Infobrief vom 8. Dezember 2025: Elternabend in acht Sprachen

1. Presseschau

Elternabend in acht Sprachen

Für Lehrer wird es immer schwieriger, die Eltern der Schulkinder auf Deutsch zu erreichen. In Hannover-Misburg ist der hohe Migrationsanteil der Grund dafür, dass der Elternabend in der Pestalozzi-Grundschule in acht Sprachen stattfindet. Viele Eltern sprechen kein oder nur gebrochenes Deutsch, einige seien sogar Analphabeten. „Da bringen auch Mails und Anrufe nichts mehr“, sagt Schulleiterin Babette Barte. Zu Elternabenden auf Deutsch würden daher viele nicht kommen. Das Projekt an der Pestalozzi-Grundschule ist einmalig, hat aber bereits Zuspruch bei zwei anderen Grundschulen gefunden.

Konkret werden die Eltern beim Elternabend in Gruppen gemäß ihrer Landessprache aufgeteilt. In diesen Gruppen besprechen sie untereinander, welche Belastungen sie im Alltag haben. An jedem Tisch hilft eine Dolmetscherin, die Gespräche zu übersetzen. Ziel ist es nicht nur, sich über den Schulalltag auszutauschen, sondern auch Verständnis für die Erziehung der Kinder innerhalb der deutschen Kultur zu schaffen. Dies sei laut Barte essenziell für eine erfolgreiche Schullaufbahn und Integration. Rollenbilder sollen so aufgebrochen werden.

Bei den Eltern komme das Konzept gut an. Intinsiv Albayyouk aus Palästina spricht Arabisch, ist gerade Mutter geworden und freut sich über die Möglichkeit, „mal rauszukommen“ und Kontakte zu knüpfen, übersetzt eine Dolmetscherin. Beim Versuch, selbst Deutsch zu lernen, habe sie es wegen ihrer Kinder nur bis zum Grundkurs geschafft. Schulleiterin Barte sieht einen hohen Bedarf an mehrsprachigen Elternabenden, dies sei aber eine „nicht zu bewältigende Mammutaufgabe“. (haz.de (Bezahlschranke))


Sprachliche Universalien

Die Allgemeine Sprachwissenschaft versucht, Merkmale zu identifizieren, die allen Sprachen gemein sind, also sprachliche Universalien. Verständlicherweise müssen diese Merkmale sehr allgemein gehalten sein, denn die Unterschiede der 6.000 bis 7.000 existierenden Sprachen sind immens. Aber es darf zum Beispiel festgestellt werden: „Alle Sprachen besitzen Glieder, die keine eigene Bedeutung haben, also Funktionswörter wie beispielsweise Artikel.“ Viele dieser Universalien sind in einer Wenn-Dann-Formel gefasst: „Wenn eine Sprache Eigenschaft A hat, dann hat sie auch Eigenschaft B“, z. B. „Wenn eine Sprache ein Futur hat, dann hat sie auch ein Präteritum, jedoch nicht umgekehrt“. Ein Team von Sprachwissenschaftlern an der Universität des Saarlandes hat nun große Datenmengen von mehreren tausend Sprachen miteinander verglichen und ausgewertet. Beispielsweise wurde die Wortreihenfolge untersucht, also wo Verben und Objekte in einem Satz stehen. Ein Ergebnis: 60 von 191 grammatikalischen Mustern, also rund ein Drittel, fanden sich in allen untersuchten Sprachen, auch solchen, welche sich vollkommen unabhängig entwickelt haben, z. B. Deutsch und Japanisch. „Dies macht deutlich, dass die Evolution von Sprachen nicht zufällig verläuft“, sagt Studienleiterin Annemarie Verkerk. Die Wissenschaftler wollen die Zahl der zu vergleichenden Sprachdaten nun noch erhöhen, um zu zeigen, „welche sozialen, ökologischen und demografischen Ereignisse und Situationen sich auf die Sprachentwicklung auswirkten“. (wissenschaft.de)


Wort des Jahres

„KI-Ära“ ist das „Wort des Jahres“ 2025. Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) hat damit den wachsenden Einfluss von Künstlicher Intelligenz und das damit verbundene Vorkommen in der deutschen Sprache hervorgehoben. Laut Jury stehe der Einfluss von KI für einen „epochalen Wandel, vergleichbar mit der Industriellen Revolution“. Der Begriff selbst sei dabei zwar kurz und verständlich, aber auch emotional aufgeladen, sagte die GfdS-Geschäftsführerin Andrea Ewels. Platz 2 ging an „Deal“, einen Begriff, den US-Präsident Donald Trump für Abkommen nutzt, die er als Erfolg präsentiert. Für seine Anhänger signalisiere er damit Tatkraft, Kritiker sähen darin Oberflächlichkeit und Show, so die GfdS. Auf Platz 3 landete „Land gegen Frieden“, das für die Forderung steht, dass die Ukraine Gebietsverluste an Russland hinnehmen müsse, um einen Friedensvertrag zu erreichen. Mit dem „Wort des Jahres“ kürt die GfdS seit 1977 regelmäßig einen Begriff, der „gesellschaftlich relevant“ ist, zentrale politische und gesellschaftliche Debatten widerspiegelt und sprachlich auffällt. „Entscheidend ist nicht, ob ein Begriff besonders häufig vorkommt, sondern ob er das Jahr besonders prägnant abbildet – in seiner Stimmung, seinen Konflikten und seinen öffentlichen Diskussionen“, so Ewels. (t-online.de)


