Interview mit dem Vorsitzenden des Vereins Deutsche Sprache
Redaktionelle Bemerkung: Der Mathematiker Professor Peter Bender ist seit Juni 2022 Leiter der Region 33 des VDS (Ostwestfalen-Lippe). Anlässlich des 25. Jahrestags der Gründung des VDS und mit Blick auf verschiedene Angriffe auf den Verein befragt er Walter Krämer.
Bender Herr Krämer, Sie sind wie ich Mathematiker und waren Professor für Statistik, auch im Ausland, haben dort auf Englisch gelehrt: Was hat Sie zur Pflege des deutschen kulturellen Erbes motiviert, zur Pflege vor allem der deutschen Sprache?
Krämer Pflege des kulturellen Erbes – da verwenden Sie einen Begriff, der besonders in der DDR populär und positiv besetzt war. Möglicherweise, um mich zu kitzeln – Sie wissen ja, ich bin kein Sozialist, sondern ein Liberaler. Als solcher erlaube ich mir aber zu sagen: Ich schätze diesen Begriff. Denn ich setze mich tatsächlich für das deutsche Spracherbe ein, stelle mich gegen die Anglisierung und gegen das Gendern. Übrigens nicht als einziger. Denken Sie an die vielen prominenten Unterstützer unseres Anliegens. Ich war immer sowohl an Mathematik als auch an Sprache und Literatur interessiert. Das eine beschäftigt mich beruflich, das andere außerberuflich.
Sie haben vor 25 Jahren den „Verein Deutsche Sprache“ gegründet. Hätten Sie sich 1997 vorstellen können, dass er sich so entwickelt: er zählt inzwischen über 36 000 Mitglieder –
Darunter über die Hälfte außerhalb der deutschen Landesgrenzen!
– die sich in zahlreichen Arbeitsgruppen organisieren, von „Deutsch in der Wissenschaft“ über „Sprachlichen Verbraucherschutz“ bis zu „Juden in Deutschland für klares Deutsch“.
Die Leiterin der letztgenannten Arbeitsgruppe, Frau Dr. Grözinger, ist ganz selbstverständlich Mitglied unseres Vereins. Und ob ich mir dessen Entwicklung vorgestellt hätte? Jein. Erheblich sollte er schon werden. Ja. Aber an 36 000 Mitglieder hatte ich nicht gedacht. Nein. Wir sind der größte dem kulturellen Erbe verpflichtete Verein in Deutschland. Vielleicht sogar auf der ganzen Welt. Und auch international sehr gut vernetzt.
Sie selbst gehören der „Gesellschaft der Freunde der Hebräischen Universität Jerusalem“ an. Trotz dieser Mitgliedschaft gelten Sie vielen Ihrer Kritiker als „rechts“?
Hoffentlich glauben Sie nicht alles, was in Wikipedia steht. Aber gut: Wenn sich einmal ein Urteil medial verfestigt hat, kann man wohl nichts mehr machen. Nicht nur ich, auch der gesamte VDS stehen diesbezüglich in Verruf. Offenbar haben manche ein Problem damit, dass jemand die eigene Sprache und Kultur schätzt. Die Kritiker halten unsere Muttersprache für „rechts“, weil ein Hitler sie gebrüllt hat. Aber Deutsch ist auch die Sprache des Widerstands gegen Hitler, von Brecht und Thomas Mann bis zu den Briefen der Sophie Scholl. Ist gar die Sprache des Kommunistischen Manifests von Marx und Engels: lesen Sie es mal, sie werden ein Glanzstück der deutschen Sprache finden! Und ja, wie wohl die meisten unserer Mitglieder bin auch ich ein Patriot. Ich stehe zu unserer schwarz-rot-goldenen Fahne, der Protestflagge des Hambacher Festes, der Fahne der Achtundvierziger Revolution, der Fahne unserer Republik. Warum sollte das nicht sein dürfen? Ich habe einmal in einem Vortrag gesagt, dass wir Deutsche stolz auf unser Land sein könnten. Das wurde von einigen heftig kritisiert. Sehr heftig. Dabei hatte ich nur ein Wahlplakat von Willy Brandt aus dem Bundestagswahlkampf von 1972 zitiert. Tja, manche sind so links, dass ihnen selbst ein Willy Brandt als Rechter erscheint. Soll ich denen nach dem Munde reden?
Das muss nicht sein. Finden Sie aber nicht, dass Sie manchmal überspitzt formulieren, mit dem Säbel kommen, wo ein Florett genügen würde? Ich zitiere Ihre Äußerung über den „aktuellen Meinungsterror unserer weitgehend linksgestrickten Lügenmedien.“ – Um nicht noch Gröberes anzuführen.
Ihre Kritik ist angekommen. Vielleicht hätte ich mich zurückhaltender äußern sollen: „Missionierung durch Medien, deren Mitarbeiter*innen sich in der Regel grün-rot verorten.“ Ich bitte aber zu bedenken, dass die von mir mitinitiierte Aktion „Unstatistik des Monats“ speziell die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten schon mehrmals bei Lügen und Manipulationen ertappt hat. Und ich werde auch oft bewusst falsch dargestellt. Man schlägt den Krämer, meint aber den Sprachverein, weil einem die ganze Richtung nicht passt.
Und Sie belegen das jetzt womit?
Rufen Sie im Internet den VDS auf, es erscheint sofort „rechts“ oder „AfD“. Oder rufen Sie gar mich auf! Ich wurde „AfD-Professor“ genannt, bin aber Mitglied der FDP. Wir üben Sprachpflege „ohne nationalistische Ziele.“ Das wird gerne überlesen. Dem Verein wird Sprach-Purismus unterstellt. Er ist aber nicht puristisch. Sprache entwickelt sich. Es fragt sich nur, ob sie von den Deutschsprachigen insgesamt entwickelt wird, oder von der Minderheit derjenigen, welche über die Kommunikationsmittel verfügen und sich in den Meinungsfächern der Universitäten tummeln. Diese sind dann eher Journalistinnen und Gendertheoretiker – die anderen gestandene Fachärzte, Ingenieurinnen, Handwerker, Produktionsarbeiterinnen, Angestellte usw. Ich weise damit ausdrücklich auf einen sozialökonomischen Unterschied hin –
Sie hatten ja auch gerade noch das Kommunistische Manifest gelobt …
Als Text! Ich lasse ja gelten! Sehen Sie: So, wie ich beispielsweise als Umweltschützer gegen Monokultur in der Natur bin, etwa in Wäldern, bin ich auch gegen Monokultur bei Sprachen. Gutes Englisch – gerne. Aber kein Denglisch anstatt Deutsch. Und gerne gutes Deutsch!
Abschließend gefragt: Meinen Sie, dass das Image, das Sie und der Verein in eher linken und grünen Kreisen genießen –
Genießen ist gut!
– dass dieses Bild noch zu ändern ist?
An uns soll es nicht liegen. Wir sind jederzeit zu Gesprächen mit allen bereit, denen es um die deutsche Kultur und Sprache geht. Mit allen! Aber die Gespräche müssen dann auch geführt und nicht abgelehnt werden.
Ich drücke die Daumen und bedanke mich für dieses Gespräch.