Infobrief vom 3. April 2020: Emojis in DIN-Norm

1. Presseschau

Emojis in DIN-Norm

Bild: S. Hofschlaeger / pixelio.de

Wie viele Zeilen kommen zwischen Textblock und Grußformel? Wie schreibe ich ein Datum korrekt? Die Schreib- und Gestaltungsregeln für die Text- und Informationsverarbeitung (kurz: DIN 5008) werden überarbeitet und in Kürze veröffentlicht. Einige Satzzeichen bekommen lediglich einen neuen Namen. So wird aus dem „-“, der bisher „Mittestrich“ hieß, der „Kurzstrich“. Wichtig für Benutzer von Emojis: Es wird empfohlen, sie hinter den Satzpunkt zu setzen, wenn es sich auf den gesamten Satz bezieht. Alles klar? 😉 (mittelbayerische.de, din-5008-richtlinien.de)


Bürgersaal = frauenfeindlich?

Die Bezeichnung „Bürgersaal“ sei frauenfeindlich, sagt eine Hamburgerin und fordert von der Stadt Hamburg die Umbenennung der Begegnungsstätte im Stadtteil Wandsbek. Hier dürften sich, so die Argumentation, offenbar ausschließlich Männer treffen. Der Grünen-Politiker Dennis Paustian-Döscher stimmt zu: Man müsse alles tun, um der Gleichberechtigung Ausdruck zu verleihen, sagt er. Eine übergreifende Fraktionsmeinung gebe es dazu allerdings noch nicht – der Antrag solle diskutiert werden, allerdings erst, wenn „andere, vorrangigere Punkte“ vom Tisch seien. (mopo.de)


Sprachangriffe gegen Politiker

Städtetagspräsident Burkhard Jung beklagt in einem Interview mit dem MDR die Verrohung der Sprache. Politiker seien immer häufiger Verbalattacken, Drohbriefen oder Verleumdungen ausgesetzt – zunehmend auch im Internet. Vor allem Bürgermeister stehen im Fokus der Angriffe. Die Zahl der Straftaten gegen Mandatsträger habe im vergangenen Jahr zugenommen, so Jung. Wichtig sei daher, dass Behörden in Zukunft persönliche Daten von Mandatsträgern (zum Beispiel Adressen) leichter zurückhalten könnten. (mdr.de)


Feder-Sprache

„Naaak. Polly will Keks“, entspricht nicht der Papageiensprache. Die Vögel haben tatsächlich ihre eigene Sprache. Ihre Sprache ist nonverbal, sie läuft über die Gestik und die Stellung der Federn, heißt es in der Zeitschrift „Wellensittich und Papagei“. Zum Beispiel aufgestellte Kopf- und Nackenfedern zeugen von Aufregung. Wenn der Papagei einem den Fuß entgegen streckt, signalisiert er: „Halt! Bleib, wo du bist!“ (merkur.de)


Wie aus Hirnwellen Sprache wird

Wer durch eine Krankheit seine Sprachfähigkeit verliert, hat eingeschränkt am gesellschaftlichen Leben teil. Das trifft vor allem die Psyche, viele Menschen verzweifeln und vereinsamen, weil sie mit der Situation nicht zurechtkommen. Forscher der University of California in San Francisco haben jetzt ein System entwickelt, mit dem Hirnströme gemessen und dann in Sprache übersetzt werden können. Die Wortfehlerrate liegt laut ersten Ergebnissen bei durchschnittlich 3 Prozent. Dieser neuartige Einsatz künstlicher Intelligenz könnte Patienten mit Sprachblockaden die Möglichkeit geben, wieder besser mit ihrer Umwelt zu kommunizieren. (wissenschaft.de)


2. Unser Deutsch

Korona

Mit dieser Welt-Seuche verbreitet sich auch ein Wortschatz über die Sprachen, der zuvor nur Fachleuten bekannt war. Es sind Fremdwörter aus dem Griechischen, dem Lateinischen oder europäischen Nachbarsprachen. Greifen wir ein paar heraus und kommentieren sie: Corona und Covid 19, Epidemie und Pandemie, Virus und Virologen, Influenza, Quarantäne, Inkubationszeit, Solo-Selbständige.

Korona, entlehnt aus lateinisch corona, dies aus griechisch κορώνα, bezeichnet (in der Astronomie) seit dem 19. Jahrhundert, den Strahlenkranz der Sonne bei totaler Sonnenfinsternis. Wahrscheinlich wurde dies Bild jüngst zum Namengeber für den Virus, welchen die Mediziner Corona SARS-Cov-2 nennen.

