3. November 2017
1. Presseschau vom 27. Oktober bis 2. November 2017
- Positive Nachrichten gegen Stress
- Englische Kammer in Frankfurt am Main
2. Unser Deutsch
- Himbeerpalast
3. Berichte
- Niederdeutsch-Autor Wolfgang Mahnke erhÀlt Sprachpreis
4. VDS-Termine
5. Literatur
- Gleichberechtigung im Kinderzimmer
- Dichterwettstreit: Deutschsprachige Meisterschaften 2017
1. Presseschau vom 27. Oktober bis 2. November 2017
Positive Nachrichten gegen Stress
FĂŒr viele sind es feste Rituale: die Zeitung am Morgen, die âTagesschauâ am Abend. Man möchte ja darĂŒber informiert sein, was passiert in der Welt. Dabei werden wir hĂ€ufig ĂŒberschwemmt von einer Flut negativer Nachrichten: Berichte ĂŒber Umweltkatastrophen, Kriege und humanitĂ€re Krisen sind an der Tagesordnung. Nicht erst seit VorfĂ€llen, bei denen RettungskrĂ€fte durch gaffende und filmende Sensationsheischer behindert wurden, kommt deswegen die Frage auf: Schauen wir hin, um uns zu informieren oder aus Schadenfreude? Treibt uns Wissbegier oder die Lust an schlechten Nachrichten? Wissen ĂŒber potenzielle Gefahren erscheint zunĂ€chst ganz vernĂŒnftig, doch allzu hĂ€ufig betreffen Nachrichten uns gar nicht direkt. Die Neurowissenschaftlerin Maren Urner sieht in solcher stĂ€ndigen BeschĂ€ftigung mit schlechten Nachrichten auĂerhalb unseres Einflussbereichs eine Gefahrenquelle. Sie könne dazu fĂŒhren, âdass wir in einen Zustand gelernter Hilflosigkeit kommenâ. Der dabei entstehende Stress könne langfristige psychologische Folgen haben. Deshalb hat Urner die Internetseite Perspective Daily mitgegrĂŒndet, die sich auf positive Nachrichten konzentriert. Dabei geht es nicht um Zensur, nur darum, eine andere Perspektive einzunehmen, nicht um die Katastrophe zu kreisen, sondern den Blick zu öffnen fĂŒr mögliche Hilfestellungen und positive Entwicklungen. Die letzte Meldung lautet dort beispielsweise: âWie eine britische Minderheit gegen den Brexit kĂ€mpftâ. (deutschlandfunkkultur.de, perspective-daily.de)
Englische Kammer in Frankfurt am Main
Das Landgericht Frankfurt will ab Januar 2018 eine englischsprachige Kammer fĂŒr Handelssachen einrichten. Ziel sei es, die Stadt nach dem EU-Austritt GroĂbritanniens aus der EU als internationalen Gerichtsstandort zu etablieren, so GerichtsprĂ€sident Wilhelm Wolf. Die hessische Justizministerin Eva KĂŒhne-Hörmann (CDU) will fĂŒr das Projekt, Personal- und Sachmittel zur VerfĂŒgung zu stellen.
Der Verein Deutsche Sprache e. V. hat Àhnliche PlÀne in anderen BundeslÀndern bereits in der Vergangenheit kritisiert. Damit werde dem Bedeutungsverlust der deutschen Sprache Vorschub geleistet, so der Hamburger VDS-Regionalleiter Dr. Hans Kaufmann in einem Interview aus dem Jahr 2014. (fnp.de, abendblatt.de)
2. Unser Deutsch
Himbeerpalast
Ein MĂ€rchenwort? Ein fernöstliches Reiseziel? Nein. So nennt man in Erlangen das himbeerfarbene HauptgebĂ€ude der Firma Siemens, das weithin sichtbar die Macht der Weltfirma demonstriert. Dieser Spitzname hat sogar den Weg in kommunale und universitĂ€re Verlautbarungen gefunden, seit Siemens einen neuen Campus errichtet und den alten Stammsitz an die UniversitĂ€t abgibt. Es soll den Philosophen zufallen, dankbaren Nachnutzern aufgegebener GebĂ€ude. Man nennt solche im Volksmund entstandenen Wörter âinoffizielle Eigennamenâ. Sie sind nur den Einheimischen bekannt, ein ganz eigener Besitz, der Verbundenheit und Vertrautheit ausdrĂŒckt. Wer weiter auf die Suche geht, wird bald fĂŒndig bei StraĂen, PlĂ€tzen, herausragenden GebĂ€uden.
