Infobrief vom 21. April 2024: Schnapsidee

1. Presseschau

Schnapsidee

Wer im Deutschen über den Zustand der Trunkenheit spricht, kann auf einen recht vielfältigen Wortschatz zurückgreifen und zum Beispiel von „angetütert, angeschickert, hackedicht oder lattenstramm“ sprechen. Im Deutschen gibt es aber für diesen Zustand nicht annähernd so viele Ausdrücke wie im Englischen. Das haben kürzlich zwei deutsche Sprachwissenschaftler herausgefunden, die für ihre Studie nach eigenen Aussagen „Feldforschung“ in England betrieben haben. Sie zählten 546 „Drunkonyme“, also Synonyme für das Betrunkensein. „Engländer reden offenbar gerne über ihre Trunkenheit – und sie lieben es, diesen Zustand indirekt, mit ironischer Distanz und mit Wortspielen auszudrücken“, erklärt Peter Uhrig von der Universität Erlangen.

Das Ergebnis klingt ein wenig wie das Gerücht, dass es in den Inuit-Sprachen mehr als 40 Wörter für Schnee gäbe, weil er in den Nordpol-Gesellschaften so bedeutsam sei. Aber diese Behauptung ist linguistisch nicht belegbar. (sueddeutsche.de)


Tag der chinesischen Sprache 2024

Der UN-Tag der chinesischen Sprache 2024 wurde in der vergangenen Woche eingeläutet, das berichtet Radio China International (CRI). Die fünftägigen Feierlichkeiten begannen am Montag im Hauptquartier der UNESCO in Paris. Der UN-Tag der chinesischen Sprache findet in diesem Jahr unter dem Motto „Chinesische Sprache: Brücken des gegenseitigen Verständnisses zwischen den Zivilisationen bauen“ statt und wird von der Chinesischen Kommission für die UNESCO, der Ständigen Delegation Chinas und dem Zentrum für den Austausch und die Zusammenarbeit chinesischer und ausländischer Sprachen organisiert. Auf der Einführungsveranstaltung wurden chinesische und französische Kinderbilderbücher vorgestellt, die chinesische Mythologie, Volksmärchen und Folklore enthalten. Den Welttag der chinesischen Sprache gibt es seit 2010. Jede der sechs offiziellen Amts- bzw. Arbeitssprachen der Vereinten Nationen hat ihren Ehrentag. Ziel dieser Tage ist laut CRI die gleichmäßige Förderung der Sprachen und der Ausdruck kultureller Vielfalt. Die Lingua franca im vielsprachigen China ist Mandarin. (german.cri.cn, kuriose-feiertage.de)


Der Wert der Rechtschreibung

Die Regeln der Rechtschreibung haben derzeit einen schweren Stand. Rechtschreibfehler werden sogar im Deutschunterricht in manchen Bundesländern nicht mehr bewertet und der frühere Lehrer Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg, bezweifelt generell, dass Rechtschreibkenntnisse im Zeitalter der Rechtschreibprogramme noch etwas bedeuten könnten. Dem hält Kulturredakteurin Heike Schmoll in der FAZ entgegen, dass „Teilhabe“ in unserer Gesellschaft nur möglich sei, „wenn Sprache der Verständigung dient“. Die Sprachgemeinschaft brauche Normierung. Dies gelte ganz besonders für die eingewanderten Schüler, denen das sprachliche Fundament fehlt.

Die Verwendung des Fehlerquotienten abzuschaffen sei ein Fehler, konstatiert Schmoll, zumal ein einfaches Berechnungsmodell durch das Ausfüllen von Analysebogen und viel Bürokratie ersetzt werde. Schüler würden dazu animiert, die Rechtschreibung nicht mehr ernst zu nehmen. „Und welchen Eindruck vermitteln eigentlich die Muttersprachler den Ausländern, die sich mühsam um korrektes Deutsch bemühen?“ fragt Schmoll. Die gesamte Primarschulzeit sei ein Prozess des Erwerbs der Schriftsprache, der ohne normierte Regeln und eine solide Grammatik nicht gelingen könne. (faz.net (Bezahlschranke))