Charles III. begrüßt Steinmeier auf Deutsch

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war diese Woche zum Staatsbesuch nach London gereist – es war der erste Besuch eines deutschen Staatsoberhauptes seit 27 Jahren. Auf Schloss Windsor erwartete ihn ein Staatsempfang, bei dem König Charles III. seine Gäste mit einer Rede auf Deutsch begrüßte. Der Monarch betonte die Freundschaft beider Länder, die sich „der Demokratie, dem Frieden und dem Rechtsstaat“ verschrieben haben. Charles III. spricht Deutsch, da sein Vater Prinz Philip aus dem Haus Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg stammt und ebenfalls Deutsch sprach. Im Frühjahr 2023 hielt Charles III. im Bundestag eine Rede in weiten Teilen auf Deutsch. (bild.de)


GEW-Resolution

Mangelnde motorische Fähigkeiten = mangelnde Schreibfähigkeiten. Die GEW beklagt in einer Resolution mehrere Punkte, die das Lehren in den Schulen erschweren. Einer dieser Punkte ist die mangelhafte motorische Fähigkeit der Grundschüler. Die Resolution der GEW ist nichts Neues, das Problem ist schon lange bekannt. Die Lehrerin und Autorin Maria-Anna Schulze Brüning zeigte anlässlich des bundesweiten Vorlesetages am 21. November bei uns auf dem Sprachhof mit anschaulichen Beispielen, wie die Schriftbilder von Grundschülern aussehen. Viele Buchstaben können gar nicht richtig verbunden werden, wenn der Stift nicht richtig gehalten wird und damit nur schlecht über das Papier geführt werden kann. (bild.de, instagram.com/vds, facebook.com/vds, linkedin.com/vds)


2. Gendersprache

Absurde Gender-Beispiele

Sternchen, Doppelpunkte und Partizipien sind bei den Gender-Befürworter:*innenden beliebt wie eh und je. Der VDS-Vorsitzende Prof. Walter Krämer hat auf dem Portal achgut.com ein paar der absurdesten Fälle der vergangenen Jahre vorgestellt.  So sprach NDR1von „Hunden und Hündinnen“, in der ARD spekulierte ein Reporter über die Verletzungen der „Spieler und Spielerinnen“ – und das ausgerechnet bei einem Vorbericht zum Superbowl, dem Endspiel der Football-Liga, bei dem ausschließlich Männer antreten. Das ZDF wollte selbst bei den Taliban, die Frauen üblicherweise verachten, politisch korrekt sein und schrieb in einem Instagram-Beitrag: „Die Islamist*innen ziehen in immer mehr afghanische Städte ein.“ (achgut.com)

Stromberg gendert nicht

Vor mehr als zehn Jahren war der Schauspieler Christoph Maria Herbst zuletzt als Bernd Stromberg, dem Prototyp eines unangenehmen Chefs, in der bekannten Serie „Stromberg“ zu sehen. Nun kommt er in eben dieser Rolle im Film „Wieder alles wie immer“ zurück in die Kinos. „Stromberg bleibt Stromberg“, verrät Herbst dem Portal t-online.de. Man könne sich ziemlich sicher sein, dass Stromberg nicht gendert, so Herbst. „Er bleibt in seiner Betonköpfigkeit der Fels in seiner eigenen Brandung.“ Außerhalb der Rolle sieht Herbst das etwas anders. „Gendern – zumindest im Sinne von sprachlicher Gerechtigkeit – ist für mich selbstverständlich.“ Er versuche, sich bei jedem Trend rauszupicken, was er für sinnvoll halte. Die „Gereiztheit in den Debatten“, auch über das Gendern, ermüde ihn. (t-online.de)


Ausschlag vom Gendern

Giuliana und Merve, ein lesbisches Pärchen, haben auf TikTok ein Video zum Gendern hochgeladen. Sie finden es beide unnötig. „Ich kriege wirklich Ausschlag, wenn ich das höre“, sagt Giuliana, „so grenzen wir uns einfach wieder aus. Wir sind einfach zwei Frauen, die verheiratet sind, die sich lieben. Punkt.“ Im Folgevideo erklärt sie als Reaktion auf einen Kommentar, dass „Besucher“ oder „Schüler“ für sie genauso weiblich wie männlich seien. Sie würde sich selbstverständlich angesprochen fühlen, wenn jemand sie fragt: „Sind Sie hier Besucher?“ Giuliana erklärt: „Wenn ich sage ‚Ich geh zum Arzt‘ und mein Arzt ist eine Frau, dann ist damit auch eine Frau gemeint.“ (tiktok.com/realtalk, tiktok.com/realtalk)


