1. Presseschau
Fehlerquotient abgeschafft
Rechtschreibung ist Bestandteil von Klassenarbeiten. Bisher galt die Regel, dass Rechtschreibfehler die Note senken können. Die Bundesländer wenden sich von diesem Bewertungskriterium ab, nun auch Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien. Sie gab bekannt, dass ab dem Schuljahr 2024/2025 der sogenannte Fehlerquotient zur Bewertung der Rechtschreibkompetenzen nicht mehr ausschlaggebend sei. Die Vermittlung von Rechtschreib- und Zeichensetzungskompetenz bleibe aber „weiterhin zentral“, wird Prien von der Welt zitiert. Didaktisch könne man diese Entscheidung rechtfertigen, denn das bloße Aufzählen von Fehlern werde durch eine qualitative Rückmeldung über Fehlerschwerpunkte und die Systematik der Fehler ersetzt. Zur Zeit werde im Ministerium ein „differenzierter Analysebogen“ entwickelt. Schleswig-Holstein und Hessen seien aktuell die letzten Bundesländer, die den Fehlerquotienten zur Bewertung der Rechtschreibkompetenz verwenden. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann zweifelt in der Zeit sogar, wie wichtig das Beherrschen der Rechtschreibung heutzutage noch sei, denn Schreibprogramme „korrigieren alles“. (welt.de)
Teilhabe durch rechte Schreibung
Unter dem riskantem Titel „Brauchen wir dass wirklich?“ erinnert Sibylle Anderl in der Zeit an die Argumente für saubere Rechtschreibung. Ist der Lebenslauf fehlerlos geschrieben, hätten Stellenbewerber bessere Chancen, in die engere Wahl zu kommen, das sei längst bekannt. Schon die Menge der Fehler wirke sich aus, auch das Geschlecht: Frauen werde da weniger verziehen. Werbung mit Schreibfehlern habe ebenfalls weniger Erfolg, berichtet Anderl, offenbar erscheinen fehlergetränkte Texte weniger überzeugend. Tatsächlich misstrauen routinierte Netzbürger orthografisch zweifelhaften Beiträgen; oft erkennen sie unerwünschte und gefährliche Inhalte wie Spam oder Phishing-E-Mails am einfachsten schon an den Rechtschreibfehlern. Während die Autokorrektur viele Fehler verhindere, stellen sich andere Fehler häufiger ein: Wörter mit ähnlicher Schreibung, („seid“ statt „seit“, „das“ statt „dass“), falsche Kleinschreibung, Kommasetzung.
Allerdings scheint die Lesefertigkeit mit der Rechtschreibung in gegenseitiger Abhängigkeit zusammenzuhängen. Viele Studien weisen bereits darauf hin, dass Schüler, die gut buchstabieren können, auch bessere Leser seien, schreibt Anderl: „Wer weiß, wie Wörter auszusehen haben, erkennt sie leichter und kommt im Text schneller und besser voran.“ In Kalifornien wurde der herkömmliche Rechtschreibunterricht schleunigst wieder eingeführt, nachdem die sanftere Methode eines intuitiven Erwerbs der Rechtschreibung dazu führte, dass die Lesekompetenzen der Schüler dramatisch abstürzten. Hierzulande „gab und gibt es ähnliche pädagogische Experimente“, kommentiert Anderl, „die Generationen von Schülern mit einem gestörten Verhältnis zur geschriebenen Sprache zurückgelassen haben.“ Das sei fatal, unsere Gesellschaft sei von schriftlichem Informationsaustausch dominiert. (zeit.de (Bezahlschranke))
„Was lest ihr gerade?“
Anlässlich ihres 75-jährigen Bestehens konzentriert sich die FAZ in einer Beilage auf Bildungsthemen. Redakteur Tilman Spreckelsen ist überzeugt, Schulbibliotheken würden die Bildungschancen verbessern, wenn sie als „Orte der Freiheit und des Vergnügens“ erlebt werden. Er verweist auf Schweden, dort ist Gesetz, dass jede Schule eine Bibliothek einrichtet. Ab 2025 werden diese Bibliotheken sogar mit Fachpersonal ausgestattet. In Deutschland seien es häufig engagierte Eltern, die eine Bibliothek eröffnen und den Verleih organisieren. Spreckelsen hält es für wichtig, dass die Bücher nicht direkt mit dem Schulunterricht in Verbindung stehen, sondern „Gegenstand einer lustvollen, partisanenhaften Lektüre“ sind und damit der Leseförderung dienen. Weitere Themen der FAZ-Sonderbeilage sind die Leistung von Lesepaten und Inhalte des Literaturunterrichts im Fach Deutsch. (faz.net (Bezahlschranke))