KI übersetzt in Einfache Sprache

An der Universität Hildesheim wird demnächst ein Forschungsprojekt starten, bei dem medizinische Texte per Künstlicher Intelligenz (KI) in Einfache Sprache übersetzt werden sollen. Das Land Niedersachsen unterstützt das Projekt mit 120.000 Euro. „Gemeinsames Ziel ist es, KI-generierte Texte in Einfacher Sprache wissenschaftlich zu prüfen und damit Standards für die Erstellung von barrierefreien Angeboten mittels KI zu setzen“, heißt es in einer Mitteilung des Unternehmens SUMM AI, das die Technik dafür liefert. In einem weiteren Schritt soll es dann möglich werden, medizinische Texte in leichter Sprache über KI produzieren zu lassen. (presseportal.de)


2. Gendersprache

Universität gendert weiter

Die Goethe-Universität Frankfurt hat den Mitarbeitern und Studenten in der vergangenen Woche mitgeteilt, dass man weiterhin eine „geschlechterinklusive und diversitätssensible“ Ausdrucksweise empfehle, wider die Pläne der Landesregierung. Anders als in den Schulen, gebe es derzeit keine konkrete Regelung der Landesregierung, die den Sprachgebrauch an der Universität betrifft. Das Verbot von Gendersonderzeichen wie Doppelpunkt, Sternchen und Unterstrich gelte vorerst nur für die Abschlussprüfungen von Schülern. Der Universitätspräsident Enrico Schleiff beruft sich auf die Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre. Verbote stünden diesem freien Denken entgegen.

Die Universität bezieht sich auf Wissenschaftsminister Timon Gremmels, der in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau betont hatte, die Richtline des Ministerpräsidenten beschränke sich auf die Verwaltungssprache. „Geschlechtergerechte Sprache“ sei ausdrücklich vorgesehen und die Kunst- und Wissenschaftsfreiheit bleibe unberührt. Die Vizepräsidentin der Universität, Sabine Andresen, legte in einem Podcast nach, das Genderverbot sei ein Versuch, „eine komplexe, vielfältige Realität über ein Sprachverbot auszublenden.“

Das Gendern mit den Sonderzeichen ist in den Landesministerien seit März verboten. Zwar wurde im Koalitionsvertrag festgehalten, dass der Verzicht auf das Gendern mit Sonderzeichen auch an staatlichen und öffentlich-rechtlichen Einrichtungen wie Schulen, Universitäten und dem Rundfunk festgeschrieben wird, jedoch war die Koalition nach heftiger Kritik zurückgerudert. (hessenschau.de)


Erfolgsfaktor Gendern?

Frank Müller von der Frankfurter Textagentur Dive erklärt im Gespräch mit Der Standard, wie das Gendern die Außenwirkung von Unternehmen beeinflusst. Anders als in der Politik, polarisiere das Gendern seinen Angaben nach nicht innerhalb der Unternehmen, sondern es werde als wichtiger „Imagefaktor“ angesehen. Dementsprechend kommen Ereignisse, wie etwa das Genderverbot in Bayern, bei den Firmen nicht an. Das Thema Gendern werde laut Müller „sehr viel unaufgeregter und sachlicher“ angesehen. Ein Unternehmen, dessen Netzseite lediglich das generische Maskulinum verwendet, werde heutzutage unter den Verdacht gestellt „rückständig“ zu sein, erklärt der kreative Leiter der Kommunikationsagentur. Das Gendern bringe für Unternehmen den Vorteil einer fortschrittlichen und modernen Außenwirkung, diese müsse jedoch auch nicht nur in der Werbung, sondern auch innerhalb des Unternehmens wiederzufinden sein. Müller gibt hierbei zu, dass die Unternehmen einen gewissen Konformitätsdruck spüren. Es gibt laut Müller jedoch noch Weiteres zu beachten. Denn der Doppelpunkt als Gendersonderzeichen war zwar eine lange Zeit beliebt, heutzutage tendiere man jedoch eher zum Genderstern, da sich der Doppelpunkt im Schriftbild nicht gut genug abhebe und auch Menschen mit Sehbehinderung beeinträchtige. Der Genderstern habe zudem eine besondere Symbolkraft, da dieser aus der LGBT-Gemeinde stamme. Trotz der Bedenken aufgrund fehlender Barrierefreiheit sagt Frank Müller „es schadet nicht, mit Sprache zu spielen“. (derstandard.de)


Wie gendern Kommunen?

