1. Presseschau
Rudelglotzen oder Guckparty
Zum Auftakt der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland wundert sich der Sprachwissenschaftler Roland Kaehlbrandt in der Süddeutschen Zeitung darüber, wie es der englische Begriff public viewing in den deutschen Wortschatz schaffen konnte. Er sei eines der englischen Fremdwörter, die es „wegen ihres im Deutschen ungewöhnlichen Klangs und noch dazu wegen ihrer unklaren Bedeutung eine wörtliche Übernahme durchaus nicht verdient haben.“ Es sprächen gleich mehrere Gründe gegen dieses Wort: Im Englischen bedeutet es die „öffentliche Vorstellung einer Sache“ oder spezieller: „öffentliche Leichenschau“. Der aus zwei Teilen bestehende Ausdruck passe nicht zur deutschen Wortbildung, und die Aussprache sei im Deutschen höchst ungewöhnlich.
Kurzerhand hat Kaehlbrandt Schüler gefragt, ob ihnen eine bessere deutsche Entsprechung einfalle. „Der Selbstversuch gelang den Schülern im Handumdrehen“, berichtet Kaehlbrandt. Die besten Wortschöpfungen, die die Schüler zum Teil „innerhalb weniger Sekunden“ fanden, waren Rudelglotzen, Gruppengaffen, Freischau und Guckparty. Die kleine Übung zeige, so Kaehlbrandt, dass die Suche nach eingängigen Wortschöpfungen für neue Sachverhalte anstelle von englischen Wörtern kinderleicht sei – oder, um noch ein neues Wort zu verwenden, seniorenleicht. (sueddeutsche.de (Bezahlschranke))
KI lernt dazu
Eine internationale Forschergruppe soll im Auftrag des Facebook– und Instagram-Konzerns Meta eine Künstliche Intelligenz (KI) entwickeln, die 204 Sprachen versteht und übersetzen kann. Denn, obwohl es rund 7.000 gesprochene Sprachen auf der Welt gibt, beherrschen die bekanntesten KI-Sprachmodelle oftmals nur 30 bis maximal 80 Sprachen. Der Meta-Konzern wolle mit diesem universellen Übersetzungsprogramm nicht nur Menschen miteinander verbinden und sprechen lassen, das Angebot könne auch für informative Wikipedia-Artikel genutzt werden. Um die seltenen gesprochenen Sprachen zu lernen, nutze das KI-Modell „NLBB“ wenige tausend Textbeispiele und entwickle auf dieser Grundlage einen Algorithmus, der die Parallelen zwischen verschiedenen Sprachen aufspürt. Die Forscher haben die Künstliche Intelligenz absichtlich so programmiert, dass auch aus einer kleinen Quellensammlung, generative Ergebnisse erzielt werden können. Der Nachteil sei jedoch, dass das Programm zwar mehr Sprachen erlernen kann, jedoch diese nicht umfassend und ausführlich beherrscht. Derzeit unterstützt Metas „NLLB“ 71 mehr Sprachen als der bekannte Google-Übersetzer. Laut dem KI-Forscher David Adelani werden diese Programme voraussichtlich auch aus vorhandenen Grammatikbüchern und Wörterbüchern gefüttert. (tagesschau.de)
Nachrichten in Einfacher Sprache
Die „Tagesschau“ gibt es künftig auch in Einfacher Sprache. Anders als in der regulären Sendung werden in der angepassten Ausgabe nur vier Themen vorgestellt. Die Moderatoren achten auf Sätze ohne Fremdwörter, wenige Silben und kurze Aussagen. Zudem sollen die Moderatoren langsamer sprechen. Marcus Bornheim, erster Chefredakteur von ARD-aktuell, erklärt, dass sich dieses Angebot insbesondere an Menschen richte, „die weder richtig lesen noch schreiben können“. Es sei der öffentlich-rechtliche Auftrag, diesen Menschen auch ein seriöses Nachrichtenangebot zu machen. Man wolle jedoch nicht nur Menschen mit kognitiven Problemen erreichen, sondern auch Zuwanderer, Nicht-Muttersprachler oder Leute, die sich „nach einem anstrengenden Arbeitstag kurz und einfach informieren wollen.