Infobrief vom 29. September 2024: Tag der kölschen Sprache

1. Presseschau

Tag der kölschen Sprache

Am Wochenende findet erstmals der Tag der kölschen Sprache statt. „Kaum jemand kann noch richtig Kölsch sprechen – das ist schade“, meint Günter „Bömmel“ Lückerath, Gründungsmitglied der Bläck Fööss, in der Rheinischen Post. Der Aktionstag ist seine Idee. „Spätestens seit den 1970er Jahren werden Dialekte nicht mehr als Muttersprache gelernt“, bestätigt die Sprachwissenschaftlerin Charlotte Rein vom LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte. Aber es gebe durchaus Hoffnung, dass sich der Kölner Stadtdialekt erhalte, wenn auch in allgemein verständlicherer Form. Bei der „Akademie för uns kölsche Sproch“ nehmen jährlich etwa 700 Menschen an Kölsch-Sprachkursen teil – darunter immer mehr jüngere.

Wichtiger Programmpunkt bei der Festveranstaltung im Kölner Rathaus ist die Verleihung des Lehrer-Welsch-Sprachpreises durch die Kölner VDS-Regionalgruppe. In diesem Jahr geht der Preis an die Puppenspieler des Hänneschen-Theaters Jacky von Guretzky-Cornitz, Charly Kemmerling, Udo Müller und Josef Schönberg. An der Preisverleihung wird auch Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker teilnehmen. Der Lehrer-Welsch-Preis wird seit 2004 an Persönlichkeiten und Institutionen aus der Kölner Region für Verdienste um Hochsprache und Mundart verliehen. Benannt ist er nach dem Pädagogen Heinrich Welsch, der sich um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert als Lehrer im damaligen Kalk nicht nur für sein „unverfälschtes Kölsch“ einen Namen machte, sondern auch für sein soziales Engagement für die benachteiligten Kinder der dort ansässigen Arbeiterschaft.

Das weitere Programm besteht aus Führungen auf Kölsch, unter anderem durch die Kölner Altstadt und durch das Karnevalsarchiv, außerdem aus literarischen Beiträgen und einer „Kölympiade“, bei der das Wissen um den Dialekt gefragt ist. Der Daach der kölschen Sproch, wie er auf Kölsch heißt, soll künftig jedes Jahr im September stattfinden. (stadt-koeln.de, rp-online.de)


Forscher entschlüsseln Sprachstruktur

Akustische Signale im Gesprochenen helfen dabei zu erkennen, wann ein neues Wort beginnt, selbst wenn man der Sprache nicht mächtig ist, so die Theorie. Ein Zusammenschluss der Forscher des Leipziger Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie, des CNRS Laboratoire Structure et Dynamique des Langues (SeDyL) in Villejuif/Frankreich, der Humboldt Universität zu Berlin und des Leibniz-Zentrums Allgemeine Sprachwissenschaft in Berlin (ZAS), fand nun in einer neuen Studie heraus, wie Menschen selbst in Fremdsprachen erkennen können, wann ein Wort endet und ein neues beginnt. Ihre Ergebnisse, veröffentlicht im Fachblatt „Nature Human Behaviour“, zeigen, dass Konsonanten am Wortanfang in den meisten Sprachen länger gehalten werden, was hilft, Wörter im Sprachfluss zu unterscheiden. In 43 der 51 untersuchten Sprachen wurde dieses Phänomen festgestellt. Der entscheidende Unterschied beim Sprechen betrug dabei nur 13 Millisekunden. Zwar untersuchten die Forscher nur die Konsonanten am Wortanfang, jedoch sei die Studie ein Beleg dafür, dass die Verlängerung von Konsonanten am Wortanfang als gültiges Muster akustischer Effekte anzusehen sei. Somit könnte es ein universelles Merkmal von Sprache sein. (mdr.de, derstandard.de)


Spricht die Jugend noch Mundart?

Eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Sprachenlernplattform Babbel zeigt, dass nur wenige junge Menschen in Deutschland Dialekte sprechen. Die Studie, in der die 1040 Teilnehmer um eine Selbsteinschätzung der eigenen Kenntnisse gebeten wurden, zeigte, dass zwar 60 Prozent der Teilnehmer einen Dialekt erlernt haben, mehr als die Hälfte davon jedoch über 55 Jahre alt seien. Insgesamt seien 95 Prozent der Dialektsprecher über 24 Jahre alt. Der Sprachwissenschaftler Horst Simon erklärt jedoch, dass junge Dialektsprecher nicht so eine Seltenheit seien, wie die Studie suggeriert. Es gebe viele junge Menschen, die zwar Mundart sprechen, aber ihren Sprachgebrauch nicht als Dialekt erkennen. Viele wüchsen mit einer „sehr stark regional geprägten Sprache“ auf.

