1. Presseschau
Sprachförderung im Kindergarten
Je früher eine Sprache erlernt wird, umso einfacher die Aneignung. Daran orientiert sich auch die Elbkinder-Kita in Hamburg und versucht, den Kindern in Alltagssituationen die deutsche Sprache beizubringen. Mehr als die Hälfte aller Kinder dort hat nämlich einen Migrationshintergrund. Damit sich nicht erst in der Grundschule um sprachliche Defizite gekümmert wird, soll schon in der Kita angesetzt werden. Dafür gibt es in der Hamburger Kita zum Beispiel eine „hörbare Speisekarte“: Jeden Morgen spricht ein Kind den Speiseplan in ein Aufnahmegerät ein. Generell sollten Sprachanlässe geschaffen werden, so früh und so viel wie möglich, so Ann-Katrin Bockmann, Expertin für Sprachbildung und -förderung an der Uni Hildesheim. Ihr zufolge beginnt schon lange vor der ersten Deutschstunde das Erlernen von Sprache: „Wir legen in der Krippe und Kindergarten die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Schullaufbahn.“ Es sei wichtig, mit den Kindern bei jeder Gelegenheit ins Gespräch zu kommen. Dabei solle darauf geachtet werden, Fragen zu stellen, die nicht nur mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden können, sondern Raum zum Reden geben. (rnd.de)
Sprache entfesselt das Smartphone
Technik vereinfacht Leben, Sprache vereinfacht Technik. So salopp könnte man die Worte des Amazon-Smarthome-Chefs Daniel Rausch zusammenfassen. Mit dem Assistenten Alexa kam erstmals ein funktionierendes Hilfsmittel auf den Markt, das dem Benutzer erlaubt, verschiedene Dinge zu steuern, ohne ein Gerät tatsächlich anfassen zu müssen. Vor Alexa war die Bedienung über das Handy noch komplizierter, so Rausch: „Man musste das Smartphone aus der Tasche holen, es entsperren, dann die zuständige App suchen, öffnen, das richtige Gerät auswählen, und erst dann konnte man es in irgendeiner Weise kontrollieren.“ Die Entwicklung eines Sprachassistenten sei bahnbrechend gewesen. Jetzt sei der nächste Schritt, Alexa Routinen beizubringen, zum Beispiel solche, bei der bei einem „Guten Morgen, Alexa“ automatisch das Licht angeht, der Fernseher eingeschaltet wird und die Kaffeemaschine anfängt zu laufen. (welt.de)
Japanische Autorin über männliche Büros
Seit 1982 lebt die Autorin Yoko Tawada in Deutschland und verfasst ihre Bücher zweisprachig. In ihrem aktuellen Buch „Das Fremde aus der Dose“ beschäftigt sie sich mit Dingen und Situationen, die für uns Deutsche natürlich, fast schon profan sind – auf Fremde jedoch teils abstrus, teils unverständlich wirken. Sie bemerkt zum Beispiel, dass ein Büro meist männlich ist: DER Kugelschreiber, DER Bleistift, DER Füller. Und ausgerechnet DIE Schreibmaschine wirkt wie ein männlicher Oberkörper und passt so gar nicht in das Bild, das vor ihrem geistigen Auge entsteht. Tawada sieht die Muttersprache ein Stück weit wie festgeklammert: Die Benennung von Dingen ist bekannt, man kommt nicht auf die Idee, sie zu hinterfragen. Erst wenn man eine Fremdsprache lernt, löst man Idiome auf und erlaubt dem Geist, sich neu zu entfalten. (faz.net)
Gesundheitsvorsorge für deutschsprachige Belgier in Gefahr
Deutsche Geburtskliniken sollen in Belgien erhalten werden – das hat die Deutschsprachige Gemeinschaft des Landes gefordert. Anlass ist eine offizielle Studie, die kürzlich die Schließung von landesweit 17 Geburtskliniken empfahl. Rund 76.000 deutschsprachige Belgier leben im äußersten Osten des Landes. Deren Parlament fordert jetzt die Regierung auf, den deutschsprachigen Bürgern einen wohnortnahen und vollständigen Gesundheitsdienst zu garantieren. (sueddeutsche.de)
2. Unser Deutsch
rückgängig machen
Die Republik diskutiert über den afrikanischen Einwurf von Kanzlerin Merkel, das Ergebnis der Wahl des Ministerpräsidenten in Erfurt müsse rückgängig gemacht werden. Dass dies eine Fehlentscheidung, ein falsches Signal, kurz: politisches Desaster sei, darüber sind sich Medien und Talkshow-Diskutanten einig. Nur das Wort rückgängig machen sei verfehlt, es passe nicht zu unserer Demokratie. Fragen wir hier nach diesem Wort, seinem üblichen Gebrauch, um das Unbehagen zu klären.
