1. Presseschau
Mandarin auf dem Vormarsch
Die chinesische Regierung investiert stark in den Ausbau chinesischer Sprach- und Kulturinstitute im Ausland, berichtet die Deutsche Welle. Die von den Konfuzius-Instituten durchgeführten Sprachkurse in Mandarin würden dabei auch in mehreren afrikanischen Ländern angeboten, unter anderem in Benin, Südafrika und Marokko. Die chinesische Regierung sehe darin einen wirtschaftlichen sowie soziokulturellen Vorteil, erklärt der simbabwische Sozialwissenschaftler Simbarashe Gukurume. Die Karrieremöglichkeiten mit den angeeigneten Mandarinkenntnissen seien jedoch weiterhin gering, da die meisten Infrastrukturprojekte Chinas von heimischen Arbeitskräften durchgeführt würden. Man stelle selten Fachkräfte aus dem Ausland ein, erklärt Gukurume. Durch die kulturellen Austauschaktivitäten wolle sich China in erster Linie Zugang zu afrikanischen Ressourcen wie Lithium und Kobalt schaffen. Allerdings eröffne China neben den Mandarin-Sprachschulen auch zahlreiche Theater, Museen, Medienzentren und Bibliotheken in vielen afrikanischen Ländern. (dw.com)
Sandmännchen auf Sorbisch
Ab dem 5. Oktober gibt es im MDR das Sandmännchen auch auf Sorbisch. Damit will der Sender das Bewusstsein für die sorbische Kultur fördern. In 13 Folgen werden die kleinen (und großen) Zuschauer ins Land der sorbische Sagen entführt, gesprochen u. a. auch von sorbischen Kindern. Die sorbische Minderheit in Deutschland solle so präsenter werden, heißt es vom Sender. (watson.de)
Die Geheimsprache der Viehhändler
Geheimsprachen gibt es seit jeher. Wer eine Information vor den Ohren und Augen von Anwesenden verstecken möchte, nutzt bestimmte Codes, die nur innerhalb einer Gruppe erkannt und verstanden werden. Auch Viehhändler waren da früher keine Ausnahme. Wenn sie sich untereinander unterhielten, aber andere Mittelsmänner oder Landwirte nichts verstehen sollten, nutzten sie „Lakonisch“. Wir nutzen das Wort heute als Begriff für eine knappe, aber treffende Sprache. Der Ursprung kommt aus dem „loschenkaudesch“, der Eigenbezeichnung des Jiddischen, und geht auf das hebräische „lešon kodeš“ (Heilige Sprache) zurück. Berührungspunkte gibt es mit dem Rotwelschen.
Der Münsteraner Germanist Klaus Siewert versucht diese Sprache aus der Vergessenheit herauszuholen. Auf Viehmärkten und durch Aufrufe in Medien möchte er Sprecher finden, um anschließend ihre Begriffe in einem Wörterbuch zu dokumentieren, denn diese Geheimsprache habe ein facettenreiches Vokabular. So bezeichne „choljes“ eine Drüsenerkrankung der Pferde im Halsbereich, „stitz“ eine Kuh, die nur einmal gekalbt hat, „zuss“ ein gutes Pferd. Der „Zosse“ ist eine Entlehnung und hat sich bis heute in der Umgangssprache gehalten. Die Arbeiten an dem Wörterbuch gestalten sich laut Siewert schwierig, denn es gebe nur noch wenige Sprecher. (faz.net (Bezahlschranke))
Schöne Dialekte
Der Sprachwissenschaftler und Buchautor Roland Kaehlbrandt hält in der FAZ ein Loblied auf die deutschen Dialekte. Die Einstellungsforschung hat in Umfragen herausgefunden, dass sich Dialektsprecher leichter näherkommen. „Mundart schafft Vertrauen unter denen, die sie sprechen“. Kaehlbrandt stellt besondere Merkmale einzelner Dialekte heraus: So gebe es im Moselfränkischen Bedeutungsunterschiede gleichlautender Wörter je nach Tonhöhe. Der Kölsche Stadtdialekt sei bekannt für seine variierende Satzmelodie („rheinischer Singsang“). Auch finde man in den deutschen Dialekten eine Vielzahl verschiedener zärtlicher Verkleinerungsformen: nicht nur -chen und -lein, sondern auch in Plattdeutsch -je, -ken, Schwäbisch -le und -el, Schweizerdeutsch -li und so weiter. Zu Wort kommt auch die Dialektologin Brigitte Ganswindt vom Marburger Sprachatlas: Eine derbe Wortwahl ist in der Mundart eher akzeptabel und wird nicht so ernst genommen wie in der Standardsprache“, sagt sie. (faz.net)
