Infobrief vom 9. April 2022: Sprachverzögerung durch Corona-Masken

1. Presseschau

Sprachverzögerung durch Corona-Masken

Die britische Schulaufsichtsbehörde Ofsted weist darauf hin, dass während der Corona-Pandemie die Sprachentwicklung bei Kleinkindern deutlich geschädigt wurde. Grund seien die Masken, die zum Schutz getragen werden und einen Großteil des Gesichts verdecken. Das sorge dafür, dass Lippenbewegungen nicht mehr erkennbar seien. Kleinkinder erlernen Sprache und Wörter jedoch nicht nur über das Hören und Nachsprechen, sondern auch, indem sie diese Lippenbewegungen und die Mundstellung ablesen. Dieser Lernprozess wurde in den vergangenen zwei Jahren erheblich beeinträchtigt, weil Eltern und Erzieher auch im Umgang mit den Kindern vielfach Masken trugen. Bei einer Erhebung in 70 Betreuungseinrichtungen wurde unter anderem über ein begrenztes Vokabular der Kleinkinder berichtet sowie über die „Unfähigkeit, auf einfachste Gesichtsregungen zu reagieren“. Der Leiter der VDS-Arbeitsgemeinschaft „Deutsch in der Schule“, Claus Maas, äußert den Verdacht, dass auch die Sprachentwicklung bei älteren Schülern erheblich gelitten haben dürfte, da das Sprechen hinter der Maske im Unterricht dafür sorgt, dass Lehrer die Sprache nicht mehr richtig wahrnehmen und ggf. korrigieren können. (faz.net)


„Mutmaßliche“ Gräueltaten

Wenn Journalisten vor allem im Rahmen von Gerichtsprozessen das Wort „mutmaßlich“ verwenden, dann tun sie es aus gutem Grund: Bis ein Urteil gesprochen – und rechtskräftig ist –, hat der Angeklagte als unschuldig zu gelten. Neben dem „mutmaßlich“ wird gerne auch „laut Staatsanwaltschaft“, „er soll“ oder „die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor“ geschrieben. Um Vorverurteilung zu vermeiden, benutzen Journalisten daher diese kleinen, aber wichtigen sprachlichen Nuancen. Im Zuge des Ukraine-Krieges bekommt das Wort „mutmaßlich“ jedoch einen Beigeschmack, seit öffentlich-rechtliche Medien Kriegsverbrechen als „mutmaßlich“ bezeichnen. Bilder von Toten, teils mit auf dem Rücken gefesselten Händen, sind über die Agenturticker gegangen; in jedem anderen Krieg wurde so gut wie nie darüber spekuliert, dass die Aggressoren die Verursacher waren. Im Mediendienst Meedia wird daher die Frage angerissen, wann Kriegsverbrechen „mutmaßlich“ und wann „offensichtlich“ sind.

Die Tötung von Zivilisten sei ein Kriegsverbrechen, das sei unbestritten, meint der Medienwissenschaftler Dr. Thomas Hanitzsch von der Ludwig Maximilians Universität in München, die Paragrafen 8-12 des Völkerstrafgesetzbuches definierten klar den Tatbestand. Unklar sei hingegen der tatsächliche Urheber der Gräueltaten, weil es laut Hanitzsch „von unabhängiger Seite noch keine Bestätigung dafür gibt, dass russische Soldaten in Butscha Zivilisten gezielt getötet haben“. (Anmerkung: Verantwortlich dafür könnten beispielsweise Sondereinheiten der Geheimpolizei sein). Sobald sich das ändere, weil unabhängige Beobachter am Ort des Geschehens Beweise finden, brauche man das „mutmaßlich“ nicht mehr. Auch die Ziffern 1 und 2 des Pressekodes („wahrhaftige Unterrichtung“ und Recherchepflicht) würden diese Vorgehensweise stützen.