KI imitiert Kinder
Forscher der Humboldt-Universität zu Berlin fanden in einer neuen Studie heraus, dass KI-Sprachmodelle das Verständnis und die Sprache von Kindern nachahmen können. Die Studienautorin Anna Marklová führt aus, wie man zunächst die Entwicklungsstadien des menschlichen Gehirns auf kognitive und sprachliche Fähigkeiten untersucht habe. Für die Untersuchung mit den Sprachmodellen wurden ChatGPT-3.5-turbo und ChatGPT-4 verwendet. Die KI-Systeme mussten ihre Antworten verschiedenen Altersspannen von Kindern anpassen. Mit zunehmendem Alter des simulierten Kindes wurden die von den KI-Systemen generierten Antworten komplexer. ChatGPT passte sich also sowohl sprachlich als auch kognitiv dem Kindesalter an. Die Sprachmodelle seien offenbar sogar in der Lage, eine geringere Intelligenz vorzutäuschen, als sie eigentlich besitzen, schlussfolgert Marklová. (basicthinking.de)
Fremdsprachen? Humbug!
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hält das Erlernen einer zweiten Fremdsprache für überflüssig. Er war selbst früher Lehrer, sieht aber darin keine Vorteile: „Wenn das Handy Gespräche in fast jede Sprache der Welt in Echtzeit übersetzen kann – brauchen wir dann noch eine zweite Fremdsprache in der Schule als Pflichtfach?“, so Kretschmann im Tagesspiegel. Da Schreibprogramme alles korrigieren können, sei auch Beherrschung der Rechtschreibung fragwürdig geworden. Martin Ballaschk hält das in seinem Kommentar für ein schlechtes Argument: „Computer sind auch um Längen besser im Rechnen als wir – was kein Grund sein sollte, den Mathematikunterricht abzuschaffen. Denn in Mathe geht es um mehr als Rechnen und beim Sprachenlernen um mehr als nur das Übersetzen.“ Ein Verständnis auf kultureller Ebene würde durch Sprachen erweitert, da jede Sprache andere Strukturen und Nuancen habe: „Mit dem Erlernen einer anderen Sprache tauchen wir in die Denkweise der Sprechenden ein und verstehen. Kurz: Sprache ist Denken und Denken ist Kultur.“ Wer mit den Bedeutungswelten seines Gegenübers vertrauter sei, werde leichter auf ihn zugehen können, um seine Probleme zu verstehen und Erfolgsaussichten für Kompromisse zu verbessern. (tagesspiegel.de, tagesspiegel.de (Bezahlschranke))
Verfilmte Jugendsprache
Schon beim Film „Fack ju Göhte“ amüsierten sich die Kinobesucher über Chantal, die als Vorzeige-Tussi einen lässigen Spruch nach dem anderen brachte. Jetzt hat die von Bild als „Möchtegern-Influencerin“ Vorgestellte einen eigenen Film bekommen: Als „Chantal im Märchenland“ sorgt sie für Trubel bei den Märchenfiguren. Dabei werden die Besucher wieder ihrer Lebensanschauung begegnen: „Ich würde dich so krass nach rechts swipen,“ sagt sie zu Aladdin und meint damit eigentlich nur, dass sie ihn ausgesprochen attraktiv findet. „Chantal im Märchenland“ spielt mit einer Jugendsprache, die teils echt, teils erfunden sein kann, nimmt sich dabei aber selbst nicht ernst. (bild.de)
2. Gendersprache
Gendersonderzeichen nutzlos
Psychologen von der Universität Würzburg haben eine neue Studie über die Zuordnung von Geschlechtern bei Personenbezeichnungen im Deutschen vorgelegt und dabei auch die Wirkung von Sonderzeichen überprüft. Die Studienteilnehmer bekamen Sätze wie „Die Nachrichtensprecher^ trugen schicke Kleidung“ zu lesen“, in denen also der Zirkumflex als neues Sonderzeichen eingeführt wurde und zwar mit der Erklärung, dass damit Frauen und Männer gemeint seien. Es stellte sich heraus, dass der Zirkumflex nicht zu einer inklusiven Lesart führte. Dieses verfehlte Wunschergebnis dürfe getrost auf Sternchen, Doppelpunkt und andere Sonderzeichen übertragen werden. (welt.de (Bezahlschranke))