Die Hertener Allgemeine (HA) hat einen Blick auf verschiedene Kommunen geworfen und geprüft, ob und wenn ja wie diese gendern. Im Fokus lag dabei Dortmund, dort gibt es seit 2020 einen Genderleitfaden. Darin ist „penibel“ geregelt, wie die Mitarbeiter zu gendern haben. Aus „Rednerpult“ sei im Stadtrat „Redepult“ geworden, wer irgendwo unterschreiben muss, findet an dieser Stelle „Unterschrift Antragsteller*in“ oder „Ihre Unterschrift“. Die Stadt Dortmund begründet den Genderleitfaden mit der Entscheidung des Verfassungsgerichts vom 10. Oktober 2017, die eine dritte Geschlechtsoption neben „männlich“ und „weiblich“ vorsieht. Die Stadt habe darin den Handlungsauftrag erkannt, die geschlechtliche Vielfalt auch sprachlich zum Ausdruck zu bringen. „Hier handelt es sich allerdings nur um eine Position der Stadt. Rein rechtlich lässt sich aus diesem Urteil des Verfassungsgerichts keine Pflicht zum Gendern in der Verwaltung ableiten“ so Sophia Wibbeke in der HA. Laut Stadt werde der Leitfaden von den Mitarbeitern gut aufgenommen, Proteste seien nicht bekannt. „Dem entgegen stehen in Umfragen bis zu 80 Prozent in der Bevölkerung, die die Gendersprache ablehnen. Von den 80 Prozent scheinen sich aber keine Personen in der Dortmunder Stadtverwaltung zu befinden,“ schreibt Wibbeke.

40 Städte hatte die HA nach ihrem Vorgehen beim Gendern gefragt, 23 hätten reagiert. Die meisten schrieben, dass sie sich an das Landesgleichstellungsgesetz NRW halten, das laut Paragraf 4 vorschreibt: „In der internen wie externen dienstlichen Kommunikation ist die sprachliche Gleichbehandlung von Frauen und Männern zu beachten.“ In Vordrucken seien geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen zu verwenden. Einige Städte und Gemeinden gaben an, gar nicht zu gendern, wie z. B. Iserlohn, Ascheberg, Olfen und Nordkirchen, ein Flickenteppich ziehe sich damit durch NRW. Die Gemeinde Ascheberg schrieb, man folge der Empfehlung des Rats für deutsche Rechtschreibung, der Sonderzeichen wie Sternchen oder Unterstriche zum Gendern ablehnt: „In behördlichen Schreiben halten wir somit weiter an der klassischen Nennung (z. B. ,Bürgerinnen und Bürger‘ oder ‚Lehrerinnen und Lehrer‘) fest. Eine Änderung ist derzeit nicht vorgesehen.“ (hertener-allgemeine.de (Bezahlschranke))


Wir nicht

Beim Frühstück in der Waltroper Zeitung entdeckt: Da erläutert ihr Chefredakteur, zugleich Chef der Ruhrnachrichten, Jens Ostrowski: „Warum wir in unserer Zeitung nicht gendern“. Er verweist zur Begründung auf den Rat für Rechtschreibung, auf die Lesbarkeit und Verständlichkeit von Texten und auf die bekannte Zweidrittelmehrheit gegen das Gendern der Sprache. Daher die Entscheidung gegen das Gendern. „All jene, die dem nicht zustimmen, bitten wir um Verständnis, Akzeptanz und Toleranz für unser Vorgehen.“ (ezeitung.waltroper-zeitung.de (Aboschranke))