“ Der Sozialverband Deutschland begrüßt dieses Angebot. Die Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier nennt die Neuerung eine „nachahmenswerte Entwicklung, die zur Inklusion und Barrierefreiheit beiträgt.“ (tagesschau.de, welt.de)
Gefährliches Schlesisch
So wie in Deutschland Niedersorbisch, Nordfriesisch und vier weitere Sprachen als Minderheitensprachen gelten und geschützt sind, gibt es in Polen Sprachen, die in der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen unter einen besonderen Schutz gestellt sind. Zu ihnen gehören Jiddisch und Tatarisch. Kaschubisch, das bis heute in Danzig und Umgebung gesprochen wird, ist sogar eine anerkannte Regionalsprache. Das sollte auch Schlesisch werden. Damit würde das Schlesische aufgewertet, Ortsnamen könnten entsprechend in zwei Sprachen ausgeschildert werden, in Schulen könnte auf Schlesisch unterrichtet werden. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk hatte als Wahlversprechen angegeben, das durchzusetzen. Der Sejm, das polnische Parlament, stimmte kürzlich tatsächlich dem entsprechenden Gesetz zu – es wurde kurz darauf von Präsident Andrzej Duda per Veto mit der Begründung kassiert, es gehe um den Schutz der polnischen Nation. Dieser sei in der Bedrohungslage durch Russland im Osten wegen des Ukraine-Krieges in Gefahr, man müsse für „besondere Sorgfalt bei der Bewahrung der nationalen Identität“ sorgen, und das werde „insbesondere durch die Pflege der Muttersprache gewährleistet“, so Duda. Die Linken-Abgeordnete Magdalena Biejat antwortete dem Präsidenten auf X: „Fehlt eigentlich nur noch, dass er die Schlesier direkt als russische Agenten bezeichnet.“ Für die Schlesier ist das ein herber Rückschlag im Kampf um ihre Identität. Die Anerkennung ihrer Sprache sei ein wichtiger Schritt zur Anerkennung als Volksgruppe wichtig gewesen, gelten doch die Schlesier inoffiziell als die größte Minderheit Polens. (sueddeutsche.de)
2. Gendersprache
Gendern als Kulturkampf
Bernd Fischer, VDS-Mitglied und einer der Initiatoren der Volksinitiative gegen Gendern in Hessen, beschreibt in einem Gastbeitrag in der Welt die Hintergründe, welche die Initiative weiterhin begleiten, obwohl sich die Gender-Situation in Hessen entspannt hat. Eine Hürde seien die formalen Anforderungen an ein solches Begehren, dazu käme die Bewältigung mehrerer Stufen, die per Gesetz vorgeschrieben sind. Es sei deutlich geworden, dass nur wenige sich offen zur Initiative bekennen, „zu groß ist wohl die moralische Dominanz der Befürworter des Genderns, obwohl sie eindeutig eine Minderheit bilden“, so Fischer. Das habe sich auch in der Rolle des Hessischen Rundfunks gezeigt. Dieser habe es nicht für erforderlich gehalten, seine Gebührenzahler über das Volksbegehren zu informieren, kritisiert Fischer. Auch viele Zeitungen und Zeitschriften ignorierten die Initiative, zum Beispiel die Seniorenzeitung der Stadt Frankfurt, die ihre Leser nicht über das Volksbegehren informierte – wenig verwunderlich, gendere sie doch selbst.