Ziele erreicht
Die baden-württembergische Volksinitiative gegen Gendersprache in Behörden will ihre Klage beim Verfassungsgerichtshof nun zurückziehen. Der Initiator Klaus Hekking gab bekannt, durch den Kabinettsbeschluss vom 30. Januar seien die Ziele des Volksbegehrens „im Wesentlichen erreicht“: Die Landesregierung hatte Anfang des Jahres bekannt gegeben, dass im öffentlichen Schriftverkehr künftig keine Gendersonderzeichen mehr verwendet werden. Hekking führte dazu aus, die entsprechende Verwaltungsvorschrift gelte auch an den landesweiten Schulen. Prüfungsleistungen an Schulen und Universitäten dürfen nicht schlechter bewertet werden aufgrund von fehlender Gendersprache. Das Innenministerium hatte das Volksbegehren aus formalen Gründen zunächst abgelehnt. Daraufhin war die Klage beim Verfassungsgerichtshof eingereicht worden. (swr.de)
Hamburg stimmt über Gendersprache ab
Vertreter der Hamburger Volksinitiative „Schluss mit Gendersprache in Verwaltung und Bildung“ haben am Donnerstag in Hamburg den Antrag auf die Durchführung des Volksbegehrens eingereicht. Es ist das seit 2014 erste Volksbegehren im Stadtstaat, das nun zustande kommt. Hamburger Bürger können ab sofort auf ohne-gendern.de einen Antrag auf Briefeintragung hinterlegen, die Initiative leitet diese Anträge an den Landeswahlleiter weiter, der im Juli die Unterlagen an die Bürger verschickt. Bei der dreiwöchigen Abstimmung im Sommer müssen 66.000 Unterschriften zusammenkommen. Zwar habe die Hamburger Bürgerschaft die Sammlung der Unterschriften in die Sommerferien verlegt und eine Online-Stimmabgabe verwehrt, aber „wer vom staatlichen Gendern genervt ist, kann in 60 Sekunden bereits jetzt den erforderlichen Antrag stellen“, versichert Notar Jens Jeep, eine der drei Vertrauenspersonen der Volksinitiative. „Wir leiten die Anträge dann als Bote an den Landeswahlleiter weiter, der im Juli die Unterlagen direkt an die Bürger verschickt“, so Jeep.
„Privat kann und mag jeder so viel gendern, wie er möchte“, sagt Claudia Guderian, ehemalige PEN-Generalsekretärin, „uns geht es darum, dass wir Bürger und vor allem unsere Kinder nicht überall dort gezwungen werden, komplizierte gegenderte Sprache zu lesen und zu hören, wo wir uns dem nicht entziehen können. Das gilt für Behördenschreiben ebenso wie im Schulunterricht.” (abendblatt.de (Bezahlschranke), ohne-gendern.de)
Söder bei Maischberger
Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder war in der vergangenen Woche zu Gast in der ARD-Diskussionssendung „Maischberger“. Dort betonte er seinen Standpunkt, das Gendern habe in den deutschen Amtsstuben und Schulen „nichts zu suchen“; privat könne sich jeder „verschlucken“ und „mit Sternchen sprechen“. Neben seinen humoristischen Seitenhieben gegen das Gendern habe er im Laufe der Sendung auf weitere Probleme im Land verwiesen, wie etwa die außenpolitische Lage oder die Wirtschaft.
Susan Arndt, Professorin für Anglophone Literaturen an der Universität Bayreuth, greift in ihrer Focus-Kolumne die Entwicklung in Bayern auf. Sie könne als Universitätsprofessorin „auf Markus Söders Verbot geschlechtergerechter Strafe klammheimlich pfeifen“, werde das aber nicht tun, sondern vielmehr laut dagegen vorgehen und gendern. Sprache reagiere immer sensorisch auf die Bedürfnisse und Dynamiken einer Gesellschaft, daher hätten in den 2000er-Jahren verschiedene Symbole zum Gendern ihren Weg in die Sprache gefunden; sie bildeten die Geschlechtervielfalt ab, die es seit jeher gebe. Mit dem Genderverbot verrate die CSU die Freiheit, dabei blase sie in das gleiche Horn wie die AfD. (focus.de, focus.de)
Gender-Kritik? Kündigung!
