre Heimat verlassen und sich in größerer Zahl an anderen Orten niederlassen. Seit 2010 sind mehr als 1,8 Millionen Deutsche ausgewandert, meist junge Akademiker. Sie haben oft berufliche Gründe, weil sie im Ausland mehr verdienen, viele wollen aber auch einen bestimmten Lebensstil verwirklichen (z. B. angenehmeres Klima), wie das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung herausgefunden hat. „Unzufriedenheit mit Deutschland‟ ist seltener der Grund, die Heimat zu verlassen.
Das wichtigste Zielland der vergangenen zehn Jahre ist mit 200.000 Auswanderern die Schweiz, gefolgt von den USA (127.000), Österreich (108.000) und Großbritannien (82.000).
Wo gibt es deutsche Minderheiten?
Europa und Zentralasien
Nach einer aktuellen Erhebung des Bundesministeriums des Innern sprechen heute in Ost-Europa und Zentralasien noch rund eine Millionen Menschen deutsch. Diese oftmals lokal unterschiedlichen Dialekte und Sprachgruppen entstanden zum Teil durch Siedlungsbewegungen seit dem Mittelalter. Später führten weitere Ansiedlungsprojekte, Grenzverschiebungen im 18. und 19. Jahrhundert sowie die Folgen der beiden Weltkriege im 20. Jahrhundert zu verschiedenen Verbreitungsgebieten deutscher Minderheiten. Zahlenmäßig große deutsche Bevölkerungsgruppen gibt es aktuell in Kasachstan (182.000), Polen (148.000), Ungarn (186.000) und Russland (400.000). Kleinere Minderheiten finden sich in fast allen Staaten Ost-Europas – auch in unserm Nachbarstaat Dänemark leben bis zu 15.000 Muttersprachler.
Im heutigen Rumänien gab es über die Jahrhunderte verschiedene deutschsprachige Bevölkerungsgruppen. Die ersten deutschsprachigen Siedler lassen sich bis ins 13. Jahrhundert zurückverfolgen. Zurzeit leben unter anderem die „Siebenbürger Sachsen“, die „Sathmarschwaben“, die „Banater Schwaben“, die „Landler“ und die „Zipser“ als eigenständige Minderheiten in Rumänien, die kumuliert rund 40.000 Personen umfassen und deren gemeinsame politische Repräsentation dem Demokratischen Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR) obliegt.
Dass die deutschsprachigen Minderheiten durchaus Einfluss in Politik und Kultur haben, lässt sich auch belegen durch die Wahl von Klaus Johannis zum rumänischen Präsidenten im Jahr 2019. Johannis fasst dabei sein Verhältnis zur deutschen Kultur und zu seiner Ethnizität wie folgt zusammen: „Ich fühle mich jetzt, als gewählter rumänischer Staatspräsident, sehr rumänisch. Ich habe meine ethnische Zugehörigkeit aber nie in den Hintergrund gespielt. Mein Deutschtum hat nichts mit der Bundesrepublik als Staat zu tun, sondern mit der Sprache und mit der Kultur.“
Einen politischen Sonderstatus besitzt die Deutschsprachige Gemeinschaft in Belgien. Am Rande des Hauptkonflikts, zwischen den niederländisch-sprechenden Flamen und den französisch-sprechenden Wallonen, wurde der deutschsprachigen Minderheit weitreichende politische Autonomie zugestanden. So verfügt sie über ein eigenes Parlament, welchem teils mehr Kompetenzen als den deutschen Landtagen zugestanden wird, obwohl die Deutschsprachige Gemeinschaft weniger als ein Prozent der Gesamtbevölkerung ausmacht. Hauptsächlich konzentrieren sich die 60.000-70.000 Deutschsprecher im Gebiet Waals Gewest (Region Wallonien). Der Verwaltungssitz ist in Eupen.
Ähnlich wie in Belgien, ist auch die Region Trentino-Südtirol mit umfangreichen Autonomierechten ausgestattet, was darauf zurückzuführen ist, dass von den rund 530.000 Einwohnern über 325.000 deutsch sprechen.
Nordamerika
Als Einwanderungsländer können Kanada und die USA auf eine reiche Geschichte deutscher Einwanderer zurückblicken.
Kanada
Eine Volkszählung der kanadischen Regierung aus dem Jahr 2006 ergab, dass rund 3.200.000 Einwohner deutsche Vorfahren haben, also rund zehn Prozent der Gesamtbevölkerung. Zwar gaben 1986 noch fast eine halbe Millionen Kanadier an, dass sie zu Hause deutsch sprechen, aktuell ist allerdings von einer geringeren Zahl an Sprachnutzern auszugehen.
