1. Das Ärgernis
Die deutsche Sprache wird seit Jahren von einer Unzahl unnötiger und unschöner englischer Ausdrücke überflutet. Die Werbung bietet hits for kids oder Joghurt mit weekend feeling. Im Fernsehen gibt es denKiddie Contest, History, Adventure oder History Specials und im Radio Romantic Dreams. Wir stählen unseren Körper mit body shaping und power walking. Wir kleiden uns in outdoor jackets, tops oder beach wear. Wir schmieren uns anti-ageing-Creme ins Gesicht oder sprühen styling ins Haar. Bei der Bahn mit ihren tickets, dem service point und McClean verstehen wir nur Bahnhof.
Manche Leute finden das cool. Andere – die Mehrheit der Menschen in Deutschland – ärgern sich über die überflüssigen englischen Brocken und sehen darin eine verächtliche Behandlung der deutschen Sprache. Es ist in der Tat albern – und würdelos ! -, Wörter wie „Leibwächter“, „Karte“, „Fahrrad“, „Nachrichten“ oder „Weihnachten“ durch body guard, card, bike, news oder X-mas zu ersetzen.
Diese Anglisierung der deutschen Sprache hängt mit der weltweiten Ausbreitung des American Way of Lifezusammen, hinter dem die politische und wirtschaftliche Macht der USA steht und durch den sich die Lebensformen vieler Länder und deren Sprachen verändert haben. Das gilt auch für Deutschland. Eine besonders geringe Treue einiger Deutscher zur eigenen Sprache und die gierige Bereitschaft zur Anbiederung an die englische haben – mehr als anderswo – zur Entstehung eines Sprachgemischs beigetragen, das wir Denglisch nennen.
2. Was wir wollen
Wir wollen der Anglisierung der deutschen Sprache entgegentreten und die Menschen in Deutschland an den Wert und die Schönheit ihrer Muttersprache erinnern. Wir wollen unsere Sprache bewahren und weiter entwickeln. Die Fähigkeit, neue Wörter zu erfinden, um neue Dinge zu bezeichnen, darf nicht verloren gehen.
Dabei verfolgen wir keine engstirnigen nationalistischen Ziele. Wir sind auch keine sprachpflegerischen Saubermänner und akzeptieren fremde Wörter – auch englische – als Bestandteile der deutschen Sprache. Gegen fair, Interview, Trainer, Doping, Slang haben wir nichts einzuwenden. Prahlwörter wie event, highlight, shooting star, outfit, mit denen gewöhnliche Dinge zur großartigen Sache hochgejubelt werden, lehnen wir ab. Dieses „Imponiergefasel“ grenzt viele Mitbürger aus, die über keine oder nur eingeschränkte Englischkenntnisse verfügen.
3. Was wir tun
Wir schreiben Protestbriefe an Firmen und Einrichtungen, die als „Sprachhunzer des Monats“ aufgefallen sind, wählen den „Sprachpanscher des Jahres“ und veranstalten einen jährlichen „Tag der deutschen Sprache“.
Durch Informationsstände in Fußgängerzonen, Unterschriftensammlungen, Vorträge und Podiumsdiskussionen, Anzeigen und Pressebeiträge, Erarbeitung von Übersetzungshilfen und ähnliche Maßnahmen versuchen wir, „die deutsche Sprache als eigenständige Kultursprache zu erhalten und zu fördern“ – so steht es in unserer Satzung.
Hier finden Sie Materialien zur Behandlung von Denglisch im Unterricht. Unterstützen auch Sie uns mit Ihren Beiträgen beim Aufbau dieser Rubrik auf den Seiten des VDS. Das können sein: Unterrichtseinheiten, Erfahrungen, Gedanken, besonders stark motivierende denglische Materialien, schlicht alles, was für die Behandlung von Denglisch im Unterricht nützlich sein könnte. Denn die Schule ist zweifellos ein Ort, wo Sprache entscheidend mitgeprägt wird.
Artikel:
Franz Xaver Aschenbrenner – Die Behandlung von Denglisch im Unterricht
A – Anregung auf der „Idensen 2“
Unterstützung für Lehrer, die im Unterricht Denglisch behandeln möchten
Auf der Arbeitstagung „Idensen 2“ in Paderborn vom 16. bis 18. Februar 2007 (Organisator: Dr. Reiner Pogarell, Institut für Betriebslinguistik) wurde angeregt, den Lehrern Unterrichtseinheiten für die Behandlung von Denglisch im Unterricht zur Verfügung zu stellen.
B – Beschreibung einer Methode, die Behandlung von Denglisch durchzuführen
Als Einstieg beschreibe ich im Folgenden eine von mir langjährig angewandte Methode, wie Denglisch im Unterricht behandelt werden kann – und zwar, wenn man will, ständig, d.h. (schul-)täglich.
Dieses Verfahren ist am leichtesten im Englischunterricht durchzuführen, läßt sich aber auch in Deutsch anwenden.
I – Behandlung von Denglisch als Unterrichtsprinzip im Englischunterricht
1 – Sammeln von (d)englischen Wörtern durch die Schüler
- Die Schüler haben den Auftrag, ständig Zettel und Stift bei sich zu tragen und alle (d)englischen „Erscheinungen“ schriftlich festzuhalten.
- Die Funde werden (vor dem Schlafengehen) in ein Formblatt (DIN A4 – quer) eingetragen und in eine Folie (mit seitlich angebrachten Löchern) gesteckt.
- Dieses Formblatt enthält folgende Punkte: Gefundener Ausdruck – Wann gefunden – Wo gefunden – Von wem verwendet – Bedeutung sofort erfaßt: ja / nein – Wenn ‚ja‘: Bedeutung – Name des Finders – Klasse – Datum
- Die (Loch-)Folie wird am nächsten Schultag im Klassenzimmer mittels Büroklammern an einer an der Wand befestigten Schnur aufgehängt. (Es entsteht so eine Art (d)englischer Fleckerl-Wandteppich.)
- Der Lehrer verwendet die „aufgehängten“ (d)englischen Wörter zur Erweiterung des englischen Wortschatzes der Schüler (sog. Wortfeldarbeit). Dabei wird geklärt, was die deutsche Entsprechung des gefundenen (d)englischen Wortes ist, welche verwandten Begriffe es gibt und was diese wiederum bedeuten.
2 – Sammeln von (d)englischen Ausdrücken durch den Lehrer
Auch der Lehrer bringt seine Funde in den Unterricht ein. (Dies zeigt den Schülern möglicherweise, daß der Lehrer bei der „Denglisch-Sache“ mit Ernst dabei ist – und nicht bloß die Schüler beschäftigen möchte.)
Der Lehrer bietet aber nur solche Entdeckungen an, die besonders „deppert“ und so anregend für eine Besprechung sind; sie werden deshalb auch nur mündlich vorgestellt, um nicht in dem „(d)englischen Meer“ an der Wand unterzugehen.
3 – Auswertung der (d)englischen Funde in bezug auf ihre Verträglichkeit mit der deutschen Sprache
Schließlich wird erörtert, warum das gefundene (d)englischeWort im Deutschen verwendet werden könnte und ob dies sinnvoll ist. (Was unter „sinnvoll“ im einzelnen zu verstehen ist, wird vom Lehrer nicht bestimmt, sondern soll sich aus dem Gespräch mit den Schülern (auf Englisch – es handelt sich ja um eine Englisch-Stunde) ergeben.
II – Durchführung von größeren Unterrichtseinheiten als Weiterführung der Dauer-Beschäftigung mit Denglisch
(D)englische Funde der Schüler bzw. des Lehrers, welche die Schüler bei der Besprechung als überflüssig, unverständlich, besonders „blöd“ oder sonstwie kritisch beurteilen, können als Grundlage dafür verwendet werden, um z. B. mit den jeweiligen Denglisch-Verwendern („Sprachtätern“?) Kontakt aufzunehmen – in englischer Sprache.
Die Mittel hierzu sind beispielsweise:
- Briefe
- Telefonate (aus dem Klassenzimmer)
- Interviews (Gespräche mit Denglisch-Verwendern, z. B. in deren Geschäftsräumen)
Die Vorbereitung dieser Mittel erfordert von den Schülern intensive (englisch-)sprachliche Arbeit. Die Schüler lassen sich aber hierfür meist eher motivieren als für gewöhnliche Bucharbeit, weil es sich um eine Echt-Situation – im Gegensatz zu den künstlichen Vorgaben aus den Büchern – handelt.
(Es gibt selbstverständlich noch andere Mittel, mit denen sich die Schüler dem Thema Denglisch widmen können, z. B. Satiren.)
III – Behandlung von Denglisch als Unterrichtsprinzip im Deutschunterricht
Im Fach Englisch (D)englisch zu behandeln, benötigt keine gesonderte schulrechtliche Rechtfertigung: englische Wörter zu besprechen oder die Anwendung der englischen Sprache in Briefen und Gesprächen zu üben, ist eine Selbstverständlichkeit.
Denglisch kann aber auch im Deutschunterricht behandelt werden, ohne daß dies gesondert in den Lehrplänen erwähnt ist.
Es ist mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß in den Deutschlehrplänen der 16 Bundesländer Themen wie Wortschatzerweiterung, Fremdwörter besprechen, Briefe schreiben und Gespräche führen enthalten sind.
Dieser Rahmen genügt, um Denglisch auch im Deutschunterricht behandeln zu können – mit folgenden Unterschieden:
- Das Sammeln bezieht sich auf unbekannte Wörter, sog. Fremdwörter jeglicher Herkunft – einschließlich (d)englischer Ausdrücke.
- Die bei den Briefen bzw. Gesprächen verwendete Sprache ist Deutsch und nicht Englisch.
IV – Öffentliche Darstellung der Schülerprojekte
Ohne Zweifel ist es von Nutzen, wenn die besonderen Unterrichtseinheiten (Projekte) durch Berichte in den Medien über die Schulmauern hinaus bekannt werden.
Dies bewirkt einmal eine zusätzliche Motivation der Schüler und eröffnet die Möglichkeit, mehr Menschen bewußt zu machen, daß und wie die deutsche Sprache sich durch den Einfluß des Englischen ändert. Die Schülerprojekte werden so zu einer Art politischer Aktion.
C – Vorteile der dargestellten Methode
Der Vorteil der hier skizzierten Methode liegt im Folgenden:
- Die Behandlung von „Denglisch“ als möglicherweise abzulehnende Vermischung des Deutschen mit Englisch wird dem alltäglichen Unterricht nicht „aufgepfropft“ („Heute befassen wir uns mit Denglisch!“), sondern in den gewöhnlichen Unterricht eingebaut. Die nicht-gewöhnlichen Aktionen ergeben sich „ohne Gewaltanwendung“ aus dem gewöhnlichen Unterricht. Die Behandlung von Denglisch erscheint nur als ein Mittel, die im Lehrplan vorgegebenen Ziele zu erreichen.
- Hierfür ist eine ministerielle „Legalisierung“ nicht erforderlich: Wörter- und Wortfeldarbeit dürften in jedem Lehrplan für Englisch und Deutsch in den schulischen Lehrplänen der 16 deutschen Länder als Lerninhalte vorkommen. (Eine ministerielle Empfehlung oder gar lehrplanmäßige Vorgabe, sich im Unterricht mit Denglisch zu beschäftigen – so in Bayern – , wäre selbstverständlich von Vorteil.)
- Die Motivation, am Unterricht aktiv teilzunehmen, d. h. hier: die sprachlichen Fähigkeiten zu vergrößern, ist stärker als in einem Unterricht, in dem nur eine Buchlektion nach der anderen durchgenommen wird; ersteres ist aus dem „Leben gegriffen“, letzteres künstlich eingerichtet.
- Die Methode ist – zumindest äußerlich – sozusagen ideologiefrei, d.h. der Lehrer, welcher Denglisch gegenüber kritisch eingestellt ist, tritt vor der Klasse weder als „Missionar“ (11. Gebot: „Du sollst nicht Denglisch sprechen!“) noch als „Wolf“ (Jeder, der Denglisch spricht, wird zerrissen.), sondern eher als „friedliches Schaf“ auf. Die Ergebnisse bei der Besprechung der (d)englischen Wörter im Unterricht sind offen; die Vorgehensweise der Schüler bei der Kontaktaufnahme mit Denglisch-Verwendern vom Lehrer ist nicht gesteuert. Der vorgeschlagenen Methode können sich also alle Lehrer bedienen, selbst solche, die nichts gegen Denglisch haben oder dieses sogar lieben. Schon die bloße Beschäftigung mit Denglisch kann das Sprachbewußtsein der Schüler aber so schärfen, daß sie – das ist zumindest meine Erfahrung – eine kritische Einstellung gegenüber Denglisch entwickeln.
Franz Xaver Aschenbrenner – Projekt „CDU-Headquarter“
1 – Anstoß für das Projekt
Der Anstoß für dieses Projekt ergab sich, als in einer Fernsehsendung im Jahre 2002 der Wahlkampfleiter der CDU, Michael Spreng, erklärte, er habe eine schwierige Aufgabe vor sich, dies sei eine ziemliche „challenge“ für ihn, er sei aber zuversichtlich, man habe ein geeignetes „Headquarter“ eingerichtet.
Auf meine Frage an die Schülerinnen (ob sie denn wüßten, was „challenge“ und „headquarter“ bedeute, kamen nur für „headquarter“ Antworten, allerdings auch nur sehr ungenaue (Die Schülerinnen hatten überwiegend einen mittleren Schulabschluß, ihr Ausbildungsberuf Bürokauffrau, 2. Ausbildungsjahr.)
Ein Mädchen „platzte heraus“: „Warum reden denn die so „deppert“, so daß wir es nicht verstehen? Man sollte denen mal einen Brief schreiben.“ – Dies machten wir.
Neben einigen Telefonaten ergab sich folgende Korrespondenz mit der CDU-Zentrale in Berlin:
- Brief 1: Schule ->CDU (deutsch)
- Brief 2: CDU -> Schule (deutsch)
- Brief 3: Schule -> CDU (englisch)
- Brief 4: CDU -> Schule (deutsch)
2. Durchführung des Projektes
Das CDU-Denglisch-Projekt war nicht geplant. Es ergab sich aus der täglichen Beschäftigung mit Denglisch für die Erweiterung des englischen Wortschatzes (wie in meinem ersten Beitrag auf dieser Netzseite – Die Behandlung von Denglisch im Unterricht – beschrieben). Der Inhalt des Briefes (Brief 1) wurde von mir mit der Klasse erarbeitet, in englischer Sprache. Den Brief an die CDU verfaßte ich auf Deutsch. Der Einfall, daß man einen Denglisch-Sprecher besser auf Englisch anreden sollte, kam uns erst später. Wir betrachteten es allerdings als „lustiger“, die CDU zu bitten, uns auf Englisch zu antworten, weil wir ja eine Englisch-Klasse seien.
Die Antwort der CDU erfolgte aber in deutscher Sprache (Brief 2). Enttäuscht über dieses Verhalten, beschlossen wir, einen Brief in Englisch – sozusagen als Herausforderung – zu schreiben (Brief 3). Dies erforderte ca. 10 Unterrichtsstunden, verbunden mit häuslicher Arbeit.
Die CDU weigerte sich wiederum, auf Englisch zu antworten (Telefonat: kein Muttersprachler zur Verfügung;es könnte beschämend sein, wenn Brief fehlerhaft, Übersetzungsdienst zu teuer).
3. Veröffentlichung des Projektes – Reaktionen
Über unser Briefprojekt berichteten die beiden örtlichen Zeitungen.
Die große Menge an Leserbriefen zeigte, daß das Thema „Denglisch“ nicht wenige Chamer Bürger berührte. Die Verfasser der Briefe betonten – bis auf eine Ausnahme – ihre kritische und ablehnende Haltung gegenüber „Denglisch“.
Franz Xaver Aschenbrenner – Unterrichtseinheit: „Denglisch-Sprech der Parteien“
Aktion auf dem Marktplatz von Cham
A. Einbettung in den Unterricht
- Fach: Deutsch
- Lehrplanbezug: Wortschatzerweiterung, Fremdwörter, Führen von Interviews
B. Beteiligte Klassen (Berufsschule)
- Elektro 11
- Elektro 12
C. Anlaß für die Durchführung der Unterrichtseinheit
Die Schüler fragen, wie „das mit dem „CDU-Denglisch“ gewesen sei“, über das sie in der Zeitung gelesen haben (siehe Unterrichtseinheit „CDU-Headquarter“ auf dieser Netzseite). Sie möchten auch „so etwas“ machen.
D. Durchführung
1. Denglisch auch bei anderen Parteien?
Lehrer merkt an, daß nicht nur die CDU Denglisch spricht, sondern wahrscheinlich auch andere Parteien. Wenn dem so ist, sollten wir eine Aktion durchführen, bei der auch diese anderen Parteien angesprochen werden – schon deswegen, damit nicht die CDU als der alleinige „Sprachtäter“ erscheint.
2. Finden von denglischen Sprüchen der Parteien im Internet mit Hilfe einer Suchmaschine
3. Besprechen der gefundenen denglischen Wörter, wie in der Einleitung zu dieser Netzseite erläutert („Denglisch im Unterricht“)
4. Entstehung der Idee für eine Aktion zu „Denglisch der Parteien“ auf dem Marktplatz in Cham
Bei der Suche nach denglischer Parteiensprache stießen wir auch auf Stellungnahmen von Mitgliedern der jeweiligen Parteien gegen die Verwendung von Denglisch.
Das brachte uns auf die Idee, dem jeweiligen denglischen Spruch einer Partei die Kritik eines Angehörigen dieser Partei gegenüberzustellen.
Da eine solche Gegenüberstellung aber nicht – wie bei dem CDU-Projekt – brieflich „verwertet“ werden konnte, schlug ein Schüler vor, dies mit einem Plakat Parteien-Denglisch zu verwirklichen; dieses könnte man in der Pausenhalle der Schule aufhängen oder gar auf dem Marktplatz „ausstellen“ und die Presse bitten, darüber zu berichten, um eine möglichst große Aufmerksamkeit zu erregen. Nebenbei könnten die Passanten darüber befragt werden, was sie von Denglisch halten.
Dieser Vorschlag wurde dann ausgeführt. (Das Plakat wurde noch „angeschärft“ mit „Fußpilz“ und „Das ist ja wohl der Hammer, Leute“ – entnommen einem damals aktuellen Satiretext über die Politik von Bundeskanzler Schröder – , damit es bei den Besuchern des Marktplatzes besser auffallen sollte.)
E. Ergebnis unserer Aktion
- Wir erhielten bei den Passanten fast nur Zustimmung (z. B. „Endlich sagen welche was!“), aber auch eine Gegenstimme(„Ihr seid ja alle Nazis!“).
- Drei örtliche/regionale Zeitungen berichteten über unseren „Auftritt“.
Auf Grund dieser Artikel erweckten wir Aufmerksamkeit bei
- der Süddeutschen Zeitung (Bericht nach einem Interview mit dem Verfasser: „Deutsch wie Damisch“, 11. Nov. 2003) und
- dem Bayerischen Rundfunk (Eine Mitarbeiterin des BR besuchte unsere Schule, um die Schüler zu unserem Projekt und Denglisch allgemein zu interviewen (Teil der Sendung: „… Konrad Duden zum 175. Geburtstag“, 8. Jan. 2003).
Franz Xaver Aschenbrenner – Projekt „Vanity – Deutsche Telekom“
A. Art der Schüler
- Berufsschule: 11. Klasse
- Ausbildungsberuf: Zerspanungsmechaniker
- Vorher besuchte Schulart: überwiegend Hauptschule
B. Einbettung in den Unterricht
- 1. Fach
– Deutsch - 2. Lernziele
– Erweiterung des Wortschatzes
– Erklärung von Fremdwörtern
C. Vorgehensweise
1. Lehrer zeigt den „denglischen Fund“ VANITY (siehe Anlage: Telefonbuch „Das Örtliche“ S. 6) – Folie – Tageslichtprojektor.
2. Lehrer fragt Schüler, ob sie wüßten, was mit „Vanity“ gemeint sei, bzw. die Erklärung, die in den „Informationen von A-Z“ hierzu angeboten wird, verstünden.
3. Da beide Fragen mit einem „Nein“ beantwortet werden, erhalten die Schüler als Hausaufgabe, ihre Freunde und Bekannten zu fragen, ob sie vielleicht wüßten, was der Ausdruck „Vanity“ im Telefonbuch bedeute. Außerdem sollen sie noch die weiteren ihnen nicht verständlichen Ausdrücke aus den „Informationen von A-Z“ (siehe Anlage Telefonbuch „Das Örtliche“) aufschreiben und in der nächsten Woche (Teilzeitunterricht) in den Unterricht mitbringen.
4. Die Schüler finden nur zwei Personen, welche die Bedeutung von „Vanity“ kennen (zwei Lehrer, einer davon ein amerikanischer Englischlehrer). Da die Schüler in den „Informationen von A-Z“ noch auf weitere ihnen unbekannte englische Ausdrücke stoßen, bereitet es keine Mühe, sie anzuregen, an die Deutsche Telekom einen Brief zu schreiben mit der Frage, warum diese eine so unverständliche Sprache verwendet.
5. Die Schüler entwerfen den Brief zunächst handschriftlich (in Gruppenarbeit) und schreiben dann ihre individuellen Briefe mit Hilfe eines Textverarbeitungssystems.
6. Die Schüler lesen die Briefe vor. Für Formulierungen, die der Lehrer für nicht angemessen hält (Grobheiten), werden Verbesserungsvorschläge erarbeitet. Ansonsten korrigiert der Lehrer die Briefe weder stilistisch noch rechtschreibmäßig.
D. Ergebnis des Projektes
Die Schüler haben – wie die Briefe zeigen – auf das Sprachverhalten der Deutschen Telekom z. T. sehr gefühlsbetont geantwortet; leider erhielten wir von der Deutschen Telekom keine Rückmeldung. (Schulorganisatorische Umstände – auf die hier nicht näher eingegangen werden kann – ermöglichten kein „Nachfassen“.)
Heinz-D. Dey – Allgemeinbildende Schulen und Sprache – Diskussionsentwurf
1. Einleitung
Die unterschiedlichen Positionen und Bestrebungen beim mutter- und fremdsprachlichen Unterricht in den allgemeinbildenden Schulen erfordern ein Nachdenken über die langfristigen Folgen für die kulturelle und sprachliche Eigenständigkeit unseres Landes und für die Identität der Bürger mit der Gesellschaft. Dazu gehören Themen wie Schulaufsicht, Rang des muttersprachlichen Unterrichts, Privatschulen, Internationale Schulen, bilingualer Unterricht und Immersionsuntericht.
Folgendes Zitat (Übersetzung vom mir) aus dem Buch „Language Death“ von David Crystal stelle ich an den Anfang dieser Diskussionsunterlage:
„(…) Wenn sich eine Kultur einer anderen angleicht, scheint die Reihenfolge der Ereignisse, die die bedrohte Sprache betrifft, überall dieselbe zu sein. Es gibt drei Stufen. Auf der ersten Stufe entsteht ein enormer Druck auf die Leute, die vorherrschende Sprache zu sprechen. Dieser Druck kann aus politischen, sozialen oder wirtschaftlichen Quellen kommen; von oben in Form von Anreizen, Empfehlungen oder Gesetzen, die von einer Regierung oder nationalen Körperschaften eingeführt sein können, oder von unten in Form einer modischen Entwicklung oder des Drucks einer Bezugsgruppe innerhalb der Gesellschaft, der sie angehört. Oder aber der Druck könnte eine unklare Richtung haben und als Ergebnis einer Wechselwirkung zwischen sozialpolitischen und -wirtschaftlichen Faktoren auftauchen, die nur teilweise erkannt und verstanden wird. Woher der Druck auch immer kommt, das Ergebnis ist – Stufe 2 – eine Periode entstehender Zweisprachigkeit, da die Leute zunehmend gewandter in ihrer neuen Sprache werden, während sie die Fähigkeiten in ihrer alten noch bewahren. Dann beginnt diese Zweisprachigkeit oft ganz schnell abzunehmen, und der neuen Sprache wird der Weg freigegeben. Das führt zur dritten Stufe, auf der die jüngere Generation in der neuen Sprache immer kundiger wird, sich mit ihr identifiziert und ihre alte Sprache für ihre neuen Bedürfnisse als weniger wichtig ansieht. Dies ist oft mit einem Schamgefühl beim Gebrauch der alten Sprache verbunden, sowohl auf Seiten der Eltern als auch ihrer Kinder (…)“. [Originaltext s. Fußnote am Schluß]
Natürlich liegt Deutsch mit etwa 100 Millionen Sprechern nicht im Sterben. Dennoch lassen sich einige Parallelen zum Crystal-Zitat feststellen:
- Stellung der deutschen Sprache in den EU-Gremien
- Englisch als Forschungs- und Lehrsprache an den deutschen Universitäten
- Englisch als erste Pflichtfremdsprache ab der Grundschulklasse
- Englisch in den Kindergärten
- Englisch bei Produktbeschriftungen
- Englisch als Arbeitssprache in deutschen Betrieben
- Englisch auf Hauptversammlungen
- Englisch als Konferenzsprache bei wissenschaftlichen Veranstaltungen
- Englischsprachige internationale Schulen
- Englischer Immersionsunterricht
- Ansehensverlust der deutschen Sprache bei unseren Landsleuten (Anglizismen, Gesang)
- Abnehmendes Interesse an Deutsch als Fremdsprache im Ausland
2. Neuordnung des Fremdsprachenunterrichts
UNESCO und EU fordern den Erhalt der sprachlichen Vielfalt und das Erlernen von Fremdsprachen.