2. Gendersprache
Gendern macht nichts gerechter
In der NZZ widmet sich Gerald Ehegartner der Frage, ob Gendern die Welt wirklich gerechter macht. Der Anspruch der Gendersprache sei immerhin die Überzeugung, dass Sprache Wirklichkeit schaffe. Problematisch sei diese Annahme schon allein deshalb, weil Sprache allen gehöre und keine „wie immer geartete Moral berufene Sprachelite“ ein Patent auf sie besitze. Die Besonderheit der deutschen Sprache sei es, dass sich über Jahrtausende eine generische Form entwickelt habe, die in ihrer vermeintlich männlichen Form geschlechterunabhängig funktioniert, während sie durch das Suffix -in eine konkrete weibliche Form meint. Dazu kämen Formen, die trotz eines vermeintlich biologischen Geschlechts ungeschlechtlich seien, wie z. B. „das Genie“ oder „die Majestät“. Ein „generisches Femininum“ sei eher die Ausnahme als die von Gender-Befürworter so oft vorgeschlagene Regel.
Gerade ein Blick hin zu anderen Sprachen würde verdeutlichen, dass Sprache nichts mit Geschlechtergerechtigkeit zu tun hat. Die beiden Völker der Jarawara und der Banawá im südwestlichen Amazonasgebiet sprechen Sprachen aus der Arawá-Sprachfamilie und verwenden dabei ein generisches Femininum. Dennoch sind beide Gesellschaften patriarchalisch geprägt. Der Stamm der Irokesen in den heutigen USA, z. B. die Mohawk, kennt ebenfalls ein generisches Femininum, selbst die Kultur ist matrilinear organisiert. Dennoch ist die Kultur stark männlich dominiert, gerade in der kriegerischen Ausrichtung der Geschichte der Ureinwohner. In Teilen Südafrikas und Namibias ist Korana gebräuchlich, sie ist mit keiner anderen Sprache weltweit verwandt, ihre grammatische Vertretung von Frau und Mann ist laut Ehegartner völlig symmetrisch. Die Gesellschaften, die Korana sprechen, seien jedoch durch und durch patriarchalisch. Man müsse aber nicht nach kleinen Sprachen suchen, um die nicht vorhandene Verbindung zwischen Geschlechtergerechtigkeit und vermeintlich geschlechtergerechten Sprachen zu finden. Auch genusfreie Sprachen wie Türkisch, Ungarisch, Mandarin, Japanisch, Koreanisch, Bengalisch oder Persisch würden deutlich machen, dass grammatische Geschlechtsneutralität nicht automatisch zu sozialer Gleichstellung der Geschlechter führt. „Der Umbau der deutschen Sprache durch eine kleine, demokratisch nicht legitimierte Gruppe, die ihr moralisch vermeintlich höherwertiges Weltbild durchgehend und auf irrtümlichen Annahmen basierend in der Grammatik abgebildet sehen möchte, führt keineswegs in eine gerechtere Welt“ so Ehegartner. Wer der deutschen Sprache eine Reparaturbedürftigkeit unterstelle, sei hochmütig. Diskriminierungen könnten auch aufgrund anderer Faktoren geschehen, wie z. B. der Herkunft, Hautfarbe oder Religion. „Müssten diese Merkmale konsequenterweise nicht ebenso dauerhaft sprachlich markiert werden?“, fragt Ehegartner. Nein, denn im Deutschen gebe es die Möglichkeit, Merkmale unterschiedlich sichtbar zu machen: zum einen mit einer komplexen, aufwendigen und merkmalinklusiven Form wie „Einwohner*innen“, oder mit einer praktikableren und merkmalabstrahierenden Variante wie „Einwohner“, die Merkmale nur dann individualisiert benenne, wenn sie notwendig erscheinen. (nzz.ch (Bezahlschranke))
