1. Presseschau
Fridays for Futur 2
Dass an diesem Wochenende EU-Wahlen anstehen, hat sich herumgesprochen. Der VDS spricht für keine Partei eine Wahlempfehlung aus. Mitteilenswert ist aber, dass sich immerhin eine der zur Wahl stehenden Parteien mit so viel Freude den grammatischen Feinheiten der deutschen Sprache widmet. Zum besseren Verständnis sei erwähnt, dass der Spitzenkandidat dieser Partei mehrere Jahre Chefredakteur der Satirezeitschrift Titanic war.
Manche Leser mögen sich an weinselige Bemühungen früherer Jahre erinnern, als es darum ging, einen Verein zur Pflege des deutschen Konjunk- sowie Genitivs ins Rollen zu bringen – oder gibt es gar irgendwo einen Erfolg zu vermelden? Derselben Tradition folgt die Gesellschaft zur Stärkung der Verben neutsch.org, deren Netzauftritt zu besuchen wir hiermit anheimstellen, und sei es nur, um sich für die sonntägliche Europawahl mit der dafür unerlässlichen Hingabe zu wappnen.
Grenzenlose Sprachkenntnisse
Der Verständigung in Fremdsprachen stünde bald nichts mehr im Weg, so die von Google geweckte Hoffnung. Google hat ein System entwickelt, das gesprochene Sprache direkt übersetzen und in der Stimme des Sprechers wiedergeben könne. Weder sei ein langer Lernprozess nötig noch eine gute Aussprache. Bislang war das auditive Übersetzen nur mit mehreren Zwischenschritten möglich. Das Gesprochene musste zuerst in Text umgewandelt werden, der dann übersetzt und schließlich wieder ausgegeben wurde. Das neue System Translatotron soll das ohne Verzögerung schaffen. Die Besonderheit dabei ist, dass die ausgegebene Sprache so klingen soll wie die Originalstimme des Sprechers. Sogar Laute wie ähm sollen erhalten bleiben, damit das ganze klingt wie in Wirklichkeit. Bei der Software handelt es sich laut dem Konzern aktuell nur um eine Machbarkeitsstudie. (bluewin.ch, pcwelt.de, golem.de)
Kommentar
Es darf weiterhin vergeblich auf Software gehofft werden, die beispielsweise Satire zu erkennen vermag.
Ausbildung in Fach und Sprache
Wer im Ausland arbeiten möchte, seine Ausbildung aber im Inland gemacht hat, stößt häufig auf Probleme mit der Anerkennung des Abschlusses. Auch die Sprache kann zum Hindernis geraten. Um dem entgegenzuwirken, bildet der Frankfurter Verband AiQuA (Arbeitsintegrierte Qualifizierung in der Altenpflege) seit 2011 Pflegekräfte in Fach und Sprache aus. Die Ausbildung dauert drei Jahre und bietet allen Interessierten einen Sprachkurs an. Vorgesehen ist, dass bei vollem Gehalt ein Tag in der Woche zum Sprachenlernen genutzt wird. Gefördert wurde der erste Durchgang des Projekts vom Europäischen Sozialfonds mit knapp einer Million Euro. (fr.de)
Integration fehlgeschlagen