Virus wurde im späten 19. Jahrhundert aus englisch oder französisch virus entlehnt, das auf lateinisch virus ‚Gift, Saft‘ zurückgeht; von schwankendem Genus: im Lateinischen neutral, im Deutschen nach dem Muster der allermeisten Wörter auf –us oftmals maskulin (so auch der Computervirus), neuerdings aber allgemein als Neutrum flektiert. Der Virologe hat wahrscheinlich sein Vorbild in französisch virologue.

Influenza, im 18. Jahrhundert entlehnt aus italienisch influenza, das schon um 1500 die Bedeutung ‚Ausbruch einer Krankheit‘ hatte; das Wort verbreitete sich mit der Grippe-Epidemie, die 1743 von Italien ausging; unsere Grippe wurde damals aus französisch grippe entlehnt.

Epidemie, in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts entlehnt aus mittellateinisch epidemia, das zurückgeht auf griechisch ̕επιδημία ‚Verbreitung (einer Krankheit)‘ zu griechisch ̕επιδήμιος ‚im ganzen Volk verbreitet‘. Pandemie ist erstmals 1837 belegt für eine ‚weltweit verbreitete Seuche‘, wohl eine Neubildung zu gleichbedeutendem griechisch πανδήμιοσ.

Quarantäne geht zurück auf italienisch quarantina ‚40 Tage‘, übertragen auf die Wartezeit seuchenverdächtiger Schiffe vor dem Hafen, erstmals belegt 1374, als die Venezianer einem Schiff wegen Pestgefahr die Einfahrt verweigerten. Bis vor kurzem meistgebraucht bei Einwanderung oder Überseetransport. Neu ist die häusliche Quarantäne, die vielen Bewohnern angesichts der Corona-Epidemie verordnet wird.

Inkubationszeit, ursprünglich die ‚Brutzeit der Vögel‘ aus lateinisch incubatio‚ auf den Eiern liegen‘, seit Ende des 19. Jahrhunderts belegt für ‚Zeitraum zwischen Ansteckung und Ausbruch einer Infektionskrankheit‘.

Solo-Selbständige, eine Neuprägung mit dem entlehnten Adjektiv solo ‚allein‘ für (meist handwerkliche) Einmannbetriebe.

Was lässt sich aus dieser kleinen Auswahl ersehen? Alle Wörter haben griechische oder lateinische Wurzeln. Sie verweisen auf den großen sprachlichen Verbund, den das Lateinische als europäische Lingua franca bis in die Neuzeit gestiftet hat. Das erleichtert bis heute den gegenseitigen sprachlichen Transfer. Es ist ein Stück europäischer Wortschatz, ein Abbild unseres gemeinsamen Schicksals in dieser Korona-Pandemie.

Horst Haider Munske

Der Autor ist Professor für Germanistische Sprachwissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Vereins Deutsche Sprache e. V. Ergänzungen, Kritik oder Lob können Sie schicken an: horst.munske@fau.de


3. Kultur

Quote für deutschsprachige Künstler

Die Corona-Krise schlägt auch bei Künstlern durch: keine Auftritte – keine Gage. Eine Initiative von Künstlermanagern, Sängern und Gruppen spricht sich nun für eine Quote für deutschsprachige Künstler aus. Radios sollten 50 Prozent ihrer Titel von deutschen Künstlern singen lassen. Bands kämen so besser durch die Krise, und neue und unbekannte Künstler bekämen so die Möglichkeit, ein größeres Publikum zu erreichen. Die Solidarität, die es bereits in weiten Teilen der Gesellschaft gibt, müsse auch in der Musikszene ankommen, heißt es. (nmz.de)


Bibel in 694 Sprachen

Die Bibel ist das am häufigsten übersetzte Buch – jetzt hat die Zahl der Sprachen mit einer Gesamtübersetzung einen neuen Rekord erreicht: Die komplette Bibel gibt es aktuell in 694 Sprachen, die beiden neuen sind Ellomwe und Cho-Chin. Ellomwe sprechen rund 2,3 Millionen Menschen in Malawi, Cho-Chin rund 15.000 in Myanmar, so die Deutsche Bibelgesellschaft. Insgesamt können mit der Komplettübersetzung damit etwa 5,7 Milliarden Menschen erreicht werden. Das Neue Testament ist in deutlich mehr Sprachen verfügbar: 1.542 Sprachen sind abgedeckt. Insgesamt geht der Weltverband der Bibelgesellschaften von 7.350 Sprachen auf der Welt aus – demnach gebe es in rund 4.000 noch keine Bibel-Übersetzung. (katholisch.de)


Lesen gegen Corona-Langeweile

Nachdem alle möglichen Literaturveranstaltungen abgesagt wurden, entstehen nun überall digitale Angebote. Zum Beispiel vertreiben bekannte Autoren Kindern die Langeweile: Auf kika.de lesen unter anderem Cornelia Funke und Martin Baltscheit aus ihren Büchern vor, um in Zeiten von Corona etwas Abwechslung in die Kinderzimmer zu bringen. Jeden Tag gibt es neue Geschichten gegen das Nichtstun zu Hause. Die Aktion „Live gelesen mit …“ ist eine Zusammenarbeit von NDR und SWR. Sogar ein digitales Festival wurde auf die Beine gestellt. Unter dem Namen „Viral – das Online-Literaturfestival in Zeiten der Quarantäne“ werden hier von Tag zu Tag Lesungen übertragen. Über das Programm kann man sich auf Facebook informieren.