Die Wiener Galerie Belvedere hat einer Angestellten gekündigt, nachdem diese sich kritisch zum Gendern in den Ausstellungstexten geäußert hatte. Die gebürtige Tschechin Michaela Gebertova hatte Ende Januar in einer internen Runde mitgeteilt, dass sie es gut fände, wenn die Galerie „die deutsche Sprache hegt und pflegt. Ein wesentlicher Schritt in diese Richtung wäre, dass man das Gendern abstellt. Viele Bildbeschreibungen und Texte (…) wirken aus diesem Grund milde gesagt holprig.“ Nach Ostern wurde ihr mitgeteilt, dass ihr befristeter Vertrag nun doch nicht unbefristet verlängert, sondern vielmehr aufgelöst würde. Die Begründung laut Gebertova: „Sie sagten mir, dass ich sie damals mit dem Mail ziemlich verärgert hätte und das Gender-Thema für sie sehr wichtig sei.“ Gebertova ist nebenbei als Übersetzerin für Englisch und Slowakisch tätig, kennt sich also mit Sprachen aus, hat Deutsch nach amtlichen Regeln gelernt und findet „eine Verhunzung des so schönen österreichischen Deutsch unmöglich“. Außerdem seien ihr immer wieder die Reaktionen von Besuchern aufgefallen, die sich über die gegenderten Texte mokiert und an den Kopf gegriffen hätten. Das Belvedere gendert mit dem Sternchen, was zu absurden Konstruktionen führt, so der Kurier: „Ferdinand Waldmüller wird als einer ‚der gefragtesten Künstler*innen in Wien‘ bezeichnet; im Barock ist von ‚Maler*innen‘ die Rede, andernorts von ‚Medienpartner*innen‘.“ (kurier.at (Bezahlschranke), twitter.com/vds)
3. Sprachspiele: Unser Deutsch
Stiefmütterchen
Sie schauen uns so freundlich, so zugewandt, so wunderschön entgegen, dass ich den Namen gar nicht verstehe. Die vielen Farben sollen angeblich, so auch der Volksmund, an das bösartige Gesicht der Stiefmutter erinnern. Die ältesten Belege, stifmuttrigen, stiefmüterlein, stiefmutterle, stammen aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Auffällig ist die Parallele zu italienisch viola con vio di matrigna. Eine Lehnübersetzung? Dagegen spricht die große Zahl ähnlicher Bildungen in germanischen, romanischen und slawischen Sprachen.
Die bekannte Deutung des Namens von viola tricolor findet sich schon in den Schriften von Jacob Grimm aus dem Beginn des 19. Jahrhunderts. Daraus zitiert, über 100 Jahre später, das Grimmsche Wörterbuch (Band 18, 1941, S. 2807ff.) und erklärt die Benennung aus der gegenseitigen Stellung von Blütenblättern und Kelchblättern. Dort heißt es: „das unterste blütenblatt, das am buntesten gefärbte, ist die stiefmutter, die sitzt auf zwei stühlen (den grünen kelchblättern), oben sind die beiden rechten kinder und haben jedes ihren besonderen stuhl, in der mitte die beiden gröszten blätter sind die stiefkinder; sie haben dunkle kleider und müssen sich beide mit einem stuhle begnügen.“
Jüngere Wörterbücher zweifeln an dem volkstümlichen Narrativ von der bösen Stiefmutter. Wahrscheinlicher sei eine Umdeutung eines älteren nicht mehr verstandenen Wortes. Das aber wurde noch nicht gefunden. Heute, im Zeitalter anerkannter Patchworkfamilien, passt der Bezug zur Stiefmutter noch weniger. Darum sei an die hübschen anderen Namen erinnert, die der Volksmund für das Ackerveilchen geschaffen hat: Mädchenauge, Christusauge, Muttergottesschuh und Liebesgesichtel.
Horst Haider Munske
Der Autor ist Professor für Germanistische Sprachwissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Vereins Deutsche Sprache e. V. Ergänzungen, Kritik oder Lob können Sie schicken an:horst.munske@fau.de.