Zwar habe in Hessen die Abkehr vom Gendern begonnen, aber einige Institutionen zeigten, dass sie an korrekter Rechtschreibung kein Interesse haben. Der Hessische Rundfunkt und der Deutsche Journalistenverband (DJV) berufen sich auf die grundgesetzlich verankerte Pressefreiheit, „was als eine weit hergeholte Argumentation erscheint“, meint Fischer. Auch einige Schulen wollten sich damit nicht arrangieren: „Sie sind so von ihrer Gender- und Wokeness-Liturgie durchdrungen, dass ihnen gar nicht in den Sinn kommt, an ihrer Mission zu zweifeln.“ Besonders hartnäckig in ihrer Pro-Gendern-Haltung seien jedoch die Universitäten. Sie witterten einen „Kulturkampf“, merkten aber gar nicht, dass sie diesen selbst heraufbeschworen haben: „Sie ersetzen Wissenschaft durch eine Glaubenslehre, die auf der nicht tilgbaren Schuld der westlichen Gesellschaft basiert. Bereits der Zweifel an den absurden Dogmen gilt als verächtlich.“ (welt.de (Bezahlschranke), amtssprache-in-hessen.de)
Verbots-Spirale
Ist ein „Gender-Verbot“ eine legitime und nachvollziehbare Reaktion auf einen Missstand? Oder ist es der Beginn einer Verbots-Spirale, die sich unkontrolliert auszudehnen droht? Das fragt die Kolumnistin Mandy Tröger in der Berliner Zeitung. Nach dem Gender-Aus in Bayern wirft Tröger die Frage auf, ob Gendern mit dem Beamten-Deutsch vergleichbar sei, das ebenfalls für viele Menschen unverständlich sei („raumübergreifendes Großgrün“ für Baum). Dass Sprache verständlich bleiben müsse, wie es die bayerische CSU fordert, unterschlage, dass Sprache auch immer ideologisch behaftet sei. Redaktionen würden abwägen, ob sie „Flüchtling“ oder „Migrant“ oder auch „Schutzwall“ oder „Grenzzaun“ schrieben. Dazu kämen euphemistische Ausdrücke wie „Personenschaden“, den die Bahn für (oft durch Selbstmord) verstorbene Menschen auf Schienen nutzt: „Hier verschleiert ein Begriff also Blut, Schock und Trauma und lässt die Person hinter dem Schaden verschwinden.“ In den USA würden Begriffe teilweise gestrichen, auch Bücher werden aus Bibliotheken oder der Schullektüre entfernt – das alles zwar im Namen der Vorsicht und vermeintlichen Achtung anderer Geisteshaltungen, dennoch handele es sich am Ende um Verbote.
Die CSU betone, Bayern sei „ein Freistaat und kein Verbotsstaat“. Applaudiert werde von der bayerischen AfD, die weiter gehen möchte. Nicht nur Gendersprache gehöre abgeschafft, sondern jede Forschung dazu; Frauenstudien seien unnötig, schließlich sei das traditionelle System „die Frau gehört ins Haus und zur Familie“ das einzig Richtige. Hier sieht Tröger eine Gefahr, die ein Gender-Aus mit sich bringe: „Und da ist sie, die potenzielle Verbotsspirale: Erst kommt die Sprache, dann bestimmte Studiengänge und Bücher, dann Abtreibung und Frauenrechte. Klingt übertrieben? In den USA ist das längst Realität.“ (berliner-zeitung.de (Bezahlschranke))
3. Sprachspiele: Unser Deutsch
Verweist oder verwaist?
Natürlich wird dieses Wort mit ai geschrieben in dem Satz „Heute sind die Felder verwaist“. Darauf haben mich viele Leser hingewiesen und meinen Fehler (verweist) in der letzten Glosse moniert. Sehr enttäuscht ist eine Leserin, dass dies ausgerechnet einem Professor für Germanistische Sprachwissenschaft passiert.
Warum, habe ich mich gefragt. Unkenntnis – das wäre fatal – oder Fahrlässigkeit – das wird besonders verübelt. Ich werde das gleich erklären. Vorab aber etwas Wortgeschichte.
Dem Partizipialadjektiv verwaist liegt das Verb verwaisen ‚die Eltern verlieren, zur Waise werden‘ zugrunde, dies wiederum ist abgeleitet vom Substantiv Waise. Das Verb wird heute kaum noch benutzt. Im Mittelhochdeutschen wurden Substantiv und Adjektiv noch mit ei geschrieben. Erst seit der allgemeinen Verbreitung von Lesen und Schreiben in der Frühen Neuzeit werden viele Homonyme orthographisch differenziert wie z.B. Leere und Lehre, Leib und Laib, Miene und Mine. Dazu schreibt Peter Eisenberg in der 6. Auflage der Dudengrammatik (S. 74): „Die Wichtigkeit dieses graphischen Mittels wird meist überschätzt“. Und er erläutert, dass eine Verwechslung im Kontext meist ausgeschlossen sei. Das gilt gerade für den vorliegenden Fall: verweist ist flektierte Form des Verbs verweisen (3. Pers. Singular), verwaist wird dagegen nur adjektivisch gebraucht. Es gibt keine Kontexte, in denen die beiden Wörter verwechselt werden können. So bleibt das Argument: Es ist orthographische Vorschrift, die jeder Schreiber zu beachten hat.