Integration gelingt nur, wenn die Betroffenen Deutsch sprechen wollen. In einem Integrationscafé im Familienzentrum Steinhagen musste ein lange erfolgreiches Projekt nun aufgrund von Ausgrenzung eingestellt werden. Das 2009 gegründete Internationale Café war ein Ort, an dem sich vor allem Mütter mit Kindern trafen – manche mit guten, manche mit gebrochenen Deutschkenntnissen. „Wir haben immer interveniert, dass hauptsächlich Deutsch gesprochen wurde“, erzählt Elisabeth Zsizka, die Leiterin des Familienzentrums. Mit der Zeit entstand eine wachsende Gruppe arabisch sprechender Frauen, die nicht bereit waren, sich auf Deutsch zu unterhalten. Es kam zu Ausgrenzung und Streit. Folglich mieden viele andere Flüchtlinge das Café, und nun wurde es nach reiflicher Überlegung geschlossen. (haller-kreisblatt.de)
Fiktive Sprachen lernen
Anhänger der Serie Game of Thrones können die für die Serie geschaffenen Sprachen lernen. Bei Duolingo, einem Online-Dienst zum Erlernen von Sprachen, wird beispielsweise ein Sprachkurs für Hochvalyrisch angeboten, das unter anderem vom Hauptcharakter der Serie gesprochen wird. Hochvalyrisch ist eine rein fiktive Sprache, die der amerikanische Linguist und Schriftsteller David J. Peterson entwickelt hat. Bisher haben sich 1,2 Millionen Nutzer weltweit für die Sprachkurse angemeldet. (nzz.ch)
2. Unser Deutsch
Verräterische Wörter
Mediale Selbstberatung
Jüngst las ich, die Sparkassen führten die mediale Selbstberatung ein. Ein etwas sperriges, aber wohlklingendes Wort. Wie, fragte ich mich, berate ich mich selber? Und was hat das mit der Sparkasse zu tun? Die Antwort gibt das Adjektiv medial, ein gehobenes Wort für Internetnutzung. Da sind wir am Ziel: Die Sparkasse berät nicht mehr selber durch ihre Berater und Beraterinnen an einer Theke (sitzen kann man sowieso nirgends mehr, es würde das beratende Personal zu lange in Anspruch nehmen), nein, sie spart am Personal – eine neue Deutung dieser Einrichtungen. Der Kunde ist aufgerufen, sich online einzuloggen, sich dann durch das mediale Service-Angebot zu klicken, bis er den vorgefertigten Ratschlag findet, den er sucht. Nachfragen darf er nicht, allenfalls zu den FAQs weiterklicken, den – übersetzt –‚ häufig gestellten Fragen‘, er kann prüfen, ob er vielleicht das Falsche gefragt hat, oder falsch gefragt hat oder sich überhaupt im medialen Universum verirrt hat. Dann kann er aussteigen aus der medialen Selbstberatung und eventuell den Nachbarn fragen oder den Sohn oder die mediengewandte Enkelin. Und macht sich seine Gedanken über das Sparangebot der Sparkassen.
Durchgang verboten
Dieses Schild findet sich an kleineren Wegen, schmalen Durchgängen, denkbaren Abkürzungen und soll sagen: Zurück, hier darfst Du nicht lang.
Man kann das Schild aber auch anders lesen: Das Wort Durchgang gibt überhaupt erst den Hinweis, dass sich dort ein Durchgang befindet, sonst brauchte man ja nichts zu verbieten. Und der Fußgänger kann daraus den Schluss ziehen: Na, dann versuche ich es mal. Wird ja nicht gleich ein Polizist dastehen. Zumal es sich sowieso meist um private Verbote handelt.
Kurz: Auch negative Information ist Information. Kein Schild aufstellen wäre manchmal besser, vermeidet Kosten und ist ein kleiner Beitrag, unser Verbotsunwesen abzubauen.
Alternativ bleibt die ruppige Wahl: Kein Durchgang. Muss ja nicht stimmen. Hauptsache es schreckt ab.
