1. Presseschau
- Schlagzeile des Jahres: Grün ist das neue Rot
- Weißt du, wie viel Sternlein stehen?
2. Unser Deutsch
- Drei Welt-Wörter
3. Stiftungspreis
- Preis für wissenschaftliche Arbeit über Zeichnung und Literatur
4. Betroffene schreiben für die Sprachnachrichten
- Sprache im beruflichen Alltag
5. VDS-Termine
6. Literatur
- Wegfallende Wörter
- Verengter Blick auf Literatur
7. Denglisch
- Wortschatz der Unternehmensgründer
- Kuriose Wortschöpfungen
8. Kommentar
- Geräte statt Geschick
1. Presseschau
Schlagzeile des Jahres: Grün ist das neue Rot
Mit „Grün ist das neue Rot“ kommentierte die Bildzeitung das Ergebnis der bayrischen Landtagswahl im Oktober „Was früher die Volkspartei SPD war, ist heute die einstige grüne Nischenpartei.“ Knapper Zweiter wurde der Spiegel mit „Liba mit Fibl“, einem Bericht zur Überlegenheit des klassischen Orthografieunterrichts beim Schreibenlernen. Mit einigem Abstand auf Platz drei folgen gleich vier Schlagzeilen mit identischer Punktzahl: „Loch und Löcher“ (der Tagesspiegel zur Finanzkrise beim BER-Flughafen), „Junge, komm nie wieder“ (die Süddeutsche Zeitung zu einer möglichen Rückkehr von Silvio Berlusconi in die Politik), „Brüllende Stille“ (die Börsen-Zeitung zur internen Kommunikation bei der Deutschen Bank nach der Enthüllung, dass ihr Aufsichtsrat einen neuen Vorstandsvorsitzenden suche) sowie „Der wüste Sohn“. So überschrieb die Hannoversche Allgemeine einen großen Bericht zu den Machenschaften des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman.
Insgesamt gingen bei der Jury 92 Vorschläge aus 22 Quellen ein. „Eine solche Auswahl hatten wir noch nie,“ erklärt der Jury-Sprecher Walter Krämer, Wirtschaftsprofessor an der TU Dortmund und Vorsitzender des Vereins Deutsche Sprache. Weiter gehören zur Jury der Tübinger Rhetorikprofessor Gert Ueding, die Journalisten und Autoren Wolf Schneider und Franz Stark sowie die Sprachwissenschaftler Horst Haider Munske und Helmut Glück. Die Schlagzeile des Jahres gibt es seit 2010; der erste Sieger war Die Zeit mit „Krieger, denk mal!“
Die Liste der 30 höchstbewerteten Schlagzeilen des Jahres 2018 ist im Netz hier einzusehen: (vds-ev.de, pdf-Datei)
Weisst du, wie viel Sternlein stehen?
Sind es zahlreiche, zahllose, unendlich viele? Martin Ebel macht sich Gedanken über unsere Schwierigkeiten mit großen Zahlen. In den meisten Fällen sind zahllose Dinge doch zählbar. Zahllos ist dann also nicht nur übertrieben, sondern auch falsch. Die Alternative: unzählig.
Hier geht es zu Martin Ebels Sprachsprechstunde: tagesanzeiger.ch
2. Unser Deutsch
Drei Welt-Wörter
Was haben Euro, Brexit und Deal gemeinsam? Sie gehören fast allen Sprachen der Welt an und sie kennzeichnen eine wichtige Sache mit einem neuen Wort. Seit ein gerissener Immobilienhändler die Politik der USA bestimmt, haben Deals die traditionellen diplomatischen Verhandlungen ersetzt. Deal hatte im Deutschen bisher einen etwas schiefen Klang, weshalb Dealer und dealen zu Ausdrücken des Drogenhandels wurden. Jetzt wird der Deal neu importiert.
Jünger ist der Brexit, eine dieser typisch britischen Kurzwörter aus hinten amputiertem Britain und vorne verkürztem Exit für ‘Ausgang’. Damit sind die Austrittswilligen, die Brexiteers, den Remainers, die bleiben wollen, verbal weit überlegen.