Im Grunde gibt es nur einen einzigen Fall, in dem die graphische Differenzierung wichtig ist für das Textverständnis: die Unterscheidung von Konjunktion daß und Pronomen das. Die Rechtschreibreform hat die Unterscheidung beibehalten, nur (wie ich meine: unnötigerweise) daß durch dass ersetzt. Im Übrigen wird die Möglichkeit graphischer Differenzierung gleich lautender Wortformen bei weitem nicht ausgeschöpft. Eisenberg verweist auf Kiefer (Baum), Ton (Erde) und Weide (Baum), denen man Kifer (Knochen), Tohn (Klang) und Waide (Wiese) gegenüberstellen könnte. Im Grunde ist Differenzschreibung bei Bedeutungsunterschieden eher Ausnahme als Regel. Das relativiert auch die Bedeutung der Fehlschreibung verweist.
Hier komme ich auf den Germanisten zurück, zumal einen der in den Kommissionen zur Rechtschreibreform mitgewirkt und viel zur deutschen Rechtschreibung publiziert hat. Wie passt dazu ein solcher Fehler? Es wird überraschen, muss aber einmal gesagt werden. Gerade wer die Geschichte, die Probleme und die Reformversuche zur deutschen Rechtschreibung kennt, hat ein etwas distanziertes Verhältnis zur Bedeutung von Rechtschreibregeln. Er kennt ihre Zufälle und Unzulänglichkeiten, aber auch ihr Funktionieren trotz gelegentlicher Abweichungen. Wie z. B. in den lockeren Chats auf dem Handy. Bevor die Rechtschreibung durch Konrad Dudens Wörterbuch normiert wurde, waren Unterschiede in der Schreibung häufig. Das zeigen die originalen Texte unserer Klassiker von Lessing bis Fontane. Erst der Wunsch nach Eindeutigkeit im Schulunterricht hat zu stärkerer Normierung geführt. Diese bringt eigene Gefahren für die Schriftkultur mit sich: Überregulierungen (wie einst durch die Dudenredaktion) und Festlegungen gegen die Sprachentwicklung, wie sie die jüngste Reform vielfach produziert hat. Ich plädiere dafür, Fehlschreibungen mit Nachsicht zu übersehen, solange sie dem Textverständnis nicht schaden. Im Übrigen ist es sinnvoll, auch bei der Schreibung manchmal eher dem Sprachgefühl als der Rechtschreibnorm zu folgen. Dies ist kein Plädoyer für die Missachtung der Rechtschreibung, sondern für einen überlegten Umgang mit ihren Regeln.
Horst Haider Munske
Der Autor ist Professor für Germanistische Sprachwissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Vereins Deutsche Sprache e. V. Ergänzungen, Kritik oder Lob können Sie schicken an:horst.munske@fau.de.