3. Kultur
Peter Eisenberg verstorben
Von außen Sprache verändern? Das war nichts für Peter Eisenberg. Der Sprachwissenschaftler ist am vergangenen Wochenende im Alter von 85 Jahren verstorben. Für den Rechtschreibrat war der Linguist ein Stück weit ein Enfant Terrible, ist er doch gleich zwei Mal spektakulär ausgetreten. Sprache käme nicht aus dem Reformhaus, so Eisenberg, man solle sich gut überlegen, ob man an ihr herumbessere. Sprache habe einen „Grundriss“, eine Grammatik, die auch nach Jahrzehnten noch greife. Die Rechtschreibreform von 1996 war für ihn eine „Murksveranstaltung“, gerade weil sie Wörter in einer Schreibart einführte, die sich noch gar nicht durchgesetzt hatte. Das Ergebnis war für ihn eher ein „Rechtschreibfrieden“ denn eine echte Reform, denn gerade bei der Groß- und Klein- sowie in der Getrennt- und Zusammenschreibung sei der größte Schaden angerichtet worden. Auch das Gendern war ihm ein Graus, da es nicht dem Sprachgebrauch entspreche und eine Verbindung zwischen dem grammatischen und biologischen Geschlecht voraussetzte, die es aus Sicht des Linguisten gar nicht gibt. (faz.net, welt.de)
Kulturpreis Deutsche Sprache für Hape Kerkeling
In der vergangenen Woche ist der Autor und Komiker Hape Kerkeling mit dem Kulturpreis Deutsche Sprache ausgezeichnet worden. Die Laudatio hielt die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Sie hob Kerkelings Humor und seine präzise Sprachbeobachtung als prägende Einflüsse auf die deutsche Sprache hervor. Kerkeling erhielt den mit 30.000 dotierten Jacob-Grimm-Preis, welcher der Hauptpreis der Veranstaltung ist. Der Kulturpreis Deutsche Sprache würdigt Personen, Projekte und Institutionen, die sich in besonderer Weise um die deutsche Sprache verdient machen, und wird von der Eberhard-Schöck-Stiftung gemeinsam mit der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung (Darmstadt) in Baden-Baden in drei Sparten verliehen. Neben Hape Kerkeling, welcher den Hauptpreis erhielt, wurde das Projekt „Echt absolut – Literarisches Übersetzen mit Jugendlichen“ mit dem Initiativpreis ausgezeichnet. Das Zentrum für vorsprachliche Entwicklung und Entwicklungsstörungen (ZVES) am Universitätsklinikum Würzburg erhielt den Institutionenpreis. Kerkeling gab bekannt, dass er das Preisgeld dem Bundesverband Alphabetisierung und Grundbildung in Münster stiften wolle. (wdr.de)
Deutschunterricht in Indien
Die Augsburger Allgemeine stellt in ihrer Schwabmünchner Ausgabe auf der Netzseite den pensionierten Religionslehrer Josef Keplinger vor. Nach einer Ausbildung im Fach Deutsch als Fremdsprache bietet er nun Deutschkurse in Indien an. Durch seine Arbeit als Deutschlehrer möchte der 71-Jährige dazu beitragen, dass mehr Pflegekräfte aus Indien im deutschen Arbeitsmarkt eingesetzt werden können. Der erste Schritt hierfür seien ausreichende Sprachkenntnisse. Doch neben reinen Sprachkenntnissen achte er auch darauf, den Teilnehmern nicht nur die deutsche Sprache, sondern auch die Kultur zu vermitteln. So erklärt er seinen indischen Schülern beispielsweise, wie man Weihnachten feiert oder was das Oktoberfest ist. (augsburger-allgemeine.de)