Diese Theorie wird von vielen Journalisten hart kritisiert, allen voran vom stellvertretenden BILD-Chefredakteur Paul Ronzheimer, der seit Beginn des Krieges (im Gegensatz zu den Kollegen vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk) in der Ukraine ist. Zahlreiche Zeugen berichten laut Ronzheimer detailliert und unabhängig voneinander von tödlicher Gewalt russischer Soldaten gegen ukrainische Zivilisten. Das „mutmaßlich“ ziehe etwas in Zweifel, „wo es nach unseren Recherchen keine Zweifel mehr gibt“, sagt Ronzheimer. Er kritisiert vor allem die Tagesschau, die sogar von „mutmaßlichen Gräueltaten“ speche. „Was an erschossenen Zivilisten eine ‚mutmaßliche‘ Gräueltat sein kann, erschließt sich mir nicht“, so Ronzheimer.

Die Wortwahl der Tagesschau legt den Verdacht nahe, dass es eine Tat, aber womöglich kein Gräuel gewesen sein könnte – das hat die Redaktion der Tagesschau kaum gemeint. Der Medienwissenschaftler Hanitzsch mahnt zur Besonnenheit: Journalistische Standards in Kriegszeiten aufzugeben, würde die Grenze zwischen Propaganda und Desinformation zerfließen lassen: „Aufgrund der zunehmenden Überflutung mit Informationen und einem verstärkten Ressourceneinsatz im Bereich der politischen Desinformation sind diese Standards wichtiger denn je.“ (meedia.de)


Sprachliche Abrüstung

Die deutsche Sprache ist kriegerisch. Zu dieser Erkenntnis kommt Max Fellmann im Süddeutsche Zeitung Magazin. Selbst beim harmlosen Kinderlied „Alle Vögel sind schon da“ marschiere der Frühling ein, im Supermarkt habe eine Freundin etwas im Eifer des Gefechts vergessen. Viele dieser Ausdrücke kämen uns unbewusst über die Lippen, doch zu Zeiten eines Krieges fast direkt vor unserer Haustüre zucke der ein oder andere schon mal zusammen, wenn er hört, was er gesagt hat. Die deutsche Sprache sei voll dieser Kampfmethaphorik. Dominik Hetjens, Linguist an der Technischen Universität Dresden, befasst sich seit Jahren mit dem Thema Sprache und Krieg. Laut ihm habe es vor allem im Kontext des 1. und 2. Weltkrieges große Veränderungen im Wortschatz gegeben. Außerdem spielte das Militär generell eine große Rolle: „Im alten Preußen war es allgegenwärtig, man hat sogar Kinder auf Familienfotos in Uniformen abgelichtet.“ So habe die Militärsprache Einzug in die Alltagssprache gehalten, entweder im Original oder als Verballhornung wie bei „verfranzen“, also einen Weg oder eine Route verlieren: „Franz“ wurden im 1. Weltkrieg die Co-Piloten genannt, die für die Navigation zuständig waren. Wenn der Franz sich bei der Routenplanung irrte, verfranzte er sich. Seine Sprache trotz der Aggression in der Ukraine jetzt aber umzubauen oder Wörter zu vermeiden sei jedoch unnötig. „Man muss keine Liste von Unwörtern machen“, sagt Hetjens. „Aber wenn Menschen jetzt über ihre Alltagssprache erschrecken, zeigt das ja, dass sich etwas verändert.“ Es könne nie schaden, sich Gedanken über auf­geladene Rhetorik zu machen. (sz-magazin.sueddeutsche.de)

Anmerkung: Sprachliche Aufrüstung geschieht ohne Hemmungen, also gedankenarm. Ist es nötig ein ganzes Volk zu Opfern machen, indem man seine Wirtschaft langfristig „ruiniert“ , weil es nicht zum Widerstand gegen seinen Diktator fähig ist? Der Aufruf zum Ruinieren beendet den Krieg vorerst nicht, er dürfte im Gegenteil sogar dazu führen, dass das russische Volk nun erst recht nicht wissen will, was in seinem Namen der Ukraine angetan wird. Tief ist das Niveau der russischen Propaganda, aber effektiv. Hier ist an die Frage zu erinnern, ob Starksprache (hier: Hassrede) eine neue Scheinwirklichkeit schafft, oder ob mangelndes Denken (hier: mentale Kurzatmigkeit) das dafür angemessene Vokabular von alleine findet. Womöglich beides.