4. Kultur
Internationales Deutsch
Englische Wörter, die ins Deutsche übernommen wurden, sind allgemein als Anglizismen bekannt. Es gibt auch deutsche Wörter, die es in andere Sprachen geschafft haben. SWR3 stellt eine Liste mit deutschen Wörtern zusammen, die international genutzt werden. Im Albanischen werden „ajsberg“, „Auspuh“ und „tankshtell“ benutzt. Die deutschen Gegenstücke „Eisberg“, „Auspuff“ und „Tankstelle“ sind trotz der veränderten Schreibweise deutlich zu erkennen. Auch der „Bademantel“ ist ein Beispiel für ein deutsches Lehnwort. Dieser hat es ins Bosnische, Kroatische und Serbische als „bademantil“ geschafft. Auf Polnisch ist der „Hochstapler“ der „Hohsztapler“, und die „Autobahn“ gibt es auch auf Japanisch. (swr3.de)
Im Schottenrock für die gälische Sprache
Pünktlich zum Start der Fußballeuropameisterschaft in Deutschland treffen Spieler aus dem Ausland ein, denen nicht nur der Sport, sondern auch ihre Muttersprache am Herzen liegt. Fußballer der schottischen Alba Football Association (Alba FA) sind in das bayerische Oberhaching gereist. Die Spieler, alles Muttersprachler des schottischen Gälisch, tragen auf ihren Spielertrikots die Aufschrift „speak gaelic“, also „sprecht gälisch“. Mannschaftsmitglied und Spieler Luke Mackay erklärt, die Mannschaft sei nicht nur angereist, um gegen andere lokale Mannschaften zu spielen oder die EM vor Ort zu schauen, sondern auch „um die schottische Muttersprache im Sport zu verbreiten“. Die Spieler sehen sich als Vertreter Schottlands, und Mackay gibt bekannt, dass zum gemeinsamen Schauen der Spiele auch der Schottenrock getragen wird. Die Alba Football Association nutze somit also ihre Popularität und die Plattform des Fußballs, um das Bewusstsein für die gälische Sprache zu stärken und insbesondere die jüngere Generation zum Erlernen der Muttersprache zu animieren. (merkur.de)
Jiddisch in Oldenburg
In der Landesbibliohek Oldenburg gibt es noch bis zum 20. Juli 2024 eine Ausstellung rund um die jiddische Sprache. Im Gespräch mit dem NDR erläuterte Marcel Seidel, Vorstand der Salomo-Birnbaum-Gesellschaft, die sich in Hamburg der Förderung und Bewahrung dieser fast 1.000 Jahre alten Sprache und Kultur widmet, wie Jiddisch heute noch in der Sprachengemeinschaft gepflegt werde. Zum einen im akademischen Bereich, zum anderen sei es unter Juden die Alltagssprache, während das Hebräische als heilig und zum Lesen der Thora als notwendig gelte, so Seidel. Über die Jahrhunderte hinweg habe es eine Parallelgesellschaft ermöglicht und gefördert, da es während der Wanderung von Ost nach West viele kulturelle Aspekte der durchwanderten Länder und Gebiete übernommen habe. Die Ausstellung in der Landesbibliothek Oldenburg wird von Vorträgen, Filmvorführungen und einem Klesmer-Konzert begleitet, außerdem gibt es Führungen. Der Eintritt ist frei. (ndr.de, lb-oldenburg.de)
5. Berichte
VDS-Vorsitzender Krämer bei der FDP in Kamen
Der VDS versteht sich als Interessenvertretung für die Belange der Sprachgemeinschaft. Deswegen werben seine Vorstandsmitglieder bei den politischen Parteien und stellen die Ziele des Vereins vor – auch bei solchen Parteien, die mitunter andere Sichtweisen auf sprachpolitische Themen haben. Die FDP fiel in jüngerer Vergangenheit mit dem Vorschlag auf, Englisch als Verwaltungssprache einzuführen. Der VDS lehnt das ab; Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger trägt für diese Initiative den Titel „Sprachpanscher des Jahres 2023“. Auf Einladung der FDP in Kamen durfte der 1. Vorsitzende des VDS, Walter Krämer, den Verein beim „Liberalen Treff“ vorstellen. Wie der Hellweger Anzeiger berichtet, stellte Krämer den „Kampf des VDS gegen die ‚Vermanschung des Deutschen mit dem Englischen zu einem Pidgin-Dialekt namens Denglisch‘ und gegen ‚die Attacken der Genderlobby auf die Grammatik und die Verständlichkeit der deutschen Sprache‘“ in den Mittelpunkt. Nachfragen von den Zuhörern habe es vor allem zu Krämers „pointierten“ Äußerungen zur politischen Einstellung von Journalisten gegeben, so der Hellweger Anzeiger. (hellwegeranzeiger.de (Bezahlschranke))
Materialien zu den Deutschen Sprachtagen
Die Geschäftsstelle hat Unterlagen zu den Deutschen Sprachtagen 2024 Ende Mai/Anfang Juni in Kamen ins Netz gestellt: das Referat von Dr. Frank Holzke in der Arbeitsgruppe „Kommunikation und Außenwirkung des VDS“, die Arbeitsblätter aus der Arbeitsgruppe Zukunft und Gegenwart des VDS (Prof. Dr. Bruno Klauk) sowie den Rechenschaftsbericht des 1. Vorsitzenden, Prof. Dr. Walter Krämer. Alles ist im kennwortgeschützten Mitgliederbereich (mb.vds-ev.de, Verweis Unterlagen) einsehbar. Außerdem ist eine Fotostrecke zu sehen unter: vds-ev.de.