Taxifahrer, die, von NĂŒrnberg kommend, den Erlanger Osten ansteuern, kennen die âPanzerstraĂeâ, offiziell âKurt-Schumacher-StraĂeâ. Den Namen hat die belebte EinfallsstraĂe von den amerikanischen Panzern, welche in den 60er und 70er Jahren bei TruppenĂŒbungen die StraĂe kreuzten und den Verkehr aufhielten. Lang istâs her, der Name blieb. UnlĂ€ngst haben gewaltige RegenfĂ€lle eine enge UnterfĂŒhrung am Stadtrand unter Wasser gesetzt, sie heiĂt treffend âMauslochâ. Der Name ist in die StraĂenbauplanungen eingegangen. Auch Dialektales wird onomastisch genutzt. Einem ambitiösen Neubau soll die alte âHupflaâ, der historische GebĂ€udekomplex der ehemaligen Psychiatrie, weichen. Selbst NeubĂŒrger kennen jetzt die Hupfla [Heil- und Pflegeanstalt]. Erlangen hat nur ein Hochhaus, genannt âder lange Johannâ (an der StraĂe St. Johann).
GĂ€ngig sind AbkĂŒrzungen: Der zentrale Hugenottenplatz heiĂt nur âHugoâ; ein altes Fachwerkhaus, das die alternative Jugend lange besetzt hielt, wird einfach B4 genannt (fĂŒr BismarckstraĂe 4). Zum Schluss sei ein Wahrzeichen der Stadt erwĂ€hnt, der âBergâ, das malerische GelĂ€nde am Burgberg, an dem jĂ€hrlich zu Pfingsten die Bergkirchweih stattfindet. Zum Berg wandern am Eröffnungstag die Lederhosenjungs und DirndlmĂ€dels im âKastenrennenâ, BierkĂ€sten schleppend und leerend mit âVorglĂŒhenâ fĂŒr den âAnstichâ.
Lust auf Lokales bekommen? Macht Euch daheim auf die Suche, liebe Leser, nach solchen Perlen onomastischer KreativitÀt, mit welcher die örtliche Bebauung sprachliche Aneignung erfÀhrt.
Horst Haider Munske
Die Artikel der Rubrik âUnser Deutschâ bieten hĂ€ufig Anlass zur Diskussion. Wer mitdiskutieren möchte, ist im VDS-Rundbriefforum herzlich dazu eingeladen: http://rundbrief.vds-ev.de.
3. Berichte
Niederdeutsch-Autor Wolfgang Mahnke erhÀlt Sprachpreis
Der niederdeutsche Autor Wolfgang Mahnke wurde am 2. November 2017 in Rostock mit dem neu eingerichteten Sprachpreis des Landes Mecklenburg-Vorpommern ausgezeichnet. Den mit 1.000 Euro dotierten Sprachpreis verleihen der Verein Deutsche Sprache e. V. und der Heimatverband Mecklenburg-Vorpommern. Bildungsministerin Birgit Hesse hat die Schirmherrschaft fĂŒr den Preis ĂŒbernommen.
Wolfgang Mahnke wurde 1937 in Malchin geboren. Nach vielen Berufsjahren als Meeresbiologe auf See wirkt er seit 1994 als freischaffender Schriftsteller. Elf BĂŒcher mit plattdeutschen Geschichten hat Mahnke bisher veröffentlicht und erzĂ€hlt daraus regelmĂ€Ăig auf Lesungen.
Den Sprachpreis des Landes Mecklenburg-Vorpommern erhalten Personen, Unternehmen oder Einrichtungen, die in ihrem Sprachgebrauch als Vorbild wirken und sich fĂŒr die deutsche sowie die niederdeutsche Sprache einsetzen. (ostsee-zeitung.de)
4. VDS-Termine
6. November, Region 40 (DĂŒsseldorf)
Dr. Reiner Pogarell (VDS-Vorstandsmitglied): âLuther und die deutsche Spracheâ
Zeit: 18:00 Uhr
Ort: Gerhart-Hauptmann-Haus, BismarckstraĂe 90, 40210 DĂŒsseldorf; Raum 312
6. November, Region 20, 21 (Hamburg)
Treffen der Hamburger Regionalgruppe
Zeit: 19:30 Uhr
Ort: Hotel Ibis (HH-Wandsbek), Pappelallee 61, 22089 Hamburg
7. November, Region 38 (Braunschweig, Salzgitter, Wolfsburg)
Regionalgruppentreffen
Zeit: 16:00 Uhr
Ort: Gliesmaroder Thurm, Berliner Str. 105, 38104 Braunschweig
8. November, Region 23 (LĂŒbeck, Wismar)
Treffen der Regionalgruppe
Zeit: 18:00 Uhr
Ort: LĂŒbecker Rudergesellschaft, HĂŒxtertorallee 4, 23564 LĂŒbeck
9. November, Region DĂ€nemark (Kopenhagen)
BogForum 2017: Podiumsdiskussion zur dÀnischen Sprachpolitik aus internationaler Sicht
Debat om dansk sprogpolitik i internationalt lys
u. a. mit Reiner Pogarell und Per-Ă
ke Lindblom
Zeit: 13:30 Uhr
Ort: Bella Center, Center Boulevard 5, 2300 KĂžbenhavn, DĂ€nemark
9. November, Region Schweiz (St. Gallen)
Preisverleihung âFantasievolles Deutschâ des VDS an die âDenkbarâ St. Gallen.