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hat in seiner Rede vor dem Deutschen Philologenverband an der Humboldt-Universität in Berlin anläßlich des Europäischen Jahres der Sprachen (2001) beklagt, „daß sich der fremdsprachliche Unterricht in Deutschland weit vom Humboldtschen Bildungskonzept entfernt hat“ und gefordert, „daß bei der Auswahl der Sprachen nicht nur auf Englisch, Französisch und Spanisch gesetzt werden sollte“. Er fragt in diesem Vortrag, „warum in Europa nicht stärker als bisher Sprachnachbarschaften genutzt werden.“
Diese Einsichten haben bei uns noch keine Änderungen in den allgemeinbildenden Schulen nach sich gezogen. Die jetzigen sprachlichen Schulmaßnahmen zielen fast ausschließlich auf Englisch als erste, einzig ernst zu nehmende Fremdsprache. Vergleichsstudien wie PISA haben immerhin die Bedeutung der deutschen Sprache z. B. für den Wissens- und Erfahrungserwerb bewußt gemacht.
Fremdsprachenerwerb fördert die geistige Entwicklung und das Verständnis für die eigene Muttersprache und ist deshalb für die schulische Bildung wichtig. Für die Auswahl und Anzahl der zu erlernenden Fremdsprachen sind Begabungen, Lebensentwürfe und Wünsche der Schüler und Eltern, evtl. unter Einbeziehung von Lehrern, vorrangig. Die staatliche Bevormundung ist mit den demokratischen Werten wie Freiheit und Eigenverantwortung nicht vereinbar. Die Einbeziehung in den Fächerkanon ist bei Fremdsprachen nicht erforderlich. Für alle Schultypen ist lediglich ein Schulabschlußnachweis für eine einzige Fremdsprache zur Pflicht zu machen. Daneben können die Schüler als Kür je nach Vorlieben weitere Sprachen freiwillig erlernen. Die Fremdsprachen werden nicht vorgeschrieben. Auf diese Art wird erreicht, daß der Zeitaufwand für das Erlernen von Fremdsprachen persönliche Interessen und Entwicklungen berücksichtigt. Streitereien über die erste Fremdsprache an den Schulen (z. B. Rheinschiene) sind damit ausgeschaltet. Fremdsprachen sind in einigen Fällen existentiell wichtig, haben aber in vielen Fällen fast keine wirtschaftliche Bedeutung. Ein Bäcker wird wegen seiner guten Backwaren und nicht wegen seiner Fremdsprachenkenntnisse geschätzt. In Anbetracht der angespannten Haushaltslage unseres Landes wird der verkrustete Ist-Zustand des Fremdsprachenunterrichts dem Bedarf mit Auswirkung auf die Kosten angepaßt.
Da auch Kindergärten zu einer Bildungseinrichtung ausgestaltet werden sollen, eine Maßnahme die grundsätzlich zu begrüßen ist, ist folgende bedenkliche Aussage erwähnenswert: „Wie in der Hirnforschung nachgewiesen wurde, sind Kinder im Alter von drei Jahren besonders aufnahmefähig für das spielerische Erlernen von Fremdsprachen.“ Solche Behauptungen können nicht Grundlage für das Bildungsangebot in Kindergärten sein, denn dahinter stehen materielle Interessen, die das Gemeinwohl nicht im Blick haben. Mit dem „spielerischen“ Erlernen der englischen Sprache ist eine Herabsetzung der eigenen Muttersprache zugunsten der künftigen „Herrschaftssprache“ verbunden. Es wird vermutlich nicht lange dauern, bis die Kinder auf den Martinsumzügen englische Kinderlieder singen. Beispiele aus den Kindergärten und für andere Altersgruppen gibt es bereits. Vorrangig im frühkindlichen Alter ist der Erwerb guter deutscher Sprachkenntnisse. Die Deutsch-Probleme sind nicht nur vor dem Migrationshintergrund vieler unserer Kinder bekannt. Eine ähnlich einseitige Sichtweise zeigt die Feststellung „Musikunterricht fördert die Intelligenz“ oder „Dialekt ist gut für das Denkvermögen“ auf. Die „besondere“ Aufnahmefähigkeit im frühkindlichen Alter ist für alle Bildungsangebote gleichermaßen gegeben und unbestritten. Nichts gegen Dialekte, Musik und Englisch, aber die Auswahl sollte nach objektiven und begabungsorientierten Maßstäben durchgeführt werden.
Eine Privatisierung des breiter gefächerten Fremdsprachenangebots oder eine öffentlich-private Zusammenarbeit (PPP) von Schulen und Sprachschulen könnte langfristig eine praktikable Lösung sein.
Wirtschaftlich könnten wir auf diese Weise einen Pluspunkt im internationalen Wettbewerb gewinnen, weil wir die Sprache unserer ausländischen Kunden und sonstigen Partner sprechen.
Wir sollten viel häufiger auf Dolmetscher und Übersetzer, auch in der Wirtschaft, zurückgreifen, wenn wichtige Gespräche geführt werden. Arbeitsteilung hat bekanntlich allen am Wertschöpfungsprozeß Beteiligten wirtschaftlich genutzt. Warum sollte das nicht im Kommunikationsbereich sinnvoll sein? Es sollte nicht unerwähnt bleiben, daß dadurch mittelfristig zusätzliche Arbeitsplätze entstehen.
Der Vorschlag der Liberalisierung des Fremdsprachenunterrichts an allgemeinbildenden Schulen schert sicherlich aus dem bisherigen englischzentrierten Denken aus und ist gewöhnungsbedürftig und als langfristiges Projekt zu betrachten, insbesondere weil der wirklichkeitsnahe Trott überwunden werden muß. Dennoch bietet er unserem Land langfristig gesehen – nicht nur wegen seiner 10 direkten Sprachgrenzen – bessere Entwicklungschancen als bisher. Außerdem kann man im Hinblick auf die neuen Wirtschaftsmächte flexibler auf die sprachlichen Anpassungen reagieren.
Gerade wegen der Globalisierung/Internationalisierung und Kommerzialisierung fast aller Bereiche ist der Achtung der Landessprachen besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Globalisierung wird meist nicht als natürlicher freier Handel und Kapitalverkehr verstanden, sondern ist zur Ideologie erhöht worden, die die meisten mit Englisch verbinden. Unser Export in Länder, in denen (u. a.) Englisch Amtssprache ist, beträgt übrigens nur etwa 20 %.
Wer den Wettbewerb bejaht, muß auch den Wettbewerb der Fremdsprachen in den Schulen befürworten.
3. Deutsch als Unterrichtssprache
Von allen politischen und pädagogischen Seiten wird eine Verbesserung der Schulsituation gefordert. In der Öffentlichkeit ist ein Bild entstanden, das einer Katastrophe ähnelt: Ungenügende Forderung schwacher Schüler, mangelhafte sprachliche Vorbereitung ausländischer Schüler auf den Schulunterricht, unbefriedigende Förderung Hochbegabter, Mängel bei der Lehrerausbildung, Bürokratie, PISA und Jammern der Eltern über ein unzureichendes Unterrichtsangebot. Bei diesen Gegebenheiten ist es kein Wunder, daß sich der UNESCO-Beauftragte Muñoz bemüßigt fühlte, uns zu sagen, was wir falsch machen. Das ist besonders demütigend, da wir auf dem pädagogischen Gebiet in der Vergangenheit Großartiges geleistet haben. Es sei beispielhaft an Humboldt erinnert.
Alle sind sich darüber einig, daß es ohne gute Kenntnisse in der Muttersprache (Lese- und Schreibfähigkeit) keinen ergebnisorientierten Fortschritt bei der schulischen Bildung geben kann.
Wir sollten uns durch die interessengeleitete Forderung nach einem meistens zeitaufwendigen Erlernen von zwei oder drei Fremdsprachen nicht auf einen Irrweg locken lassen und die für die deutsche Wirtschaft wichtigen naturwissenschaftlichen Fächer vernachlässigen. Man kann nicht die Schulzeit für den gymnasialen Schultyp verkürzen und den Unterrichtsstoff mit ggf. fremdsprachlichem Ballast erhöhen.
Der deutsche Lehrerverband beklagt, daß der Deutschunterricht bei uns im Vergleich zu anderen Ländern immer noch zu gering ist. In Deutschland umfaßt der muttersprachliche Unterricht 16% des Gesamtunterrichts, während in den meisten Ländern der Welt zwischen 23 und 26 % üblich sind. Der Grundwortschatz an den Grundschulen wurde beispielsweise in Bayern binnen weniger Jahre von 1.100 auf 700 im Jahre 1990 heruntergefahren. Das sei das alte untaugliche Konzept, die Meßlatte möglichst tief nach unten zu hängen, damit möglichst viele Schüler darüber springen können.
Diese unbefriedigende Situation hat dazu geführt, daß die Nachfrage nach Privatschulen zunimmt. 1992 gab es 1.991, 2004 2.686 Privatschulen, entsprechend einer Zunahme von 35 %. Wahrscheinlich werden wir mittelfristig den Stand unserer Nachbarn erreichen: Frankreich 25 %, England 30 %, Belgien 50 %, Niederlande 70 %.
Um so wichtiger ist es, folgende beunruhigenden Zeitungsnotizen zur Kenntnis zu nehmen und die erforderlichen gesetzlichen Regelungen jetzt zu treffen:
Erste dreisprachige Grundschule in Hessen (Main-Spitze vom 24. 3. 2006)
Heimatkunde und Sachkundeunterricht auf englisch in Pinneberg (Hamburger Abendblatt vom 24. 3. 2006)
Grundsteinlegung an der Frankfurt International School (FAZ 9. 3. 2006)
In Schleswig-Hostein gilt die Genehmigung nur für die Carl-Eitz-Schule in Pinneberg. Eine allgemeine Zusage gibt es m. W. in diesem Lande nicht. In Hamburg ist der Immersionsschulunterricht von Prof. Wode (Anglist) an der Grundschule Max-Eichholz-Ring, der Schule an der Gartenstadt und der Rudolf-Ross-Gesamtschule eingeführt worden. Immersionsunterricht bedeutet hierzulande, daß alle Fächer auf englisch und nur Deutsch auf deutsch unterrichtet wird.
Für diese Methode wird vom „German Institute for Immersive Learning“ (!) geworben. Ein deutschsprachiger Ausgleich im Elternhaus ist meistens nicht vorhanden, da dort über Sachfächer nicht mehr gesprochen wird – wenn denn überhaupt über etwas gesprochen wird. Die deutschen Lese- und Ausdruckfertigkeiten bei den betroffenen Schülern werden zurückgehen und unsere Schwierigkeiten im internationalen Vergleich vergrößern. Ein weiteres Problem ist die Verfügbarkeit der fremdsprachigen Muttersprachler als Lehrer. Das immer wieder angeführte Beispiel Kanadas kann für Deutschland nicht beispielhaft sein, weil wir in unserem Land keine englischen und französischen Bevölkerungsteile haben, so daß wir uns mit dem Thema nicht zu befassen brauchen. Nach Angaben des Instituts gibt es inzwischen in allen Bundesländern Anwender und Multiplikatoren. Es ist zu befürchten, daß weitere Ausnahmegenehmigungen der Kultusministerien erteilt werden.
Der bilinguale Unterricht, steht ebenfalls in einem offenkundigen Widerspruch zu den Forderungen nach verbessertem Deutschunterricht, um im internationalen Vergleich vordere Rangplätze zu belegen. Der bilinguale Unterricht ist zudem eine Mogelpackung, weil Sachfächer nicht mehr auf deutsch, sondern (zeitweise) auf nur auf englisch unterrichtet werden.
Es besteht die Gefahr, daß – in Generationen gedacht – unsere Sprache und Kultur zur Disposition gestellt wird. Eine gesetzliche Festlegung, die es bisher nicht gibt, ist unumgänglich.
Heinz-D. Dey, Stand: 7. 9. 2006
Anhang: Originalzitat aus dem Buch „Language Death“ von David Crystal:
„(…) When one culture assimilates to another, the sequence of events affecting the endangered language seem to be the same everywhere. There are three broad stages. The first is immense pressure on the people to speak the dominant language – pressure that can come from political, social, or economic sources. It might be ‚top down‘, in the form of incentives, recommendations, or laws introduced by a government or national body; or it might be ‚bottom up‘, in the form of fashionable trends or peer group pressures from within the society of which they form a part; or again, it might have no clear direction, emerging as the result of an interaction between socio-political and socioeconomic factors that are only partly recognized and understood. But wherever the pressure has come from, the result – stage two – is a period of emerging bilingualism, as people become increasingly efficient in their new language while still retaining competence in their old. Then, often quite quickly, this bilingualism starts to decline, with the old language giving way to the new. This leads to the third stage, in which the younger gener-ation becomes increasingly proficient in the new language, iden-tifying more with it, and finding their first language less relevant to their new needs. This is often accompanied by a feeling of shame about using the old language, on the part of the parents as well as their children. (…)“
Heinz-D. Dey – Schulen und Tag der deutschen Sprache
An jedem zweiten Septembersamstag findet der »Tag der deutschen Sprache« statt. Angesichts der Dominanz und des Einflusses der anglophonen Welt auf die Muttersprachen nutzen Medien und Bürgerinitiativen diesen Tag bei uns, um die deutsche Sprache im In- und Ausland mit Veranstaltungen und Berichten zu stärken. Die Schulen sind der Ort, an dem die Wertschätzung für die eigene Sprache bei aller Toleranz gegenüber anderen Sprachen am besten vermittelt und gefestigt werden kann. Wir haben die Kultusminister und –senatoren gebeten, den Tag der deutschen Sprache in Ihren Amtsblättern zu veröffentlichen und eine Behandlung geeigneter Themen im Unterricht zu empfehlen.
Im Zusammenhang mit der Documenta 2007 in Kassel habe ich von deren Leitern einen interessanten Gedanken über die Kunst gelesen: Die Rolle der Bildung muß neben der Didaktik und dem Warenfetischismus auch die ästhetische Bildung vermitteln. Diese Dreiheit ist auch auf die Sprache übertragbar und könnte im Unterricht behandelt werden.
Unterrichtsentwurf: Denglisch – Der Einfluss von Anglizismen auf die deutsche Sprache
Häufige Vorurteile gegen eine zukunftsgerichtete Sprachpflege und die Erwiderungen dazu
von Hermann H. Dieter und Gerd Schrammen
Buchversion
Hermann H. Dieter und Gerd Schrammen:
Reden und Widerreden
Argumente für die deutsche Sprache
2. Auflage – Paderborn 2005, 113 Seiten, 11,20 Euro, ISBN 3-931263-42-8
Vorbemerkung der Autoren
Menschen, die sich heute für die Zukunft der deutschen Sprache und die weltweite Sprachenvielfalt einsetzen, werden in Gesprächen mit Freunden, Kollegen, Bekannten, Verwandten und Passanten auf Vorurteile und Klischees treffen. Sie sollten sich mit Argumenten wappnen, um diese Vorurteile zu entkräften.
Dieses Buch hilft ihnen dabei. Es enthält die gängigen Einwände gegen eine zukunftsgerichtete Sprachpflege und bietet gut durchdachte und treffende Erwiderungen.
Alle 53 ( = LIII) Vorurteile begegneten uns als Standbetreuern und Flugblattverteilern des VDS, bei wissenschaftlichen Diskussionen, im Verlauf von Gesprächen mit Freunden und Nachbarn oder vielen anderen Anlässen während der letzten Jahre in dem hier wiedergegebenen, mehr oder weniger authentischen Wortlaut.
Den drei Hauptgruppen A – C wurden in Gestalt der innerhalb dieser Gruppen anzutreffenden pauschalen Einzelurteile drei bis fünf Untergruppen A.1 – C.5 zugewiesen. Die Bezeichnungen dieser insgesamt zwölf Untergruppen enden jeweils mit „…denn“ und leiten so zu den eigentlichen Widerreden I – LIII. über. Pro Untergruppe sind dies mindestens zwei, meist jedoch mehr (bis zu zehn) Widerreden (s.Inhaltsverzeichnis).
Widerreden aus unterschiedlichen Untergruppen, deren Argumente sich dennoch berühren, sind durch entsprechende Querverweise gekennzeichnet.
Wir, die Herausgeber, sind keine Sprachwissenschaftler. Wir erheben mit diesem, für sprachpolitische Zwecke gedachten Argumente-Brevier keinen sprachwissenschaftlichen Anspruch. Wir hoffen jedoch, wenigstens nicht in unauflösbare Widersprüche zu sprachwissenschaftlichen Aussagen und Prognosen geraten zu sein.
Wir danken den Mitstreitern Dieter Föhr und Kurt Gawlitta für wichtige inhaltliche Einzelbeiträge und redaktionelle Hinweise.
Blankensee und Göttingen, im August 2005
I. „Eine einheitliche Weltsprache ist der Schlüssel zu Völkerverständigung und Weltfrieden. Diese Utopie des Turmbaus zu Babel wird heute endlich verwirklicht.“
Widerrede:
Dieser Behauptung widerspricht bereits die Tatsache, dass sich schon immer auch Menschen gleicher Muttersprache gegenseitig bekriegt und unterdrückt haben.
Die Babelsche Utopie von der einheitlichen Weltsprache ist weniger ein Ausdruck der Sehnsucht des Menschen nach einem friedlichen, chancengleichen und sozial gerechten Zusammenleben, als vielmehr nach einer technisch sicheren Weltordnung. Die Strafe Gottes für die Anmaßung, ja Hybris1 des Menschen, die göttliche Schöpfung oder Natur nicht nur zu hegen und (für) sich zu kultivieren, sondern sie technisch zu vergewaltigen, war seine Zerstreuung in alle Winde und sprachliche Verwirrung. Ist die heutige Verklärung, ja Beschwörung einer einheitlichen Weltsprache erneuter Ausdruck menschlicher Hybris? Steht sie für den Versuch, durch Babels Wiederaufbau Gottes Strafe endlich abzuschütteln – diesmal jedoch nicht mit Hilfe unmittelbar nachsintflutlicher, sondern modernster technischer Mittel?
Nicht nur vor der technischen Hybris selbst, sondern auch vor der menschlichen Einsprachigkeit als einer ihrer wichtigsten Bedingungen ist zu warnen. Dinge und Begriffe haben einen Namen, weil sie deren mehrere haben (Peter Porsch). So gesehen war Gottes sagenhafte Strafe ein kultureller Segen. Er hat den Menschen in die künstlerische Vielfalt statt in eine technisch-namenlose Einfalt entlassen. Damit war der Weg frei zur vielfältigen Kultivierung der göttlich-natürlichen Schöpfung und ihrer vielfach-widersprüchlichen Deutung durch Kunst, Wissenschaft und Philosophie. Die Möglichkeit zum Weltfrieden durch vielsprachige Völkerverständigung hat uns Gottes kluge Strafe aber nicht genommen. Wer das Gegenteil behauptet, will aus anderen Gründen keinen Frieden.
1 Vermessenheit, Selbstüberschätzung
siehe auch: XXV., IV., XIV., XLV.
I. „Eine einheitliche Weltsprache ist der Schlüssel zu Völkerverständigung und Weltfrieden. Diese Utopie des Turmbaus zu Babel wird heute endlich verwirklicht.“
II. „Viel wichtiger, als den Deutschunterricht zu intensivieren, wäre es, die Sprachkompetenz der Schüler im Englischen zu stärken.“
Widerrede:
Fremdsprachliche Fähigkeiten, die so passgenau und doch geschmeidig sind wie ein Handschuh (Stefan Zweig), lassen sich nur bis zum Alter von 2–3 Jahren intuitiv erwerben. Ihr Erwerb jenseits dieses Alters setzt ein gutes Lese- und Textverständnis in der eigenen Sprache und verstehendes, bewusstes Lernen voraus. Die fremde Sprache muss anhand rational einsichtiger Regeln und Gesetzmäßigkeiten erschließbar sein. Deren Einsichtigkeit ergibt sich am besten aus ihrem Begreifen in der eigenen Muttersprache.
Die PISA-Studie 2001/2 belegte zusätzlich die zentrale Bedeutung des muttersprachlichen Unterrichts für das Lese- und Textverständnis. Vermutlich schnitten die deutschen Schüler deshalb so schlecht ab, weil der Anteil des muttersprachlichen Unterrichts in Deutschlands Schulen nur 16% (statt europaweit 20%) beträgt.
Ein Kind; dem jenseits des intuitiv lernfähigen Alters eine Fremdsprache angeboten wird, sollte seine Muttersprache(n) schon weitgehend lesen und sprechen können und auch schon ahnen, dass und warum sie regelhaft funktioniert. Dies wird ihm die Scheu davor nehmen, die Schwelle in die fremde Sprachwelt zu überschreiten.
Englisch bietet im Vergleich zu anderen Sprachen zudem das didaktische Problem, dass es über grammatische Regeln kaum zu erschließen ist. Als erste Fremdsprache eignen sich jenseits des intuitiv lernfähigen Alters deshalb eher Sprachen wie Französisch oder Polnisch. Vielleicht wäre eine Plansprache wie Esperanto in diesem Alter das didaktisch beste Angebot. Allerdings gibt es einen viel wirkungsvolleren, doch weitgehend ungenutzten Ansatz, um möglichst viele Kinder zwei- und mehrfach muttersprachlich kompetent zu machen. Zielgruppe sind die vielen gemischtsprachigen Elternpaare. Sie müssten zur Beachtung der wenigen sprachlichen Verhaltensregeln1, die geeignet sind, um ihr(e) Kind(er) ab Geburt gleichzeitig in mehreren Muttersprachen heimisch zu machen, gezielt ermuntert und entsprechend informiert werden.
Alle Erfahrung zeigt, dass ab Geburt zweisprachig erzogene Kinder zwar mitunter etwas später als altersüblich zu sprechen beginnen, den geringen Rückstand aber rasch mehr als ausgleichen und – vor allem – nicht in einen hilflos-ausdruckslosen Sprachmischmasch abgleiten.
siehe auch IV., XXIV.
1 Nach dem Grundprinzip „Eine Person – Eine Sprache“
III. „Europa braucht Englisch als gemeinsame Sprache – Denglisch bahnt den Weg dorthin.“
Widerrede:
Ein gutes Beispiel für den schöpferischen Wettstreit und ein funktionales Miteinander vieler Sprachen ist Europa. Wer vor diesem Hintergrund behauptet, die Etablierung einer einzigen Arbeits- oder Standardsprache sei ein erstrebenswertes weil Kosten sparendes sprachpolitischen Ziel der Europäischen Union, verrät die Interessen ihrer Bürger.
Nur spezielle technische Kommunikationssegmente wie Flugverkehr oder Katastrophenschutz benötigen standardisierte Funktionssprachen. Schon eine Fachsprache muss alltagssprachlich verankert sein, um interdisziplinär1 und öffentlich verständlich zu bleiben. Beide Ansprüche dürfen nicht aufgegeben werden.
Ohne sprachliche Anstrengung zur Information und Motivation der Bürger für „ihr“ Europa ist eine europäische Bürgergemeinschaft nicht zu gestalten. Der (Wett)Streit um ihre sprachliche Zukunft darf aber weder zum offenen Streit ausarten, noch totgeschwiegen werden. Der deutsche Sonderweg „Denglisch“ würde, sollte ihn Europa insgesamt beschreiten, in die kultur-, sprach- und schließlich europapolitische Sackgasse führen.
Gegen die Behauptung von der „einzigartigen“ Funktionalität des Englischen behauptet der Verein Deutsche Sprache die sprachliche Identität und kulturelle Herkunft der europäischen Sprachen und Staaten. Ohne diese Voraussetzungen wollen oder können ihre Bürger die Zukunft Europas nicht gemeinsam gestalten.
siehe auch VIII., XIII., XVIII., XXVIII.
1 Zwischenfachlich, von Fach zu Fach
IV. „Am einfachsten wäre es, alle Menschen lernten von Geburt an nur noch Englisch als Muttersprache. Auch das Denglisch-Problem würde sich so ganz von selbst erledigen.“
Widerrede:
Hinsichtlich einer einfachen „Erledigung“ des Denglisch-Problems ist diese Aussage wohl zutreffend. Die Frage ist nur, um welchen Preis es dadurch erledigt würde.
Allein die Vorstellung, weltweit alle Mütter oder Eltern durch sprachpolitische Maßnahmen davon überzeugen zu können, sich mit ihren Kindern nur noch auf Englisch zu verständigen, ist abartig. Selbst die rücksichtsloseste Kommerzialisierung aller menschlichen Beziehungen könnte sicher nicht alle „nicht-englischen“ Sprachen bis in den letzten Erdenwinkel als Muttersprachen auslöschen.
Jede Sprache bricht und ordnet die Wirklichkeit durch andere Reflektionen, Schattierungen, Strukturen, Brüche und Begriffe. Würde die Wirklichkeit weltweit in nur noch einer Sprache entdeckt oder beschrieben und das menschliche Kulturerbe entsprechend einfältig konserviert, gingen unendlich viele Deutungsmöglichkeiten des Universums und Wissen über die Möglichkeiten, Mensch und Natur zu kultivieren, verloren.
Das wäre eine kulturell sehr einfältige Welt. Das auffallend einfältige Denglisch und der Mischmasch vieler weiterer Sprachen mit Englisch bahnen jedoch den Weg dorthin.
siehe auch I., II.
V. „Wissenschaftliche Kommunikation in und zwischen allen Forschungsbereichen ist heute nur noch auf Englisch möglich. Unsere Wissenschaftler sollten sich dieser Tatsache so rasch und vollständig wie möglich anpassen.“
Widerrede:
Wissenschaftler, die kein Fachidioten sind, denken über das eigene Fachgebiet hinaus. Doch das Wissenschaftlerenglisch reicht bestenfalls, und selbst dies nicht immer, für das eigene Fach. Wer weiß, wie weit die eigene Spezialisierung gehen und wie eng sie sein kann, weiß auch, wie schwer es ist, interdisziplinäre1 Grenzen sprachlich zu überwinden.