4. Kultur
Speisekarten-Dialekt
„Einmal Drahdewixpfeiferl mit Gschwoine bitte.“ Bayerische Wirte sollen jetzt mit einem Faltblatt zur Verwendung traditioneller Essens-Bezeichnungen animiert werden. Der Förderverein Baierische Sprache und Dialekte will damit dem „Verfall der Speisekarten“ entgegenwirken. Viele Speisekarten würden allgemein bekannte Begriff nutzen, traditionelle Begriffe würden kaum noch genutzt und drohen vergessen zu werden. „Was wir erreichen wollen, ist die Verwendung traditioneller einheimischer Bezeichnungen. Sprachliche Importe braucht’s einfach nicht“, schreibt der Förderverein in seinem Faltblatt. (merkur.de)
Spielerisch Deutsch lernen
Der Rotary-Club in den drei nordrhein-westfälischen Volme-Kommunen Meinerzhagen, Kierspe und Halver hat das Projekt „Sprache verbindet“ gestartet. Es soll Kindern aus anderen Ländern helfen, Deutsch auf spielerische Art und Weise zu erlernen. Rotary-Präsident Burkhard Flüß erklärt, dass es hierbei nicht einfach um Nachhilfe gehe; der spielerische Aspekt stehe im Vordergrund. Hilfe erhalten die Kinder von den sogenannten „Sprachscouts“, die vorher durch Schulungen in die Tätigkeiten eingewiesen wurden. Bei „Sprachscouts“ handelt es sich um sieben Jugendliche im Alter zwischen 15 bis 17 Jahren, die an dem Projekt freiwillig mitwirken, das vor allem an Kinder im Grundschulalter und Kinder aus Flüchtlingsfamilien gerichtet sei. (come-on.de)
Neuer Übersetzerpreis geplant
Die Hamburger Bürgerschaft hat die Einrichtung eines neuen Übersetzerpreises beschlossen. Der mit 5.000 Euro dotierte Preis soll für die beste plattdeutsche Übersetzung vergeben werden und ist nach dem 2022 verstorbenen Übersetzer Hartmut Cyriacks benannt. Der Senat muss dem Vorhaben der Bürgerschaft noch zustimmen. Cyriacks gestaltet die plattdeutsche Kulturlandschaft maßgeblich, denn neben der Übersetzung von weltbekannten Werken wie „Harry Potter“ oder „Asterix und Obelix“ arbeitet er an plattdeutschen Formaten im NDR. Abgeordnete der SPD, Grüne, CDU, Die Linke und FDP hatten sich gemeinsam mit dem Plattdeutschen Rat Hamburg für die Entstehung des neuen Preises eingesetzt. Er soll vor allem junge Übersetzer motivieren, sich mit der plattdeutschen Sprache auseinanderzusetzen und diese zu erhalten. (ndr.de)
„Klingonisch“ wird 40
Vor 40 Jahren wurde in der Science-Fiction Film- und Serienreihe „Star Trek“ die Filmsprache „Klingonisch“ vorgestellt. Zunächst handelte es sich bei „Klingonisch“ nur um einige Geräusche und derbe Kehlkopflaute, die von den Außerirdischen ausgingen. Im Laufe der Jahre entwickelte sich daraus eine Sprache mit Wörtern, Sätzen und eigener Grammatik, die man als Serienliebhaber lernen konnte. Heute umfasse die Kunstsprache rund 5000 Wörter, und es gebe tatsächlich rund 100 Menschen, welche die Sprache flüssig beherrschen, berichtet Lieven L. Litaer. Er unterrichtet interessierte Fans, auch „Trekkies“ genannt, in der Kunstsprache seit mehr als 20 Jahren. Der US-amerikanische Sprachwissenschaftler Marc Okrand hatte die Sprache entwickelt. Er berichtet, dass er im Auftrag des Konzerns und der Serienmacher mit klarem System vorgehen musste. Der klingonische Satzaufbau beinhaltet Objekt, Verb und Subjekt in dieser Reihenfolge, es gibt keine Zeitformen und die Verben werden nicht gebeugt. Es gibt viele Kehllaute, und die Sprache wurde absichtlich so