Pilze sind Plaudertaschen

Pilze sind offenbar ganz schön geschwätzig. Das hat jetzt der Forscher Andrew Adamatzky von der University of the West of England in Bristol beobachtet. Pilze sind in der Lage, elektrische Signale zu senden und zu empfangen. Eine mathematische Analyse der Struktur dieser Signale ergibt, dass sie in Sequenzen auftreten, die der menschlichen Sprache ähneln. Verschiedene Pilze erzeugen dabei unterschiedlich komplexe „Sätze“. Adamatzky hält diese Signale für eine Art der Kommunikation, ähnlich der in menschlichen Nervenzellen. Die Messungen liefen über Elektroden, die der Forscher entweder in die Pilze selbst steckte oder in das Substrat, in dem sie wuchsen. Anschließend konnte er eine elektrische Aktivität feststellen. Die Ausschläge waren jedoch nicht wie beim Menschen in Sekundenschnelle unterwegs – vielmehr variierte die Dauer der Ausschläge zwischen einer und 21 Stunden. Die Intervalle zwischen den Ausschlägen reichten von 30 Minuten bis zu mehreren Stunden. Bei der anschließenden Analyse ermittelte der Forscher, dass die Aktivität der Pilze sich ähnlich wie die Silben in Wörtern verhält: „Die Verteilung der Wortlängen von Pilzen entsprechen denen von menschlichen Sprachen.“ Der „Wortschatz“ kann sich dabei durchaus sehen lassen: „Der Spaltblättling und der Geisterpilz nutzen bis zu 50 Wörter“, berichtet Adamatzky. „Das Kernlexikon der am häufigsten verwendeten Wörter umfasst jedoch nicht mehr als 15 bis 20 Wörter.“ Der Spaltblättling generiert überdies die komplexesten Sätze, gefolgt von der Puppen-Kernkeule. Weitere Untersuchungen sind geplant, unter anderem soll geklärt werden, ob man eine Art „Grammatik“ beschreiben kann. (scinexx.de)


2. Gendersprache

Die Platzwärterin vom Sportplatz

Sport ist nicht nur auf dem Platz anstrengend, sondern manchmal auch sprachlich. Im Schwarzwälder Boten wirft Steffen Maier einen amüsierten Blick auf die Benutzungsordnung der Bizerba-Arena in Balingen. Diese war erst vor zwei Jahren aktualisiert worden, jetzt gibt es eine neue Fassung – und zwar gendergerecht. Während vorher Benutzer, Zuschauer und der Platzwart textlich vertreten waren, ist jetzt von Benutzenden, Besuchenden, Zuschauenden und Veranstaltenden die Rede. Aus dem Sportlehrer und dem Übungsleiter wurden Sportlehrkräfte und Übungsleitende. Der erste Schnitzer betrifft die Sprecherkabine, so Maier. Sie selbst wird zwar nicht umbenannt, aber in ihr darf sich nun kein Sprecher mehr aufhalten, sondern nur noch „die sprechende Person“. Eine weitere Inkonsequenz gibt es bei den Dienstplätzen, die freigehalten werden sollen: Einer ist für den Arzt. Dass hier eine Ärztin parkt, scheinen die politisch Korrekten nicht vorgesehen zu haben. Einen besonderen sprachlichen Fehlgriff leistete man sich bei der „Übersetzung“ des Wortes „Platzwart“. Die „Platzwartin“ kommt da nicht vor, stattdessen die „Platzwärterin“. Das klinge ganz schlimm, sehr nach Gefängnis, so die Stadträtin Ute Theurer von den Freien Wählern. In trockenen Tüchern ist die Neufassung noch nicht. Zwar habe es keine grundsätzliche Kritik gegeben, dennoch sagte Oberbürgermeister Helmut Reitemann zu, dass die Benutzungsordnung bis zur endgültigen Verabschiedung im Gemeinderat Ende des Monats noch einmal redaktionell geprüft werde. An einer Stelle bleibt aber alles so wie gehabt: Die Vereinsgaststätte der TSG-Fußballer wird nicht umbenannt. Sie heißt „Henkes 12ter Mann“. (schwarzwaelder-bote.de)