Nichtanglophone Wissenschaftler verbringen während ihrer besten Jahre Tausende von Stunden damit, sich ein geschmeidiges Englisch beizubringen. Während dieser Zeit machen ihre anglophonen Kollegen bereits Kasse oder ihre ersten Entdeckungen. Dabei überzeugen selbst naturwissenschaftliche Arbeiten wesentlich besser, wenn sie nicht nur fachliche Kompetenz, sondern auch stilistische Könnerschaft ausstrahlen.
Wissenschaft entsteht im Gespräch (Werner Heisenberg). Anglophone Wissenschaftler sind also ohne jedes eigene Zutun gegenüber der internationalen Konkurrenz im Besitz zweier entscheidender Startvorteile. Ein nichtanglophoner Biochemiker, der sich mit einem Hygieniker, Botaniker, einem Physiker, einem Historiker oder gar einem Philosophen in seinem Wissenschaftlerenglisch austauschen will, stößt rasch an seine sprachlichen Grenzen. Jeder vertiefte, gedanklich gleichrangige Austausch zwischen Wissenschaftlern unterschiedlicher Muttersprachen ist auf qualifizierte Übersetzung angewiesen.
Nur klare Aussagen sind übersetzbar. Eine wertvolle Nebenwirkung inhaltlich sorgfältiger Übersetzungen ist, dass man den Ausgangstext dabei mit anderen Augen lesen lernt. Die fremde Sprache gewinnt ihm plötzlich Stärken ab oder macht Unklarheiten deutlich, die mit der eigenen Sprachbrille nicht zu sehen waren.
Die Beherrschung nur einer Fremdsprache entspricht nicht dem Anspruch auf Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Elite. International und interdisziplinär denkende und kommunizierende Wissenschaftler aller Fachrichtungen und in allen Ländern sollten deshalb nicht nur ihre Muttersprache plus ihr fachsprachliches Englisch beherrschen, sondern zumindest passiv auch zwei oder drei weitere ausgebaute Wissenschaftssprachen2. siehe auch XXIX.
siehe auch XXIX.
1 Zwischenfachlich, von Fach zu Fach
2 Weitere (neben Englisch): Deutsch, Französisch, Russisch, Italienisch, Spanisch, Japanisch
VI. „Zu Englisch als internationaler Wissenschaftssprache gibt es keine Alternative.“
Widerrede:
Die angeblich so überragende Wissenschaftstauglichkeit des Englischen ist sprachwissenschaftlich nicht bewiesen. Genau so berechtigt erscheint die Gegenthese: Englisch als internationale Wissenschaftssprache ist die schlechteste aller Möglichkeiten. Denn mit der stetig steigenden Anzahl der weltweit von Milliarden Menschen gesprochenen Abwandlungen (Varietäten) des Englischen verstärkt sich auch die Gefahr der Mehrdeutigkeit internationaler Kommunikation auf englisch. Selbst die naturwissenschaftliche Kommunikation ließe sich kaum auf eine verbindliche Spielart des Englischen festlegen. „Falsche Freunde “, d.h. ähnliche bis identische Wörter und Ausdrücke mit unterschiedlicher bis gegensätzlicher, kulturtypischer Bedeutung würden sich auch dort einnisten. Die Internationalität des Wissenschaftsbetriebs bietet dafür ideale Voraussetzungen.
Das Gewicht derjenigen anglophonen Staaten, die die meisten Wissenschaftler ausbilden oder an sich binden können und deshalb über die Forschungsthemen bestimmen, wird zwar für sprachliche Schwerpunkte und Einflusszonen sorgen, doch deren sprachlich-kommunikatorische Offenheit wird sich nicht nach wissenschaftssprachlichen Kriterien richten. Noch weniger ist vorstellbar, dass die amerikanische Wissenschaftswelt eine einzige, weltweit gepflegte wissenschaftliche Englisch-Varietät für sich als verbindlich anerkennen würde.
Nur eine Kunstsprache wie Esperanto, die allen Beteiligten dieselben sprachlichen Startvoraussetzungen ermöglichte und die weltweit in nur einer Varietät existiert, besäße das Zeug zu einer kommunikationsgerechten, kulturneutralen und internationalen Verständigungssprache – auch für die Wissenschaftler.
siehe auch X., XXII
VII. „Die Europäische Union würde mit reibungsloser innerer Kommunikation auf Englisch rasch zur wirtschaftlichen Großmacht.“
Widerrede:
Dieses Vorurteil beruht auf dem Irrtum, Sprache diene nur der Kommunikation. Jede Sprache dient jedoch auch der Sicherung von Identität und dem Gewinn von Erkenntnis durch sprachlich-kulturelle Unterscheidung und den daraus erwachsenden vielfältigen Austausch. Das gilt für Staaten genauso wie für Individuen.
Europa bezieht seinen sprachlich-kulturellen Reichtum und damit sein schöpferisches Potential aus einer polyzentrischen Identität. Nicht erneute Aus- und Abgrenzungen, sondern sprachlich-kulturelle Einebnung durch alles Angloamerikanische drohen heute dieses einzigartige Kapital zu entwerten. Stillschweigend erhält die amerikanische Wirtschafts- und Weltmacht schon heute überall Zugang und Benennungshoheit (und die Minderheit der englischen Muttersprachler in Europa völlig unverdiente Heimvorteile).
Dies zeigt sich bereits bei der Besetzung leitender Stellen in halbstaatlichen europäischen Organisationen und Unternehmen. Bewerber aus nicht-anglophonen Ländern werden längst ausgegrenzt – selbst wenn sie (auch) gut bis sehr gut Englisch sprechen. Die Vereinigten Staaten von Amerika verkörperten im 19. Jahrhundert die Freiheitsutopie des “alten Europa”. Viele unserer Mitbürger halten sich heute nicht nur für die besten Europäer, sondern sind als Deutsche auch besonders anfällig für universalistische Utopien und idealisierende Selbsttäuschungen. Heute suchen sie die längst gescheiterte US-amerikanische Utopie durch erneute Idealisierung für sich zu retten. Deshalb lassen sie sich vom Angloamerikanischen als Sprache der Freiheit und der Zukunft betören.
Zu mehr als einem Umschlagplatz der ökonomischen und militärischen Interessengruppen, die sich anschicken, mit Hilfe dieser Sprache die Welt zu beherrschen, werden wir es unter ihrem Einfluss kaum bringen.
siehe auch X, XLV
VIII. „Je weniger Sprachen sich in der EU letztlich durchsetzen, desto besser. Die Übersetzungskosten sind ohnehin zu hoch.“
Widerrede:
Kostenargumente sind meist die Argumente derer, die das Geld haben oder die Macht besitzen und deshalb an Neuerungen nicht interessiert sind. Im Unterschied zur Landwirtschaft und vielen anderen Bereichen besitzt in Brüssel der Wille zur Pflege der Vielsprachigkeit Europas keine Interessen-Lobby.
Weder vollmundige sprachpolitische Beteuerungen der Europäischen Kommission noch ausgefeilte Programme zur Förderung der Mehrsprachigkeit vermochten dies bisher zu ändern. Sonst könnte nicht immer wieder unwidersprochen die Falschmeldung verbreitet werden, die Kosten der Vielsprachigkeit der EU-Gremien seien unverhältnismäßig hoch.
Tatsache ist, dass diese Kosten lediglich wenige Prozent des Gesamthaushalts der EU ausmachen. Sie fallen also im Vergleich zu anderen Haushaltsposten kaum ins Gewicht. Auch die Erweiterung der Union hat daran nicht viel geändert. Wenn dies nicht so wäre, müssten Vorschläge zu ihrer Minderung in Brüssel auf wesentlich mehr Interesse stoßen. Demgegenüber frisst z.B. die Subventionierung der Landwirtschaft 30% des Haushalts der Union.
Dennoch hatten der Verein Deutsche Sprache und eine Reihe weiterer Sprachvereinigungen Europas im Jahr 2003 im Rahmen der europäischen Verfassungsdiskussion angeregt, die Anzahl der Übersetzungsrichtungen durch die Einführung von Brückensprachen1 drastisch zu verringern. Länder, deren Landessprache zur Brückensprache geworden wäre, sollten zum Ausgleich dieses Vorteils die Kosten der Übersetzung in einige andere Sprachen übernehmen.
Andere Möglichkeiten zur Kostenminderung wären die Einführung einer macht- oder kulturneutralen Verkehrshilfssprache oder die Pflicht zur passiven bis aktiven Beherrschung aller europäischer Arbeitssprachen2 seitens der europäischen Beamten. Solange Brüssel solche Vorschläge nicht ernsthaft aufgreift, kann die Behauptung, die Vielsprachigkeit sei für die Europäische Union zu teuer, nicht ernst gemeint sein. Eher erscheint sie als Ausfluss einer kultur- und sprachindifferenten, machtpolitischen Interessenlage.
siehe auch III., XLVII
1 Eine Brückensprache ist gemeinsame Ausgangssprache zur Übersetzung amtlicher Dokumente in eine Gruppe weiterer (meist verwandter) Sprachen
2 Englisch, Deutsch, Französisch; zusätzlich (ab 2004): Spanisch, Polnisch (Vorschlag des VDS)
IV. „Am einfachsten wäre es, alle Menschen lernten von Geburt an nur noch Englisch als Muttersprache. Auch das Denglisch-Problem würde sich so ganz von selbst erledigen.“
Widerrede:
Hinsichtlich einer einfachen „Erledigung“ des Denglisch-Problems ist diese Aussage wohl zutreffend. Die Frage ist nur, um welchen Preis es dadurch erledigt würde.
Allein die Vorstellung, weltweit alle Mütter oder Eltern durch sprachpolitische Maßnahmen davon überzeugen zu können, sich mit ihren Kindern nur noch auf Englisch zu verständigen, ist abartig. Selbst die rücksichtsloseste Kommerzialisierung aller menschlichen Beziehungen könnte sicher nicht alle „nicht-englischen“ Sprachen bis in den letzten Erdenwinkel als Muttersprachen auslöschen.
Jede Sprache bricht und ordnet die Wirklichkeit durch andere Reflektionen, Schattierungen, Strukturen, Brüche und Begriffe. Würde die Wirklichkeit weltweit in nur noch einer Sprache entdeckt oder beschrieben und das menschliche Kulturerbe entsprechend einfältig konserviert, gingen unendlich viele Deutungsmöglichkeiten des Universums und Wissen über die Möglichkeiten, Mensch und Natur zu kultivieren, verloren.
Das wäre eine kulturell sehr einfältige Welt. Das auffallend einfältige Denglisch und der Mischmasch vieler weiterer Sprachen mit Englisch bahnen jedoch den Weg dorthin.
siehe auch I., II.
X. „Die deutsche Sprache ist umständlich, schwer zu erlernen und ohne Witz.“
Widerrede:
Vergleiche zeigen, dass mal englische, mal deutsche Wörter kürzer oder auch länger sind. Für ihren Alltagstauglichkeit ist dies kaum entscheidend. Auf Verständlichkeit, Treffsicherheit und Geschmeidigkeit kommt es eher an. Benjamin Franklin, der große Physiker und nordamerikanische Staatsmann, schrieb Ende des 18. Jahrhunderts: Die Möglichkeiten zur Bildung zusammengesetzter Substantive und die flexible Wortstellung machen die deutsche Sprache der englischen in mancher Hinsicht überlegen.
Das grammatische Formensystem regelt den Zugang zu einer fremden Sprache. Es ist die allgemein zugängliche Grundlage für die Möglichkeit differenzierter Aussagen. Nur zu Beginn bereiten scheinbar grammatiklastige Sprachen mehr Mühe als Englisch. Ein anspruchsvolles Englisch ist wegen des hohen Anteils fester Wortverbindungen und -stellungen, die den regelgeleiteten Sprachzugang ersetzen müssen, schwieriger zu erlernen als die meisten europäischen Sprachen. Und die lautliche Vieldeutigkeit des Englischen führt häufig zu Problemen bei der Verständigung (auf Englisch) mit nicht anglophonen Ausländern anderer Sprachkreise.
All das sind nicht gerade ideale Voraussetzungen für eine Weltsprache.
Demgegenüber mag sich eine gewisse Neigung, die Dinge der Welt kompliziert, und mitunter grüblerisch zu betrachten, in bestimmten Eigenheiten und Unfertigkeiten des Neuhochdeutschen besonders treffsicher fassen lassen. Genau deshalb hält es aber auch spezifische Möglichkeiten für tiefgründigen Humor, Doppeldeutigkeit und Ironie, sprachspielerischen Witz und messerscharfe Satire genau so reichhaltig für uns bereit wie andere Sprachen mit ihren Mitteln für deren Sprecher.
siehe auch VI., VII., XV., XXIII.
XI. „Englische Wörter sind nützlich, wo deutsche fehlen.“
Widerrede:
Das wird gern behauptet, stimmt aber nur auf den ersten Blick. Die Frage ist, ob deutsche Wörter wirklich fehlen und wo. „Besatzung“ und „Nachrichten“ sind vorhanden und brauchen nicht durch crew oder news ersetzt zu werden. „Meisterliga“, „e-Post“ oder „Geländerad“ hätten anstelle von Champions League, e-mail oder mountain bike gewählt werden können, als diese Dinge aufkamen.
Nun gibt es Wörter wie shop, bike, kickboard, event, die – angeblich – sogenannte „Bezeichnungslücken“ füllen, d. h. etwas ausdrücken, wofür die deutsche Sprache kein Wort hat. Gelernte Sprachwissenschaftler versuchen mühsam darzulegen, dass shop nicht dasselbe ist wie „Laden“, und bike nicht einfach „Fahrrad“ bedeutet. Die Salzburger Festspiele wären dann eine „großartige Veranstaltung“, der Europäische Schlagerwettbewerb aber ein event mit highlights.
Räumen wir ein, dass es schwierig wäre, talk show, T-shirt, quiz, freak, baby, party oder training durch deutsche Wörter zu ersetzen. Aber im Grunde sind auch diese englischen Ausdrücke überflüssig. An ihrer Stelle hätten – bei mehr Treue zur eigenen Sprache! – von Anfang an deutsche Wörter gebraucht werden können. Sie waren vorhanden, und die neuen Bedeutungen – wenn es sie tatsächlich gibt – wären in sie eingegangen. Statt interview hätten wir „Gespräch“ oder „Befragung“, „Ratespiel“ für quiz oder „Gesprächsrunde“ für talk show. Ein „Motorradfreak“ wäre ein „Motorradnarr“. Diese deutschen Ausdrücke empfinden wir als fremd, weil die englischen uns vertraut geworden sind.
Die englischen Wörter stehen jeweils für nicht genutzte Möglichkeiten der deutschen Sprache. Für einen anderen Umgang mit der eigenen Sprache geben die Engländer und überhaupt alle Angelsachsen uns ein Beispiel. Sie kommen mit ihrem Englisch aus, um die Dinge dieser Welt zu benennen. Um sich zu verständigen, benutzen sie jahrhundertealte, ehrwürdige und bewährte Wörter wie shirt, news, girl, kid, lover, chat, talk, fun, show, snack, pool, top, service, event usw. T-shirt hört sich für einen Engländer nicht anders an als „T-Hemd“ für uns. Der chat übers Internet zwischen einem Schotten und einem Neuseeländer mag etwas anderes sein als der Schwatz in einer englischen Kneipe im 18. Jahrhundert. Trotzdem wird das alte Wort für geeignet befunden, um eine neue Sache von heute zu bezeichnen.
Hinter solcher sprachlichen Selbstgenügsamkeit und Selbstversorgung steht viel Liebe zur Muttersprache.
siehe auch IL., XII., XVI., XX
XII. „Englische Wörter im Deutschen machen die deutsche Sprache modern.“
Widerrede:
„Modern“ bedeutet das Gegenteil von „traditionell, überkommen, altbacken“. Gesprochene Sprache ist überkommene, tradierte Konvention. Vereinbarte Wörter bezeichnen Gegenstände oder Gedanken und werden nach sprachspezifisch tradierten Regeln zu Aussagen gefügt. Wer in seiner Sprache besser als nur flüchtig verstanden werden will, muss sich an deren Regeln halten. Schon deshalb kann sie nicht einfach nur dem neuesten Schrei gehorchen.
Die flüchtige Ausdruckskraft des Denglischen zehrt von der Missachtung und Verletzung tradierter sprachlicher Regeln und Bezeichnungen. Es ist eine (Anti-)Konvention zur Bezeichnung alles dessen, was uns per „neuestem Schrei“ überraschen soll, damit wir es als weltoffen, zeitgemäß, interessant – kurz: als modern und erwerbenswert fraglos anerkennen.
Sprachschwache Werber, aufgeblasene Großsprecher, gedankenlose Schnellschreiber, „trendgestylte Szenehaie“ und denkfaule Bürokraten beschwatzen uns auf Denglisch, wenn sie uns nicht davon überzeugen können, warum wir eine neue Ware, einen Trend, einen neuen Gedanken oder die neueste Verwaltungsmaßnahme ohne Murren als „unkonventionell“ anerkennen oder hinnehmen sollen. Kaum etwas hinter ihrem falschen Englisch im Deutschen ist neu. Meist ist es nur zeitgeistig auf modern geschminkt. Dies lässt dieselben Dinge, auf Deutsch bezeichnet, zwangsläufig als altbacken erscheinen.
Der Zeitpunkt, zu dem alle anderen Sprachen zu Gunsten des Englischen endgültig außer Mode sind, wäre auch das Ende der Modernität des Englischen. Denn gegen welche Sprache könnte es sich denn dann noch als modern abheben? Es hat seine Modernität von denjenigen Sprachen, die ihm zuliebe sozusagen (ver)modern müssen, doch nur geliehen! Es gibt keinen sprachlichen Grund, dem Englischen von vornherein mehr Modernität und Unkonventionalität zuzutrauen als anderen modernen Sprachen.
siehe auch XI., XVII.
XIII. „Die Jugend liebt Englisch – also spricht auch nichts gegen Denglisch!“
Widerrede:
Dieses Vorurteil stellt die englische Sprache auf die gleiche Stufe wie den Sprachmischmasch Denglisch. Dies soll das Übermaß angloamerikanischer Brocken im heutigen Deutsch erklären – und verklären. Ihm zufolge halten sie unsere Sprache genau so jung, wie das Angloamerikanische ewig bleiben soll.
Anglomane Sprach- und Tonangeber beschwören in diesem Zusammenhang gerne Bilder von Leben, Jugend und Entwicklung. Das haben diese Berufsjugendlichen auch nötig, denn ohne ihre vorlauten Eingriffe in den alltäglichen Sprachgebrauch sähen sie mit ihrem Denglisch bald alt aus.
Deshalb lesen sie der Jugend jedes englische Wort von den Lippen ab. Sie erkünsteln sogar – eigens für sie – scheinenglische Wörter. Und sie jubeln sie ihr gar als die neuesten Trendwörter unter, ohne deren Kenntnis man nicht in sei. Dass die Jugendlichen viele deutsche Wörter erfinden oder für sich umdeuten wird einfach totgeschwiegen.
Junge Leute, sagt der Verein Deutsche Sprache, werden immer sprachlich experimentieren – sei es zur Abgrenzung von den Erwachsenen, sei es, um vor ihnen die Zukunft zu besitzen. Ein selbstgenügsames Sprachumfeld könnte davon mitunter profitieren.
Das denglische Sprachumfeld unserer anglomanen Sprach- und Tonangeber ist nicht selbstgenügsam. Berufsjugendliche (Groß-)Sprecher verwechseln in ihm Panschen mit Experimentieren, und hoffen, dabei jugendlicher zu erscheinen als die Jugend selbst.
siehe auch III., XXVIII.
XVI. „Denglisch ist ein Zeichen für die besondere Weltoffenheit der Deutschen.“
Widerrede:
Wer nur vom anderen etwas erwartet, selbst jedoch nichts bietet, ist langweilig und kann kein Interesse für sich wecken. Solcher „Austausch“ wird zur Einbahnstraße zu Gunsten dessen, der nichts zu bieten hat. Ohne Liebe, Wertschätzung und Weitergabe der jeweils eigenen Kultur und Sprache kann kein Austausch entstehen.
Wer so tut, die simple Vermischung von ein paar tausend halbwegs verständlicher englischer Wörter mit anderen Sprachen mache aus der Einbahnstraße ein Geben und Nehmen verrät, dass er seine eigene Sprache weder liebt noch schätzt, die des Partners lediglich für sich ausbeuten möchte und eigentlich nicht damit rechnet, von seinem Gegenüber angenommen zu werden.
Das Denglisch der Deutschen ist daher kein Zeichen für Weltoffenheit, sondern für sich weltoffen gebende Provinzialität. Sie beruht auf mangelnder Wertschätzung und geringer Offenheit der eigenen Kultur gegenüber – und gleichermaßen blinder Ausbeutung der englischen Sprache zur Produktion von Denglisch.
Die provinzielle Weltoffenheit dieses „deutschen Englisch“ nährt sogar den Verdacht, diese Deutschen wollten sich im Schlepptau alles Angloamerikanischen heute wenigstens als Sprachweltmacht zweiter Klasse Einfluss sichern oder Eindruck machen.
Auf diese falsche Weltoffenheit sollten die Deutschen besser verzichten.
siehe auch XI., XXX., XLIII.
XVII. „Die Werbung und ihre Anglizismen verändern kaum unsere Sprache – normale Menschen sprechen nicht so.“
Widerrede:
Werbung weckt Wünsche weniger durch sprachliche Information als durch Manipulation des Unterbewusstseins durch Wunschbilder. Die Vorspiegelung von Information durch Manipulation gelingt mit Hilfe vorgefertigter Sprachsignale, die die gewünschten Bilder in uns freigeben.
Auch das Werber-Denglisch besteht aus solchen Sprachsignalen. Sie erzeugen oberflächliche Wunschbilder von Modernität, „multi-kulti“ und Omnipotenz1 in (und von) uns. Zum sprachlichen Informationsaustausch sind diese Wörter und Ausdrücke nicht gedacht. Deshalb meldet unser Muttersprachgefühl Widerspruch gegen sie an.
Diesen Widerspruch wollen uns die werbenden Signalgeber und werbewissenschaftlichen Helfer ausreden. Sie verheddern sich dabei in widersprüchlichen Aussagen: Zuerst versichern sie uns, ihr Denglisch sei nur kurzlebig, also sprachlich folgenlos. Wenn wir dem widersprechen, behaupten sie das schiere Gegenteil, nämlich dass nur durch ihr falsches Englisch im Deutschen unsere Muttersprache zukunftstüchtig werde.
Natürlich kennen auch wir die englische Bedeutung von Stummel- und Stammelwörtern der Sorte fun, light, power, kids, event, shop, wellness und Tausenden mehr. Doch darauf kommt es im Werber-Denglisch nicht an. Es soll nicht unseren englischen Wortschatz bereichern, sondern unsere Wünsche und Lebensentwürfe auf (oder in) Warenform bringen. Zum Beispiel erhält ein Schaufensterbummel namens shopping erst durch den Kaufakt seine genießerische Dimension. Die Dimensionen „Beschaulichkeit“, „Träumen“ und „wunschlos glücklich“ haben in shopping keinen Platz.
Ähnliches gilt für den Ersatz von „Glück“ oder „Spaß“ durch fun, von „Wohlgefühl“ durch wellness, und von „Ereignis“, „Spektakel“, „Veranstaltung“ oder „Abenteuer“ durch event.
Jeder Tag, an dem wir solchen Sprachmanipulationen verfallen, bringt uns dem Verfall unserer Muttersprache und der Cocacolisierung unseres Blicks auf die Wirklichkeit näher.
1 Omnipotenz = Großmannssucht
siehe auch XII., XIV., XXII.
XVIII. „Anglizismen sind keine bösen Bazillen.“
Widerrede:
Rudolf Hoberg, Vorsitzender der Gesellschaft für Deutsche Sprache in Wiesbaden, hatte Recht, als er dies sagte. Es gibt keinen Grund, Anglizismen zu meiden wie böse Bazillen.
Der Vergleich von Anglizismen mit Bazillen ( = Bakterien) beruft sich auf die Medizin. Sie dient oft als Reservoir für Bilder von Krankheit und Tod. In diesem Fall ist es das abschreckende Bild von der Übertragung und Ausbreitung bösartiger Seuchen durch Ansteckung mit Bakterien.
Im vorliegenden Fall wurde es benutzt, um im Kontrast dazu die Ausbreitung von Anglizismen in der deutschen Sprache als vergleichsweise harmlos darstellen zu können.
Bei näherer Betrachtung schlägt der Vergleich von Anglizismen mit bösen Bazillen allerdings auf seinen Erfinder zurück. Anglizismen dringen zwar nicht auf dem Wege der Ansteckung – sozusagen natürlich – in die deutsche Sprache ein, werden aber von Sprachmachern und Interessengruppen leichtsinnig hereingeholt. Dies gelingt ihnen im Zeichen der Mode „Anglomanie“. Unter dem Ansteckungsdruck dieser Mode werden Denglisch und BSE (Bad Simple/Silly English) tatsächlich so aufgenommen und weitergegeben als entstünden sie durch Bazillen, obwohl Anglizismen natürlich nicht böse sein können. Ohne ihre modische Weitergabe stürben die meisten von ihnen sogar ebenso rasch ab wie Bakterien oder Eintagsfliegen.
So betrachtet wäre der Vergleich der Anglomanie mit „Ansteckung durch böse Bazillen“ dann doch gerechtfertigt.
siehe auch III., XXXIV.