entwickelt, dass sie keine Ähnlichkeit mit einer irdischen Sprache aufweist, erläutert Klingonischlehrer Litaer. Die Sprache wurde vor genau 40 Jahren im dritten „Star Trek“-Kinofilm vorgestellt. Zwar habe es im ersten Kinofilm 1979 schon ein paar Worte „Klingonisch“ gegeben, diese hätten aber weder Bedeutung noch Grammatik gehabt. Mittlerweile haben sich sogar Dialekte der Kunstsprache gebildet, betont Okrand. In den USA klinge Klingonisch teilweise anders als in Deutschland. Laut Litaer handelt es sich für viele Menschen um ein geliebtes Hobby. Die Leute lernen die Sprache aus Freude, nicht etwa um außerirdische Gottheiten anzubeten. (badische-zeitung.de)
5. Berichte
Manifest gegen Sprachtod
Die elsässische Bürgerinitiative für Einheit in Vielfalt (ICA) hat ein Manifest gegen den Linguizid an der elsässischen Regionalsprache verfasst. Einen von 1.527 Unterstützern unterzeichneten Brief haben die Initiatoren an den französischen Präsidenten und an den Premierminister gerichtet. „Wir, die Unterzeichner des vorliegenden Manifests, fordern den Staat auf, diesem Linguizid (Sprachmord) ein Ende zu setzen und eine echte Politik zur Wiederbelebung und Wiederherstellung der elsässischen Regionalsprache zu betreiben“, heißt es in dem Manifest. (ica.alsace)
Ruhrdeutsch und Plattdeutsch
Ruhrdeutsch sei bei den Jungen ganz stark, betitelt die WAZ (Papierausgabe) ein Gespräch mit Philipp Cirkel über seine Masterarbeit an der TU Dortmund. Es gebe eine interessante Grenzsituation zwischen dem Platt-, dem Ruhr- und dem Hochdeutschen. Ihre Sprecher bewegten sich souverän zwischen den Regiolekten und bedienten sich je nach Bedarf auch der Hochsprache. Nachdem das typische Vokabular (Homma, Bude, Bütterken, Pülleken) schon hinlänglich erforscht sei, verweist Cirkel auf eine gefällige Form, die im Ruhrdeutschen häufig vorkommt: die Verbindung von zwei Wörtern, die nebeneinander stehen. So wird aus „an der Bude“ zum Beispiel „anne Bude“. „Ich bin auffe Arbeit“ heißt so viel wie „Bin im Büro“, Werkbank gibt es ja immer weniger.
Die Ruhrgebietssprache werde auch von der „TikTok-Generation“ gesprochen. Man markiere, wo man herkommt, sagt Cirkel, die Sprache sei Teil einer regionalen Identität: „Wenn man zum Beispiel jemand kritisiert, schwächt man die Kritik durch den Dialekt ein bisschen ab, man verpackt sie netter.“ Es fehle zwar noch die empirische Basis, um es sicher sagen zu können, aber es deutet sich an, dass das Ruhrdeutsch nicht länger nur von einem bestimmten Milieu gesprochen werde. Diese Sprachform werde durch alle Gesellschaftsschichten hinweg gebraucht. Das sei beispielsweise an Plakatwerbung sichtbar, mit der auch Besserverdiener angesprochen werden: Der Vfl Bochum wirbt mit „anne Castroper“ für das Kultstadium an der Castroper Straße. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe hat Cirkel für seine Arbeit den Karl-Zuhorn-Preis verliehen.
In Kyjiw darf wieder gelesen werden
Erstmals seit Kriegsbeginn sei die Bibliothek des Goethe-Instituts in Kyijw wieder zugänglich, ist der gedruckten Ausgabe der WAZ zu entnehmen. Johannes Ebert, Generalsekretär des Instituts, zeigt sich beeindruckt von den Deutschlehrern, die den Unterricht fortführen, „auch wenn der wegen des Beschusses manchmal in einen Schutzraum verlegt werden muss“, zitiert ihn die WAZ. Die Rede ist von 700.000 Deutsch-Schülern.