3. Sprachspiele: Phrasen der Neuzeit

Pe(n)danterie: Über die Sucht der politisch Korrekten, Pendants zu finden

Aus der feministischen Linguistik stammt der Fimmel, Pendants zu etablierten Ausdrücken zu finden. Es sollen vor allem binär-antonymische Pendants zu als maskulin gelesenen Ausdrücken sein. Man will damit sprachliche Symmetrie und Gerechtigkeit herstellen. Man bildete, ohne großen Erfolg, das Pronomen frau zum Pronomen man, ein herstory zu history, oder zu jedermann das Pronomen jedefrau. Der Hausfrau soll immer noch ein Hausmann zur Seite stehen (dem Schürzenjäger aber keine Schürzenjägerin). In meiner Familie spricht man von der Tochterfrau analog zum Sohnemann. Schon Eduard Engel tritt der Forderung entgegen, dass es ein ihrerzeit analog zu seinerzeit geben sollte. Engel nennt keine besonderen Gründe, warum es das nicht gibt, es sei einfach so. Doch ihrerzeit gibt es nicht, weil es kein Paradigma gibt, so, wie es ein Paradigma gibt zu seinerseits: meinerseits, deinerseits, ihrerseits, eurerseits usw. Was bei der ganzen Suche nach Pendants auffällt ist, dass diese meistens morphologisch ähnlich und somit als binäres Pendant erkennbar sein sollen. Dabei gibt es eine Fülle von Ausdruckspaaren ohne erkennbares, morphologisches Bindungsmuster (die also Deutschlernern keinen Hinweis auf Paarigkeit vermitteln können und die man lernen muss): Mann / Frau; Problem / Lösung; Rappe / Schimmel; liegenbleiben / schmelzen {Schnee}; Dionysos / Apollo usw. Natürlich gibt es oft Strategien, um die Paarigkeit anzuzeigen: dionysisch / apollinisch; intrinsisch / extrinsisch; endemisch / exotisch (also Adjektivendungen oder Präfixe). Aber vor allem gibt es Ausdrücke, die nicht nur ein binäres Antonym haben: dumm / klug und schlau; drunter / drüber und drauf; rational / irrational und empirisch; Herr / Hund und Knecht und Frau und Dame; Diminutiv / Augmentativ und Amplifikativ. Es ist nicht so, dass es binäre Pendants geben muss. Manche aber, wie der Sexualwissenschaftler Volkmar Sigusch, wollen begrifflich etwas erzwingen. Zu dem recht neuen Transgender erfand er den noch neueren Cisgender als Bezeichnung für Heterosexuelle. Natürlich gibt es auch das: nachträgliche Pendants. Man entdeckt die Neue Welt, also wird Europa zur Alten Welt. (Doch York bleibt York auch nach der Errichtung von New York.) Man würde aber normalerweise nicht wie Sigusch verfahren, und etwa wegen des Handschuhs den Schuh zum Fußschuh machen… Stilistisch ist es oft gut, ein Pendant zu finden, aber bitte eines, das sich nicht aufdrängt. So ist Viktor Frankls Steigerung „Leben und Weiterleben“ platt, aber „… von diesem Nervenkrieg zurück zum Seelenfrieden“ (V. Frankl: Trotzdem ja zum Leben sagen, 2009, S. 135) gelungen. Der Hintergrund der Suche nach Pendants ist ein recht junges Paradigma, nämlich in Lücken zu denken.

Myron Hurna

Der Autor (geboren 1978) promovierte in Philosophie über das Thema moralische Normen. Er schrieb mehrere Bücher über die politische Rhetorik, besonders über die Rhetorik des Holocaustvergleichs und über die politisch korrekte Sprache (Zensur und Gutsprech). Sein neues Buch Amoklauf am offenen Lernort wird bei Königshausen & Neumann erscheinen.