Die extremen Ausprägungen von lokalen Dialekten würden immer weniger, sagt Simon. Dialekte sind in Regionen wie Hamburg, Sachsen und Bayern am häufigsten vertreten, wobei Plattdeutsch der meist verbreitete Dialekt ist. Die Teilnehmer empfanden Rheinisch als den sympathischsten und Bairisch als attraktivsten Dialekt. Zudem werde Plattdeutsch mit Intelligenz und Kompetenz verbunden. Insgesamt 73 Prozent der Befragten schätzen die Vielfalt der deutschen Dialekte. (sueddeutsche.de)


Europäischer Tag der Sprachen

Der Europäische Tag der Sprachen wird seit 2001 jährlich am 26. September zur Feier des sprachlichen Reichtums Europas und der übrigen koexistierenden Sprachen der Welt gefeiert. Gitanas Nauséda, Präsident der Republik Litauen und Vorsitzender im Ministerkomitee des Europarats, erinnert daran, dass sprachliche Vielfalt die Grundlage des heutigen Europas sei. Der diesjährige Europäische Tag der Sprachen steht unter dem Motto „Sprachen für den Frieden“. Mit Sprachmessen und Veranstaltungen in ganz Europa und darüber hinaus beteiligen sich die verschiedenen Länder, um die Mehrsprachigkeit und das lebenslange Lernen, sowie die Verständigung zwischen den Ländern und Kulturen zu fördern. Die Büros des Europarats und die Europäische Kommission unterstützen die knapp 70 Veranstaltungen rund um den Sprachentag. (coe.int)


2. Gendersprache

Protest vor dem Landtag

Die Volksinitiative gegen Gendern in Niedersachsen hat am Mittwoch vor dem Landtag in Hannover für ihr Anliegen demonstriert. Mit vielen Abgeordneten verschiedener Parteien kam man ins Gespräch, so ein Sprecher der Initiative. Viele unterzeichneten die Unterschriftenlisten. „Interessant“ war dabei das Gespräch mit Detlev Schulz-Hendel, dem Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Landtag. Dieser bezeichnete die Volksinitiative als „undemokratisch“, so der Sprecher der Volksinitiative – und das, obwohl Art. 20 GG sowie §§ 3 bis 11 NVAbstG durchaus Regeln für die Mitbestimmung durch den Bürger festlegen. (facebook.com/vds, instagram.com/vds)

3. Kultur

Esperanto-Stadt Herzberg

Herzberg im Südharz ist seit 2006 die Esperanto-Stadt. Dort befindet sich nicht nur das deutsche Zentrum der Plansprache, Herzberg ist auch bekannt für die etwa 300 zweisprachigen Wegweiser und Straßenschilder. In der „Bibliotheko“ findet man rund 3.000 Bücher auf Esperanto. Neben Kinderbüchern wie „Max und Moritz“ oder „Pipi Strumpolonga“, findet man auch religiöse Texte. Der Koran in Esperanto sei sogar von den Sunniten und Schiiten offiziell anerkannt, berichtet Peter Zilvar, Mitarbeiter des Esperanto-Zentrums Herzberg. Laut Zilvar ziehe die Stadt jährlich mehrere Hundert Touristen an, die sich für die Sprache interessieren. Esperanto sei logisch und leicht zu lernen, erklärt die Sprachlehrerin Sofia Kóródy. An Herzberger Schulen gibt es in den Ferien auch Esperanto-Unterricht. Die Lerner erklären ihr Interesse an der Universalsprache mit der Hoffnung, sich weltweit mit Menschen verständigen zu können. (ndr.de)


Beliebtes Plattdeutsch

Im Gespräch mit dem Regionalmagazin buten un binnen berichtet Arnold Preuß, Leiter des Theaters am Meer in Wilhelmshaven, wie Plattdeutsch in Niedersachsen gefördert wird und weshalb sich die Sprache so gut gehalten hat. Preuß erläutert, wie Plattdeutsch einst als europäische Handelssprache fungierte. Obwohl Plattdeutsch zwischenzeitlich in den Hintergrund geriet, gibt es weiterhin Aktivitäten und Angebote, die der Förderung der niederdeutschen Sprache dienen. Durch die Theaterschule unter Preuß’ Leitung wird die Sprache auch jungen Menschen nähergebracht. Im Laufe des Gesprächs zeigt sich Preuß optimistisch: „Plattdeutsch ist total in.“ (butenunbinnen.de)