USA
Die USA und die deutsche Sprache haben eine besonders enge Beziehung. Auf der Internetseite der US-Botschaft findet sich die Feststellung, dass der historische Beitrag der Deutschamerikaner großen Anteil daran hat, was aus den Vereinigten Staaten heute geworden ist. Noch heute geben über eine Million Menschen in den USA an, deutsche Dialekte als Muttersprache oder als Zweitsprache neben dem Englischen zu sprechen. Vor allem in den religiös geprägten Lebensgemeinschaften der Amisch und der Mennoniten sowie bei den Hutterern ist Deutsch die Sprache des Alltags. Besondere Bedeutung kommt dem „Pennsilfaanisch Deitsch“ zu, das mit steigender Tendenz, von 40.000 Menschen in Pennsylvania und etwa 400.000 Menschen in den gesamten USA gesprochen wird. Gepflegt wird in vielen Gemeinden eine Mischung aus verschiedenen deutschen Dialekten mit starken englischen Einflüssen. Neben dem gesprochenen Wort, existieren auch noch einige deutschsprachige Zeitungen. Abgesehen von Glaubens- und Religionsgemeinschaften findet die deutsche Sprache auch an Schulen und Universitäten Verwendung.
Im Jahr 2015 lernten rund 400.000 amerikanische Schülerinnen und Schüler Deutsch als Fremdsprache. Nach Spanisch und Französisch ist Deutsch eine der gefragtesten Fremdsprachen. Auch an Universitäten erfreut sich das Fach German Studies einiger Beliebtheit. Besondere Erwähnung verdient das West Point German Language Forum. West Point, im Langtitel United States Military Academy (USMA), ist das Eliteausbildungszentrum der US-amerikanischen Streitkräfte. Auch in den höchsten Rängen lassen sich Liebhaber der deutschen Sprache finden. Das Language Forum besteht aus etwa 200 Mitgliedern, die sich wöchentlich zu gemeinsamen Aktivitäten rund um die deutsche Sprache treffen. Daneben gibt es, über die gesamten USA verteilt, zivilgesellschaftliche Vereine und Sprachklubs, die sich für die deutsche Sprache interessieren und sich für die kulturelle Vermittlung einsetzen. Deswegen haben auch Exil-Deutsche die Möglichkeit, ihre Sprache fernab der Heimat zu pflegen. Im texanischen Fredericksburg erzählt das Pioneer Museum die Geschichte der deutschen Siedler. Auf dem Marktplatz wird zudem jedes Jahr ein dreitägiges Oktoberfest gefeiert.
Südamerika
Neben den Vereinigten Staaten und Kanada, stellten auch die südamerikanischen Ländern Brasilien und Argentinien einen Schwerpunkt der deutschen Diaspora dar. In Brasilien siedelten sich Deutsche bereits im 18. Jahrhundert an. Eine große Migrationswelle fand im 19. Jahrhundert statt. Aktuell wird von rund drei Millionen Nachkommen deutscher Einwanderer ausgegangen. Die meisten dieser Nachkommen leben im Osten des Landes um den Rio Grande do Sul herum. Teilweise kann man in diesen Regionen noch den Gottesdienst in deutscher Sprache verfolgen oder in ländlichen Regionen seine Einkäufe auf Deutsch erledigen.
Auch in Argentinien lassen sich deutschsprachige Minderheiten finden. Vor allem im 20. Jahrhundert wanderten deutsch-jüdische Emigranten und Teile der deutschen Minderheit aus der Sowjetunion nach Argentinien aus. In Esperanza nördlich von Buenos Aires findet sich die angeblich älteste deutschsprachige Siedlung Argentiniens, die von Schweizern gegründet wurde. Wenn auch nicht aktiv gesprochen, so lässt sich der Einfluss der deutschen Sprache noch an vielen in Brasilien und Argentinien geläufigen Nachnamen erkennen.
Australien
Nach Australien erfolgte eine stärkere Einwanderung Deutschsprachiger erst von der Mitte des 20. Jahrhunderts an. 1981 zählte man 111.000 Australier, die im deutschsprachigen Europa geboren waren. Allerdings leben sie nicht in zusammenhängenden Siedlungsgebieten, sondern assimilieren sich (auch sprachlich) schnell.
Afrika
Namibia
Eine Kolonialsprache, die in größerem Maße auf andere Kontinente übertragen wurde, war das Deutsche nie. Bei der Entdeckung und Ausbeutung der Neuen Welt und bei der Gründung von Kolonien spielte das Deutsche keine große Rolle. Wenngleich der Genozid an den Herero und Nama eines der dunkelsten Kapitel deutscher Kolonialgeschichte ist. Die ehemaligen deutschen Kolonien in Afrika, die nach dem 1. Weltkrieg unabhängig wurden oder an andere Kolonialstaaten fielen, zeigen aber Spuren einer von der deutschen Sprache geprägten Vergangenheit. Den Status einer Verkehrssprache hat Deutsch noch in Namibia, das als „Deutsch-Südwestafrika“ von 1884 bis 1915 Kolonie des Deutschen Reiches war. Es war die einzige deutsche Kolonie, in der sich eine nennenswerte Zahl deutscher Siedler niederließ. Heute geben noch an die 20.000 Bewohner an, dass sie Deutsch als Muttersprache sprechen. Sie sind größtenteils Farmer und leben teilweise schon in der vierten Generation in Namibia.
Quellen
- dw.com
- bmi.bund.de
- bib.bund.de
- hausderdeutschensprache.eu
- usa.usembassy.de
- Schäferhoff, Heiner und Peter Jaensch. 2016. Captain Charles Brown: Deutsch in West Point, in: Sprachnachrichten 72
- morgenpost.de