4. Berichte
Brücke über den Rhein
Im Elsässischen Kulturzentrum in Straßburg haben drei Vereine am vergangenen Freitag einen Kooperationsvertrag unterzeichnet: Die Société des Écrivains d’Alsace (SEAL), das AutorenNetzwerk Ortenau-Elsass® und der Verein Deutsche Sprache e. V. werden einander künftig bei ihrer Kulturarbeit unterstützen. Ziel ist der grenzüberschreitende kollegiale literarisch-musikalische Austausch. Gemeinsame Veranstaltungen sollen entstehen, die Werke der jeweiligen Mitglieder vorgestellt werden. Zusammen schlägt die Dreier-Gruppe eine neue sprachliche Brücke über den Rhein. Die Partnerschaftsurkunde unterzeichneten Gérard Cardonne (Vorstandmitglied der Société des Écrivains d’Alsace), Dr. Karin Jäckel (Gründerin und Leiterin des AutorenNetzwerks Ortenau-Elsass®), Richard Weiss und Erich Lienhart (für den VDS). (regio-ortenau.de)
5. Denglisch
Vorsicht vor falschen Freunden
Falsche Freunde, also Wortpaare aus verschiedenen Sprachen, die sich stark ähneln, aber eine unterschiedliche Bedeutung haben, gibt es im Deutschen und Englischen zuhauf. Viele vermeintlich englische Begriffe sind rein deutsche Erfindungen. GMX stellt auf der Netzseite einige dieser denglischen Erfindungen vor. Das bekannteste Beispiel sei das „Handy“. Zwar hört sich der Begriff englisch an, in den USA nennt sich das Mobiltelefon jedoch „cell phone“ und in Großbritannien sagt man „mobile phone“. Lutz Kuntzsch, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS), erklärt, dass diese Wortneuschöpfung zustande kam, da der Begriff „mobil“ im Deutschen bereits sprachlich anders besetzt gewesen sei und man eben ein Wort genommen habe, was „fluffig klingt.“ Auch die „Mailbox“, also den im Deutschen gemeinten Anrufbeantworter, wird im englischsprachigen Ausland anders bezeichnet. In den USA ist die „mailbox“ der klassische Briefkasten, der Anrufbeantworter heißt bei den Briten schlichtweg „voice mail“. Weitere Beispiele für falsche Freunde seien die denglischen Wörter „Beamer“, „Public Viewing“ oder „Messie“. Sprachwissenschaftler Kuntzsch erklärt, dass solche denglischen Begriffe durch Benennungslücken entstünden. Man bediene sich oft bei Fremdsprachen, um neue Phänomene, Produkte oder Zustände zu benennen. (gmx.net)
6. Soziale Medien
Partizipiendende und weibliche Schweißerinnen
Auf X konnte man diese Woche wieder erleben, wie wenig Kenntnisse Unternehmen und auch die Polizei von der deutschen Sprache haben. So schrieb die Polizei Berlin im Rahmen einer Demo von der „Behinderung von Medienschaffenden“, aber auch von dem Versuch, „die ehemaligen Teilnehmenden“ dazu aufzufordern, den Ort der Demo zu verlassen.
Das Stahlunternehmen GMH Gruppe zeigte hingegen unfreiwillig den Vorteil einer generischen Form auf. „Unsere Auszubildende Julia Kortlüke gehört zu den Top 10 Schweißer:innen Deutschlands – und ist die beste weibliche Schweißerin im Land!“ Schade, dass man aus der tollen Leistung dieser Frau gerade in einer Männerdomäne einen weißen Schimmel macht. (x.com/polizeiberlin_e, x.com/GMHGruppe)
Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten zu verschiedenen Sprachthemen. Männer sind mitgemeint, das Gleiche gilt für andere Geschlechter. Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln gelegentlich die Meinung der Redaktion wider.
Redaktion: Holger Klatte, Asma Loukili, Dorota Wilke, Stephanie Zabel