Das Adjektiv rückgängig taucht heute nur noch in Verbindung mit machen auf, mit dem Substantiv Rückgang (zum Beispiel der Geburten, der Museumsbesucher, der Kriminalität) hat es nicht mehr viel gemein. Man kann seine Bedeutung nur aus dem Gebrauch bestimmen. Was kann rückgängig gemacht werden? Es sind zum Beispiel Kaufverträge, Buchungen, eine Abmachung, auch eine Verlobung. Immer geht es um ein Versprechen in die Zukunft: eine wechselseitige Leistung, meist eine Geldzahlung, oder ein gegenseitiges Versprechen. Wenn ein Partner sich anders besinnt, ist eine Vertragsauflösung möglich. Mit oder ohne Sanktionen. Siemens wollte seinen Vertrag in Australien nicht rückgängig machen, weil hohe Sanktionszahlungen fällig geworden wären. Auch leidet das Vertrauen, wenn auf Verträge kein Verlass mehr ist.
Die Frage ist: Kann eine Wahl rückgängig gemacht werden? Sie ist ja kein Vertrag, sondern eine Entscheidung, die gilt, wenn das Ergebnis ausgezählt, geprüft und verkündet wurde. Wahlen kann man wiederholen, manchmal auch (bei Verstößen gegen Regeln der Wahl) für ungültig erklären. Nur den Rückwärtsgang gibt es hier nicht. Merkel hatte ihre Worte überlegt, als sie forderte, „das Ergebnis der Wahl muss rückgängig gemacht werden“. Dies ist auch nach kurzer Zeit geschehen durch den Rücktritt des eben gewählten Ministerpräsidenten. Wo ist da der Unterschied: Wahl oder Ergebnis der Wahl? Hier der Vorgang, dort das Resultat. Gemeint ist in diesem Fall dasselbe: ein Ministerpräsident auf dem Schild der AfD. Deshalb hat die Forderung der Kanzlerin ein Geschmäckle von ‚Befehl von oben‘, eine Missachtung des ordentlichen demokratischen Procedere. Dieser Eindruck wurde auch unterstützt durch Form und Ort des Kanzlervotums. Üblicherweise meiden deutsche Politiker im Ausland, jegliche Stellungnahmen zu innenpolitischen Vorgängen ihres Heimatlandes. Auslandsreisen dienen der Außenpolitik. Daran hat sich die Bundeskanzlerin bisher auch stets gehalten. Dass sie nun im fernen Afrika mit einem Machtwort in die Speichen der thüringischen Landespolitik greift, ist ebenso ungewöhnlich wie die Wortwahl. Sie rüttelt am Kern bewährter parlamentarischer Praxis. Hat sich hier eine lame duck, wie die Amerikaner sagen, übersetzt ‚eine lahme Ente‘, letztmalig aufgeplustert?
Horst Haider Munske
Der Autor ist Professor für Germanistische Sprachwissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Vereins Deutsche Sprache e. V. Ergänzungen, Kritik oder Lob können Sie schicken an: horst.munske@fau.de
3. Kultur
Bayerisches Wörterbuch
1911 begannen Sprachforscher, an einem enorm zeitaufwendigen Projekt zu arbeiten: das Bayerische Wörterbuch. Alle typisch bayerischen Ausdrücke samt ihrer Bedeutungen wird man in dem Werk nachschlagen können. 2060 soll es fertig sein – eine gewagte Prognose, wenn man bedenkt, dass die Forscher nach über einem Jahrhundert Arbeit gerade mal beim Buchstaben „D“ angelangt sind. Allerdings findet man in den bisherigen Bänden auch Wörter wie „Törmisch“ oder „Preiß“, obwohl diese ihrer Schreibweise nach erst weiter hinten im Alphabet stehen.