XIX. „Am meisten Loyalität zur deutschen Sprache beweist man dadurch, dass man ihr die Stärke zutraut, auch mit der heutigen Anglizismenschwemme fertig zu werden.“
Widerrede:
Loyalität äußert sich weniger in abwartendem Vertrauen als in aktivem Eintreten für eine Person, deren Erfolg einem wichtig ist. Dies gilt erst recht im Hinblick auf Gedanken und Ideen, also auch für Kritik und positive Wünsche zur Zukunft unserer Sprache. Sie können sich nicht selbst Gehör verschaffen. Sie werden sich deshalb ohne unsere aktive Loyalität nicht gegen jene behaupten, die Sinn und Legitimität unserer Sprachloyalität in Zweifel ziehen.
Nur Opportunisten und Trittbrettfahrer warten, bis sich eine umstrittene Idee dank der Unterstützung anderer durchzusetzen beginnt. Im letzten Moment springen sie dann vollends auf um zu behaupten, von Anfang an richtig gefahren zu sein. Scheinbares Zutrauen in die Möglichkeiten unserer Sprache, mit der Anglizismenschwemme fertig zu werden, ist nichts als ein Zurückweichen vor denen, die sie heute durch Anglizismen fertig zu machen drohen.
Sprachloyalität erschöpft sich deshalb nicht im Vertrauen auf ein (hoffentlich gutes) Sprachschicksal, sondern äußert sich in aktivem „Mut zur Muttersprache“.
siehe auch XXXVI., XXXVII.
XX. „Ich weiß überhaupt nicht, warum sich der VDS über gerade mal höchstens 5.000 Mode-Anglizismen aufregt. Schließlich besteht der deutsche Wortschatz aus über 500.000 Wörtern.“
Widerrede:
Inhalt und Bedeutung einer sprachlichen Aussage sind eine Funktion des räumlichen, zeitlichen, psychologischen, wissenschaftlichen usw. Zusammenhangs, innerhalb dessen sie fiel. Deshalb ist ihr Realitätsgehalt nicht nur in den Wörtern selbst, sondern auch zwischen den Sätzen oder Zeilen zu finden. Der sinnfälligste Beleg hierfür sind Wörter, die in der einen Situation dies, in der anderen das bedeuten.
Wörter werden erst durch Regeln und grammatische Funktions- oder Füllwörter und die nichtsprachlichen Begleitumstände zur Sprache gebracht und geordnet.
Kaum einer der Mode-Anglizismen ist grammatischer Sklave, fast alle sind inhaltliche Beherrscher ihrer sprachlichen Umgebung. Wer über solche Anglizismen (bis hin zum privatrechtlichem Schutz) verfügt, erhebt mit ihnen auch Anspruch auf gesellschaftlich wichtige Aussagefelder oder sucht diese (und sich selbst) wenigstens durch sprachliche Wichtigtuerei aufzuwerten.
Entscheidend für Wertigkeit und Ausmaß des Einflusses von Anglizismen auf unsere Sprache ist deshalb nicht deren absolute Anzahl, sondern ihre inhaltliche und kontextabhängige Wertigkeit sowie die Häufigkeit ihrer aktiven Benutzung. Die größten und zugleich wichtigsten Aussagefelder für Denglisch sind die Teilsprachen der Mode, des Handels, der Werbung, der Kommunikationstechnik oder bestimmter Kulturbereiche. Unablässig werden dort relativ wenige, aber inhaltlich hochwertige Anglizismen wiederholt. Selbst wenn dies nur 5.000 oder Bruchteile davon wären, dringen sie doch täglich 10.000- bis 100.000-fach in unser kollektives Sprachgedächtnis.
siehe auch XII., XL.
XXI. „Die meisten Anglizismen sind sprachliche Eintagsfliegen. Sie sind zwar lästig und unschön, verschwinden aber genau so schnell, wie sie auftauchen.“
Widerrede:
Wer ein englisches Wort dem Angloamerikanischen einfach nur nachplappert und es auch noch falsch gebraucht, tut dies entweder aus persönlicher Wichtigtuerei oder sprachlicher Gedankenlosigkeit. Durch sein lästiges Sprachgetue hofft er entweder modern zu erscheinen oder vielleicht Sprachgeschichte setzen.
Doch die Hoffnung, solch lästiges Sprachgetue werde schon folgenlos bleiben, ist haltlos, solange das Publikum jede Gedankenlosigkeiten gläubig aufnimmt.
Auch lästige Eintagsfliegen, um dieses Bild aufzugreifen, verschwinden keineswegs folgenblos. Sie produzieren Larven, aus denen tausende neuer Fliegen entstehen. Genau bedrängen uns auch englische Ausdrücken, die auf allen möglichen sprachlichen Nährböden ständig nachwachsen oder gar kultiviert werden. Werden gedankenlose Vermehrung und Verbreitung von Anglizismen nicht behindert, dann könnten diese wörtlichen Eintagsfliegen bald das europäische Sprachhaus beherrschen.
siehe auch XXII
XXII. „Die vielen Anglizismen in der Alltagssprache sind längst nicht so schlimm wie der zunehmende Gebrauch von Englisch in Wissenschaft und Wirtschaft.“
Widerrede:
Viele Sprachwissenschaftler beklagen zu Recht, das Deutsche verschwinde rasant aus Wissenschaft und Wirtschaft. Sie sagen: Eine Sprache, die „sich nicht weiterbildet, verarmt“. Sie verschweigen aber, dass nur die Sprecher sie (und sich) weiterbilden können, also wir alle.
Die Sprecher – das sind wir alle. Unser öffentliches, upgebraintes Deutsch strotzt vor Mode-Anglizismen. Deshalb setzen die Zukunftsgestalter und -verwalter unserer Gesellschaft, insbesondere aus Wissenschaft und Wirtschaft, lieber gleich auf richtiges Englisch.
Die wechselseitige Abstoßung zwischen der Alltags- und den Fachsprachen droht unserer Alltagssprache jetzt die Wissenschafts-, ja Zukunftstauglichkeit zu nehmen, obwohl sie der ganzen Gesellschaft gehört. Die Wissenschaftler dürfen nicht den Kontakt zu ihr verlieren. Fachsprachen ohne Verankerung in einer gesprochenen Muttersprache und Muttersprachen ohne Zugang zu einer Fachsprache sind als Instrument schöpferischen, bildhaften und erklärenden Denkens nicht brauchbar.
Es geht demnach nicht nur um das Wissenschaftsdeutsch, sondern um die Zukunft unseres Landes. Deshalb ist der Dämmerschlaf so vieler Sprachwissenschaftler angesichts der anglomanen Überformung unseres Alltagsdeutscheher erschreckend. Sie sind wie Gentechniker, die sich nicht um den Naturschutz kümmern. Ihr Schlafmittel ist die wahrhaft beruhigende Erkenntnis, wir sprächen doch schon immer eine Mischsprache. Tatsächlich droht unserer Muttersprache ein Schicksal als Feierabend-Mischmaschsprache. Sie hätte dann zu keiner Fachsprache mehr Zugang.
siehe auch VI., XVII., XX., XXI.
XXIII. „Bürokratendeutsch ist schlimmer als Denglisch!“
Widerrede:
Wer hätte sich nicht schon geärgert über bandwurmförmige Satzgebilde und zungenbrecherische Endloswörter in der deutschen Verwaltungssprache! Wir verstehen immer nur „Bahnhof“, obwohl nichts bei uns ankommt.
Wird jetzt alles genauer und bürgerfreundlicher durch outsourcing, Community Policing, Key Account Management, Public Private Partnership, Coaching, Empowerment, Job Floater, Facility Manager?
Solche Ausdrücke werden im Englischen getrennt geschrieben und sind deshalb leichter zu lesen als deutsche. Sie sind deshalb auch verständlicher als Komposita1 wie „Beschäftigungssicherung“, „Wohnumfeldverbesserung“ oder „Fehlbelegungsabgabe“? Tatsache ist: Die grammatischen Beziehungen zwischen ihren den einzelnen Bestandteilen machen solche „Endloswörter“ eindeutig. Eine „Belegungsfehlabgabe“ ist eben etwas anderes als eine „Fehlbelegungsabgabe“, die „Beschäftigungssicherung“ etwas anderes als eine „Sicherungsbeschäftigung“ und ein „Wohnverbesserungsumfeld“ etwas ganz anderes als eine „Wohnumfeldverbesserung“.
Die deutschsprachigen Ausdrücke erklären sich uns selbst. Dagegen ist die Bedeutung lose zusammengesetzter englischer Ausdrücke meist erst dem Gesamtzusammenhang zu entnehmen. Beispielsweise meint Community policing „bürgernahe Sicherheit“, Key account management ist die „Großkunden-Betreuung“, Public private partnership steht für „staatlich-private Partnerschaft“ und power pricing bedeutet „erfolgsgekoppelter Tiefpreis“. Container coach ist als „Ökolotse“, Venture capital als „Wagniskapital“ und inhouse-Schulung als „hauseigene“ Schulung selbsterklärend übersetzbar.
Die deutschen Ausdrücke fügen sich zudem mühelos in vollständige (und hoffentlich nicht bandwurmförmige!) Sätze ein. Was aber sagt uns eine Verwaltung, die vor allem durch ihr Denglisch von sich reden macht? Verdient und verbessert sie unser Verständnis schon dadurch, dass sie uns mit englischen Ausdrücken zu beeindrucken sucht, anstatt sich um Verständlichkeit zu bemühen? So plump neumodisch hatten wir uns die neue Bürgernähe des Staates nicht vorgestellt!
siehe auch X., LII.
1 zusammengesetzte Wörter
XXIV. „Die neue Rechtschreibung ist schlimmer als die vielen Anglizismen.“
Widerrede:
Aussprache und Schreibung der meisten englischen Wörter lassen sich unserer Sprache nur ungenau anpassen. Ihr Lautsystem und ihr Schriftbild werden desto regelloser und unklarer, je mehr englische Wörter sie aufnimmt.
Wo sind die Regeln für das richtige, Betonen, Sprechen und Schreiben von Wörtern und Ausdrücken wie tough, coach, feature, women, Sneak preview, life/live? Wie sollen budget, Passagen-manager oder entrepreneurship ausgesprochen werden?
Und erst unser so variantenreich deutschelndes Englisch: Mode collektion, activ/active/aktiv/aktive, auschecken, tickethotline, Cards jede Menge, …welche Schreibung und/oder Aussprache ist falscher und welche ein bisschen weniger falsch – oder sogar halbrichtig? Heißt es nun „resaikelt“, „rezützelt“, „risaiselt“ usw., nachdem wir zwar unseren Müll gehörig getrennt haben, mit ungehörigem Sprachmüll aber nicht fertig werden?
Völlig regellos ist die dem Englischen falsch nachgeäffte „Trophie der Apo’s“1 in unserer Schriftsprache und unser neues (Un)Verhältnis zum „Binde Strich“. Selbst in so phantastischen, aber belegten Einfällen wie Pension’s-Zimmer oder Bärchen’s-Eck (ver)mag er2 als Ausdruck schlechten Sprachgewissens nicht mehr zusammen zu zwingen was zwar zusammengehört, ein äffischer Apostrophierer aber falsch getrennt hat.
Schon für anglophone Muttersprachler ist das englische Laut-/Schreibsystem nur schwer durchschaubar. Nicht zufällig leiden gerade sie häufiger als andere unter Lese-/Rechtschreibschwäche. Auf nicht Anglophone wirkt die englische Sprache erst recht wie eine Aneinanderreihung mühsam einzupaukender Ausnahmen.
Unsere Muttersprache dagegen wird uns ganz ohne Paukerei zu eigen. Die vielen Anglizismen bringen deren Laut- und Schriftbild viel nachhaltiger ins Wanken als ein paar missglückte Rechtschreibregeln3.
siehe auch II., LII.
1 Trophie (gr.) = Überwachstum; Apo’s = „Apostrophen“ (ironisch abgekürzt)
2 …auch als „Apostrophen-Kampfbinde’s-Trich“ zu apostrophieren sein
3 ausgenommen die nach Meinung des Herausgebers großenteils missglückte Reform der Zusammen- bzw. Getrenntschreibung zusammengesetzter (zusammen gesetzter?) Wörter bzw. Ausdrücke
XXV. „Ich bin wie der VDS für sprachlich-kulturelle Vielfalt. Das sog. Denglisch-Problem hat mit deren weltweiter Bedrohung aber nichts zu tun.“
Widerrede:
Es mag ja stimmen, dass keine der zur Zeit bedrohten oder jüngst erloschenen Sprachen nur mit englischen Brocken erstickt wurde. Anzahl und Häufigkeit von Anglizismen in einer Sprache informieren aber darüber, wie stark die USA-dominierte Globalisierung die heutigen Sprachen einander anzugleichen und kommenden Generationen als unser genokulturelles1 Erbe zu nehmen droht.
Eine Sprache, die im Moment noch weitergabefähig oder vererbbar erscheint, ist prinzipiell verloren, sobald die Gesamtheit ihrer Sprecher mit ihrer Sprache den Eindruck weitergibt, es sei nicht möglich, sie aus eigener Kraft zukunftstüchtig zu halten oder zu machen. Diese Chance scheint für solche Sprachen bereits vertan, die alles Neue fast nur noch angloamerikanisch benennen.
Es ist deshalb höchste Zeit, das „sogenannte“ Denglisch-Problem bei seinem richtigen Namen zu nennen: Er lautet „Wissens- und Kulturvernichtung durch Erzeugung von Sprachmischmasch“. Der Mischmasch ist das kulturlose Nebenprodukt der kulturindifferenten Globalisierung des Austauschs von Waren und Dienstleistungen.
Die sprachlich-kulturelle Vielfalt beruht auf der täglich erneuerten Loyalität der Sprecher zu ihren Sprachen, Denglisch dagegen auf sprachlicher Gleichgültigkeit und Lieblosigkeit. Allein die kulturell motivierte und entsprechend tolerante Internationalisierung des Globus könnte ein Gegengewicht hierzu bilden. Dafür setzen sich Sprachschützer in Europa und weltweit ein. Dem gleichmacherischen Druck oder Gewicht des Angloamerikanischen kann sich kaum eine Sprache mehr nur „durch Zuwarten“ entziehen.
siehe auch I., XIV., XLV.
1 Aus Sicht der Kulturwissenschaft kann die Sprache einer Kultur als genokultureller Code (1 Wortstamm = 1 Gen) bezeichnet werden, der ihr gesamtes Wissen in grammatisch, lexikalisch und insofern kulturtypisch verschlüsselter Form enthält.
XXVI. „Die deutsche Sprache zerfällt an allen Ecken und Enden. Warum gerade die Anglizismen an allem schuld sein sollen, will mir nicht einleuchten.“
Widerrede:
Der Eindruck, unsere Sprache, ja unser neuhochdeutsches literarisches Erbe insgesamt würden in unseren Bildungseinrichtungen zur Zeit eher zerpflückt und verschleudert statt gepflegt, drängt sich zwar vielen Menschen auf, wäre aber gegebenenfalls nur schwierig zu beweisen. Eine Reihe von Beobachtungen spricht aber dafür, dass die Gleichgültigkeit vorherrscht:
- Grammatische Verflachung (Niedergang starker Konjugationen, chaotischer Gebrauch und Nichtgebrauch von Bindestrich und Apostroph, Vernachlässigung des Ausdruckmittels ‚Wortstellung’ in abhängigen Sätzen, Überhandnehmen versteckter und nicht versteckter Anglizismen, usw.);
- Beklagenswerte stilistische Qualität deutsch- oder englischsprachiger Fachtexte muttersprachlich deutscher Autoren;
- Immer mehr öffentliche Gleichgültigkeit gegenüber der richtigen (neuen oder alten, jedenfalls „gespaltenen“) Rechtschreibung;
- Die in vielen Bundesländern gegebene Möglichkeit, das Abitur ohne Kenntnis eines deutschen Literaturkanons und sogar ohne Prüfung in einem Hauptfach Deutsch abzulegen;
- Die Forderung (und Förderung) von Frühenglisch und Immersionsunterricht für muttersprachlich deutsche und nichtdeutsche Schüler und Vorschüler zu Lasten von Deutsch1, obwohl deren deutsches Sprachvermögen hierfür immer häufiger längst nicht angemessen entwickelt ist.
Kaum eine dieser tatsächlichen oder vermeintlichen Erscheinungen des sprachlichen Niedergangs wäre als einzelne aufzuhalten. Jede für sich ist eher unauffällig oder den meisten Menschen zu wenig bewusst, um von ihnen als Ausgangspunkt eines überzeugenden sprach- oder gar bildungspolitischen Entwurfs akzeptiert zu werden.
Anglizismen dagegen sind nicht nur in aller Munde, sondern auch ohne weiteres in Texten aller Art erkennbar. Das allgemeine Unbehagen an ihnen – dies belegen zahllose Umfragen – ist erheblich.
Deshalb lässt sich an der heutigen Anglizismenschwemme besser als an den anderen Beobachtungen klar machen, dass mit unserem Verhältnis zu unserer Sprache grundsätzlich etwas nicht stimmt. Das Anglizismen-Problem ist deshalb ein guter Hebel, um nicht nur für mehr Sprachloyalität, sondern auch für ein dementsprechend verändertes Bildungs- und Erziehungsangebot an unseren Schulen zu werben.
1 und Mathematik
XXVII. „Auf Deutsch kann man genau so gut lügen und aufgeblasen daherreden wie auf Denglisch!“
Widerrede:
Das ist wohl wahr. Jede Sprache (oder Sprechweise) hat auch die Funktion, wichtiges zu verstecken, unwichtiges aufzublasen oder falsches zu behaupten. Auch das ist Kommunikation! Man teilt mit, dass man nichts zu sagen hat oder sagen möchte, ist jedoch zu ängstlich oder zu feige, dies offen einzugestehen. Man führt die Zuhörer trotz besseren Wissens lieber an der Nase herum.
Wer auf Denglisch lügt oder faselt, braucht hierfür weniger Mut als diejenigen, die sprachlich „ehrlich“ oder aufrichtig faseln, d.h. ihr Imponier- oder Versteckspiel muttersprachlich fassen. Muttersprachlich gefasstes Imponiergehabe ist zwar kommunikativer und deshalb „überzeugender“ als in einer fremden Sprache. Zugleich ist es aber auch viel schwieriger, statt z.B. auf Denglisch in seiner Muttersprache zu imponieren. Man wird eben besser verstanden – zumal in Verbindung mit unbeabsichtigter Mimik oder verräterischen Gesten. Gute, d.h. kommunikative sprachliche Täuscherei (Lügen) verlangt deshalb einige muttersprachliche Meisterschaft, um gegen Entlarvung durch Zuhörer gleicher Muttersprache gewappnet zu sein. Auf Denglisch reichen zum Täuschen schon ein paar hingeworfene Brocken.
Letztlich ist es eine Frage der sprachlichen Fairness oder Höflichkeit, ob man seine Zuhörer mit denglischem oder deutschem Wortnebel einhüllt und zu täuschen sucht. Deutschsprachiger Wortnebel ist zwar nicht unbedingt wahrheitsnäher als denglischer, doch hat man als gleichsprachiger Zuhörer gerechtere Chancen, schnell aus ihm herauszufinden, ihn durch kritisches Nachfragen zu lichten oder in (heißer) Luft aufgehen zu lassen.
Denglischer Nebel dagegen lügt sprachlich meist so lächerlich daneben, dass Nachfragen doppelt peinlich wären und aus Höflichkeit unterbleiben.
siehe auch XXX.
XXVIII. „Durch Denglisch lernt man früher und besser Englisch.“
Widerrede:
„Denglisch“, das falsche Englisch im Deutschen, hat so wenig mit richtigem Englisch zu tun wie aufgeblasene Werbesprüche in Deutschland nach Art von leading to results (Deutsche Bank), life is our challenge (Aventis) oder thinking the future (Philipps) mit dem amerikanischen Pioniergeist.
Wörter aus dem Englischen verlieren in unserer Sprache ihre kontextuale1 und idiomatische2 Gebundenheit und Färbung. Des weiteren gehen ihre Beweglichkeit und ihre grammatischen Anker, ihr spielerisches und assoziatorisches, gedankenschöpfendes Potential verloren. Die Möglichkeit, mit ihnen neue Wortfelder zu bilden oder bisher unangesprochene Aussagebereiche zu besiedeln, zu strukturieren und entsprechend differenziert zu bezeichnen, kann in der deutschen Sprache kaum ausgespielt werden.
Wer die englische Sprache nur oberflächlich kennt, wird die deutsche Sprache desto ungehemmter mit englischen Brocken traktieren, je hemmungsloser er mangels tieferer Kenntnis der englischen Sprache Wörter aus ihr in die deutsche Sprache verpflanzen zu müssen glaubt.
Denglisch ist deshalb deutsches Englisch. Als solches verstört es sogar das englische Sprachgefühl und den Respekt vor gutem Englisch.
siehe auch III., XIII.
1 zusammenhangsbestimmte
2 wortstellungsbestimmte
XXIX. „Wer sprachliche Hinweise nicht versteht, weil sie Anglizismen enthalten, kann sich das nötige (D)Englisch selbst beibringen oder auf Zeichen, Abbildungen und Symbole ausweichen.“
Widerrede:
Diese Vorurteil drängt Menschen, die zu Hause ihre Landessprache pflegen möchten, in in die sprachliche Isolation. Mehrdimensionale Wahrnehmungen wie Bilder, Geräusche oder Gerüche lassen anderen Zeiten, Orten und Generationen in größtmöglicher Objektivität nur in Sprachform mitteilen. Ohne diese Möglichkeit der grammatisch (zeitlich) organisierten Kommunikation in Form spezifischer, genokultureller Codes wären wir heute noch brüllende und grunzende Höhlenmenschen. Umgekehrt ist die Beschreibung komplexer Bilder eine der besten Möglichkeiten, die Sprache schon früh zu schulen und auszubauen.
Die Möglichkeit, eine komplexe Wahrnehmung direkt zu speichern, sie zu einem bestimmten Zeitpunkt zu wiederholen oder wenigstens bildförmig (sprachlos) zu kommunizieren, ist keine Alternative zu ihrer Konservierung in Sprachform, denn schon ihre zeitliche Einbettung ist nicht rückholbar. Dasselbe gilt abgeschwächt auch für ihre räumliche Einbettung (Kontext). Der Inhalt nicht-sprachlicher Zeichen, Abbildungen und Symbole ist extrem kontextabhängig. Er besitzt für Nichteingeweihte wenig bis keinen Erkenntniswert. Davon ausgenommen ist die bildliche Mitteilung kreatürlich-menschlicher, sozusagen vorgesellschaftlicher Sachverhalte.
Dies gilt für alle Arten der Erkenntnis, Kommunikation und Archivierung. Wer deren Grammatiken beherrscht, verfügt nicht nur über alles künftige Wissen, sondern auch über die dazugehörigen gesellschaftlichen Machtmittel.
Als Sprache der kommenden Generationen gilt heute das Englische. Wer seinen Mitmenschen empfiehlt, auf Zeichen, Abbildungen und Symbole auszuweichen, wenn sie (d)englische Wörter und Ausdrücke nicht verstehen, verrät sich als machtanmaßender Besserwisser.
Die Nichtwisser seiner Definition sind xenophobe1 Sprachfremdler auf dem Sprachstatus grunzender Höhlenmenschen ohne Anspruch auf Teilhabe an der öffentlichen Kommunikation.
Deshalb streiten wir nicht nur für klare Produktinformationen in der Landessprache, sondern auch gegen die Aufspaltung des Gesellschaft in eine sprachlich elitäre Minderheit und eine durch sprachlose Bilder (in der Werbung, im Fernsehen, in Rechnerprogrammen, im Internetz) manipulierte Masse.
siehe auch V., XXXII., LIII
1 fremdenfeindliche
XXX. „Importierte Sachen und Ideen müssen ihre fremden Namen behalten.“
Widerrede:
Wenn wir mit jeder Sache oder jedem gedanklichen Konzept immer auch deren fremdsprachliche Bezeichnung importieren müssten, entstünde in unserem Land vor allem Sprachwirrwarr. Genau den richten heute die vielen Anglizismen an.
Zum Beispiel der Ausdruck Gender mainstreaming: Dieser Ausdruck bedeutet auf Deutsch „Geschlechtsrollen-Ausgleich“. Die dazugehörige Politik möchte Männer und Frauen gleichermaßen zum sozialen Rollenausgleich motivieren. Doch selbst führende Gleichstellungspolitiker in Deutschland übersetzen Gender mainstreaming gerne als „Frauengleichstellung“.
Ähnlichen Sprachwirrwarr produzieren Ausdrücke wie facility manager, customer care center, empowerment u.v.a.m..
So ist das sprachliche Durcheinander perfekt: keiner weiß, wovon die Rede sein soll, alle glauben, es zu wissen und niemand wagt nachzufragen, denn für ahnungslos möchte er oder sie nicht gehalten werden.
Ausgerechnet die angloamerikanische Sprachwelt zeigt, dass die Einbürgerung fremder Dinge und Ideen desto erfolgreicher verläuft, je freier wir (über) ihre Bezeichnungen nachdenken. Das Englische müsste sonst z. B. mit Hunderten deutscher Wörter aus den Denkgebäuden des Marxismus, der Psychoanalyse, der Atomphysik oder der Relativitätstheorie gespickt sein.
Ist es aber nicht! Selbst die Originalbenennung von Schlüsselbegriffen wie „Mehrwert“, „Überbau“ und „Raumkrümmung“ sucht man im Englischen vergebens. Die anglophone Welt hat deren Namen ohne Scheu neu erdacht oder bezeichnet.
Eine Sprachgemeinschaft, die auf die eigensprachliche Aneignung anderssprachig benannter Dinge und Ideen verzichtet, verzichtet auch auf ihren eigenen Blick und Zugriff auf die Wirklichkeit. Sie begibt sich in gedankliche Abhängigkeit von denen, die die Sprach- und Benennungsmacht besitzen. Nationale Sonderwege als gefährlicher Versuch, sich davon wieder zu befreien, werden dann unvermeidlich.