3. Kultur

Genesis in Leichter Sprache

Bereits 2013 wurden die Evangelien des Neuen Testaments in Leichte Sprache übersetzt, denn die christlichen Kirchen haben den Anspruch, ihre Texte allen Gläubigen zugänglich und verständlich zu machen. Nun hat das Katholische Bibelwerk in Stuttgart das Buch Genesis und weitere Texte des Alten Testaments in Leichter Sprache vorgestellt. Das klingt dann so: „Gott macht die Welt in 7 Tagen. Am Anfang gab es kein Leben auf der Welt. Alles war dunkel. Überall war Wasser. Nur Gott war da. Dann hat Gott die Erde gemacht. Man sagt: Die Erde ist die Schöpfung von Gott.“ Damit könnten auch „Menschen mit kognitiven Einschränkungen“ ihren Glauben durch alttestamentliche Texte vertiefen, so Katrin Brockmöller, Direktorin des Katholischen Bibelwerks. Leichte Sprache ist ein Sprachkonzept, das entwickelt wurde, damit insbesondere Menschen mit Behinderungen, Demenzkranke oder Personen mit geringen Deutschkenntnissen Texte besser verstehen können. Kennzeichen sind etwa kurze Sätze oder der weitgehende Verzicht auf Fremdwörter. (katholisch.de)


4. Berichte

Tag der deutschen Sprache in Kasachstan

In der kasachischen Hauptstadt Astana (was auf Kasachisch praktischerweise „Hauptstadt“ bedeutet), gab es zum Tag der deutschen Sprache eine ganze Reihe von Veranstaltungen rund um das Deutschlernen, aber auch für die in Kasachstan lebende deutsche Sprachminderheit. Die Deutsche Botschaft organisierte ein klassisches Konzert, eine Aufführung des Deutschen Theaters Almaty mit dem Stück „Wolgakinder“ sowie eine Vorführung des Films „Das Leben der Anderen“. „In einer Welt, in der Dialog und kultureller Austausch wie nie zuvor wichtig sind, ist die deutsche Sprache eine Brücke, die Menschen, Ideen und Geschichten verbindet“, sagte die deutsche Botschafterin Monika Iwersen in ihrer Eröffnungsrede. (daz.asia)


KI-Adventskalender

KI ist nicht erst seit ChatGPT in aller Munde. Auch früher schon haben Menschen versucht, künstliche Intelligenzen zu erschaffen. Gerade im Bereich Sprache gibt es verschiedene Beispiele dafür, wie erfolgreich – oder eben auch nicht – man damit war. Der Leiter der VDS-Region 34 (Kassel), Dr. Normann Günther, hat dazu einen erweiterten Adventskalender erstellt. Bis zum 31. Dezember gibt es jeden Tag ein neues Türchen, das online geöffnet werden kann und Spannendes zum Thema KI enthält, auch Rätselfragen werden gestellt. (ki-abenteuer.de)


Gedichte auf dem Sprachhof

Der Unternehmer und Autor Jürgen-Juhani Henke hat auf dem Sprachhof einen Auszug aus seinem Schaffen präsentiert. In seinen Gedichten geht es um Themen, die Menschen beschäftigen, berühren und antreiben: Liebe, Tod, Musik, Heimat, Reisen – aber auch Alltägliches. (linkedin.com/vds, instagram.com/vds, facebook.com/vds)


Sprachnachrichten-Druck

Bald ist die neue Ausgabe der „Sprachnachrichten“ bei unseren Mitgliedern! Wir haben uns mal bei der Druckerei Schaffrath in Geldern angeschaut, wie die Produktion eigentlich so aussieht. (instagram.com/vds, facebook.com/vds)


5. Soziale Medien

Christian Ehring I – Denglisch

Der Moderator und Kabarettist Christian Ehring präsentiert auf Instagram Teile aus seinem Programm. Unter anderem analysiert er die vielen Redewendungen, die sich aus dem Englischen falsch ins Deutsche niedergeschlagen haben, wie zum Beispiel „Ich fühl dich“ (gemeint ist „Ich fühle mit dir“; „Ich weiß, was du meinst“), das von „I feel you“ kommt. (instagram.com/ehrenehring)


Christian Ehring II – Gendern

In einem weiteren Ausschnitt widmet sich Ehring dem Gendern und der Gefahr, die es für seine Ehe mitbringt, wenn er sagt: „Ich geh mal schnell zur Bäcker*in.“ Seine Frau, die das Gendern ablehnt, frage sich dann jedoch, was er denn bei der Bäckerin wolle.  Schließlich sei er sonst immer zum Bäcker gegangen, der sich von seiner Bäckerin getrennt habe. (instagram.com/ehrenehring)


Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten zu verschiedenen Sprachthemen. Männer sind mitgemeint, das Gleiche gilt für andere Geschlechter. Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln gelegentlich die Meinung der Redaktion wider.

Redaktion: Holger Klatte, Asma Loukili, Dorota Wilke, Stephanie Zabel

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