Anmerkung: Beim Frauenfußball ist schon mal zu hören, wie die den Ball Führende mit einem Schrei gewarnt wird: „Hintermann!“ Das geht natürlich nicht, es kann sich nur um eine Hinterfrau handeln, oder besser: eine Hinterperson! Auf die Gefahr, dass die Gewarnte sich umdreht: „Hä?“


Frauen sind auch Menschen

Eine Studie aus New York soll laut wmn.de belegen, dass selbst im Englischen gegendert werden müsse, die Vorurteile gegen Frauen seien zu hart. Die Autorin Mona Schäffer stellt die häufig verwendete Frage, an wen man denke, wenn man die Augen schließt und sich vorstellt: einen Senioren, einen Freund, einen Menschen. Habe man dabei an Frauen oder an Männer gedacht?

Diese Frage ist und bleibt eine Fangfrage, denn es gehört schon ein arg eingeengtes Menschenbild dazu, bei „Senioren“ nur an Männer zu denken, erst recht bei „Menschen“. Schäffers Argument „Frauen sind auch Menschen: Darum ist das Gendern so wichtig“ unterstellt, dass in den Augen der Gendergegner Frauen etwas anderes seien als Menschen. Erlaubt sei die Gegenfrage: zum Beispiel was? Sodann fehlt – wie im folgenden Satz – die Schlüssigkeit: „In England gilt Linksverkehr: Darum sind Elektroautos so wichtig.“ Der erste Teil ist unbestritten, der zweite hat damit nichts zu tun. Interessant ist, worauf laut Schäffer die Ergebnisse der Studie hinauslaufen: Aufgrund der gleichen suggerierten Falschvorstellung müssten auch die englischen Wörter „people“ und „person“ gegendert werden. Eine Sprache, in der Frauen und Männer (m/w/d) das Glück haben, nicht so häufig wie im Deutschen an das Geschlecht denken zu müssen, soll daraufhin in ihrer Grammatik umgekrempelt werden. Und da sollen die vielen Menschen (die Mehrheit) mitmachen, denen diese Schlussfolgerung nicht einleuchtet? (Oliver Baer) (wmn.de)


Gott+

Nach der Katholischen Studierenden Jugend zieht jetzt auch der zweite katholische Jugendverband nach. Die Katholische Junge Gemeinde (KJG) hat sich für eine geschlechterneutrale Bezeichnung von Gott entschieden: „Gott+“ soll die vielfältigen Gottesbilder ausdrücken, schreibt das Portal br24.de. Diese Bezeichnung umfasse mehr als eine männliche, weiße Vorstellung von Gott, schreibt der Jugendverband in einer Pressemitteilung: „Die Vorstellung von Gott+ als altem, weißem Mann mit Bart greift theologisch zu kurz und erschwert vielen jungen Menschen den Zugang zu Gott+.“ Immer mehr Gläubige würde das Bild eines patriarchalen, weißen Gottesbildes befremden, heißt es. Weil der Begriff allerdings neu sei, würde man seine Einführung im Verband „sensibel“ vorbereiten. (br.de)

Anmerkung: Ein Leser der WAZ schreibt uns rechtzeitig vor Redaktionsschluss dieser Ausgabe des Infobriefes: „Das wurde nach 5000 Jahren ja auch endlich mal Zeit.“

3. Sprachspiele: Unser Deutsch

Resilienz

Das Wort gehört zu den jüngsten Errungenschaften unseres Fremdwortschatzes. Es taucht aus der Nische der Psychologie und Pädagogik auf und lässt sich als ‚(psychische) Widerstandskraft‘, als ‚Wehrhaftigkeit‘ oder ‚Unverwüstlichkeit‘ übersetzen. Resilienz erscheint neben dem Adjektiv resilient erstmals 2017 im Duden, in unseren Zeitungen kommt beides vereinzelt seit etwa zehn Jahren vor. Erst die Covid-Pandemie hat es in die Allgemeinsprache gebracht, aber nur als gehobene Bezeichnung, die nicht jeder versteht.

Wahrscheinlich sind Adjektiv und Substantiv dem Englischen entlehnt, also aus englisch resilient bzw. resilience und resiliency. Dies geht zurück auf das Partizip resilient des lateinischen Verbs resilire.