Demgegenüber wirkt die angloamerikanische Sprachwelt vital und weltoffen. Fremde Namen und Ideen werden entweder übersetzt, „nachgedacht“ oder sprachlich eingepasst – ganz ohne Besserwisserei, pedantische Wortkrämerei oder Selbstverleugnung. Warum nehmen wir uns eigentlich daran kein Beispiel?
siehe auch XVI., IXL., XXVII., XXXIII.
XXXI. „Die Tatsache, dass kaum jemand die bestehenden sprachpflegerischen Einrichtungen Deutschlands wahrnimmt, zeigt, dass sie nicht gebraucht werden und überflüssig sind.“
Widerrede:
Es stimmt leider: Die offiziellen sprachpflegerischen, sprachgestalterischen und sprachpolitischen Einrichtungen des Bundes und der Länder1 führten bisher, obwohl wissenschaftlich anerkannt, ein gesellschaftliches Mauerblümchendasein. Und dies, obwohl nichts in unserer gegenwärtigen sprachlichen Situation nötiger wäre als eine Einrichtung, die uns dabei unterstützt, der Anglizismenschwemme zu begegnen.
Besonders unsere heutige Welt hat einen unersättlichen Bedarf an neuen Wörtern. Seine Stillung, und damit die Ordnung und Deutung der Wirklichkeit, droht heute zum Monopol anglophonen Welt und insbesondere der USA zu verkommen. Die nicht anglophonen Sprachgruppen dürfen diesem Druck nicht nachgeben sondern ihm den eigenen sprachlichen Gestaltungswillen entgegensetzen.
In Deutschland müsste dies zur wichtigsten Aufgabe des im Jahr 2003 ins Leben gerufenen Deutschen Sprachrates2 werden. Er sollte die Weiterentwicklung unseres Wortschatzes nicht nur beobachten, sondern ihn auch gestalterisch bereichern. So könnte er die öffentliche Debatte über die Zukunft unserer Sprache beleben und die Anstöße, die der VDS hierzu seit Jahren gibt, sprachpolitisch verallgemeinern.
siehe auch LII
1 Institut für Deutsche Sprache (IDS), Akademie für Sprache und Dichtung (Darmstadt), Gesellschaft für deutsche Sprache e. V. ([GfdS])
2 Dies ist ein gemeinsames Projekt von IDS, GfdS und Goethe-Institut.
XXXII. „Wörter wie ‚Gesichtserker‘ zeigen, dass künstliche Eindeutschungen lächerlich sind und sich nicht halten.“
Widerrede:
Das Wort „Gesichtserker“ war zum Zeitpunkt seiner Erfindung (Mitte des 17. Jahrhunderts) genau so künstlich wie Hunderte anderer, seither künstlich geschaffener Wörter, die heute in aller Munde sind.
Die Bedingungen, unter denen das eine Kunstwort rasch verbreitetet wird, ein anderes dagegen lächerlich bleibt oder bestenfalls literarischen Wert gewinnt, sind und von der Sprachwissenschaft kaum erforscht. Sicher ist, dass hierüber nicht nur Kriterien der sprachlichen Qualität entscheiden. Viele dieser Qualitäten bekommt ein solches Wort ohnehin erst im Verlauf seiner erfolgreichen Nutzung.
Warum ist das Wort „Dörrleiche“ für „Mumie“ bestenfalls von literarischem Wert, das Wort „Dörrobst“ dagegen selbstverständlicher Teil unseres Wortschatzes? Unter welchen Voraussetzungen konnte sich das Kunstwort „Bahnsteig“ so erfolgreich durchsetzen, wogegen der „Flugsteig“ schon fast vollständig dem englischen gate weichen musste? Was ist die Ursache für die Erfolgsgeschichte des Wortes „Atomwaffensperrvertrag“1? Was veranlasst einen Journalisten, das Kunstwort „Hubschrauber“ dem längeren Fremdwort Helikopter zu opfern? Warum wirkte „Knallgaszertreibling“ als Ersatz für Verbrennungsmotor von Beginn an weder witzig noch funktional, während das jedem Kraftfahrzeug-Techniker sich selbsterklärende Fachwort „Speichereinspritzung“ jetzt im Deutschen durch das lächerlich verwaschene common rail verdrängt wird?
Fast immer auch wird die Lächerlichkeit von „Gesichtserker“, „Dörrleiche“ oder „Knallgaszertreibling“ genüsslich in Texten hochgehalten, die mit längst akzeptierten Kunstwörtern vergleichbarer Entstehung gespickt sind2.
Lächerlich ist aber nicht der Wunsch nach der eigensprachlichen Präzisierung unverständlicher Fremdwörter, sondern die sprachgeschichtlich ignorante Behauptung unserer Kritiker, solche bewusst gestalterischen Eingriffe in unseren Wortschatz seien von vornherein immer schon lächerlich.
Warum demgegenüber seine bewusste Umgestaltung durch Anglizismen nicht lächerlich sein soll, können oder wollen uns diese Ignoranten nicht verraten.
siehe auch IX., XXIX., XLI., XLVIII.
1 non proliferation treaty (Englisch)
2 Wenige Beispiele: Jahrhundert, Zeitschrift (um 1750), Vielfalt (1793), befähigen (1807), abrüsten (1866).
XXXIII. „Im Deutschen tummeln sich nicht mehr Mode-Anglizismen als in anderen Sprachen.“;
Widerrede:
Dieser Behauptung widerspricht eigentlich schon der bloße Augenschein. In keinem anderen großen Sprachraum Europas finden Highlights und Events nur noch live, natürlich immer richtig „groß geschrieben“, statt. Und wo wird, wenn nicht bei uns, immer nur cool gepowert, gestylt, designt und recycelt, werden open mikes ausgerechnet für deutschsprachige slam poets bereitgestellt?
In keinem Land Europas bekommt man, von Tchibo bis zu renommiertesten Forschungseinrichtungen, noch mehr newsletter unter die Nase gehalten?
Selbst modernste, funktionstüchtige deutsche Ausdrücke müssen englischen weichen. Die Unzahl von Anglizismen in fast allen Bereichen unserer Sprache ist nur noch mit Hilfe aufwendig gestylter Trend-Glossare zu verstehen. Auch bei fachsprachlichen Übernahmen aus dem Englischen ist Deutsch traurige Spitze in Europa. Obwohl kaum ein Laie und längst nicht jeder Umweltwissenschaftler weiß, was natural attenuation bedeutet, kommt kaum einer auf die Idee, hierfür in deutschen Texten „naturgestützter Abbau“ (von Schadstoffen) zu sagen, obwohl dies eine selbsterklärende Übertragung ist, die sogar dieselbe Abkürzung NA besitzt.
Wer behauptet, im heutigen Deutsch tummelten sich nicht mehr Mode-Anglizismen als in anderen europäischen Sprachen, ist entweder ein Schönfärber, oder er behauptet dies aus Unwissenheit, Gleichgültigkeit oder Defaitismus1. Mit der sprachlichen Wirklichkeit in unserem Land hat diese Behauptung nichts zu tun.
siehe auch LII., XXX.
1 aus Defaitismus = zwecks Verbreitung von Mutlosigkeit
XXXIV. „Die Argumente der Sprachschützer sind nicht wissenschaftlich.“
Widerrede:
Das kommt auf Art und Ziel der Argumentation an! Längst nicht jede Argumentationslinie muss wissenschaftlich sein, um zu stimmen. Der Verein Deutsche Sprache verfolgt ein kulturpolitisches Ziel. Das Recht zum Nachdenken über den Zustand unserer Sprache gebührt nicht allein den Sprachwissenschaftlern – genau so, wie nicht nur die Ärzte über die Volksgesundheit nachdenken sollten oder das Schicksal von Wasser, Boden und Luft nicht eine ausschließliche Angelegenheit unter Biologen, Chemikern und Geologen ist.
Viele Sprachwissenschaftler sprechen über das Schicksal unserer Landessprache, als besäßen sie hierfür ein Monopol. Aus Ärger und Frust darüber, dass Amateure des Vereins Deutsche Sprache hierzu in den Medien jetzt den Ton angeben, wird von ihnen die wissenschaftliche Linie aber auch gern verlassen. Ihr wissenschaftliches Interesse am Sprachinteresse der Öffentlichkeit ist gering.
So entstehen ganz schnell wissenschaftlich vorschnelle Vergleiche – etwa: „Heute ist das wie unter Friedrich dem Großen mit den französischen Wörtern.“ Oder es werden spekulative Behauptungen aufgestellt wie „Es schadet unserer Sprache nichts, wenn sie so viele englische Wörter wie zur Zeit aufnimmt.“ Geflissentlich wird übersehen, dass in vielen modernen Kommunikationsbereichen die Entwicklung unseres deutschsprachigen Wortschatzes bereits zum Erliegen gekommen ist.
Um die verwickelten Zusammenhänge zwischen Sprache und gesellschaftlichem Zusammenleben oder zwischen Kultur und individueller Identität zu erhellen, bedarf es nicht nur der Linguistik, sondern auch der Soziologie, der Politologie, der Psychologie, der Wirtschaftswissenschaft, der Wissenschaftstheorie und der Kulturwissenschaften. Mit deren Hilfe könnten wir erkennen, wie und warum sich unsere Landes- und Muttersprache so rasant amerikanisieren lässt und warum die meisten Menschen dies bisher fast widerspruchslos hingenommen haben.
Sprachwissenschaftler können und sollten dazu aber spezifische Beiträge leisten – etwa Untersuchungen zu Voraussetzungen der Stabilität und Bedingungen der Veränderungen grammatischer Regeln, zu Ursache und Geschwindigkeit von Bedeutungsverschiebungen oder zum Ausmaß des Verschwindens oder Verdrängung von Wörtern.
Derzeit ist der Umfang ihrer Beiträge umgekehrt proportional zur Selbstüberhebung, mit der die Mehrheit ihrer Vertreter auf die kultur- und sprachpolitischen Bemühungen und Erfolge des Vereins Deutsche Sprache herabsieht.
siehe auch XVIII., XLVI., XLVII.
XXXV. „Der VDS will eine reine deutsche Sprache.“
Widerrede:
Diese Unterstellung soll uns als pedantische Saubermänner schlechtmachen. Die Vorstellung von einer reinen Sprache geht auf den Ausdruck sermo purus zurück. Damit bezeichneten die Römer ein von griechischen Entlehnungen freies Latein. Im 17. Jahrhundert wurde von den Sprachgesellschaften in Deutschland gefordert, man solle sich der besten Aussprache im Reden und der reinlichsten und deutlichsten Art im Schreiben befleißigen.
Wir halten es mit den Franzosen, die dem Grundsatz folgen: Ni laxisme, ni purisme – Weder Laxheit, noch Purismus. Wir wollen kein „reines“ Deutsch. Wir wollen jedoch die Flut überflüssiger englischer Wörter zurückdrängen.
Einige englische Ausdrücke wie Laser, Jeans, Computer, dopen, surfen, Team, Stress, Internet tolerieren wir, wenn sie international sind und sich in das Laut- und Formensystem der deutschen Sprache einordnen lassen. Die Zahl dieser englischen oder amerikanischen Anleihen sollte aber möglichst niedrig gehalten werden.
siehe auch LI
XXXVI. „Sprache lebt.“
Widerrede:
Dieses abgedroschene Klischee wird von arglosen Zeitgenossen benutzt, um die der deutschen Sprache aufgepfropften anglo-amerikanischen Brocken als Zeichen von Leben und natürlicher Entwicklung hinzustellen. Gleichzeitig lehnen sie Sprachpflege als lenkende Eingriffe in den Sprachgebrauch ab.
Ein kluger Philologe hat erklärt, es sei höchste Zeit, die Auffassung von der Sprache als eines natürlichen – d.h. lebendigen – Organismus so schnell wie möglich in die linguistische Mottenkiste zu tun. Besser noch in die Abfalltonne und dann auf die Schuttkippe, damit sie dort der wünschenswerten Verrottung anheimfalle. Ein anderer, über die Grenzen Deutschlands berühmter Linguist sagte, dass Sprachen nicht wachsen wie Bäume. Schon der alte Grieche Platon bemerkte, Sprache sei nicht physis (Natur), sondern nomos (Vereinbarung, Konvention). Bei Jacob Grimm lesen wir: Alles verbürgt uns, dass die Sprachen Werk und Tat der Menschen sind.
Die Lautentwicklung einer Sprache – wîp zu „Weib“, hûs zu „Haus“, itan zu „essen“ – kann vielleicht als „natürlicher“ Vorgang angesehen werden. Unser heutiges Denglisch wird gemacht. Selbsternannte rohe Sprachmeister, die über große Verbreitungsmacht verfügen, bringen englische Wörter in den öffentlichen Umlauf, „machen“ unsere Sprache und machen die Sprache zuschanden.
Die Anglizismen verdrängen deutsche Wörter. Wo single, news, bike, freecall und shop Wörter wie „Junggeselle“, „Nachrichten“, „Fahrrad“, „gebührenfrei“ und „Laden“ oder „Geschäft“ ersetzen, sterben die deutschen Ausdrücke aus. Es ist barer Unsinn, diesen Vorgang als „Leben“ zu bezeichnen. Hier „lebt“ nur die englische Sprache – wie die Made im Speck. Die deutsche Sprache wäre allerdings zu einer Art munterem Leben erblüht, hätten wir die neuen Dinge wie airbag, electronic cash, homepage, laptop, park and ride, shuttle usw. mit neuen deutschen Ausdrücken bezeichnet oder vergessene, aber vorhandene alte Wörter wieder benutzt.
siehe auch XIX.
XXXVII. „Die Fremdwortwellen der vergangenen Jahrhunderte sind ganz von selbst wieder abgeebbt.“
Widerrede:
Alle Fremdwortwellen im deutschen Sprachraum seit dem 17. Jahrhundert riefen den Widerspruch namhafter und weniger namhafter Größen des deutschsprachigen Geisteslebens und des Staates hervor. Die Frage, wie sich der Wortschatz unserer Sprache ohne deren gestalterische Vorschläge und Eingriffe entwickelt hätte, ist nur spekulativ zu beantworten.
Die heutige Anglizismenschwemme erfasst allerdings wesentlich mehr und breitere Bevölkerungsschichten als frühere Fremdwortwellen. Im Namen des Zeitgeistes und mit Unterstützung sämtlicher Kommunikationsmedien spült sie sich in immer mehr Haushalte, Machtzentren und Denkfabriken. Sie verdrängt Regionalsprachen und Dialekte, ehemals sichere Münze für kulturellen Austausch und sprudelnde Quellen sprachlicher Innovation, in randständige Kulturnischen. Dort werden sie bald nur noch als Feierabendsprachen zum Austausch über Kochrezepte oder das Sammeln von Briefmarken zu gebrauchen sein.
Die Behauptung, vergangene Fremdwortwellen seien ganz von selbst wieder abgeebbt und deshalb treffe dies auch auf die heutige Anglizismenschwemme zu, ist eine Retourkutsche ohne Beweiswert. Sie dient allein dem Zweck, unseren Widerspruch gegen die Anglizismenschwemme seinerseits als liebevollen, aber eigentlich überflüssigen Zeitvertreib auf derselben Stufe wie etwa des Sammelns von Briefmarken oder von Kochrezepten abzutun.
siehe auch XIX.
XXXVIII. „Das Anliegen des VDS ist nicht seriös, denn er benutzt selbst Fremdwörter.“
Widerrede:
Dieses Vorurteil behauptet im Grunde, in der Fremdwortfrage gebe es nur ein „Entweder-Oder“.
Schon in der Vergangenheit gab es immer wieder Eindeutscher oder entsprechende Organisationen, die auf dem „Entweder-Oder“ beharrten. Ihre radikale Haltung war nicht sprachpolitischer Einsicht, sondern dem allgemeinpolitischen Umfeld geschuldet, dem sie sich aus anderen als sprachpolitischen Gründen verschrieben hatten. Krampfhaft hätten sie gerne aus sprachfremden Gründen alles „Undeutsche“ aus der deutschen Sprache entfernt und nur „Urdeutsches“ gelten lassen.
Der Sprachgebrauch des Vereins Deutsche Sprache folgt keinem solchen „Entweder-Oder“. Er folgt einem pragmatischen Standpunkt, demzufolge es eigensprachlich unersetzbare, strittig ersetzbare und verlustlos ersetzbare Fremdwörter gibt. Die Grenzen dazwischen sind fließend [vgl. hierzu „Der Anglizismen-Index des VDS“, erschienen in demselben Verlag wie das vorliegende Buch, oder online verfügbar am Netzstandort des VDS (www.vds-ev.de)].
Vor allem solche Fremdwörter sind zu meiden oder zu ersetzen, die nicht spontan verständlich sind, die eigensprachlich assimilierte Wörter bisher gleicher Bedeutung verdrängen oder die sich selbst nur schwierig oder gar nicht assimilieren lassen.
„Undeutsches“ und „Urdeutsches“ dagegen ist in unserer Sprache, da in ihr auf das Engste miteinander verbunden1, kaum voneinander zu trennen. Noch schwieriger wäre beides gegenseitig ersetzbar.
Wir sind deshalb nicht aus Prinzip gegen Anglizismen. Englische und andere Fremdwörter nutzen wir zurückhaltend, d.h. sprachbewusst und doch pragmatisch. Zur Zukunftsertüchtigung unseres Wortschatzes werden sie allerdings nur dann beitragen, wenn sie sich auch einfach assimilieren lassen.
Wer diese Ansicht für „unseriös“ hält, verrät, dass er für die Zukunft der deutschen Sprache kein Interesse hat und sich deshalb seinerseits mit Bewertungen der eingangs genannten Art zurückhalten sollte.
siehe auch XLIV.
1 assimiliert
IXL. „Wer gegen Denglisch ist, sollte sich auch über Wörter wie „zeitgeisty“, „obercharming“, „kitsch“ oder „erbswurst“ im Englischen aufregen.“
Widerrede:
Als Deutsche geht es uns wenig an, was einen Briten oder Amerikaner am Zustand und an den Entwicklungsperspektiven seiner Muttersprache stört oder nicht stört. Wir sind keine Verfechter abstrakter Prinzipien der Sprachnormierung. Uns geht es um die sprachliche Realität im eigenen Land. Und die steht sehr viel stärker unter dem Druck des Angloamerikanischen als die angloamerikanische Welt unter dem Druck des Deutschen.
Uns ist aber auch bewusst, dass das anspruchsvolle gute Englisch unter seinen weltweit grassierenden Primitiv-Varietäten Bad Simple/Silly English (BSE) und International Congress English (ICE) möglicherweise stärker leidet als das Deutsche unter seinem hausgemachten Denglisch.
Dies ist ein wichtiger Grund, nicht nur im eigenen Land, sondern auch weltweit für Sprachbewusstheit, Vielsprachigkeit und Loyalität zur eigenen Muttersprache zu werben. Wir sind insofern nicht nur Deutsche, sondern auch Internationalisten. Wir wehren uns gegen die Globalisierer, die zwecks Förderung ihrer einheitlichen Waren- und einfältigen Kulturströme am liebsten schon gestern von der sprachlichen Vielfalt über globalen Sprachmischmasch zum englischen Spracheinerlei übergegangen wären.
siehe auch XXX.
XL. „Es gibt keine Schwelle, jenseits derer man behaupten könnte, eine Sprache enthalte zu viele Anglizismen.“
Widerrede:
Hier geht es um zwei Fragen – erstens darum, ob es die behauptete Schwelle überhaupt gibt und zweitens, wie hoch diese denn gegebenenfalls wäre.
Wer die Existenz einer Schwelle rundweg abstreitet, setzt sich der Gefahr aus, gründlich missverstanden zu werden: Ist ihm nun jedes englische Wort im Deutschen eines zu viel oder es können ihm gar nicht genug sein?
Hinter der Aussage „Es gibt keine solche Schwelle“ versteckt sich offenbar nur das Fehlen der Bereitschaft, zwischen diesen Extremen einen eigenen Standpunkt einzunehmen, d.h. grundsätzlich eine Schwelle (wissenschaftlich nicht bestimmbarer Höhe) anzuerkennen, jenseits derer es im Deutschen dann endgültig zu englisch zuginge.
Da eine Muttersprache all ihren Sprechern gehört, nicht nur ihren Sprachwissenschaftlern, gibt es auch keinen sprachwissenschaftlichen Maßstab, anhand dessen festgelegt werden könnte, wie viele Fremdwörter oder Anglizismen eine Sprache verträgt.
Jede Sprecherin, jeder Sprecher ist frei, seine Worte selbst zu wählen. Es geht dabei nicht um eine abstrakte Anglizismenschwelle oder um pedantische Erbsen- oder Wörterzählerei, sondern darum, vorurteilslos den Wörtern der eigenen Sprache zu trauen. Es sollte wieder zum guten Ton gehören, alle neuen Ideen daraufhin zu prüfen, ob sie eigensprachlich bezeichnet werden können. Da dies kaum immer gelingen wird, verbleiben zum zwischensprachlichen Austausch immer noch reichlich Möglichkeiten.
Auf diese pragmatische Weise wird sich, wenn alle loyal mitmachen, eine Schwelle gegen ein Zuviel an Anglizismen ohne jede sprachwissenschaftliche Theorie oder Hilfe ganz von selbst auf hinnehmbarer Höhe einpendeln.
siehe auch IL., LI., LII.
XLI. „Für die deutsche Sprache einzutreten ist Deutschtümelei.“
Widerrede:
Bundespräsident Rau hat uns in seiner Gutenberg-Rede vom 23. November 2000 in Mainz gegen diesen törichten Vorwurf in Schutz genommen.
Wer sich ausgiebig mit deutscher Sprache, deutscher Geschichte oder deutscher Literatur beschäftigt, wird andere Sprachen und Kulturen vernachlässigen – ohne sie jedoch abzulehnen. Diese Art von Einseitigkeit ist unvermeidlich und sollte nicht als engstirnige Fixierung auf deutsche Dinge belächelt oder missbilligt werden. Unsere Maßnahmen zugunsten der deutschen Sprache sind in diesem guten Sinne einseitig.
Die Muttersprache ist ein kostbares Gut. Sie ist 1500 Jahre alt. Unsere gemeinsame Geschichte, – von der Völkerwanderung bis zum Fall der Berliner Mauer und die Zeit danach – auch die Lebensgeschichte jedes einzelnen Sprechers sind in ihr aufgehoben. Angesichts der über uns hereinbrechenden Flut von Anglizismen ist es legitim, sich vor allem um die deutsche Sprache zu kümmern, sie zu verteidigen und sie zu schützen. Das verdient keine Verunglimpfung. In Frankreich, Polen, Spanien oder Ungarn wäre es unvorstellbar, dass die Pflege der eigenen Sprache als „Tümelei “ kritisiert oder verspottet wird.
Kritik haben eher die Schwätzer verdient, die unsere Muttersprache zum deutsch-englischen Kauderwelsch umgestalten. (GS 08-03)
siehe auch XXXII., LIII.
XLII. „Nur Rechtsradikale kämpfen noch für die deutsche Sprache.“
Widerrede:
In Westdeutschland gaben bis 1990 viele tonangebende Intellektuelle die Devise aus, die Deutschen hätten infolge des Dritten Reiches ihr Recht auf eine Weiterexistenz als Kulturnation eingebüßt: „Nie wieder Gedichte in der Sprache von Auschwitz!“ sagen sie bis heute. Sie sagten den Deutschen aber nicht, in welcher Sprache sie sich kulturell und geschichtlich wieder „fassen“ sollen – auf Englisch, Denglisch oder vielleicht doch wieder Deutsch?
Die Ostdeutschen hatten es vorübergehend anscheinend leichter, denn sie konnten der Hypothek des Nationalsozialismus bis 1990 scheinbar noch kollektiv ausweichen. Sie hielten sich als Kommunisten für die Sieger und Guten der Geschichte. Beides waren und sind Formen kollektiver Selbsttäuschung!
Ist die Gefahr, die Deutschen könnten sich womöglich in „völkischer“ oder „rassischer“ Hinsicht wieder täuschen, wirklich gebannt? Auch aus Vorsorge dagegen streitet der Verein Deutsche Sprache für die deutsche Sprache und Kultur. Beide verdienen in Europa die gleiche Aufmerksamkeit wie Sprachen und Kulturen unserer Nachbarländer.
Nur wer sich selbst leiden kann, wird an sich auch andere nicht leiden machen! Sich dies einzugestehen hat mit Nationalismus, Selbstüberschätzung und Abwertung des „Fremden“ nicht das Geringste zu tun. Unsere Nachbarn jedenfalls haben Selbstmitleid und Nabeleigenschau der Deutschen satt.
Wäre das wirklich unsere Identität – eine Rolle als das „gebrochene Sprachherz Europas“ (Jürgen Trabant)? Unsere Nachbarn erwarten doch eher von uns, dass wir unsere Verantwortung als großes Land in der Mitte Europas und unsere Sprache endlich wieder annehmen: freundlich, geschichts- und selbstbewusst. Nur so werden wir weiterhin wissen, wer wir sind und dass es die deutsche Sprache ist, der wir unser Sprachherz schenken sollten. Statt uns ständig selbst zu bemitleiden, könnten wir auch einmal versuchen, im Vertrauen auf unsere wunderbar genaue und anschauliche Sprache optimistisch nach vorne zu schauen.
XLIII. „Wer keine englischen Wörter will, ist fremdenfeindlich.“
Widerrede:
Wer englische und amerikanische Wörter will, ist amerikahörig. Die Vorliebe vieler Deutscher für alles Amerikanische ist zugleich Desinteresse für andere Nationen und Kulturen. Ausländische Journalisten beklagen, dass die angebliche Weltoffenheit der Deutschen in Wirklichkeit nur Offenheit für das Amerikanische ist. Deshalb ist unser Denglisch im Grunde „fremdenfeindlich“.