6. Denglisch
Hybride Sprachen
Das Phänomen der „Mischsprachen“ bezeichnet das Vermischen zweier Sprachen und ist häufig das Resultat von Migration und kulturellem Austausch. In Deutschland kennt man es unter „Denglisch“, aber auch im Ausland gibt es Sprachen, die sich durch das gemeinsame Miteinander vermischen. In den USA sei das sogenannte „Spanglish“ bekannt, berichtet euronews.com.Laut einer Studie des Pew Research Centers ist das auf die in den USA lebenden Lateinamerikaner zurückzuführen. Wenn diese ihre spanische Muttersprache nicht fließend beherrschen, komme es zu der Vermischung von Spanisch und Englisch. Die sinkenden Spanischkenntnisse der migrierten Familien und deren Nachkommen führten zu dem neuen Dialekt. Ilan Stavans, Professor für Lateinamerikastudien am Amherst College in Massachusetts, bezeichnet „Spanglish“ als die am schnellsten wachsende Hybridsprache der Welt. Es hätten sich bereits Mini-Dialekte des „Spanglish“ entwickelt, je nach Region. Einflüsse des kubanischen oder puerto-ricanischen Spanisch, vermischt mit afroamerikanischem Englisch, lassen neue Dialekte und Sprechweisen entstehen. In Europa ist neben Denglisch vor allem „Franglais“, also die Mischung von Französisch und Englisch, bekannt. (de.euronews.com)
7. Kommentar
Es gibt Wind
Über die Tagesschau-Version in Einfacher Sprache wird in Sozialen Netzwerken viel gelacht: „Armutszeugnis“, „Kinderfernsehen“, heißt es da. Ich wundere mich zunächst mal darüber, dass eine solche Nachricht so viel Aufsehen erregt. Jeden staatlichen oder behördlichen Internetauftritt gibt es doch bereits seit langem in einer leichten oder einfachen Version.
Mein Praxistest: Die Sendung dauert sieben Minuten, Sprecherin Susanne Holst trägt fünf Themen vor: Flucht, G7-Treffen, BAföG, Leichtathletik, Fußball-EM. Holst spricht langsam, deutlich und in kurzen Sätzen. Genitive gibt es keine. Mitunter fragt man sich, warum man den Zuschauern mit Verständnisschwierigkeiten bestimmte Dinge erklären muss, andere aber nicht. So wird bei „Bulgarien“ erläutert, dass es sich um ein Land handelt, „Europäische Union“ wird dagegen nicht weiter erklärt. Am Ende steht der Wetterbericht. „Es gibt Wind“, prophezeit die Sprecherin und lässt die Leute in den verschiedenen Regionen vermutlich ratlos zurück.
Aber warum geht eine solche Nachrichten-Version erst jetzt auf Sendung? Die Antwort: Die Zielgruppe ist größer geworden. 17 Millionen Erwachsene in Deutschland haben Probleme damit, komplexe Texte zu verstehen. Ich hoffe sehr, dass der Politik bald mehr einfällt, damit diese Erwachsenen auch eine standardsprachliche Tagesschau-Sendung verstehen können.
Übrigens mutet man den Zuschauern in diesem neuen Sendeformat keine Genderformen zu. Besonders für Leute, die sich laut Tagesschau-Aussage „nach einem anstrengenden Arbeitstag kurz und einfach informieren“ wollen, wären diese Sprachformen vermutlich auch zu kompliziert. So traut man seinen Augen kaum, in der Tagesschau-Sendung in Einfacher Sprache die Bezeichnung „Studenten“ (in seiner geschlechtsübergreifenden Variante) lesen zu können. (Holger Klatte)
Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten zu verschiedenen Sprachthemen. Männer sind mitgemeint, das Gleiche gilt für andere Geschlechter. Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln gelegentlich die Meinung der Redaktion wider.
Redaktion: Oliver Baer, Holger Klatte, Asma Loukili, Dorota Wilke, Jeanette Zangs