Der Grund: Kein Bayer sagt „Preiß“, sondern in der Aussprache heißt es „Braiss“; dasselbe Spiel bei „Törmisch“, hier sagt man „Dörmisch“. Demnach sind alle Wörter, die mit P oder T beginnen, schon unter B und D abgearbeitet. Da wird das Jahr 2060 schon gleich ein Stück machbarer. (tagesspiegel.de)
Sprach-Ausstellung in der Lutherstadt Eisleben
Die Lutherstadt Eisleben in Sachsen-Anhalt widmet sich mit einer Sonderausstellung dem Thema „Sprache“. In Luthers Sterbehaus, einem Museum, geht es unter anderem auch um Dialekte und Körpersprache. Die Besucher sollen dabei zum Mitmachen animiert werden und so erleben, wie Sprache wirken kann – im Positiven wie Negativen: Wie erhebt Sprache jemanden, zum Beispiel durch ein Kompliment? Und wie funktioniert Sprache in den sog. Fake-News, die absichtlich Falschnachrichten verbreiten? Das Luther-Museum ist dabei bewusst als Ort der interaktiven Ausstellung gewählt worden, sagt die Museumsleiterin Ulrike Wendt-Sellin: „Luther wollte verständlich sein, das ist heute genauso aktuell.“ Martin Luther hatte 1521 mit der Übersetzung des Neuen Testaments der Bibel ins Deutsche begonnen, 1522 wurde die erste Luther-Bibel gedruckt. 2021/2022 jährt sich dieses einschneidende Ereignis das 500. Mal. (rtl.de)
Oberfränkisches Wort des Jahres gesucht
Der Bezirk Oberfranken in Bayern sucht wieder das Oberfränkische Wort des Jahres. Im letzten Jahr wurde der „Sternlaschmeißer“, gemeinhin besser bekannt als Wunderkerze, zum Sieger gewählt – nun sind die Beteiligten gespannt, welches Wort oder welcher typisch oberfränkische Ausdruck in diesem Jahr das Rennen machen wird. „Der Wettbewerb zeigt jedes Jahr aufs Neue, dass der oberfränkische Dialekt alles andere als verstaubt ist, er ist lebendig und vielfältig“, erzählt Bezirkstagspräsident Henry Schramm. Wer einen Vorschlag für das diesjährige Oberfränkische Wort des Jahres machen möchte, kann dies unter bezirk-oberfranken.de tun oder eine Mail an kulturservicestelle@bezirk-oberfranken.de schicken. (wiesentbote.de)
4. Berichte
Deutsche Sprachtage 2020 in Dortmund
Vom 25.-27. Juni finden die Deutschen Sprachtage 2020 in Dortmund statt – der Stadt, in der der Verein Deutsche Sprache e. V. 1997 gegründet wurde. Den Auftakt macht am Donnerstag, den 25. Juni 2020, ab 9 Uhr morgens eine Bildungsfahrt mit Stationen rund um die Themen Kohle, Bier und Fußball. Die Eröffnungsveranstaltung ist am Freitag, 26. Juni 2020, in der DASA (Arbeitswelt Ausstellung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin). Die Delegiertenversammlung ist am Samstagmorgen, den 27. Juni 2020, in einem Gebäude der TU Dortmund.
Wir freuen uns auf viele Teilnehmer aus Nah und Fern und bitten die Delegierten und Gäste, sich möglichst bald ein Hotel zu suchen. Dortmund ist zwar mit Hotels gut ausgestattet, durch Messen und andere Veranstaltungen sind günstige Zimmer aber oft schnell weg. Hilfe finden Sie auch bei Dortmund-Tourismus: 0231-189990.