Im übrigen sind die Pflege und Erhaltung der eigenen Sprache ein ganz und gar unschuldiges Unterfangen. Es gehören mangelnder Scharfblick oder böser Wille dazu, um es als fremdenfeindlich zu verurteilen.
siehe auch XVI.
XLIV. „Sprachschützer bringen rechtsextremes Gedankengut in die Mitte der Gesellschaft.“
Widerrede:
Diesem Vorwurf zufolge sollen wir rechtsextremes Gedankengut hoffähig machen, ohne es selbst zu vertreten. Unsere Offenheit gegenüber der deutschen Sprache, Kultur und Geschichte wäre demnach ein Einfallstor für rechtsextreme Einstellungen. Tatsache ist: Unsere Argumente für mehr sprachliches Selbstbewusstsein stoßen in allen politischen und gesellschaftlichen Lagern auf viel Sympathie. Dies ist der beste Beweis für ihre Richtigkeit. Sie können nicht allein deshalb falsch sein, weil ein paar geschichtsvergessene Leute sie gegen uns verwenden.
Leute, die unser sprachpolitisches Engagement immer nur in brauner Tönung wahrnehmen, sind farbenblind. Sie lasten uns sogar an, wir benutzten mitunter selbst Anglizismen und andere Fremdwörter. Dass wir Fremdwörter nicht einfach so für böse Bazillen halten, passt nicht in ihr keimfreies, einfarbiges Weltbild. Deshalb denunzieren sie uns als Wegbereiter für Rechtsradikale. Über kaum ein Thema wird in Deutschland sachlich und öffentlich gestritten, auch nicht über Wert oder Unwert unserer Sprache. Anstelle von Argumenten werden lieber denunziatorische Sprachkeulen durch die Gegend geworfen.
Wir erschrecken vor solchem Verhalten. Es erscheint uns typisch deutsch und ist aus unserer jüngsten Vergangenheit sattsam bekannt. So undurchschaubar dunkel war die nämlich gar nicht. Die Denunzianten mögen doch bitte mal in diesen Spiegel schauen! Im Licht der Reflektion beschreibt das hier kritisierte (Vor)urteil allein ihr eigenes Verhalten.
siehe auch XXXVIII.
XLV. „Die Welt hat wichtigere Probleme, als sich mit Anglizismen und sprachlicher Vielfalt oder auch Reinheit zu beschäftigen.“
Widerrede:
Wir Sprachstreiter achten alle, die nicht einfach nur das Sprachproblem der Deutschen klein reden wollen, sondern sich tatsächlich um die Lösung scheinbar wichtigerer Probleme kümmern. Diese sind der Öffentlichkeit viel stärker bewusst und eher als existent „akzeptiert“: Hungersnöte und Wassermangel hier, Diktatur und Folter da, Knechtung und Ermordung von Minderheiten, Rassismus, Verschwendungssucht und Mangel, wo Überfluss herrschen könnte, fehlende Selbstbestimmung und Fundamentalismus, statt nachhaltiger Nutzung des Globus nur dessen nachhaltige Zerstörung.
Weil diese Probleme im Bewusstsein von Öffentlichkeit und Politik längst angekommen sind, betreiben wir Kultur- und Sprachpolitik. Damit beziehen wir keine Luxus- oder Außenseiterposition. Kulturfragen sind die fast immer unerkannte Substanz vieler, nur oberflächlich bedeutenderer gesellschafts- und (welt)politischer Konflikte. Sie lassen sich friedlich und nachhaltig nicht im Zustand der Sprachlosigkeit lösen, sondern nur durch vertieften gedanklichen und kulturellen Austausch, Streit und Wettstreit. Erst wenn nicht mehr miteinander gesprochen wird, entsteht Krieg.
Ein weltweiter Sprachmischmasch nach Art von Denglisch könnte allerdings keinen Krieg verhindern. Und erst recht kann das Angloamerikanische als Sprache einer Weltmacht, die friedlichen Ausgleich nur durch Kommerz und Krieg zu finden behauptet, nur Misstrauen wecken.
Kultureller Austausch und friedlicher Ausgleich sind nur auf kulturell gleichberechtigter und deshalb auch muttersprachlicher Basis herzustellen. Deshalb sind wir uns mit unserem Einsatz für sprachliche Vielfalt keine Außenseiter. Wir befinden uns vielmehr in guter Gesellschaft mit allen Menschen, denen es mit der Lösung der weltweiten Konflikte ebenso ernst ist wie uns.
siehe auch I., VII., XXV.
XLVI. „Täglich findet eine Volksabstimmung für Denglisch statt.“
Widerrede:
Die Bürger und Konsumenten stimmen über die Anglomanie der Werbewirtschaft, der Wissenschaft und der Massenmedien genauso wenig ab wie über die Einführung verschweißter (und entsprechend schweißtreibender…) Verpackungen oder die Dreistigkeit des Handels, Batterien und tausenderlei anderes nur noch päckchenweise feilzuhalten.
Vereinzelt ist der Bürger gegenüber der Werbesprache und der öffentlichen Anglomanie fast machtlos. Er müsste sich schon zum Robinson Crusoe und Konsumboykotteur erklären, um seinem Unwillen Luft zu verschaffen oder ihn irgendwie wirksam kundzutun. So wichtig aber ist den meisten Menschen ihre Sprache (noch) nicht, als dass sie sich per Selbstaufopferung gegen die allgemeine Anglomanie auflehnten. Sie belassen es, trotz anderslautender Umfrageergebnisse, meist beim Murren.
Bürgerinitiativen wie der Verein Deutsche Sprache bündeln diesen Unmut politisch und münzen ihn in Aktionen gegenüber Wirtschaft und Politik um. So zeigt und macht der VDS öffentlich, dass die öffentliche Anglomanie von den Bürgern abgelehnt wird.
siehe auch XXXIV.
XLVII. „Denglisch ist unser Schicksal.“
Widerrede:
Viele Mitmenschen haben hierzu nichts eiliger zu bemerken, als dass die Anglisierung unserer Sprache sowieso nicht mehr abzuwenden sei. Nicht einmal der Verein Deutsche Sprache könne die Anglisierung unserer Sprache noch aufhalten. Mit dieser Einstellung wäre ihr Schicksal schon mehrfach besiegelt gewesen. Lateinische und französiche Wörter hatten Teile der deutschen Sprache bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Sprachlich kreative Menschen wie Luther und Gelehrten-Initiativen wie der “Fruchtbringenden Gesellschaft” gelang es, rechtzeitig gegenzusteuern.
Doch noch nie war ein Erfolg schon zu Beginn des Streites um ihn gesichert, denn solcher Streit entstünde ja gar nicht. Auch politische Erfolge werden erst mit der Zeit und oft erst während einiger Generationen sichtbar. Denken wir nur an die Anstrengungen zur weltweiten Verwirklichung der Menschenrechte oder zum Schutz der Umweltgüter Wasser, Boden, Luft!
Spott und Anfeindung seitens der Mehrheit für die Anreger neuer Ideen und Entwicklungen sind ganz normal. Dies gilt auch für die Wissenschaft. Wer die richtigen Argumente hat und nicht aufgibt, wird sich früher oder später durchsetzen.
XLVIII. „Sprachschützer kämpfen gegen Windmühlenflügel.“
Widerrede:
In dem spanischen Roman Don Quijote kämpft der gleichnamige Ritter vergeblich gegen die Flügel einer Windmühle, die er in seiner Verblendung für Riesen hält. Das Bild von den „Windmühlenflügeln“ bedeutet, jemand führt einen aussichtslosen Kampf gegen einen übermächtigen Gegner.
Wir kämpfen nicht gegen Riesen, auch nicht gegen die Flügel einer Mühle oder den Wind, der sie antreibt. Unsere Gegner sind die anglomanen Meister der Sprachverhunzung, die unsere Muttersprache zum deutsch-englischen Kauderwelsch umgestalten: gedankenlose Schwätzer in der Werbung, den Medien, in Wirtschaft und Politik oder in wichtigen öffentlichen Funktionen. Sie verfügen über sprachliche Verbreitungsmacht und können – gegen den Willen der Sprachbürger – überflüssige englische Brocken in Umlauf bringen und aus Deutsch ein hässliches Denglisch machen. Aber diese Sprachverderber sind gewöhnliche Menschen, keine Fabelwesen oder Naturgewalten. Wir kennen sie und wissen, wo und wie sie ihr schnödes Handwerk betreiben.
Im Unterschied zu Don Quijote sind wir keine „Ritter von der traurigen Gestalt“. Wir sind in der Lage, uns erfolgreich zu wehren.
Die Bemühungen der Sprachpfleger im 17. und 19. Jahrhundert zeigen, dass Widerstand gegen den Einfuss mächtiger fremder Sprachen sich lohnt. Harsdörffer, Schottelius, von Zesen und andere haben in der Barockzeit lateinische und französische Wörter eingedeutscht. Ihnen verdanken wir Ausdrücke wie „Zeitschrift“, „Nebensache“, „Lehrling“, „Vertrag“, „Oberfläche“ oder „Selbstmord“. Wenn wir heute „Briefumschlag“, „Dienstalter“, „Bahnsteig“ oder „Abteil“ sagen, geht das auf die gezielten Eindeutschungen im Deutschen Reich nach 1871 zurück, die vor allem Reichspostmeister Heinrich von Stephan vorgenommen hat. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatte Johann Heinrich Campe fremde griechische, lateinische, französische – und englische ! – Wörter durch bleibende deutsche Wortprägungen wie „altertümlich“, „Gesetzesentwurf“, „Körperbau“, „Ergebnis“, „Tageblatt“, „Festland“ usw. ersetzt.
Keiner dieser Männer verzagte oder betrachtete seine Anstrengungen zur Erhaltung und Weiterentwicklung der Muttersprache als einen „Kampf gegen Windmühlenflügel“. Von solchem Kleinmut sind wir ebenfalls weit entfernt.
siehe auch XXXII.
IL. „Es gibt überhaupt keine überflüssigen Wörter, also auch keine überflüssigen Anglizismen im Deutschen.“
Widerrede:
Anglizismen erscheinen ihren Nutzern sicher nicht überflüssig, doch machen sie deutsche Wörter und Sprachbilder allmählich „überflüssig“. Die Folge ist, dass unsere an Bildern so reiche Sprache verarmt und der Sprachfluss austrocknet.
Die Anreicherung der deutschen Sprache durch Anglizismen wird diesen Verlust an bildhaftem Ausdruckspotential niemals aufwiegen können. Der Sinn einer Aussage erschließt sich nicht nur aus ihren wörtlichen Bestandteilen. Er ergibt sich auch aus den Bildern, den inhaltlichen und klanglichen Assoziationen usw., die diese Wörter im Hörer oder Leser auslösen wenn sie ihm in Form fester Wortverbindungen (mehrwortige sprachliche Bausteine wie Redensarten, Sprichwörter, feststehende Bilder, Anspielungsketten, Reimereien oder phonetische Spielereien usw.) gegenübertreten.
„Den Nagel auf den Kopf treffen“, „Jemandem nicht das Wasser reichen können“; „Etwas in trockene Tücher bringen“: Wenn einzelne Bestandteile solcher Ausdrücke oder Wortbilder durch Anglizismen ersetzt werden, drohen nicht nur die ersetzten Wörter verloren zu gehen, sondern auch die Bilder samt Aussage, in die sie im Verlauf der Kultur- und Sprachgeschichte eines Volkes eingewoben wurden. Dasselbe gilt für scheinbar harmlose, aber situativ hochwertige Wortspielereien (verbesser/verwässern; fruchtbar/furchtbar; aufbahren/aufbewahren usw.)
Sicher soll oder kann man niemandem vorschreiben, welche Wörter er oder sie im persönlichen für überflüssig zu halten habe. Wenn jemand in einer bestimmten Situation einen englischen Ausdruck für inhaltlich treffender als einen deutschen hält, so ist der aus seiner Sicht natürlich nicht „überflüssig“. Ein solcher Ausdruck wird aber kaum ein eigensprachliches Wort oder Sprachbild verdrängen, solange die meisten Menschen über ihre Sprache weiterhin frei entscheiden können.
Die öffentlichen Sprachmodisten in den Medien, in der Politik, in der Wissenschaft und der Wirtschaft beschneiden aber die private sprachliche der Menschen. Sie verkünden und bezeichnen ein englisches Wort im Deutschen bereits dann für treffend, wenn sie mit ihm ein deutsches Wort „treffen“, d.h. abschießen können und nicht etwa, weil es inhaltlich treffender wäre als jenes.
Deshalb sind solche Mode-Anglizismen nicht nur einfach, sondern sogar doppelt überflüssig.
siehe auch XI., XL., LI.
L. „Wer Sprachquoten im Rundfunk festlegt, bevormundet die Künstler.“
Widerrede:
Diese Behauptung träfe zu, wenn die deutschsprachigen Künstler selbst darauf Einfluss nehmen könnten, ob, wann und wie oft ihre Werke im Radio gesendet werden. In Wahrheit entscheiden hierüber jedoch die Redakteure oder die Redaktionsvorgaben, an die sie sich zu halten haben.
Ausschlaggebend für Auswahl, Zeitpunkt und Häufigkeit einer Sendung ist nicht die Originalität eines Werkes, sondern die erwartete Einschaltquote. Diese Quote legt also das Publikum fest – allerdings ohne zwischen den zur Wahl stehenden Stücken vorher wirklich gewählt haben zu können. So kommt es während der begehrtesten Sendezeiten zur immer häufigeren Ausstrahlung weltweit immer ähnlicherer Musikstücke, Songs und Lieder.
Jedes nicht englisch getextete Stück, alle nicht anglophonen Künstler geraten dank dieses längst bestehenden Quotensogs, der mit künstlerischer Auswahl oder Originalität kaum etwas zu tun hat, in eine Außenseiterposition. Aus dieser können sie nur durch gezielte Förderung, z. B. durch eine staatlich festgesetzte Quote zu Gunsten der Sendung deutschsprachig getexteter Stücke, befreit werden.
In Frankreich mit seiner Quote von 40% zu Gunsten französisch getexteter Musik werden ständig neue Talente bekannt, die auf Französisch singen. Wer dagegen in Deutschland eine Quote verlangt, geriet noch bis vor kurzem in den Ruf eines bürokratischen Überregulierers. Dabei würde eine gesetzliche Quote doch nur die bereits komponierenden, deutschsprachigen Künstlern endlich mit einem großen Publikum zusammenbringen ohne englische oder anderssprachige Texte zu unterdrücken.
Deshalb bevormundet, wer keine Sprachquoten im Rundfunk festlegt, nicht nur die deutschsprachigen Künstler, sondern auch ihr Publikum. Denn letztlich ist es nur die noch universellere emotionale Sprache der Musik, in der sich die Liebe zur Muttersprache in die nächste Generation weitertragen lässt.
LI. „Jeder soll selbst entscheiden, welche Wörter er benutzt.“
Widerrede:
Das ist eine Binsenweisheit. Es macht Spaß, für neue Dinge und Gegebenheiten eigene Wörter zu finden und mit spielerischem Witz auszuprobieren. Der VDS ermutigt die Menschen, sich dabei für ihre Muttersprache zu entscheiden.
Gelassen und offen für neue Einflüsse wollen wir uns auch künftig des Wortschatzes und der Wortfelder, der typischen Wortverbindungen und Redensarten sowie des Bildervorrats unserer Muttersprache erfreuen. In ihr können wir uns am besten ausdrücken.
Ein hier und da eingestreutes englisches Wort verdrängt keines unserer muttersprachlichen Wörter und Sprachbilder. Wenn es eine Lücke füllt und weder sprachlicher Trägheit noch modischem Getue geschuldet ist, heißen wir es sogar willkommen. Sprachliche Trägheit, modisches Getue und billiger Witz liegen auf Seiten derer, die alles, was neu und überraschend daherkommen soll, immer nur mit „Fertigwörtern “ aus dem Angloamerikanischen bezeichnen.
Den Gipfel dieser Macdonaldisierung unserer Sprache besteigen jene, die englische Wörter im Deutschen wissentlich oder unwissentlich falsch verwenden oder der Öffentlichkeit eigens erpanschte „deutsche“ Amerikanismen vorsetzen, deren Bedeutung selbst ein Amerikaner nur noch erahnen kann.
siehe auch XXXV., XL., IL.
LII. „Ein Sprachgesetz will uns Bürger sprachlich bevormunden – genau so wie die neue Rechtschreibung.“
Widerrede:
Ein Sprachgesetz würde uns nichts vorschreiben, sondern uns von der Bevormundung durch anglomane Schwätzer befreien. Zu diesem Zweck müsste es für den öffentlichen Gebrauch unserer Landessprache gewisse Regeln festlegen.
Staatlichen oder anderen Monopolisten würde es durch diese Regeln untersagt, den Bürgern Sprüche und Ausdrücke wie E-government goes future, Name Game – Win IT, Rent a professor und Welcome back-Aktion, freecall, Green card usw. unterzujubeln. Die Gesundheitspolitiker wären endlich gehalten, ihren Bürgern nicht weiter durch Austausch so klarer Ausdrücke wie „Fallpauschale“ gegen diagnosis related groups oder von „wissensbasierte Medizin“ gegen evidence based medicine Reformfreudigkeit vorzutäuschen und sie so an der Nase herumzuführen.
Die Geschäfts- und Reklamewelt dürfte ihre Kunden nicht mehr mit Wortbastarden wie Passagen-manager, convenience food, X-mas shopping, funeral master, Mode-collection und Hunderten anderen traktieren oder ihnen falsches Englisch eintrichtern. Moonshine-Tarif z.B. bedeutet im Angloamerikanischen „Fusel-“, nicht „Mondscheintarif“, body bag bedeutet „Leichensack“, nicht „Körpertasche“.
Gebrauchsanweisungen und Namen von Waren des täglichen Gebrauchs würden wieder in verständlichem Deutsch abgefasst. Wer lebensrettende, rechtlich oder gesundheitlich bedeutsame Informationen hinter unverständlichen Amerikanismen versteckt, machte sich strafbar. Eine stroke unit wäre als „Gehirnschlag-Rettungsstelle“ wieder sofort für alle erkennbar, die ihre Hilfe brauchen.
Wissenschaftler wären gehalten, sich in Lehre und Forschung weiterhin klarer deutscher Fachbegriffe zu bedienen anstatt uns für begriffsstutzig zu verkaufen oder über ihr Tun und Lassen im Ungewissen zu lassen.
Ein Sprachgesetz würde also zur Ächtung und Entlarvung unklarer anglomaner Wörter und Ausdrücke führen. Es würde uns nicht entmündigen, sondern uns das Recht zur Mitgestaltung unserer Landessprache sichern. Und wir bräuchten auch nicht mehr zu befürchten, uns im Ausland mit falschen oder scheinenglischen Wörtern und Wendungen zu blamieren.
siehe auch XXIII., XXIV., XXXI., XXXIII., XL.
Die Zitate sind alphabetisch nach Nachnamen sortiert.
Zitate von Politikern
„Deutsche Sprache ist nicht alles, aber ohne deutsche Sprache ist alles nichts.“
Peter Altmaier, CDU, Kanzleramtschef, beim 16. Berliner Symposium zum Flüchtlingsschutz der Evangelischen Akademie.
„Ich weiß […], daß einige Menschen in den neuen Bundesländern, in denen das Englische nicht so verbreitet ist, Schwierigkeiten haben, dieses oder jenes zu verstehen, besonders ältere Menschen oder auch solche, die nicht die Bildungschancen hatten, die wir […] gehabt haben. Nichts wäre schlimmer, als wenn wir über eine Vernachlässigung der Sprache den Integrationskräften dieser Gesellschaft schaden würden.“
Eckhard Barthel, SPD, in einer Bundestagsdebebatte vom 24.01.2002.
„Zum Patriotismus gehört die Liebe zur deutschen Sprache, zur deutschen Kultur.“
Dr. Günther Beckstein, bayrischer Innenminister, in dem Spiegel Nr. 50 2004.
„Anglizismen geben eine Fortschrittlichkeit vor, die sie nicht haben.Die Bahn zum Beispiel verfügt über Service-Points, aber es wäre besser, wenn sie kundenfreundliche Beratungsstellen hätte, die verständliche Auskunft gäben. Auch dann, wenn Züge sich verspäten. Politik, Zeitungen und Wirtschaft – also alle in der der Öffentlichkeit stehenden Personen und Institutionen – sollten aufgeblasene Sprach-Anglizismen als Hohlwörter entlarven“
Bildungssenator Klaus Böger (SPD) am 02.09.2003 im Berliner Kurier.
„Warum soll in deutschsprachigen Gebrauchsanweisungen nicht ‚Rechner‘ statt ‚Computer‘, ‚Luftkissen‘ statt ‚Airbag‘, ‚Programm‘ statt ‚Software‘ stehen?“
Christoph Böhr, Landesvorsitzender, CDU Rheinland-Pfalz, in der Welt am Sonntag vom 11.02.2001.
„Steter Tropfen höhlt […] jeden Stein. Dafür bedarf es eines gemeinsamen Ansatzes. Jeder an seiner Stelle. Deshalb bin ich Ihnen und den Mitgliedern Ihres Vereins für Ihr Engagement auch außerordentlich dankbar. Insoweit unterstütze ich auch Ihre Forderung nach einer Verankerung unserer Sprache im Grundgesetz. Eine entsprechende Ergänzung des Grundgesetzes z. B. mit dem Text ‚Die Sprache der Bundesrepublik ist Deutsch‘ hätte Signalwirkung.“
Gitta Connemann/CDU, MdB, per E-Post 7/2007.
„Ich bin Deutscher, weil ich mit der deutschen Sprache aufgewachsen bin und weil Deutschland mein Zuhause ist.“
Klaus von Dohnanyi, Politiker Hamburgs, Die Welt vom 22.07.2007.
„Sprache ist Konstrukteur unserer Identität,“
Björn Engholm (SPD), aufz. v. 08.11.2006 aus dem Kulturforum Schwimmhalle Schloss Plön.
„Die gemeinsame deutsche Sprache ist unser Über-ich und die kulturelle Verständigungsform des Landes, von der hoffentlich nicht nur die CDU/CSU will, dass sie auch im 21. Jahrhundert in Deutschland ‚dominierend‘ bleibt.“
Peter Gauweiler (CSU) in der Süddeutschen Zeitung vom 08.11.2000.
„Wir sind geradezu verpflichtet, Hüter der deutschen Sprache zu sein.“
„Die Sprache ist ein Ausweis unserer Identität. Die Nation hat sich über die Sprache gebildet. Und sie konnte nicht durch eine Mauer entzweit werden.“
Hans-Dietrich Genscher (lt. ‚Kauderwelsch‘, Mainhardt Graf Nayhauß (Hg.)).
„Die Flut von Anglizismen, die aus den Medien, aus der Werbung, aus Produktbeschrei-bungen und aus dem technikgestützten Paralleluniversum auf uns niedergeht, ist eine Gewalt, die nicht vom Volke ausgeht. Sie wird ihm aufgepfropft.“
Wolfgang Gerhard, Fraktionsvorsitzender der FDP, in der Welt am Sonntag vom 11.02.2001.
„Ich mag Denglisch gar nicht, deutsch sehr und schätze das Fränkische.“
Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen Michael Glos am 30.1.2006 in SWEX – Schweinfurt im Internet.
„Ist die Sprache nicht, wie Sitte und Geist, die Farbe, die äußere Gestalt, die Gott dem Volk gegeben, damit es nicht sei wie andere?“
Johann Joseph von Görres im Rheinischen Merkur vom 17.06.1814.
„Die deutsche Sprache ist unser wichtigstes und kostbarstes Kulturgut.“
Gregor Gysi auf der Verleihung des Kulturpreis Deutsche Sprache 2016 in Kassel
„Die seit Kriegsende bei uns in alle Bereiche des Lebens eingedrungene Flut von Amerikanismen muß endlich wieder zurückgedrängt werden.“
Bundespräsident Gustav Heinemann (SPD) in seiner Ansprache anläßlich der Einweihung des Deutschen Literatur-Archivs Marbach am 16.05.1973.
„Unsere Muttersprache ist das Deutsche tatsächlich insofern, als wir sie von unseren Müttern lernen. […] Ob wir mit ihr aber auch so unbestreitbar nett umgehen wie mit unseren Müttern, daß läßt sich doch füglich bezweifeln […]. Wir rühmen sie zwar zur rechten Zeit – an den Muttertagen gewissermaßen. An allen anderen Tagen des Jahres aber malträtieren wir sie nach allen Regeln der Kunst.“
„Jeder interkulturelle Dialog wird zum Geschwätz, wenn kein Selbstbewußtsein von der eigenen Kultur vorhanden ist.“
Roman Herzog (CDU) , Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland, 1994-1999.
„Ich halte es mit der alten chinesischen Weisheit, daß die Verwahrlosung des Denkens mit dem falschen Gebrauch der Sprache anfängt.“
Walter Hirche, stellv. Ministerpräsident und Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr des Landes Niedersachsen.
„Es geht uns darum, unsere kulturelle Tradition zu bewahren und die Bildungschancen für unsere Kinder zu verstärken. Heute sehen viele die Gefahr einer Nivellierung der Kulturen im weltweiten Maßstab. … Das zeigt sich vor allem an unserem täglichen Umgang mit Sprache: wir sprechen von ‚shops‘ und ‚centers‘, von ‚fast food‘ und ‚lifestyle‘, von ‚websites‘ und ‚notebooks‘ und ‚high tech’….. Wir müssen uns immer wieder bewußt machen: Sprache ist Kultur, Sprache ist Identität, Sprache ist Heimat.“
Staatsminister Erwin Huber (CSU), im Bayerischen Staatsanzeiger vom 04.02.2000.