Uns sind einige dieser Latinismen des Englischen nur aus dem Jargon der Mediziner bekannt. Exitus sagen sie lakonisch beim Tod eines Patienten. Eine makabre Parallele.
Schließlich der Euro, welcher den Zusammenhalt Europas durch eine gemeinsame Währung festigen sollte. Der Clou war das Kurzwort, das dies Ziel auch sprachlich symbolisierte. Der ECU, die ursprüngliche Bezeichnung, Abkürzung für European Currency Unit, hätte das nicht geschafft. Ausgesprochen wurden dies Initialwort übrigens französisch, wie Écu [e’ky:], nach dem Namen einer alten französischen Münze – also weit weniger europäisch. Den Euro passt sich jede Sprache selber an. Er wird im Englischen zum [’jʊərəʊ], im Griechischen zum [’εvrɔ], während er bei uns [’ɔyrɔ] heißt.
Drei Wörter mit ganz unterschiedlicher Strahlkraft: hier Hoffnung auf Einheit und Frieden, dort die Angst vor Fremdbestimmung und am Ende vielleicht ein Deal zwischen beiden? Welches dieser Weltwörter wird unsere Zukunft bestimmen?
Horst Haider Munske
Der Autor ist Professor für Germanistische Sprachwissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Vereins Deutsche Sprache e. V. Ergänzungen, Kritik oder Lob können Sie schicken an: horst.munske@fau.de
3. Stiftungspreis
Preis für wissenschaftliche Arbeit über Zeichnung und Literatur
Mit seinen Bildergeschichten wie Max und Moritz schuf Wilhelm Busch vor 150 Jahren eine neue Kunstform, an die neuere Genres wie Comics und Graphic Novels anknüpfen. In Würdigung seines Gesamtwerks hat die Stiftung Deutsche Sprache nun den WB Stiftungspreis Wilhelm Busch eingerichtet. Dieser mit 2.000 € dotierte Preis soll erstmals 2019 für die beste deutschsprachige Bachelor- oder Masterarbeit zu dem allgemeinen Rahmenthema Zeichnung und Literatur vergeben werden, die im Studienjahr 2018/19 an einer deutschen oder ausländischen Hochschule eingereicht wird. Danach wird der Preis alle zwei Jahre vergeben. In der Jury wird Walter Battermann (Laatzen) als Zustifter von Katrin Redemann (Göttingen) vertreten; die von der Stiftung Deutsche Sprache benannten Mitglieder sind Prof. Dr. Hans-Joachim Solms (Halle), Prof. Dr. Roland Duhamel (Oostende) und Prof. Dr. Barbara Kaltz als Vorsitzende (Freiburg). Die Reisekosten des Preisträgers übernimmt die Stiftung Deutsche Sprache.
Ausschreibung: Bewerber reichen ihre in deutscher Sprache verfasste Bachelor- oder Masterarbeit bis spätestens 31.7.2019 beim Vorstand der Stiftung Deutsche Sprache als Mailanhang im PDF-Format (wbpreis@stiftung-deutsche-sprache.de) ein. Einladungen zur Teilnahme sind weltweit an Institute für Germanistik und an Kunsthochschulen ergangen.
4. Betroffene schreiben für die Sprachnachrichten
Sprache im beruflichen Alltag
Zum Schwerpunktthema Sprache und Wirtschaft/Sprache in den Unternehmen freut sich die Redaktion der Sprachnachrichten auf Beiträge aus dem Alltag in Studium und Beruf, zum Beispiel darüber:
- Stellensuche und Bewerbungen
- Formulierung von Stellenangeboten
- Sprachlicher Alltag im Unternehmen, an der Universität
- Sind Übersetzer/Dolmetscher ersetzbar durch Big Data/Algorithmen?
- Fremdsprachenkenntnisse für die Karriere, besonders Sprachen der Nachbarländer
- Inwieweit sind Gendern und politische Korrektheit im beruflichen Alltag unvermeidbar?