Eine schöne Übersicht über verschiedene digitale Literaturangebote veröffentlicht die Neue Zürcher Zeitung: nzz.ch. (kika.de)


4. Berichte

Deutsche Sprachtage in Dortmund abgesagt

Wegen der aktuellen Pandemie-Situation sind derzeit alle VDS-Veranstaltungen in den Regionen abgesagt. Der Vereinsvorstand hat in der vergangenen Woche entschieden, dass auch die Deutschen Sprachtage ausfallen, die vom 25.-27. Juni 2020 in Dortmund stattfinden sollten. Die Auswirkungen der Pandemie, insbesondere bei Reisevorhaben, werden sicherlich auch im Sommer noch vorhanden sein. Derzeit ist zudem allen organisatorischen Maßnahmen der Geschäftsstelle eine Zwangspause auferlegt.

Es ist geplant, im Herbst eine Delegiertenversammlung (ohne Rahmenprogramm) abzuhalten, um die Vereinsangelegenheiten zu regeln. Termin und Ort werden so bald wie möglich bekanntgegeben. Aber sicherlich ist auch dieser Plan abhängig von der weiteren Entwicklung.


Limericks gegen Langeweile

Gegen die Langweile bei Ausgangs- und Kontaktbeschränkung hat Dieter Rasch, der Leiter für die VDS-Region Rostock und der Arbeitsgruppe „Dialekte und Regionalsprachen‟, einen Gedicht-Wettbewerb ausgerufen, in Hochsprache oder Dialekt – aber bitteschön als Limerick, also als fünfzeiliges, gereimtes Gedicht mit fester Struktur und einer Pointe.

Das Reimschema ist aabba, das heißt, die erste, zweite und fünfte Zeile schließt mit demselben Reim ab. Die dritte und vierte Zeile hat einen eigenen Reim. Die Zeilen 1, 2 und 5 weisen drei betonte Silben auf; die Zeilen 3 und 4 sind kürzer und haben nur zwei betonte Silben.

Eine Jury wird die drei besten Beiträge auswählen, die Autoren erhalten einen Preis.

Einsendungen bitte an: d_rasch@t-online.de


Entwicklungshelfer im VDS

Die Frankfurter Neue Presse berichtet über einen Vortrag von Günther Kopp beim VDS-Treffen in Kelkheim, der noch vor den Ausgangsbeschränkungen stattfand. Kopp ist Regionalleiter in Wiesbaden und engagiert sich seit einigen Jahren auch als Entwicklungshelfer in Afrika. Thema des Vortrags war seine Afrikareise im Februar. Er habe Burkina Faso besucht und dort gemeinsam mit dem VDS-Verantwortlichen Finlé Ivo Projekte zur Förderung des Deutschen als Fremdsprache angestoßen. Außerdem sammelt Kopp Spenden zur Vergabe von Mikrokrediten.


5. Denglisch

Verstehen zweitrangig

Die Sparkasse gibt bekannt, dass es künftig ein Mastercard-Debit Co-Badging als Erweiterung für die Girocard gebe. Damit werde das bisherige Maestro-Co-Badging abgelöst und es dürften sich sowohl die Verwendung im Ausland als auch Einkäufe im Internet vereinfachen. Was „Badging“ genau bedeutet, ist offenbar nicht so wichtig. Auch „Caschys Blog“ veröffentlicht die Neuigkeit und kommentiert: Die neue Girocard stehe einer regulären Stand-Alone Mastercard Debit in nichts nach. (f-i.de, stadt-bremerhaven.de)


6. Termine

ABGESAGT! 7. April, Region 18 (Rostock)
Mitgliedertreffen
Zeit: 18:00 Uhr
Ort: Gasthaus Zum Bauernhaus Biestow, Am Dorfteich 16, 18059 Rostock

ABGESAGT! 14. April, Region 65 (Wiesbaden/Kelkheim)
Mitgliedertreffen
Zeit: 19:00 Uhr
Ort: Restaurant Royal India, Bahnstr. 33, 65779 Kelkheim

IMPRESSUM

Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten der vergangenen Woche zur deutschen Sprache. Männer sind mitgemeint, das Gleiche gilt für andere Geschlechter. Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln mitunter die Meinung der Redaktion.

Redaktion: Holger Klatte, Alina Letzel, Dorota Wilke

© Verein Deutsche Sprache e. V.

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