„Patriotismus und Weltoffenheit sind keine Gegensätze – sie bedingen einander!“
Horst Köhler (CDU), Bundespräsident (2004-2010), Rede vom 23. Mai 2004.
„Sprache ist auch Macht. Und Macht ist Sprache! Wer die Macht über das Wort hat, hat auch die Macht über das Denken.“
Jean-Claude Juncker (lt. ‚Kauderwelsch‘, Mainhardt Graf Nayhauß (Hg.)).
„Die öffentliche Verwaltung sollte im direkten Umgang mit den Bürgern auf Anglizismen verzichten, Das betrifft vor allem die Bürgerämter.“
Eckhard Körting, Berliner Innensenator, am 02.09.2003 im Berliner Kurier.
„Es liegt weder im wohlverstandenen Interesse der rund 100 Millionen deutschen Muttersprachler noch im Interesse der Millionen Europäer, die unter Mühen Deutsch als Fremdsprache erlernt haben, daß die deutsche Sprache aufgrund des EU-amtlichen Nichtgebrauchs zu einem Regionaldialekt für den Hausgebrauch herabsinkt.“
Hartmut Koschyk MDB (CSU), In Focus 18/1996, S. 70.
„Unsere Sprache wird von einer Unmenge von Anglizismen durchsetzt.[…] Wer also etwas für unsere Sprache tun möchte, der muß es beim Sprechen und nicht bei der Rechtschreibung tun, der muß dafür sorgen, daß unsere Sprache lebendig und kräftig bleibt und daß wir endlich der Tatsache Widerstand entgegensetzten, dass alles, was insbesondere in der Werbung als besonders originell gelten will, mit irgendwelchen Anglizismen daherkommt.“
Winfried Kretschmann, Stv. Landesvorsitzender Bündnis 90/Grüne, in der 94.Sitzung des Landtages B-W, 04.10.2000.
„Unsere Sprache soll wieder deutscher werden. Warum hören wir im Radio fast nur englische Lieder? Das Managergequatsche vom „Shareholder-Value“ und „Global Player“ geht auf die Nerven. Manch einer, der sich zur Elite zählt, braucht Deutschunterricht.“
Oskar Lafontaine Bild.de News 24.09.2001.
„Gerade in der jüngeren Vergangenheit nimmt die Neigung zu, vorhandene, hinreichend klare deutsche Begriffe insbesondere durch Anglizismen zu ersetzen. Das ist oft unnötig, ärgerlich und – gelegentlich – schlicht albern.“
Norbert Lammert (CDU) in einer Bundestagsdebebatte vom 24.01.2002.
„Sehr geehrter Herr X, für Ihre Einladung zur Präsentation auf der CeBIT 2001 danke ich Ihnen. In der Tat scheint es sich dabei, wie Sie schreiben, um einen ‚zeitgemäßen Auftritt‘ zu handeln. Jedenfalls entnehme ich das der Tatsache, dass Sie diesen unter das Motto stellen ‚e-business: Future Ready.‘ Als Anglist wäre ich aufrichtig daran interessiert zu erfahren, was das nach Ihrer Meinung wohl bedeuten soll. Mit scheint das eher Englisch nach dem Modell ‚equal goes it loose‘ zu sein. Vielleicht sollten Sie es besser doch mit Deutsch versuchen. Was mich anbetrifft, so stehe ich grundsätzlich für Veranstaltungen mit Werbemätzchen wie ‚e-marketplace‘, e-commerce‘ und ‚e-Learning‘ nicht zur Verfügung. Mit gleichwohl freundlichen Grüßen.“
Prof. Dr. Hans Joachim Meyer, Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, Sachsen, in einem Brief an eine CeBIT-Firma vom 14.02.2001.
„Der Einsatz des Vereins Deutsche Sprache e. V. für eine angemessene Verwendnung der deutschen Sprache in der Europäischen Union wird von der Bundesregierung ausdrücklich begrüßt.“
Dr. Nikolaus Meyer-Landrut, Abteilungsleiter Europapolitik im Bundeskanzleramt.
„Da gibt es bei vielen eine relativ unreflektierte Veränderung unserer Sprache. So schwindet ein Stück deutsche Identität.“
Peter Müller, CDU-Ministerpräsident, Saarland im Stern vom 11.8.2010 über Anglizismen im Alltag.
„Die deutsche Sprache ist einer der Grundpfeiler unserer Gesellschaft. Sie ist nicht nur Kommunikationsmittel, sondern auch Kulturgut.“
Martin Neumeyer, Integrationsbeauftragter der Bayerischen Staatsregierung in Oberpfalznetz vom 6.12.2012.
„Publikationen in der Muttersprache oder einer anderen Sprache als Englisch zählen nicht mehr. Die stilistische Sorgfalt – charakteristisch für geisteswissenschaftliche Publikationen – schwindet, die <Schrumpfform> des Amerikanischen, wie sie in internationalen wissenschaftlichen Zeitschriften dominiert, nivelliert die geisteswissenschaftliche Terminologie, klassische Quellen und fremdsprachige Texte werden lediglich in ihren englischen Übersetzungen rezipiert etc. Diese Entwicklung mündet in eine Art Selbstkolonialisierung der reichhaltigen und vielfältigen geisteswissenschaftlichen Landschaften Europas.“
Der ehemalige Kulturstaatsminister Nida-Rümelin in Sprachnachrichten.
„Angesichts zunehmender Anglizismen ist ein bewußterer Umgang mit der deutschen Sprache erforderlich. Wenn Anglizismen dazu führen, daß Teile der Bevölkerung ausgegrenzt werden, muß an die Einfachheit bei der Wortwahl appelliert werden.“
Cornelia Pieper, stellvertretende Vorsitzende der FDP, in Politik im Dialog, 14.02.2001.
„Es ist seit einigen Jahren ein durch beschränkte Mittel und Möglichkeiten der deutschen Sprache selbst nicht begründbarer Gebrauch von fremdsprachigen Benennungen, insbesondere von Anglizismen, in der Öffentlichkeit zu beobachten. Motiv dafür ist meist die bloße Absicht, Aufmerksamkeit zu erregen. Oft steckt dahinter auch die unbedachte Übernahme von Benennungen aus dem fremdsprachigen Original, ohne zu berücksichtigen, daß es dafür auch treffende deutsche Benennungen gibt […] Diese Tatsache ist geeignet, Menschen mit geringen Sprachkenntnissen, insbesondere Ältere, in Schwierigkeiten zu bringen und dadurch beträchtlich zu benachteiligen.“
Prof. Dr. Dieter Porsch, Fraktionsvorsitzender der PDS im sächsischen Landtag, zur Begründung eines Antrages auf Abschaffung überflüssiger Anglizismen in öffentlichen Verlautbarungen der Landes Sachsen vom 07.02.2002.
„Es ist mir eine besondere Freude, dass aus dem Highway-Hero nun der Held der Straße geworden ist. So haben wir einen Anglizismus weniger im deutschen Straßenverkehr.“
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, BMVBS-Pressemitteilung 14.12.2010.
„Der inflationäre Gebrauch von Amerikanismen in der Werbung und in den Medien, aber auch in den Veröffentlichungen vieler Unternehmen und Behörden, soll Fortschrittlichkeit und Modernität signalisieren. Tatsächlich ist er aber oft ein Hinweis auf die Verarmung der Ausdrucksfähigkeit in der eigenen Sprache. Tatsächlich grenzt er all diejenigen aus, die Englisch und Amerikanisch nicht verstehen.“
Bundespräsident Johannes Rau (SPD) in seinem Grußwort anläßlich der Eröffnung des Medienkongresses in Mainz, 23.11.2000.
„Globales und Regionales bedingen einander. Bei aller Weltoffenheit, allen wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen gibt esein Bedürfnis nach regionaler Identität, nach Heimat. Sprache ist Heimat. Sie ist das Verständigungsmittel, mit dem ein Kind erwachsen wird und die Welt begreifen lernt. Der Schritt von der kleinen, regionalen in die große, globale Welt erfolgt über das Mittel der Sprache. Heimat und Muttersprache sind unsere Sicherheit im großen Raum, das Fassbare im scheinbar Unfassbaren.“
Dr. Harald Ringstorff (SPD), Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, am 18.08.2005 in einem Interview mit der Schweriner Volkszeitung.
„Dear Sir, Sie haben mich in diesen Tagen als treuen Kunden der Lufthansa zu einem Jazz-Festival eingeladen – auf englisch, die von Ihrem Unternehmen bevorzugte Sprache. Können Sie sich vorstellen, daß ein französisches Unternehmen einem französischen Abgeordneten auf englisch schreibt? Nein, das schaffen nur die Deutschen, die meinen, sie seien weltläufig, wo sie doch in Wahrheit nur globale Banausen (engl. ignoramus oder philistine) sind. Sie können ja in Ihrem Laden machen, was sie wollen. Sie werden uns aber nicht eine andere Sprache aufzwingen. Zu Ihrem Festival komme ich nicht. Ich verbitte mir weitere Post von Ihnen. Bitte kommen Sie nicht auf die Idee, um einen Termin nachzusuchen. Yours Sincerely.“
Europa-Abgeordneter Willi Rothley (SPD) in einem offenen Brief an das Brüsseler Büro der „Lufthansa German Airlines“: 25.10.2000.
„In Zeiten, in denen wir uns bemühen, Deutsch als vierte Amtssprache in der EU wirklich anzuerkennen, ist die zunehmende Anglisierung kontraproduktiv. Sie schränkt die Schönheit und den Reichtum der deutschen Sprache ein, wirkt manchmal auch lächerlich und macht Texte nicht verständlicher. Deshalb bedroht sie die deutsche Sprache.“
Annette Schavan, Bildungs-und Forschungsministerin, im Interview mit Cicero – Juli 2007.
„Sie müssen sich doch nur ansehen, wer dieses Geschwafel in unserem Lande eigentlich verzapft. … Das sind Leute, die glauben, ihre Halbbildung könnten sie dadurch steigern, daß sie sich, weil es als schick gilt, plötzlich nicht mehr in Deutsch ausdrücken.“
Helmut Schäfer (FDP), Staatsminister im Auswärtigen Amt, auf einer Podiumsdiskussion in Hannover, 24.10.1999.
„Die Deutschen sollten … einen Patriotismus entwickeln, der von überkommenem völkischen Denken befreit ist, Sie sollten sich verstehen als Wertegemeinschaft mit einer bestimmten kulturellen Prägung.“
Otto Schily (SPD).
„Sprachen sind bei weitem das wichtigste Vehikel kultureller Entfaltung und zugleich das wichtigste Element nationaler – übrigens auch persönlicher – Identität.“
Bundeskanzler (1974-1982) Helmut Schmidt (SPD).
„Ich halte das [das moderne deutsch-englische Kauderwelsch] für eine Vergewaltigung der deutschen Sprache…. Es ist eine Gemeinheit gegenüber älteren Menschen, aber auch den Jungen, die Englisch nicht gelernt haben. Ich halte das für einen Skandal. Wenn wir weiter-fahren mit der Verhunzung unserer Sprache, werden wird die Gesellschaft spalten. … Das müssen wir verhindern. Ich halte die ganze Sache für depp – bescheuert!“
Die stv. SPD-Vorsitzende Renate Schmidt im ZDF-Magazin Frontal, 2001.
„Historisch gesehen ist es nicht die staatliche Einheit, die uns zusammen hält, sondern die kulturellen Geemeinsamkeiten. Dazu gehört vor allem die Sprache.“
„Ich habe große Sympathien dafür, die deutsche Sprache ins Grndgesetz aufzunehmen. Im Gegensatz zu vielen anderen politischen Forderungen, die das Grundgesetz nur überfrachten, ist die Sprache ein zentrales Charaktermerkmal unserer Nation.“
Bundesfamilienministerin Kristina Schröder, CDU (Rheinische Post 26.6.2010).
„Für jeden Kulturstaat ist die eigene Sprache die wesentliche Basis seines Selbstverständnisses. Hier sind erhebliche Versäumnisse von Schulen und in Sonderheit auch der Medien festzustellen. Es kann schon grausam sein, die Sprache mancher Moderatoren im deutschen Fernsehen ‚genießen‘ zu müssen.“
FDP-Bundestagsabgeordneter Gerhard Schüßler in einer Bundestagsdebebatte vom 24.01.2002.
„Wir brauchen ein klares Bekenntnis zur deutschen Sprache. Deutsch ist die gemeinsame Grundlage für das Leben in unserem Land. Eine Verfassungsänderung wäre ein sichtbares Signal, dass die deutsche Sprache oberstes Ziel aller Integrationsbemühungen sein muss.“
Markus Söder (CSU) in BILD, 29.11.2010.
„Wenn Journalisten zu Besuch kommen, täuschen sie hektische Aktivitäten vor, werfen mit Anglizismen um sich und erwecken damit bei weniger erfahrenen Journalisten den Eindruck von Modernität“
Stoibers Wahlkampfleiter Michael Spreng zur Organisation der SPD-Zentrale, Sommer 2002.
„Was heute an sprachlich-moralischer Verluderung stattfindet, ist immer schwerer zu ertragen.“
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) in der Welt am Sonntag vom 11.02.2001.
„Hält die Bundesregierung es für vertretbar, dass ein Volk, das zu zwei Dritteln Englisch schlecht bzw gar nicht spricht, im öffentlichen Raum laufend mit englischsprachiger Werbung, Gebrauchsanweisungen, Vorträgen, Zeitungsartikeln, Verträgen u.ä. konfrontiert ist?“
Bundestagsabgeodneter Jürgen Türk (FDP) in einer parlamentarischen Anfrage vom 03.07.2000.
„Die Diskussion um die Rechtschreibreform … hat in den vergangenen Jahren ein viel wichtigeres Thema überdeckt: Die Tatsache, daß wir es im täglichen und öffentlichen Leben Sprachgebrauch inzwischen mit einer überflüssigen Schwemme von Anglizismen zu tun haben. Warum muß es ’service point‘ heißen, wenn das Wort ‚Information‘ oder ‚Auskunft‘ nicht weniger tauglich ist. Warum wird zum ‚counter‘ gebeten und nicht zum Schalter‘. Warum gibt es plötzlich ‚tickets‘ statt ‚Karten‘.“
Ministerpräsident Bernhard Vogel (CDU) in Forschung und Lehre 12/2000. S. 623.
„Schrille, modische und expertenlastige Anglizismen schließen ohne Not viele Menschen von der Verständigung aus.“
Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer (Bündnis90/Grüne), in der Welt am Sonntag vom 11.02.2001.
„Sollten wir als öffentliche Vorbilder alles daran setzen, dass nicht durch Schlamperei, durch Anbiederung an Kinder- und Jugendsprache, an das Denglisch von Werbung und Medien die Sprache und Literatur als die Basis der kulturellen Identität der Deutschen vernachlässigt, sondern geschützt und gefördert wird.“
Ruth Wagner (FDP), Rede zu TOP:“Bedeutung und Förderung der deutschen Sprache“ vom 29.03.2006.
„Wer sich seiner eigenen Kultur, seiner Identität sicher ist, der pflegt auch die reichen Ausdrucksmöglichkeiten der eigenen Sprache. Und deshalb sollten wir alle Vorbilder sein!“
Ruth Wagner (FDP), Rede zu TOP:“Bedeutung und Förderung der deutschen Sprache“ vom 29.03.2006.
„Es gibt in der deutschen Sprache Sätze von höchster Schönheit und Reinheit, die so nur auf deutsch gesagt wurden.“
„Patriotismus ist Liebe zu den Seinen; Nationalismus ist Hass auf die anderen.“
Richard von Weizsäcker (CDU).
„Problematisch wird der Gebrauch von Anglizismen in der Politik auch dann, wenn die modernen Wörter alte und verstaubte Inhalte verdecken sollen. In diesem Fall verkommt das ‚handeln‘ von Problemen schnell zum althergebrachten Handhaben von Problemen und der Kaiser steht trotz aller neuen Kleider in der Öffentlichkeit nackt da. Auch in neuer Sprachverkleidung können alte Dummheiten versteckt werden.“
Landtagspräsident und Ex-Kultusminister Rolf Wernstedt (SPD) in seinem Grußwort zum 81. Niedersachsentag, Bad Pyrmont, 08.04.2000.
„Wer seine Sprache bewahrt, glaubt an seine Zukunft… Gegenwärtig wird die deutsche Sprache] mit einer Vielzahl von Anglizismen belegt, deren Wirkung auf die Sprachgestaltung und Syntax verheerend sind.“
Eckart Werthebach (CDU), Innensenator des Landes Berlin, in der FAZ vom 11.09.2000.
„Sprachkenntnis ist einer der entscheidenden Schlüssel für erfolgreiche Integration. Aber ich sage auch an die Adresse der Deutschen: Wer zu Recht von den Zuwanderern die Kenntnis der deutschen Sprache erwartet, darf nicht selbst dazu beitragen, daß die eigenen Sprache durch eine steigende Flut amerikanischer Wörter zernagt und für viele von uns unverständlich wird.“
Eckart Werthebach (CDU), Innensenator des Landes Berlin, vor dem Berliner Landtag, 06.12.2000.
„Daß die Menschen eines Landes […] über den Schutz ihrer Kultur hinaus möglicherweise auch das Recht haben, sich in ihrer Muttersprache verständigen zu können, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. […] Wer nicht mindestens über grundständiges Englisch verfügt, der hat hierzulande offenbar das Recht verwirkt, an der sprachlichen Kommunikation teilzunehmen.“
Hans Zehetmair (CSU), Bayerischer Staatsminister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, in Aviso 3/2000.
„Problematischer für die Entwicklung der deutschen Sprache als der Gebrauch von Anglizismen in bestimmten Sachbereichen ist die Tatsache, daß das Deutsche als Fach- oder Verkehrssprache auch von deutschsprechenden Menschen völlig zugunsten des Englischen aufgegeben wird. Dies gilt unter anderem für die meisten Naturwissenschaften, in denen inzwischen überwiegend auf Englisch publiziert wird, und auch für einige große Industriebetriebe mit Sitz in Deutschland, die Englisch als Konzernsprache eingeführt habe. In diesen Bereichen entwickelt sich die deutsche Sprache nicht weiter, falls sich Wissenschaftler und Wirtschaftsagenten nicht zu einer kultivierten Mehrsprachigkeit entschließen.“
Stellungnahme des niedersächsischen Kultusministeriums zur Petition von Manfred Schroeder betreffend Anglizismen, 23.11.2001.