Fotoausstellung zum Dolmetschen
Die Fotoausstellung „Dolmetscher und Übersetzer beim Nürnberger Prozess“ gastiert zur Zeit in der Hochschule Anhalt in Köthen (Sachsen-Anhalt). Gezeigt werden Bilder des amerikanischen Armeefotografen Ray D’Addario, die er beim Nürnberger Kriegsverbrecherprozess (Nov. 1945 – Okt. 1946) gemacht hat. Dieser Prozess gilt als die Geburtsstunde des Simultandolmetschens. Vier Rechtssysteme mussten in vier Sprachen aufeinander abgestimmt werden: Deutsch, Englisch, Französisch und Russisch. Der Zeitdruck war hoch, in allen Sprachen musste schnell und effektiv kommuniziert werden. Erstmals kam eine neu entwickelte Anlage zum Einsatz, bei der Dolmetscher mithilfe von Mikrofon und Kopfhörer simultan übersetzen konnten – eine höchst intellektuelle Leistung, wie der BDÜ feststellt. Die Ausstellung des Bundesverbandes der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) läuft noch bis zum 20. Juni 2024 im Ratke-Gebäude (Lohmannstraße 23), geöffnet ist sie montags bis freitags von 8-17 Uhr, der Eintritt ist frei. (by.bdue.de, hs-anhalt.de)
6. Denglisch
Englisch in der Schweiz
In der vielsprachigen Schweiz bahnt sich eine neue Sprachenfrage an. Insbesondere in der internationalen Metropole Zürich geben mittlerweile 40 Prozent der Einwohner an, Schweizerdeutsch gar nicht mehr zu beherrschen. In manchen Lokalen in Zürich könne man nur noch auf Englisch bestellen, heißt es. „Englisch wird zur zweiten Landessprache“, schreibt die Neue Zürcher Zeitung. Der Sender SRF macht aus dem Thema eine Reportage inklusive einer Umfrage. Zu Wort kommt auch der Mundart-Experte André Perler: Mit dem Einsetzen der Mobilität habe die Mundart begonnen, sich schneller zu verändern. Neu sei allerdings die Entwicklung, dass man „unhinterfragt auf Englisch angeredet wird“, so Perler. (srf.ch)
7. Soziale Medien
Gender-Gestotter bei Markus Lanz
In der Sendung vom 10. April 2024 hatte Markus Lanz drei Experten zu Gast, die sich zum Thema „Kriminalitäts-Statistik“ austauschen wollten. Der Inhalt geriet dabei teilweise zur Nebensache, denn die Kriminologin Nicole Bögelein legte gelebtes Gender-Stottern an den Tag. Einen Zusammenschnitt des gesprochenen Glottisschlags gibt es auf dem X-Konto des VDS, der es mit den Worten „Total natürliche Sprechweise. Nicht.“ hochgeladen hat. @hawaiitoast_ schrieb dazu: „Es ist so affig. Sorry, aber ich kann Leuten, die so reden beim besten Willen nicht zuhören und schalte ab.“, @JoyMeckes kommentierte: „Gendern klingt wie ein Systemfehler.“, und @OliHeck rät: „Sie sollte ihren Sprachfehler mal behandeln lassen.“ (twitter.com/vds)
8. Kommentar
Was Sprache so kann
Sprache reagiere „sensorisch auf die Bedürfnisse und Dynamiken einer Gesellschaft“, meint Susan Arndt von der Universität Bayreuth: Verschiedene Symbole zum Gendern hätten ihren Weg in die Sprache gefunden; sie bildeten die Geschlechtervielfalt ab, die es seit jeher gebe. Da erstaunt immer wieder, wie leichtfertig Sprache zu einem Lebewesen verzaubert wird. Sie ist „lebendig“, sie „leidet“ und am Ende kann sie sogar „aussterben“. Die Sprache – nicht etwa ihre Sprecher – ist sensibel und passt sich an.
Da haben wir aber Glück gehabt. Diese Sichtweise besitzt nämlich einen Vorzug: Man kann die Sprache dafür verantwortlich machen, dass etwas nicht stimmt. Ja, und wir waren es nicht, wir waren nicht einmal in der Nähe. Zum Beispiel ist sie „ungerecht“ und muss deshalb gemaßregelt werden, sie solle gefälligst gendern. Wir Genderunbewegten legen die Füße hoch: Die Sprache wird es schon richten, da brauchen wir uns gar nicht aufzuregen. Und wenn nicht, wird sie verachtet, die böse Sprache, also nicht von uns, sondern von – ach nein, wer macht denn nun was? Verachtet sich die Sprache auch selbst? Derweil grübeln unsere chinesischen Kollegen, was damit gemeint sein könnte, dass Sprache „sensorisch“ reagiere. Wäre demnach Chinesisch ganz besonders böse, weil es nicht mitmacht? Oder wäre am Ende gar der Mensch zuständig für Gut und Böse, auch für Gerechtigkeit? Auch wenn er die Klappe hält? (Oliver Baer)
Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten zu verschiedenen Sprachthemen. Männer sind mitgemeint, das Gleiche gilt für andere Geschlechter. Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln gelegentlich die Meinung der Redaktion wider.
Redaktion: Oliver Baer, Holger Klatte, Asma Loukili, Dorota Wilke, Jeanette Zangs