Wir haben die englischen Entlehnungen in unseren lateinischen Fremdwortschatz integriert. Durch Endbetonung und –z am Ende sind sie uns scheinbar vertraut. Es gibt jedoch im Deutschen keine gängigen Wendungen wie englisch to be resilient ‚sich nicht unterkriegen lassen‘. Das Englische ist ja überhaupt viel reicher an Latinismen. Viele von ihnen gelten als hard words, als ‚schwierige Wörter‘, sind aber nicht derart abgesondert und markiert wie in der deutschen Bezeichnung Fremdwort.

Zurück zur Resilienz. Seine Benutzung im Alltag vermittelt den Eindruck des Besonderen. Als wäre Resilienz eine Geheimwaffe, zum Beispiel gegen die Corona-Pandemie. Neuerdings wird die Resilienz der Ukrainer gegen die russische Aggression gerühmt. So nimmt man Abstand von Zerstörung und Flüchtlingsströmen, von Toten und Verwundeten. So wird die Wortwahl zum Wegschauen. Sprechen wir lieber von robuster Wehrhaftigkeit, von Widerstandskraft, von Mut und Ausdauer, von innerer Stärke. Das Deutsche verfügt über genügend treffende Wörter, die zudem einen Vorteil haben: Jeder versteht sie.

Horst Haider Munske

Der Autor ist Professor für Germanistische Sprachwissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Vereins Deutsche Sprache e. V. Ergänzungen, Kritik oder Lob können Sie schicken an: horst.munske@fau.de


4. Kultur

Niederländisch in Südafrika

Flandern unterstützt das Erlernen des Niederländischen in Südafrika. Dabei helfen soll die „Nederlandse Taalunie“ („Niederländischen Sprachunion“); in Pretoria wurde dazu ein Lehrstuhl Niederländisch eingeweiht. Zwei Dozenten sollen abwechselnd an Universitäten in Südafrika und Namibia unterrichten. Sie sollen auf Niederländisch lehren und in dieser Sprache auch wissenschaftliche Forschung betreiben. Südafrika gilt als eines der wichtigsten Zentren für Studien des Niederländischen außerhalb Europas. An acht Universitäten studieren rund 1.100 Studenten Niederländisch, und rund 13 Prozent der Südafrikaner sprechen Afrikaans.

Früher als Kapholländisch bekannt, ist Afrikaans „dem Niederländischen und dem Deutschen ähnlich, hat jedoch auch Einflüsse aus dem Englischen, Malaiischen, Portugiesischen, Französischen und einigen afrikanischen Sprachen. Anfangs nannte man das heutige Afrikaans noch Cape Dutch, wobei die geschriebene Sprache Niederländisch war,“ erklärt das Kapstadtmagazin. Gefühlt ist Afrikaans dem modernen Niederländischen so verwandt wie zwei Kusinen. Tatsächlich ist Afrikaans in weiten Teilen Südafrikas und Namibias die Lingua franca für Menschen verschiedenster Herkunft. (vrt.be, kapstadtmagazin.de)


Russisch jetzt offizielle FIFA-Sprache

Neben Portugiesisch und Arabisch ist Russisch ab sofort eine neue offizielle Sprache der FIFA, das ist beim jährlichen FIFA-Kongress in Doha bekannt gegeben worden. Die künftigen Dokumente werden in diesen zusätzlichen Sprachen ausgestellt, neben Englisch, Deutsch, Französisch und Spanisch. Die Abstimmung war deutlich: 187 Ja-Stimmen gab es für Russisch, nur 4 dagegen – und das trotz der Kritik an Putins Krieg gegen die Ukraine. Das Portal tag24.de kritisiert die Entscheidung, sie könne „auch als FIFA-Geschenk an den russischen Präsidenten Wladimir Putin gesehen werden.“ (tag24.de)


5. Berichte

VDS beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk

Der VDS versteht sich als Interessenvertretung für die Belange der Sprachgemeinschaft und tritt auch entsprechend gegenüber der Politik und den Medien auf. Eine Gruppe von VDS-Mitgliedern aus der Region Köln besuchte auf Anregung der Regionalleiterin Siegen, Regine Stephan, in der vergangenen Woche eine öffentliche Sitzung des WDR-Rundfunkrates. Intendant und Vorstandsmitglieder des WDR berichten dort regelmäßig über die Berichterstattung und die Programmgestaltung sowie über die aktuelle Rundfunkarbeit. Inhaltlich ging es um den Sprachgebrauch und die verbreitete Neigung zum Gendersprech-Modus in den Redaktionen.