4. Kultur

Bairischer Stammtisch

Der Förderverein der Bairischen Sprache und Dialekte (FBSD) setzt sich für den Erhalt des Bairischen ein. Ein neugegründeter, regionaler Dialektstammtisch soll nun mehr Menschen und vor allem die Jugend für das Bairische gewinnen. Mitglied Siegfried Bradl sagt, er schätze die Präzision und Ausdruckskraft des Bairischen. Je nach Situation und Betonung können die Worte eine andere Bedeutung haben. Die Feinheit, Vielseitigkeit und der reiche Wortschatz des Bairischen seien hierbei die besonderen Merkmale, betont Bradl. Durch verkürzte oder verlängerte Vokale entsteht ein melodischer und rhythmischer Klang, bekannt seien laut Bradl vor allem die Grußformeln „Griaß God“, „Habe d’Ehre“ und „Servus“. Dabei gebe es noch viel mehr, was Bairisch kann. Wenn in den Medien die Rede von gutem Essen sei, so höre man meist nur den Ausdruck „lecker“. Im Bairischen sage man aber „des schmeckt fei sauguad“, erklärt Bradl. Diese Kreativität möchte der Förderverein mit seinem Stammtisch schützen, denn immer weniger Jugendliche sprechen bairisch. Der bairische Dialekt lebe vor allem von seiner Kleinräumigkeit. Je nach Ortschaft, haben die Menschen bereits einen anderen Dialekt gesprochen. Die regionalen Unterschiede und Feinheiten gingen aber durch den Strukturwandel und die Mobilität verloren. Vor allem in den Großstädten kennen immer weniger Menschen die Dialekte, allerdings geht Siegfried Bradl nicht davon aus, dass der Dialekt ausstirbt. Durch den gemeinsamen Austausch erhofft sich der Förderverein mehr Interesse an der bairischen Sprache. Beim Stammtisch sei jeder Mensch willkommen, unabhängig vom Sprachniveau und der Erfahrung mit dem Dialekt. (merkur.de)


Zweisprachige Werbung rettet Sorbisch

Im sächsischen Bautzen soll die Minderheitensprache Sorbisch mehr ins Stadtbild eingeführt werden. Der Arbeitskreissprecher Benjamin Wirth erklärt, dass Händler und Gewerbeinhaber dazu motiviert werden sollen, an ihren Geschäften und Lokalen auch in sorbischer Sprache zu werben. Die Stadt habe durch das sächsische Innenministerium 5.000 Euro Fördermittel erhalten, und diese sollen nun den Unternehmen zur Verfügung gestellt werden, die ihre Geschäfte zweisprachig beschriften. Auch der Oberbürgermeister Karsten Vogt unterstützt das Vorhaben. Die Aktion zur Sichtbarmachung der sorbischen Sprache wurde bereits im Oktober 2023 in einer Sitzung des Bautzener Stadtrates beschlossen. Sorbisch soll als Alleinstellungsmerkmal der Stadt gewürdigt werden, dem dienen die Anreize für Gastronomen und Händler. Vier Geschäfte wurden bereits für die Aktion gewonnen. Corinna Seiler, Inhaberin der Maßschneiderei „e.elle“ berichtet, die sorbischen Schilder hätten bereits Laufkunden in ihren Laden gelockt, somit habe sie nicht nur für ihr eigenes Sortiment, sondern auch für die sorbische Kultur geworben. (wochenkurier.info)


5. Berichte

Demonstranten bei Veranstaltung der Niedersachsen-Volksinitiative

Dass gelebte Demokratie nicht jedermanns Sache ist, mussten diese Woche die Initiatoren der Volksinitiative „Stoppt Gendern in Niedersachsen“ am eigenen Leib erleben. Gleich drei Restaurants ließen die Reservierungen für einen Versammlungsraum platzen, weil sie mutmaßlich von Gender-Befürwortern bedrängt worden waren. Beim dritten Restaurant hätten drei Frauen kurz vor Beginn der Veranstaltung auf den Besitzer eingeredet – so ein Sprecher der Initiative, der vor Ort war –, sodass dieser die Teilnehmer der Initiative bat, seine Räume zu verlassen. Die Teilnehmer konnten auf einen anderen, privaten Raum ausweichen, der sich kurzfristig ergeben hatte, die Demonstranten folgten ihnen jedoch auch dort hin und skandierten Parolen wie „Haut ab“ und „Wir gendern euch alle“. Schließlich musste die Polizei gerufen werden, damit die Veranstaltung überhaupt stattfinden und die Teilnehmer im Anschluss auch ohne Belästigung wegfahren konnten. (vds-ev.de, ndr.de)