VDS auf der Leipziger Buchmesse
Die Leipziger Buchmesse 2020 steht vor der Tür. Vom 12.-15 März sind die Sprachfreunde vom VDS und IFB-Verlag zu finden in Halle 5 Stand E 101. (leipziger-buchmesse.de)
5. Denglisch
Kaiserschmarrn mal anders
Da muss man erstmal um die Ecke denken: Eine Bäckerei in München macht neuerdings auf Denglisch Werbung für ihren Kaiserschmarrn. „Emperors Nonsense“ steht auf dem Plakat – eine sehr freie Übersetzung des österreichischen Nationalgerichts. Um totale Verwirrung zu vermeiden, ist der Kaiserschmarrn extra darunter abgebildet. „Uns ist natürlich bewusst, dass es sich bei ,Emperors Nonsense‘ nicht um die sprachlich korrekte Übersetzungvon ,Kaiserschmarrn‘ ins Englische handelt“, erklärt Magnus Müller-Rischart, der Firmenchef der Bäckerei. „Wir wollten jedoch mit der wortwörtlichen Übersetzung von ‚Kaiser‘ in ,Emperor‘ und ,Schmarrn‘ in ,Nonsense‘ humorvoll und mit einem Augenzwinkern auf unseren leckeren Kaiserschmarrn aufmerksam machen. Für uns stand der Sprachwitz im Vordergrund und auch der kleine, verwirrende Moment, bis der Aha-Effekt eintritt und ein Schmunzeln auslöst.“ (merkur.de)
6. Termine
26. Februar, Region 03 (Cottbus)
Mitgliedertreffen
Zeit: 18:00 Uhr
Ort: Hotel Zur Sonne, Taubenstr. 7, 03046 Cottbus
27. Februar, Region 18 (Rostock)
Vortrag von Otto Ringel: Humorvoller Streifzug durch die deutsche Sprache
(Anmeldung erforderlich)
Zeit: 18:00 Uhr
Ort: Gasthaus Zum Bauernhaus Biestow, Am Dorfteich 16, 18059 Rostock
27. Februar, Region 70/71/73/74 (Stuttgart, Nordwürttemberg)
Regionalversammlung
Zeit: 19:00 Uhr
Ort: Brauereigaststätte Dinkelacker, Tübinger Str. 46, 70178 Stuttgart
28. Februar, Region 25 (West-Schleswig-Holstein)
Arbeitstreffen zur Rechtschreibung
Zeit: 17:30 Uhr
Ort: wird noch bekanntgegeben
29. Februar, Region 72/78 (Bodensee/Ostschwarzwald)
Mitgliedertreffen
Zeit: 15:00 Uhr
Ort: Café Reiter, Haldenstr. 11, 78166 Donaueschingen
9. März, Region 20/22 (Hamburg)
Mitgliedertreffen
Zeit: 19:30 Uhr
Ort: Hotel Ibis Alsterring, Pappelallee 61, 22089 Hamburg
10. März, Region 65 (Wiesbaden/Kelkheim)
Mitgliedertreffen
Zeit: 19:00 Uhr
Ort: Restaurant Europa, Stadthalle Kelkheim, Gagernring 1, 65779 Kelkheim (Taunus)
11. März, Region Österreich (Wien)
Stammtisch des Jungen VDS
Zeit: 19:00 Uhr
Ort: Four Bells, Schleifmühlgasse 2, 1040 Wien, Österreich
12. – 15. März, Region 04 (Leipzig)
Infostand auf der Leipziger Buchmesse
Ort: Leipziger Messe, Messe-Allee 1, 04356 Leipzig
16. März, Region 80 (München)
Vortrag: Die Auseinandersetzung mit der Despotie in einer aktuellen Rezeption des West-Östlichen Divan
Referent: Dr. Edvin Cami, VDS-Regionalvertreter in Tirana/Albanien
Zeit: 19:00 Uhr
Ort: Internationales Begegnungszentrum der Wissenschaft München e. V., Amalienstr. 38, 80799 München
19. März, Region 18 (Rostock)
Vortrag: Das Grenzjubiläum und die Sprachen der dänisch-deutschen Grenzregion
Referentin: Ulla Weinreich M.A., Leiterin der Region Dänemark, Kopenhagen
Zeit: 18:00 Uhr
Ort: Gasthaus Zum Bauernhaus Biestow, Am Dorfteich 16, 18059 Rostock
25. März, Region 03 (Cottbus)
Mitgliedertreffen
Zeit: 18:00 Uhr
Ort: Hotel Zur Sonne, Taubenstr. 7, 03046 Cottbus
26. März, Region 53 (Bonn, Voreifel, Ville, Siebengebirge)
Mitgliedertreffen mit Vortrag: Die Sprache der politischen Korrektheit
Zeit: 19:00 Uhr
Ort: Tennis-Club Heiderhof, Sommerbergweg 4, 53177 Bonn
27. März, Region 25 (West-Schleswig-Holstein)
Mitgliedertreffen mit anschließendem Vortrag der „Petuhtanten aus Wees“
Zeit: 17:30 Uhr
Ort: Gaststätte Tante Jenny, Schiffbrücke 12, 25813 Husum
IMPRESSUM
Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten der vergangenen Woche zur deutschen Sprache. Männer sind mitgemeint, das Gleiche gilt für andere Geschlechter. Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln mitunter die Meinung der Redaktion.
Redaktion: Holger Klatte, Alina Letzel, Dorota Wilke
© Verein Deutsche Sprache e. V.