Der NDR hatte die Gendersprache zum Thema der regelmäßigen Video-Konferenz „NDR Info im Dialog“ gemacht, an der auch Hörer und Zuschauer teilnehmen können. NDR-Chefredakteur Adrian Feuerbacher versuchte zu erklären, warum der Sender sich dazu entschieden hat, das Gendern zu ermöglichen: „Wir setzen uns für eine faire, diskriminierungsfreie und inklusive Sprache ein, aber gleichzeitig empfehlen wir das Gendern im Radio nach Möglichkeit zu vermeiden.“ Dass es trotzdem im Programm zu hören sei, liege daran, dass weibliche und männliche Kollegen sich nicht in ihrer persönlichen Freiheit beschränkt fühlen sollen.

Allerdings sprach sich die Mehrheit der Konferenz-Teilnehmer deutlich gegen die Gendersprache aus: „Gendern klingt einfach aufgesetzt und unnatürlich“, sagte Hans Kaufmann (VDS-Region Hamburg). Für den Sprachwissenschaftler Wilfried Kürschner ist „die Sexualisierung der Sprache durch Männer … erstmal nur eine These.“ (ndr.de)


VDS-Vorsitzender beim Westfälischen Industrie-Klub

„Frauen sind nicht zugelassen“ – mit dieser Anekdote aus der ursprünglichen Satzung des Westfälischen Industrie-Klubs (WIK) in Dortmund eröffnete Prof. Walter Krämer, Vorsitzender des Vereins Deutsche Sprache, seinen Vortrag am 5. April 2022. Der WIK lädt seine Mitglieder regelmäßig zu Vorträgen ein, dieses Mal ging es um die Frage, ob Gendern eine Bremse oder eine Brücke zur vollen Gleichberechtigung der Frauen sei. Krämer ging neben linguistischen Aspekten auf das tägliche sprachliche Miteinander ein und erinnerte daran, dass ein männlicher Artikel vor einem Wort nicht immer das biologische Geschlecht der betreffenden Person meinen muss: „Edith Piaf, der Spatz von Paris“. Bei der anschließenden Diskussion mit den rund 100 Teilnehmern wurde deutlich, wie sehr das Thema die Menschen beschäftigt. Ausnahmslos lehnten die Unternehmer vor allem Satzzeichen innerhalb von Wörtern ab. Weniger abgeneigt sei man, neutrale Begriffe zu finden, wie bei einem „Verein für Wirtschaftsmanagement“ statt „Verein für Wirtschaftsmanager“; hier sei es möglich, durch eine kleine Veränderung den Genderbefürwortern entgegenzukommen, ohne in die sprachliche Harmonie einzugreifen. Eine Architektin wies ihrerseits verwundert darauf hin, dass eine Auftraggeberin als „Baufrau“ betitelt werden wollte – üblich sei die Bezeichnung „Bauherr“, unabhängig vom Geschlecht. (wik-dortmund.de)


Grimma-OB Sprachwahrer des Jahres

Matthias Berger, Oberbürgermeister von Grimma, ist zum „Sprachwahrer des Jahres 2021“ gewählt worden, das gab jetzt die Deutsche Sprachwelt bekannt. Die Leser der Zeitschrift wählten Berger mit knapp 29 Prozent der Stimmen. Berger hatte die Stadtverwaltung von Grimma und den Landkreis Leipzig dazu gebracht, auf Gendersterne und ähnliche Schreibweisen zu verzichten. Platz 2 ging mit knapp 19 Prozent an den Schauspieler Dieter Hallervorden, der sich trotz harter Angriffe gegen ihn deutlich gegen das Gendern ausspricht. Dritte wurde die Autorin und Literaturkrikerin Elke Heidenreich, ebenfalls eine Gegnerin des Genderns. (deutsche-sprachwelt.de)