Wohlgemerkt, es geht darum, Begeisterung zu wecken, statt zu jammern und zu meckern, und die Beiträge müssen unser Kernthema behandeln: Sprache(n). Beiträge, die wir veröffentlichen, werden mit 50 Euro honoriert für eine halbe Seite (2500 Anschläge), 100 Euro für eine ganze Seite (5000 Anschläge). Eine Quote für junge Autoren gibt es nicht, aber ihre Beiträge als Betroffene sind besonders willkommen. Redaktionsschluss ist der 15. Januar.
Die Herbstausgabe der Sprachnachrichten Nr. 80 (Deutsch in der Welt) können Sie ab 11. Dezember im Netz (VDS-Sprachnachrichten) lesen. Die gedruckte Ausgabe ist zu den VDS-Mitgliedern postalisch unterwegs, und man kann sie an vielen Kiosken in Bahnhöfen und Flughäfen kaufen.
5. VDS-Termine
6. Dezember, Region 25 (West-Schleswig-Holstein)
Regionalversammlung mit Wahl der Regionalleitung
Zeit: 18:00 Uhr
Ort: Kleiner Saal, Bürgerhaus Heide, Neue Anlage 5, 25746 Heide
7. Dezember, Region 89 (Ulm)
Lesung des Literatur- und Autorenvereins Günzburg
Zeit: 19:00 Uhr
Ort: Café Herzdame, Dominikus-Zimmermann-Str. 3, 89312 Günzburg
6. Literatur
Wegfallende Wörter
Bei jeder neuen Auflage des Duden werden Wörter gestrichen. Manche sind veraltet, manchmal gibt es dafür politische Gründe. Zweimal gab es regelrechtes Großreinemachen. Normalerweise wird ein Wort gestrichen, wenn es nach den Zählungen der Dudenredaktion nicht mehr gebraucht wird. Gezählt wurde früher per Zettelkasten, heute geschieht es digital. Mehr darüber: welt.de
Verengter Blick auf Literatur
Wie kommen Menschen dazu, etwas als Literatur anzusehen? In anderen Kulturen ist Dichtung Teil religiöser Rituale oder Feste. Die westlichen Gesellschaften der Moderne begreifen Nation und Epoche als zentrale Kategorien der Literaturgeschichte, berichtet die Morgenpost. Doch diese Auffassung verenge den Blick auf Literatur, zeitgemäß sei eine globale Perspektive. Mehr: morgenpost.de
7. Denglisch
Wortschatz der Unternehmensgründer
Die Gründerwelt kennt ein eigenes Vokabular. Das kann zur Verwirrung führen, wenn man nicht weiß, wovon der Gesprächspartner gerade redet. (fuer-gruender.de)
Kuriose Wortschöpfungen
Auf seiner Suche nach kuriosen Wortschöpfungen stieß Peter Littger in einem Supermarkt zum Beispiel auf Klopapier, das Happy End heißt, was nicht nur unfreiwillig komisch ist, sondern auch falsch: Im Englischen heißt es nämlich „Happy Ending“. (bild.de)
8. Kommentar
Geschick statt Gerät
Fünf Milliarden werden locker gemacht für die Digitalisierung der Schulen. Eine löbliche Absicht. Aber das werden wohl alle zwei Jahre fünf Milliarden, denn die Rechner sind im Handumdrehen schrottreif. Auf der Höhe der Zeit sind die Schüler, sie können den Lehrern die Nachfolger von Facebook und Twitter erklären, auf ihren eigenen, den neuesten Geräten. Die geplagten Lehrer mögen die Frage verzeihen: Müsste die Jugend nicht als erstes lernen, wie man liest, was man liest, wie man klärt, ob ein Text aus glaubwürdiger Quelle stammt? Und vielleicht trotzdem Ungenauigkeiten enthält? Das fällt unter Medienkompetenz. Die Ausstattung mit Rechnern fällt unter Rechnungshof (zuständig für das Aufspießen nett gemeinter, aber fragwürdiger Ausgaben).
Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten und Nachrichten der vergangenen Woche zur deutschen Sprache. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht die Meinung der Redaktion widerspiegeln.
Redaktion: Oliver Baer
© Verein Deutsche Sprache e. V.