Selbstfindung nach dem Abitur

Der Berliner Schriftsteller Kurt Gawlitta hat kürzlich seinen vierten Roman veröffentlicht. „Auf der Suche“ ist der Titel, erschienen im IFB-Verlag Deutsche Sprache. Im Mittelpunkt steht die Abiturientin Julia, die bei der Abschlussfeier eine reichlich aufsässige Rede hält und damit bei Lehrern und Eltern aneckt. Der Roman liefert, mit den Augen seiner Hauptfiguren betrachtet, lebendige und kontroverse Einblicke in die Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens und das Funktionieren einer Gesellschaft. „Die ursprüngliche Idee geht auf ein jahrzehntealtes Konzept zurück, mal irgendwann ein Institut zu gründen, das etwas zur Ziel- und Sinnfindung im Leben beisteuern könnte“, sagt Kurt Gawlitta im Interview. (ifb-verlag.de)


6. Kommentar

Frei ist die Wissenschaft

Ein Verbot die Sprache zu gendern, steht der – übrigens im Grundgesetz verankerten – Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Lehre entgegen, belehrt uns die Goethe-Universität.

Hingegen entspricht ein Gebot zu gendern dieser Freiheit. Das leuchtet ein, zumal es Gendergebote nicht geben kann, obwohl es sie nicht gibt, und das ist gut so, nur verstoßen darf man dagegen nicht. Gegen das nicht existente Gebot, falls es dieses doch gibt. Das muss man schon mal sorgfältig unterscheiden. Viel nützt der Hinweis der Vizepräsidentin der Goethe-Uni, das Genderverbot sei ein Versuch, „eine komplexe, vielfältige Realität über ein Sprachverbot auszublenden.“ Die wissenschaftlich weniger gut möblierten Mitbürger erhoffen Erläuterung, wie die „komplexe, vielfältige Realität“ in anderen Sprachen (Finnisch, Türkisch, Bengalisch, Chinesisch) zur Geltung kommt, wo Gendern gar nicht möglich ist. Deren total sexistische Grammatik das Gendern einfach nicht hergibt. Was jedoch auf die Situation der Frauen keinerlei belegbaren Einfluss ausübt: weder gut noch böse.

Fairerweise sei erwähnt, dass sich an die fehlende Klärung keiner wagt, sie ist gut begründet. An fremden Sprachen (außer dem Englischen) besteht an den Universitäten ein fundiertes Desinteresse. Sonst wäre dieser Umstand schon aufgefallen. Und hätte den einen oder anderen genderfreudigen Linguisten in Verlegenheit gebracht. Macht nichts, offenbar zählt zur Freiheit der Wissenschaft, dass es ihm freisteht, Zweifel zu ignorieren, falls sie unter die wissenschaftliche Kuschelecke geraten. Oder er verzichtet auf Zweifel, weil er sich gegen das – bekanntlich nichtexistente – Gendergebot besser nicht wehrt, weil ihm Missachtung des – wie erwähnt nichtexistenten – Gebots die Karriere verhagelt. Freiheit, sagte schon Rosa Luxemburg, ist immer die Freiheit der Andersdenkenden, in diesem Fall der Vizepräsidentin, und Wissenschaft, die nicht hinterfragt, was in ihren Mauern behauptet wird, blamiert sich von selbst. (Oliver Baer)


Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten zu verschiedenen Sprachthemen. Männer sind mitgemeint, das Gleiche gilt für andere Geschlechter. Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln gelegentlich die Meinung der Redaktion wider.

Redaktion: Oliver Baer, Holger Klatte, Asma Loukili, Dorota Wilke, Jeanette Zangs

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