Ausstellung „Ukrainische Märchen“

Vom 19. April bis 13. Mai 2022 gibt es im Brüder-Grimm-Museum in Kassel eine Ausstellung zu ukrainischen Märchen und Sagen. Die Ausstellung, so die Brüder-Grimm-Gesellschaft Kassel, sei spontan entstanden als Antwort auf den russischen Überfall auf die Ukraine. Bei der Ausstellung soll die reiche, volkstümliche Erzähltradition der Ukraine gewürdigt werden, außerdem soll das geschichtsfälschende Narrativ der Kremlpropaganda berichtigt werden, es gebe kulturhistorisch nur die eine dominante russische Nation. Neben der russischen und der weißrussischen gehört die ukrainische Sprache, ihre Literatur zu den drei großen ostslawischen Kulturen, die aus der sog. „Kiewer Rus’“ (ukrainisch = Київська Русь; nicht mit „Kiewer Russland“ zu übersetzen!) im 9. und 10. Jahrhundert entstanden sind. Nach dem Mongolensturm im 13. Jahrhundert hatte die Ukraine eine sehr wechselvolle Geschichte, die immer wieder von verschiedenen Mächten überlagert wurde. Dennoch haben sich über die Jahrhunderte hinweg bis in unsere Zeit die ukrainische Sprache, Dichtung und Kultur entfaltet; zumal im 19. Jahrhundert gab es eine Wiedergeburt, die speziell mit dem großen Nationaldichter Taras Ševčenko (transliterierte Schreibweise, dazu die transkribierte im Deutschen: Taras Schewtschenko, 1814–18619) verbunden ist. Gezeigt werden bei der Ausstellung zahlreiche illustrierte Ausgaben ukrainischer Märchen und Sagen, außerdem gibt es Informationstafeln, historische Landkarten und Porträts. (grimms.de)


6. Denglisch

Die Suche nach dem deutschen Wort

„Arbeit und Muße im Einklang“ statt „work-life-balance“, „eingelegtes Mischgemüse“ statt „mixed pickels“ oder „Flirt-Schnellsuche“ statt „Speed-Dating“ – es mag Ersetzungsvorschläge für englische Wörter im Anglizismen-Index des VDS geben, die möglicherweise ein ähnliches Schicksal erwartet wie der größere Teil der Verdeutschungen Philipp von Zesens (1619-1689) oder Johann Heinrich Campes (1746-1818). Von Zesens „Entgliederkunst“ (für Anatomie) oder „Zeitblick“ (für Minute) haben es ebensowenig in den Wortschatz geschafft wie Campes „Haarbau“ (für Frisur) oder „Zwangsgläubiger“ (für Katholik). In einem informativen Beitrag in der Beilage der Neuen Zürcher Zeitung „NZZ Folio“ geht es um die Geschichte der Fremdwortkritik im Deutschen von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart. Vor allem wird auch die zweckdienliche Seite der jahrhundertelangen Suche nach dem deutschen Wort herausgestellt. So ist Campe überzeugt davon, „dass die Gesellschaft gerechter wird, wenn man den Menschen Begriffe für die neuen Gedanken gibt.“ Schließlich könne kein Volk mitreden, solange ihm die Worte fehlen, so die Autorin Barbara Klingbacher. Deswegen ist es ein Gewinn, dass heute von Zesens „Abstand“ (statt Distanz) und „Tagebuch“ (statt Journal) sowie Campes „Brüderlichkeit“ (statt Fraternité) und „fortschrittlich“ (statt progressiv) in den Wörterbüchern stehen. Und vielleicht hat auch der Anglizismen-Index zur Verbreitung der deutschen Entsprechungen „Bezahlfernsehen“ (für Pay TV) oder „Hörbuch“ (für Audiobook) beigetragen. (nzz.ch)


Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten der vergangenen Woche zur deutschen Sprache. Männer sind mitgemeint, das Gleiche gilt für andere Geschlechter. Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln gelegentlich die Meinung der Redaktion.

Redaktion: Oliver Baer, Holger Klatte, Asma Loukili, Dorota Wilke

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