Horst Haider Munske
Der Autor ist Professor für Germanistische Sprachwissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Vereins Deutsche Sprache e. V. Ergänzungen, Kritik oder Lob können Sie schicken an: horst.munske@fau.de
3. Kultur
Wandel der Sprache
Der Künstler Dirk Hupe stellt in seiner neuen Ausstellung „Restzeichen/Zeichenreste“ in Duisburg den Wandel der Sprache dar. Auf den Bildern und Installationen sind Buchstaben, Wörter und Schriftzeichen zu sehen. Als Grundlage für die Kunstwerke dienen ihm alte Arbeiten, denen er mithilfe von weißer Farbe neue Ebenen und Strukturen verleiht. Hupe beschäftigt sich seit seinem Studium begeistert mit Veränderungen in Sprache und Kommunikation. „Die Sprache ist immer im Wandel“, sagt er. Bis zum 16. Juni 2019 sind die Werke im Künstlerhaus an der Goldstraße ausgestellt. (waz.de)
Musik verbindet
Das deutsch-französische Musikprojekt Famosik bringt Musiker aus verschiedenen Altersgruppen, Musikrichtungen und sprachlichen Hintergründen zusammen. Allen Musikern ist gemein, dass sie einen Migrationshintergrund haben. So gestaltet sich die Kommunikation oft schwierig, jedoch erklärt einer der Musiker, dass die Musik auch so etwas wie eine Sprache sei. „Die Musik ist das verbindende Element. Wir hören uns in die Akkordfolge hinein und schließen uns dann an und umgekehrt.“ Geprobt wird zweimal im Monat. Die Musikgruppen könnten unterschiedlicher nicht sein, was die Musikrichtung und das Alter der Mitglieder betrifft. Die Gruppe Ballade aus Straßburg setzt sich größtenteils aus Jugendlichen zusammen, während bei den Worlderers aus Lahr Jugendliche eher die Ausnahme sind. Gefördert wird das Projekt vom Eurodistrikt Straßburg-Ortenau. (lahrer-zeitung.de)
4. VDS-Termine
28. Mai, Region 01 (Dresden, Riesa)
Sinnvolle und hilfreiche deutsche Werbung oder sinnlose „denglische“ Werbung in Dresdens Handel und Gewerbe am Beispiel.
Jeder bringt ein Beispiel mit (Foto oder Text mit Ortsangabe);
(es könnte eine Aktion in der Altmarktgalerie folgen: „Wie wirkt die Werbung auf die Kunden?“)
Zeit: 18:00 Uhr
Ort: Ortsamt Dresden-Loschwitz, Grundstraße 3, 01326 Dresden
1. Juni, Region 61, 63 (Bad Homburg, Offenbach, Hanau, Aschaffenburg)
Jahresversammlung
Zeit: 16:00 Uhr‘
Ort: Parkrestaurant „Quellenhof“, Quellenstr. 21, 61118 Bad Vilbel
5. Juni, Region 97 (Würzburg)
Mitgliedertreffen und Vortrag von Dr. Christoph Weißer, stellv. Regionalleiter Worthülsen und Phrasen in der Sprache der Politik
Zeit: 18:00 Uhr
Ort: Am Stift Haug, Textorstr. 24, 97070 Würzburg
6. Juni, Region 28 (Bremen)
Treffen der Sprachfreunde Bremen
Zeit: 19:00 Uhr
Ort: Grollander Krug, Hotel Robben, Emslandstr. 30, 28259 Bremen
10. Juni, Region 42 (Wuppertal, Remscheid, Solingen)
Mitgliedertreffen
Zeit: 17:15 Uhr
Ort: Gaststätte „Kaiser-Treff“, Hahnerberger Str. 260, 42329 Wuppertal-Cronenberg
11. Juni, Region 65 (Wiesbaden/Kelkheim)
Mitgliedertreffen
Zeit: 19:00 Uhr
Ort: Restaurant Europa, Stadthalle Kelkheim, Gagernring 1, 65779 Kelkheim (Taunus)
13. Juni, Region 70/71/73/74 (Stuttgart, Nordwürttemberg)
Regionalversammlung
Zeit: 19:00 Uhr
Ort: Brauereigaststätte Dinkelacker, Tübinger Str. 46, 70178 Stuttgart
17. Juni, Region 20, 22 (Hamburg)
Mitgliederversammlung
Zeit: 19:30 Uhr
Ort: Hotel Ibis Alsterring, Pappelallee 61, 22089 Hamburger
21. Juni, Region 08 (Zwickau, Plauen)
Mitgliedertreffen mit Wahl der Regionalleitung
Zeit: 18:00 Uhr
Ort: Gasthof zur Eiche, Klingenthaler Str. 22, 08209 Auerbach
IMPRESSUM
Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten der vergangenen Woche zur deutschen Sprache. Männer sind mitgemeint, die anderen Geschlechter auch. Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln mitunter die Meinung der Redaktion.
Redaktion: Oliver Baer, Alina Letzel
© Verein Deutsche Sprache e. V.