VortrĂ€ge: Regula Heinzelmann: âGibt es noch unvermischte Dialekte in der Schweiz?â
und Gero Greb: âEs gibt vier Amtssprachen in der Schweiz, wozu braucht es noch eine FĂNFTE, nĂ€mlich Denglisch?â
Zeit: 18:00 Uhr
Ort: Denkbar, Neugasse 43, 9000 St. Gallen, Schweiz
10. November, Region DĂ€nemark
BogForum 2017: Podiumsdiskussion zur dÀnischen Sprachpolitik aus internationaler Sicht
Debat om dansk sprogpolitik i internationalt lys
u. a. mit Reiner Pogarell und Per-Ă
ke Lindblom
Zeit: 10:00 Uhr
Ort: BogForum Bella Center, Center Boulevard 5, 2300 KĂžbenhavn, DĂ€nemark
5. Literatur
Gleichberechtigung im Kinderzimmer
Traditionelle MÀrchen und liebgewonnene alte Kindergeschichten spiegeln fast immer die Geschlechterrollenverteilung ihrer Entstehungszeit wieder. MÀnner ziehen aus, um Drachen und sonstige Unholde zu bekÀmpfen, Prinzessinnen warten im Turm auf Errettung. Eine Alternative mit Gute-Nacht-Geschichten, die MÀdchen andere Vorbilder geben und ihnen ihre vielfÀltigen Entfaltungsmöglichkeiten aufzeigen soll, verfassten die beiden italienischen Autorinnen Elena Favilli und Francesca Cavallo. Dabei erzÀhlen sie nicht von fiktiven Charakteren, sondern von realen Frauen, wie beispielsweise Frida Kahlo oder Simone Biles (US-amerikanische Turnerin). So zeigt sich die Vielfalt und breite Palette von Verwirklichungsmöglichkeiten weiblicher IdentitÀt.
Ganz ohne auf Gendersprache und Gleichmacherei zurĂŒckzugreifen, können auf diese Weise MĂ€dchen dazu ermutigt werden, ihre Gleichberechtigung wahrzunehmen und ihre Potenziale zu nutzen. (spiegel.de)
Dichterwettstreit: Deutschsprachige Meisterschaften 2017
Im Opernhaus in Hannover fanden vom 24. bis zum 28. Oktober die deutschsprachigen Meisterschaften im Poetry Slam, der modernen Form des Dichterwettstreits, statt.
Ausgetragen wurde das Finale im Einzel- und Teamwettbewerb. Hierbei traten die Poeten, die sich in Vorentscheidungen qualifiziert hatten, mit ihren selbst verfassten Texten, Prosa wie Lyrik, gegeneinander an. Ein Zeitlimit von wenigen Minuten verhindert ein Ausufern der VortrÀge.
Die lokalen Veranstaltungen, die mittlerweile in vielen gröĂeren StĂ€dten regelmĂ€Ăig ausgetragen werden, erfreuen sich immer gröĂerer Bekanntheit und Beliebtheit. 1200 Zuschauersitze bietet der Veranstaltungssaal. Kaum einer blieb leer. Verteilt ĂŒber die Veranstaltungstage lauschten fast 10.000 Menschen neuer deutschsprachiger Poesie. Der Poetry Slam trĂ€gt so dazu bei, Interesse fĂŒr literarische Texte zu wecken â besonders bei jĂŒngerem Publikum, das von den Themen, die oftmals aktueller Jugendkultur entnommen sind, angesprochen wird.
Gewinner des Einzelwettbewerbs ist Alex Burkhard aus MĂŒnchen. Er qualifizierte sich zuvor bei den bayerischen Landesmeisterschaften. âHeun und Söhneâ, bestehend aus David Friedrich und Julian Heun, setzten sich in der Kategorie Teamwettbewerb gegen sieben Konkurrenten durch. Ihre FinalbeitrĂ€ge können im Internet auf den Seiten des NDR nachgehört werden: ndr.de (staatstheater-hannover.de, deutschlandfunkkultur.de)
Der VDS-Infobrief enthÀlt Neuigkeiten und Nachrichten der vergangenen Woche zur deutschen Sprache. Bestellbar unter: infobrief@vds-ev.de.
RECHTLICHE HINWEISE
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Verein Deutsche Sprache e. V. Dortmund
Redaktion: Lea Jockisch, Holger Klatte, Ann-Sophie Roggel
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