Sechs Zeilen aus dem Iwein

Ein rîter, der gelêret was // unde ez an den buochen las, // swenner sîne stunde // niht baz bewenden kunde // daz er ouch tihtennes pflac

So beginnt der Iwein, ein mittelhochdeutscher Versroman von Hartmann von Aue, der um das Jahr 1200 aufgeschrieben wurde. Iwein ist der Held der Geschichte, ein Ritter der Tafelrunde am Hofe von König Artus. Der Iwein gehört mit 33 Handschriften zu den am breitesten überlieferten Romanen aus der Zeit um 1200. Nun hat der Bibliothekar Friedrich Buchmayr im Augustiner-Chorherrenstift im oberösterreichischen St. Florian ein sechszeiliges Fragment aus einer bisher unbekannten Handschrift entdeckt. „Das nun gefundene Fragment gehört zu einer Schlüsselszene, in der sich der Artusritter Iwein in seine spätere Frau Laudine verliebt, deren Gatten Askalon er zuvor im Zweikampf erschlagen hatte“, erläutert die FAZ. Der Bibliothekar Buchmayr ordnet die frühgotische Minuskelschrift des Fragments in die Zeit um 1230 ein. „Damit besitzt St. Florian ab sofort einen der ältesten Textzeugen des Iwein überhaupt“, so Buchmayr. (faz.net)


4. Berichte

Elbschwanen-Orden für Annette Pauw

Am Mittwoch hat die Hamburger VDS-Regionalgruppe unter der Leitung von Claudia Guderian den diesjährigen Elbschwanen-Orden verliehen. Preisträgerin war Annette Pauw mit ihrem Projekt „Fantastische Teens“. Diese Initiative organisiert Schreibwerkstätten für Jugendliche, die damit ihren Wortschatz vergrößern, ihre Rechtschreibung verbessern und nach der Teilnahme auch besser vorlesen können. Seit der Gründung 2009 konnten in mehr als hundert Einzelprojekten an Schulen mehr als 3.000 junge Menschen erreicht werden.

Die Laudatio auf Annette Pauw und die „Fantastischen Teens“ hielt die Kinderbuchautorin und Vorjahrespreisträgerin Ursel Scheffler. Sie hob die Bedeutung ehrenamtlichen Engagements bei der Sprachförderung hervor. Projekte wie die „Fantastischen Teens“ und „Büchertürme“ hätten nachweislich dazu beigetragen, dass sich die sprachlichen Leistungen der Schüler in Hamburg verbessert hätten. Annette Pauw erklärte ihren Leitspruch, mit dem das Projekt begann: „Wer schreibt, wird gehört“, war sie sich sicher, als sie die ersten Literaturkurse für Jugendliche anbot und damit besonders in die sozial benachteiligten Stadtteile Hamburgs ging. Sie habe Lehrer gesprochen, die kaum glauben konnten, zu welchen literarischen Leistungen die Schüler plötzlich fähig waren, berichtete Pauw. „Durch die Auseinandersetzung mit eigenen Gedanken werden die Jugendlichen zum Schreiben und zum eigenständigen Lesen animiert“, so Pauw. Die Sprache sei die Grundvoraussetzung für jegliche persönliche Bildung. (stadtkultur-hh.de, facebook.com/vds, instagram.com/vds, tiktok.com/vds)


5. Denglisch

Markus Söder ist damit fein

Markus Söder kommentierte die Kanzlerkandidatur der Unionsparteien von Friedrich Merz mit den Worten: „Ich bin damit fein“ – eine Übernahme aus dem Englischen, die ein paar Jahre zwischen Kick off und Qick Wins durchs mittlere Management gewabert sei, wie die Leipziger Volkszeitung treffend befindet. Tatsächlich bedeute „I’m fine with it“ etwas wie „Ich kann damit leben“ oder „Passt schon“, wie der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen schon einmal feststellte. In Söders fränkischer Heimat hätte das eigentlich „Bassd scho“ geheißen. Man nehme ihm, Söder, das „Feinsein“ nicht so recht ab, schreibt Jürgen Kleindienst in der LVZ. Deswegen könne Söder sogar nun dazu beigetragen haben, die „nervige Floskel“ aus der deutschen Sprache bald wieder loszuwerden. (lvz.de, faz.net)


Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten zu verschiedenen Sprachthemen. Männer sind mitgemeint, das Gleiche gilt für andere Geschlechter. Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln gelegentlich die Meinung der Redaktion wider.

Redaktion: Oliver Baer, Holger Klatte, Asma Loukili, Dorota Wilke, Jeanette Zangs

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