Personen des öffentlichen Lebens über Deutsch und Denglisch
„Mein Studium, dann mein Beruf als Schauspieler haben mich früh unsere Sprache lieben gelehrt.“
„Die Menschen in Deutschland müssen einen natürlichen Stolz auf ihr Land entwickeln, den jedes andere Land ja auch hat.“
Mario Adorf, Schauspieler
„Ich liebe die deutsche Sprache. Wenn man sie richtig gebraucht, ist sie unheimlich weich und faszinierend. Ich finde sie wunder-, wunderschön; auch kompliziert, aber sie ist eine sehr präzise Sprache.“
Erkan Aki, Tenor
„Ich kämpfe damit (…) für die Anerkennung deutschsprachiger Popmusik … Vom Grundgedanken her werbe ich einfach dafür, die deutsche Sprache zu nutzen. Sie ist eine sehr reiche Sprache, alle sehen das ein, außer die Deutschen selbst.“
Laith Al-Deen, Popsänger
„Wer als deutscher Musiker in holperigem Schulenglisch oder in rudimentär nachempfundenem US-Ghetto-Slang singt und sich dabei im Nachempfinden einer ausgeliehenen Gefühlswelt übt, hat weitaus größere Chancen mit seiner Musik ins hiesige Radio zu kommen als einer, der sich der deutschen Sprache bedient.“
Götz Alsmann, Musiker, Entertainer und Moderator im ARD-Jahrbuch 2005
„Im Land der tausend Brötchensorten scheint das Ausdünnen der musikalischen Vielfalt und die fortschreitende Eliminierung der Landessprache im Radio festgeschrieben zu sein.“
Götz Alsmann, Musiker, Entertainer und Moderator im ARD-Jahrbuch 2005
„Wenn man in schlechtem Schulenglisch einen dilettantisch dahingestümperten Satz singt, hat man bei manchen Sendern eine größere Chance, als die, die sich im muttersprachlichen Bereich in Höchster Perfektion ausdrücken.“
Götz Alsmann, in der Mitteldeutschen Zeitung vom 06.07.07
„Was ich aber am meisten liebe, ist die deutsche Sprache. Ich kann in ihr meinen Traum leben, in ihr bin ich zum Schriftsteller geworden. Sie ist für mich das Tor zur Welt.“
Andreas Altmann, Schriftsteller
„… Der Umstand, daß die Reichen und Mächtigen nicht an der akademisch-literarischen Ausformung und Entwicklung des Hochdeutschen beteiligt waren, hat die Gesellschaft aber auch gegen den Sprachmißbrauch, häßliche Sprache, geschmackloses Sprechen, Klischees aller Art vergleichsweise unempfindlich gemacht. Das vulgäre Geschäftsmannsenglisch wird gern überall nachgeplappert, alle Welt läßt sich bedenkenlos „durchchecken“ denkt ans „Outsourcen“ und fühlt sich „out of this world“.“
Asafa-Wossen Asserate, Schriftsteller
„Man hat ja teilweise das Gefühl, daß wir hier versuchen, unsere Sprache zu vergessen“
Ayman, Musiker
„In der Zeit der Verendung unserer Sprache und des immer größeren Einflusses der Anglizismen bekomme ich einen Brechreiz und würde am liebsten meine Sense herausholen.“
Thomas Bley, Musiker
„Das flotte Nachplappern überflüssiger Anglizismen zeugt nicht von einer demokratischen, westlichen, postnationalen oder sonst welchen Gesinnung, sondern vielmehr von einer partiellen Beschränktheit, die von Schönheit und Prägnanz einer Sprache nichts weiß.“
Günter de Bruyn, Jacob – Grimm – Preisträger 2006
„Ich kann nur sagen, mich faszinieren Texte in Deutsch. Wenn der NDR zum Beispiel „Geh Doch“ spielt und dann diesen Titel Zeile für Zeile zerreißt, um dann dach zehn Minuten zu sagen: Genug mit der „Howie“-Verarsche, jetzt spielen wir wieder Musik: „I’m a Big Big Girl in a Big Big World“, dann denke ich, bin ich bekloppt oder die? …“
Howard Carpendale, Sänger
„Als ich nach Deutschland kam, sprach ich nur Englisch – aber weil die deutsche Sprache inzwischen so viele englische Wörter hat, spreche ich jetzt fließend Deutsch!“
Rudi Carrell, Fernsehmoderator
„Grundsätzlich kann ich übrigens überhaupt nicht verstehen, warum Bands aus Deutschland nicht in ihrer eigenen Sprache singen.“
Guy Cross, Sänger („Band ohne Namen“)
„Wir sind hier gezwungen, zu achtzig Prozent amerikanische Kultur zu konsumieren – im Fernsehen, im Kino und so weiter. Kultur und Politik kann man nicht trennen und die Amerikaner bestimmen, was die anderen zu tun haben. Es gibt keine wirklich souveränen Staaten.“
Gabi Delgado von der Musikgruppe „DAF“
„Nur wer nicht mit der deutschen Sprache aufgewachsen ist, kann ermessen, was für eine wunderbare Erfahrung ein deutsches ‚SCH‘ ist.“
Leon de Winter
„Ich bin tatsächlich einer der wenigen Nichtdeutschen, die nach Deutschland kommen und sich in die Sprache verliebt haben. Deutsch ist für mich die große Liebe.“
Momo Djender (deutsch-algerischer Sänger) am 10.11.2012 auf ProSieben
„Ich mag die deutsche Sprache, die deutschen Dichter – Goethe, Schiller. Selbst Shakespeares berühmter Satz ‚To be or not to be, that is the question‘ klingt auf meiner Meinung nach auf Deutsch kräftiger: ‚Sein oder Nichtsein, das ist hier die Frage‘.“
Kirk Douglas
„Englisch als erste Fremdsprache müßte europaweit verboten werden.“
Roland Duhamel, Vorsitzender des belgischen Germanistenverbandes
„Man kann im eigenen Land in einer anderen Sprache schlecht eine Geschichte erzählen. Weil sie nicht stimmt, da gibt es eine bestimme Authenzität. Ich lasse mir von den Rechten das Recht auf Sprache, meine Heimatsprache, nicht nehmen. Man ist in dieser Sprache zu Hause. Es wäre super gewesen, wenn sie [Lena] in Deutsch gesungen hätte.“
Katja Ebstein, Sängerin, zu Lenas Eurovision-Auftritt bei Peter Hahne am 15.5.2011 im ZDF
„Ich hasse Unflätigkeiten, die sinnlos daher kommen. Meine Sprache ist nach wie vor die eines Menschen, der die deutsche Sprache mag und sie nicht reduziert auf Umgangssprache. Das wird man bei mir nicht finden.“
Hartmut Engler, Musiker der Gruppe ‚Pur‘
„Ein Land, welches seine Volkslieder vergisst, ist dabei, vergessen zu werden.“
Gotthilf Fischer, Chorleiter
„Natürlich werbe ich für mein Vaterland. Wir waren immer stolz auf Made in Germany. Das heißt, übersetzt für einen Pfarrer, der von Technik nicht viel versteht: Made in Germany – auf uns kannst du dich verlassen.“
Jürgen Fliege, ‚TV-Pfarrer‘
„Ob Grönemeyer singt oder ich ist egal. Die gute deutsche Musik lebt. Man sieht es an den ausverkauften Konzerten. Nur deutsche Musik geht dem Menschen an die Seele.“
Ute Freudenberg, Sängerin
„Dinge, die ’schön‘, ‚wunderbar‘, ‚reizvoll‘, ‚faszinierend‘, ‚bezaubernd‘ oder ‚prächtig‘ sind, werden heute nur als ‚cool‘ bezeichnet.“
Prof. Wolfgang Frühwald, Präsident (1999-2007) der Alexander-von-Humboldt-Stiftung
„Unsere Jugendsprache ist obszön und amerikanisiert – sie zeigt, wie versaut und unappetitlich unsere Kultur geworden ist.“
Götz George, Schauspieler
„I answer in English because I want the whole world to understand me: It’s a crying shame that we Germans don’t use our beautiful motherlanguage anymore.“
Robert Gernhardt (auf die Frage, was er davon hält, daß der deutsche Beitrag zum Grand Prix 2002 auf englisch vorgetragen wird)
„Es ist so erbärmlich, Leuten zuzuhören, die es verwenden“
Robert Gernhard über Denglisch, während einer Lesung im Theaterhaus Stuttgart im Januar 2004
„Ich mag Denglisch gar nicht, deutsch sehr und schätze das Fränkische.“
Michael Glos, Poltiker
„Aus keinem anderen Land scheinen die Menschen so gern und ausgiebig zu verreisen wie aus Deutschland. Und kaum sind sie wieder zu Hause, planen sie schon wieder die nächste Flucht, als wollen sie eigentlich immer nur weg.Und auch dort, wohin sie fliehen, wollen sie möglichst weder anderen Deutschen begegnen noch selbst als Deutscher erkannt werden.Als sei ihnen das irgendwie peinlich, als sei das Land, in das sie geboren wurden, ein notwendiges Übel, mit dem sie ansonsten nichts weiter zu schaffen haben.“
Daniel Goeudevert, Manager und Autor
„In den letzten Jahrzehnten hat sich das Deutsche allzu widerstandslos als eine Art Dorftrottel unter den Sprachen präsentiert, der nicht richtig in der Lage ist, für aktuelle Gegenstände aus seinem angestammten Wortschatz neue Begriffe zu bilden, und sich statt dessen auf eine Weise, die ein amerikanischer Kommentator als ‚vorauseilende Unterwürfigkeit‘ bezeichnete, mit schlaffer, altersfleckiger Hand aus dem weltweit dampfenden englischen Breitopf bedient.“
Max Goldt, Schriftsteller
„[…] sich selber auszudrücken, ist mir in der deutschen Sprache immer am besten gelungen. Wenn ich amerikanische Klassiker auf Englisch gesungen habe, hatte ich immer so ein Gefühl, dass ich gar nicht weiß, wovon ich rede.“
Stefan Gwildis, Sänger
„Deutschland ist noch immer attraktiv als Wirtschaftsstandort und wird es bleiben, wenn die Menschen zusammenrücken. Und genau das passiert jetzt auch. Ich werbe für Deutschland durch meine positive Haltung dem Land gegenüber.“
Sven Hannawald, Skiflugweltmeister (auf die Frage, ob er für die Marke Deutschland werben würde)
„Manchmal habe ich den Eindruck, dass ich nun Englisch lernen muss, um die Deutschen zu verstehen.“
Dr. Helena Hanuljakov, Präsidentin des Internationalen Deutschlehrer-Verbandes
„Die Sprache ist das Haus, des Seins.“
Martin Heidegger: „Über den Humanismus“
„Deutsch ist eine super Sprache. Bei Musik ist es mir wichtig, dass ich verstehe, was gesungen wird.“
Silvio Heinevetter, Torwart
„Wenn ich mir jetzt so im Rückblick die deutschen Lieder angucke, die ich schon geschrieben habe, kann ich es schon verstehen, wenn Leute zu mir sagen, sie würden sich mal eine ganze Platte in Deutsch wünschen. Ich verstehe es deswegen, weil mich deutsche Songs mehr rühren als die englischen. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, daß es einfach Deutsch ist, daß es meine Muttersprache ist.“
Peter Heppner, Sänger („Wolfsheim“)
„Kultusminister, die für das Englische als neue Universalsprache plädieren, zeichnen sich in der Regel dadurch aus, daß sie nicht einmal mit den Nuancen ihrer Mutterprache vertraut sind.“
Prof. Dr. emerit. Nobert Hinske (Philosoph, Universität Trier)
„Präsident: Hörte ich da richtig- ? Mercedes dieser deutsche Betrieb schlechthin, droht abzuwandern in die USA? Das übertrifft noch alles charakterlich Defekte, was ich je aus Deutschland hörte. … Die Hunnen haben, seit das Europa-Geschrei an der Tagesordnung ist, keinen Funken Nationalstolz mehr: Sogar ihre Sprache erzählte ein Journalist, durchsetzen sie derartig mit Anglo-Amerikanischem, daß sie demnächst auch ihre Familiennamen noch ins Englische übersetzen.“
R. Hochhuth, Sprachpreisträger (Aus dem Stück: Mc Kinsey kommt)
„Obwohl wir international kräftig wachsen, ist für mich die deutsche Herkunft klar und wichtig, da brauche ich keine englischen Formen.“
Albrecht Hornbach, Chef der Baumarktkette Hornbach Holding AG
„Alle Pop-Künstler, die gute Geschichten erzählen, tun dies in ihrer Muttersprache.“
Hubertus von Hohenlohe, Sänger
„Wir haben die Fuchtel der politischen Korrektheit. Das ist eine Erkrankung der Sprache und der Umgangsformen, die immer weiter um sich greift und eine moralinsüchtige Atmosphäre erzeugt.“
Reinhard Jirgl (Büchner-Preisträger 2010) in der ARD-Sendung Druckfrisch vom 26.5.2013
„Ich brauche die deutsche Kultur um mich herum.“
Jette Joop, Mode-Designerin
„Ich bedaure sehr, daß die Regel aufgehoben wurde, daß jeder in seiner Sprache singt. Die Deutschen sind dabei als erste umgefallen, wir haben ja das wenigste Rückgrat, wenn es um die eigene Identität geht.“
Udo Jürgens, Sänger (zum Grand Prix Eurovision)
„Wenn wir alle anfangen, Englisch zu singen, verleugnen wir unsere Wurzeln.“
„Die deutsche Sprache ist für mich die Basis meines Denkens, Fühlens, Träumens, meines Glücks, meiner Angst, meiner Zweifel und überhaupt sämtlicher Emotionen.“
„Ich liebe die deutsche Kultur, die deutsche Geschichte, die deutsche Mentalität.“
„Ich habe die deutsche Sprache immer als irrsinnig schön und interessannt empfunden.“
Udo Jürgens, Sänger
„Ich lebe gern in Deutschland. Ich arbeite gern hier und fühle mich wohl. Deutschland ist meine Heimat, hier habe ich meine Familie.“
Johannes B. Kerner, Moderator (auf die Frage, ob er für die Marke Deutschland werben würde)
„Die deutsche Sprache ist eine der schönsten und ausdruckvollsten aller Sprachen – wenn man sich ihrer Kraft bedient!“
Klaus Kinski, Schauspieler
„Ob Deutsch eine Wissenschaftssprache bleibt oder nicht, ist darum keine Frage des Nationalstolzes. Es geht um viel mehr: um die Demokratie.“
Stefan Klein, Biophysiker und Wissenschaftsjournalist, FAZ 06.07.2007
„Ich hasse Anglizismen. Das ist alles Bullshit.“
Georg Kofler, Geschäftsführer von Premiere
„Kinder, die sich in der Muttersprache sicher bewegen, bringen es im Erlernen der Fremdsprache zu mehr Eleganz.“
György Konrad, Schriftsteller
„Die Muttersprache ist die entscheidende Basis – auch für das Erlernen von Fremdsprachen.“
Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbands
„Ein zukunftsfähiges Bildungswesen leistet deshalb gerade in Zeiten der Globalisierung Identitätsstiftung und Orientierung, denn Zukunft ist Herkunft.“
Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbands
„Die Deutschen sind dabei, sich parallel zur demographischen Entwicklung auch sprachlich abzuschaffen.“
Josef Kraus, Präsident des Deutschen Lehrerverbands
„Denken kann jeder am besten in seiner Muttersprache. Sie ist daher unersetzlich, wenn es um den wissenschaftlichen Austausch und besonders um das Training von Doktoranden geht. In meiner Arbeitsgruppe wird nun wieder mehr Deutsch gesprochen.“
Prof. Dr. Karin Krupinska, Professorin für Zellbiologie, Universität Kiel in Biologie in unserer Zeit, 40. Jahrgang (Heft 5), S.287 (2010).
„Früher sagte man Unterhaltungskünstler, heute Entertainer. Da ich Amerikanismen nicht mag, sage ich Unterhaltungskünstler.“
Peter Kraus, Schauspieler und Rock’n’Roll-Sänger
„Früher sagte man Unterhaltungskünstler, heute Entertainer. Da ich Amerikanismen nicht mag, sage ich Unterhaltungskünstler.“
Peter Kraus, Schauspieler und Rock’n’Roll-Sänger
„Der Witz ist doch der, daß wir schon alle irgendwie amerikanisiert sind, in unseren Lebensumständen, angefangen bei McDonalds bis zur Rock- und Pop-Musik, bis zum Denglisch.“
Günter Kunert, Schriftsteller
„Ein Arbeitsloser kommt ins Job-Center, trifft am Front Desk auf den Case-Manager, der auf Grundlage eines Tiefenprofilings mit Unterstützung des Back Office ein Vermittlungsangebot an die PSA macht.“
Isolde Kunkel-Weber, „ver.di“-Vorstandsmitglied
„Die deutsche Sprache liegt mir am Herzen, weil mein Herz deutsch spricht. Es gibt kein höheres kulturelles Gut eines Volkes und einer Nation als die Sprache.“
Reiner Kunze, Schriftsteller
„Deutsch hat große Vorteile, die man oft nicht wahrnimmt. Deutsch ist eine viel dramatischere Sprache als Englisch. Sie hat viel mehr Konsonanten, man kann viel mehr Akzente setzen. Sie ist bildhafter, knackiger und hat mehr Konturen. Das hat schon Andrew Lloyd Webber gesagt, nachdem ich das Phantom der Oper für ihn übersetzt hatte.“
Michael Kunze, Komponist und Liedertexter in den Ruhrnachrichten vom 9. Dezember 2017.
„Die politische Korrektheit tötet den französischen Esprit.“
Karl Lagerfeld, Modedesigner
„Das mache ich daran fest, dass wir ja in einer Weise zunehmende Neigungen haben an Hochschulen, oder auch an Schulen in Deutschland, Englisch als Unterrichtssprache zu verwenden, und die Eltern glauben, das wäre die große Chance für ihre Kinder. Das ist im Grunde nicht der Fall, denn jede Sprache vermittelt ja auch ein eigenes Weltbild, und die Sprache ist ja eingebettet in den Begriff Kultur, eingebettet in den Begriff Bildung.“
Dieter Lehmann, Präsident des Goethe-Instituts am 25.2.2010 im Deutschlandfunk
„Wir stellen einen bemerkenswerten Verzicht auf den Gebrauch der eigenen Sprache fest. Wie aber können wir etwas ins Ausland tragen, was im Inland verkümmert?“
Jutta Limbach, ehem. Präsidentin des Goethe-Instituts
„Aber wir haben eine so geile eigene Sprache, wir haben Hesse, Heine, Mann, Rilke und Goethe. Deren Sprache wurde von den Nazis mit einer Axt brutal rausgehauen. Ich wollte sie wiederentdecken, und zwar nicht nur für einen elitären Kreis, sondern für die populäre Kultur.“
„Mich hat es gestört, dass es keine ordentlichen deutschen Texte gab. Ich dachte, das muss doch gehen. Dass ich Trommler war, kam mir sehr zugute. Ich hab mir die Sprache zurechtgetrommelt. Ich konnte gut Wörter dehnen wie Kaugummi, sie schleudern, zerbeißen, konnte rhythmisch auch die ersten Rap-Dinger anlegen: ‚Käthe Dorsch wohnt in Kiel‘, das war schon Ende der Siebziger.“
Udo Lindenberg, Sänger
„Wir müssen ein Naturschutzgebiet für deutschsprachige Pop- und Rockmusik im Radio schaffen. Es geht für uns gar nicht mehr um Gleichberechtigung, sondern nur noch um Artenschutz. Man hat geradezu das Gefühl, daß deutsch singende Künstler diskriminiert werden.“
Wolf Maahn, Sänger
„In meiner Branche stört mich das zunehmende Berater-Denglisch. Da gibt’s keine Vier-Augen-Gespräche mehr, sondern eye to eye talks und die Erkenntnisse danach heißen learnings.“
Helmut Markwort, Ex-Chefredakteur des Focus
„Ich mag das Deutsche. Es ist die Sprache der Poesie.“
Eva Mei, Sopranistin
„A man who loses his language loses his soul.“
James Michener, US-amerikanischer Schriftsteller
„Die deutsche Sprache wir mit Füßen getreten. Durch Sprachfaulheit und durch englische Begriffe, die vermeintlich so bequem, schick und jung sind.“
Edda Moser, Kammersängerin
„Wir haben eine der wunderbarsten, schönsten, gebildetsten Sprachen der Welt und wir machen keinen Gebrauch davon. Das ist eine Ressourcenverschwendung, die sich keine Kultur leisten kann.“
Adolf Muschg, Schriftsteller und Literaturwissenschaftler
„Im Deutschen gibt es das schöne Wort „Wortschatz“ – und diesen Schatz haben wir noch lange nicht ergründet. In den Tiefen der deutschen Sprache liegen immer noch unzählige Edelsteine verborgen.“
Xavier Naidoo, Sänger am 22.9.2012 in der Ostseezeitung
„Die Deutschen sind das einzige Volk, das meint, in den Augen der anderen Völker weniger beliebt zu sein, als es in Wahrheit ist. Alle anderen halten sich für beliebter, als sie es tatsächlich sind.“
Susan Neiman, US-Philosophin
„Ich habe mit den 99 Luftballons bewiesen, daß man nicht englisch singen muß, um im Ausland Erfolg zu haben. Die Amis fanden die deutsche Version viel spannender.“
Nena, Sängerin
„Bei Produkten, die nur für Deutschland gedacht sind, halte ich Anglizismen für total falsch. Oft ist es Ausdruck dafür, daß den Kreativen nichts Besseres eingefallen ist. Gegenüber dem Konsumenten halte ich es für respektlos: Man versetzt ihn in die peinliche Lage, etwas nicht zu verstehen. Dann muß man sich nicht wundern, wenn Kunden nicht zugreifen.“
Olaf Oldigs, Kreativchef der Werbeagentur Springer & Jakoby
„Man braucht gar kein fremdes Land, um die Muttersprache zu verlieren, das kann man auch zu Hause.“
Emine Sevgi Özdamar, türkische Schriftstellerin
„Die Verteidigung der Sprache ist mein Weg, den Frieden zu befördern: ein unablässiger Kampf gegen die Verschandelung der Sprache, gegen die ständige Wiederholung von Stereotypen, gegen Rassismus und Intoleranz, gegen die Verherrlichung von Gewalt.“
Amos Oz, Schriftsteller
„Die Muttersprachen sind die Völkerherzen, welche Liebe, Leben, Nahrung und Wärme aufbewahren und umtreiben.“
Jean Paul (1763-1825)
„Ich finde auf Deutsch zu singen geiler, weil ich mehr Gefühl in den Text legen kann.“
Philippe, der „Superstar“-Dritte
„So fahrlässig, so dümmlich und so unüberlegt, wir wir Deutsche mit unserer Sprache umgehen, so wie wir sie täglich mehr und mehr verunstalten durch die Verwendung von englischen Begriffen, müßte uns eigentlich das Sorgerecht über unsere eigenen Wörter entzogen werden. Wir gehen mit unserem Sprachschatz um, als bestünde er aus Dung und Müll.“
Rainer Popp, Schriftsteller
„Ich setze mich für die deutsche Sprache ein – und das militant.“
Christian Quadflieg, Schauspieler
„Deutsch ist meine Muttersprache. In welcher Sprache sollte ich sonst schreiben? Wer braucht noch Songs in schlechtem Englisch?“
Frank Ramond, Liedtexter und Echo-Preisträger
„So lange wir zusammenarbeiten, ist die Amtssprache deutsch.“
Ralf Rangnick, Fußballtrainer
„Selbst in Europa sehe ich heute überall amerikanische Handelsketten. Es ist kein gesunder Zustand, wenn eine Kultur von einer anderen so erdrückt wird.“
Robert Redford, Schauspieler
„Das, was sich jetzt mit dem Englischen im Deutschen abspielt, ist ziemlich lächerlich und abscheulich. Es hat überhaupt keinen Sinn mehr, es werden Ausdrücke in Hülle und Fülle verwendet, die im Deutschen viel besser vorhanden sind. Man sollte sich dieser ungewöhnlichen Verfremdung energisch widersetzen.“
Einmal aber tadelte er mich, als ich in einer Rezension einen Autor als „Alien“ bezeichnet hatte. Das Wort missfiel ihm ganz und gar, den Film gleichen Titels kannte er nicht. Zu meiner Verblüffung sagte er: „Ein deutscher Mann schreibt deutsch. Und trinkt deutsches Bier“. (Der Autor Volker Hage in seinem Nachruf)
Marcel Reich-Ranicki, Kritiker
„Wie kann man eine Sprache genug preisen, die so reine Dichtung, so unergründliches Denken, so kosmische Musik, so frische naturwissenschaftliche Keime schöpft! Vor einer solchen Sprache muss man Furcht und Ehrfurcht haben.“
Fuad Rifka, Dichter
„Es nervt mich tierisch. Viele Leute, die keine Silbe Englisch können, hören sich an, als wären sie beschissen aus dem Englischen übersetzt worden.“
Harry Rowohlt, Übersetzer
„Ich liebe die deutsche Sprache. Sie hat mir ein Zuhause gegeben und durch die Übersetzungen meiner Bücher die Welt zu 21 Sprachen geöffnet. Deutsch ist mein Tor zu anderen Sprachen. Auf Arabisch hätte ich das nicht erreicht.“
„Deutsch ist eine schöne Sprache, und ich verstehe nicht, wie die Deutschen sie durch Anglizismen zerstören lassen, das zeugt von Dummheit.“
„Was ich aber am meisten liebe, ist die deutsche Sprache. Ich kann in ihr meinen Traum leben, in ihr bin ich zum Schriftsteller geworden. Sie ist für mich Tor zur Welt.“
Rafik Schami, Schriftsteller
„Ich bin jedenfalls sehr stolz, Deutsche zu sein. Manchmal treffe ich Deutsche, die mit mir Englisch sprechen wollen. Das kann ich überhaupt nicht verstehen, ich liebe die deutsche Sprache, ich spreche mit meinen Kindern nur Deutsch und ich habe sehr viele deutsche Freunde hier. In der Schule haben wir eine Deutschgruppe gegründet, in der die Kinder sich einmal pro Woche mit der deutschen Kultur beschäftigen, mit den Traditionen, von Karneval bis St. Martin“
Claudia Schiffer, Model
„Als ich nach Berlin zurückkam und durch die Stadt fuhr, hat mich überrascht, wie die deutsche Sprache mit Anglizismen verhunzt wird. Warum machen die das? Coffee to go! Shoppen ohne zu stoppen! So ein Quatsch! Wollen die, dass wir alle verblöden? Was tun die ihrer Sprache an? Wie verhöhnen und entwürdigen sie jene Menschen, die nicht Englisch gelernt haben?“
Angelika Schrobsdorff, Schriftstellerin
„Erstens würde ich alle Anglizismen aus der deutschen Sprache eliminieren.“
Jessica Schwarz, VIVA-Moderatorin
„Das Halbdunkel vielfältig verschachtelter, gelehrt klingender Kunstworte und Sprachformen bietet sich ganz besonders für das Halbverstandene, nicht recht Durchschaute oder mangelhaft Durchdachte an, dessen Unklarheit es mit dem kristallenen Flitterglanz exotischer Sprachfetzen überstrahlt.“
Prof. Dr. Günter Schmölders, Wirtschaftswissenschaftler
„Gerade in der sehr starken Position des Englischen sehe ich den wichtigsten Aspekt des europäischen Sprachproblems.“
Reinhard Selten, Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften (VDS-Ehrenmitglied)
„Wer seine Sprache mit Englisch garniert, gibt sich weltgewandt und modern. Und kann sich abgrenzen gegen all jene, die ihn nicht verstehen sollen, weil er in Wahrheit gar nichts mitzuteilen hat.“
Bastian Sick, Journalist (VDS-Ehrenmitglied)
„Der Engländer singt englisch, der Franzose französisch, der Spanier spanisch – nur, wenn Deutsche deutsch singen, müssen sie sich rechtfertigen. Dabei ist das die Sprache, in der sie lachen, weinen, lieben, essen und sich ausleben! Ist es nicht tragisch, daß sich der deutsche Fernsehzuschauer erst wieder an seine eigene Muttersprache gewöhnen muss?“
Ralph Siegel, Schlagerkomponist
„Ich glaube, die Deutschen sind nicht stolz genug auf ihre Sprache. An Heideggers Ausspruch, nur Deutsch und Griechisch seien fürs Philosophieren geeignet, ist vielleicht doch irgendwas dran. Ich glaube jedenfalls nicht, dass es ein Zufall ist, dass es in der Vergangenheit so viele deutsche Denker und Komponisten gab. Oder in der Gegenwart, dass die Deutschen so einzigartig gute Maschinen und Motoren bauen. Die Komplexität ihrer Sprache bereitet sie genau darauf vor.“
Yngve Slyngstad, Chef des Norwegischen Staatsfonds in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 7. Februar 2016, S. 40
„Ich versuche, in meinen Texten nach Möglichkeit kein Denglisch zu verwenden. Die deutsche Sprache ist facettenreich genug, dass ich mich des Denglischen nicht bedienen muss.“
Smudo, Musiker („Die Fantastischen Vier“)
„Wissen Sie, diese dummen Amerikanismen, die sich inzwischen überall einschleichen, finde ich albern.“
Peter Sodann, Schauspieler
„[…] die Deutschen müssen endlich damit aufhören, ihre nationale Kultur mit Füßen zu treten. Wenn die Deutschen das nicht schaffen, ist meine letzte Hoffnung für Europa dahin. Ich glaube, die Deutschen haben noch nicht verstanden, welch ungeheure Bedeutung das deutsche Kulturerbe für sie selbst und für die ganze Welt hat. Ich kann mir diese Missachtung nur so erklären: Deutschland hat es noch nicht vollständig erfasst, wie wichtig seine Kultur für die gesamte zivilisierte Welt ist.“
Alexander Sokurow, Regisseur und Drehbuchautor
„Wenn Journalisten zu Besuch kommen, täuschen sie hektische Aktivitäten vor, werfen mit Anglizismen um sich und erwecken damit bei weniger erfahrenen Journalisten den Eindruck von Modernität.“
Michael Spreng, Wahlkampfleiter von Kanzlerkandidat Stoiber
„Spaghetti mit Meeresfrüchten sind, für sich genommen, absolut essbar; und auch Tiramisu ist eine feine Sache. Rührt man aber beides zusammen, erhält man eine unappetitliche Pampe. Und so ist auch Denglisch, diese Mixtur aus Englisch und Deutsch, die von Leuten ohne Sprachgefühl für cool gehalten wird, eine ziemlich ungenießbare Sache.“
Hannes Stein, Journalist und Autor
„Der Verderb der Sprache ist der Verderb des Menschen.“
Dolf Sternberger, Poltikwissenschaftler und Journalist (lt. ‚Kauderwelsch‘, Mainhardt Graf Nayhausß (Hg.))
„Man unterschätze nicht die ‚Botenstoffe‘ der Sprache. Es gibt geisthemmende und geiststimulierende Begriffe.“
Botho Strauß, Schriftsteller
„Der göttliche Baumeister der Erde hat die Menschheit nicht erschaffen als ein gleichförmiges Ganzes. Er gab den Völkern verschiedene Blutströme, er gab ihnen als Heiligtum der Seele ihre Muttersprache.“
Gustav Stresemann (1878-1929)
„Wer die deutsche Sprache versteht und studiert, befindet sich auf dem Markte, wo alle Nationen ihre Waren anbieten, er spielt den Dolmetscher, indem er sich selbst bereichert.“
Ständige Arbeitsgruppe Deutsch als Fremdsprache
„Sprachen sind kostbare und wunderbare Gebäude, Kathedralen des Geistes, die im aktuellen globalen Kultur-Luft-Krieg extremer Gefährdung ausgesetzt sind, deren Verlust unerträglich und deren Bewahrung und Pflege uns daher aufgetragen ist.“
Jürgen Trabant, Sprachwissenschaftler
„Ähnlich wie bei den Deutschen gilt bei den Mongolen derjenige als ‚weltgewandt‘ und ‚gebildet‘, dem es gelingt, in jedem Satz ein oder zwei englische Worte unterzubringen. Noch zu keiner Zeit wurde die mongolische Muttersprache so entstellt wie in Laufe der letzten Jahre.“
Galsan Tschinag, Schriftsteller
„Ich finde es schlimm, was mit unserer deutschen Sprache passiert. Wenn ich einen großen Milchkaffee möchte und einen ‚Grand Caffe latte low fat with extra shot to go‘ bestellen muss, dann regt mich das auf. Das ist doch total bekloppt.“
Sebastian Vettel, Automobilrennfahrer (Formel 1) in BILD vom 7.3.2008
„Die eigene Sprache ist der Kern aller Welterkenntnis.“
Antje Vollmer, Politikerin
„In seiner Muttersprache ist man doch am präzisesten, kann am ehesten Gefühle und Zwischentöne ausdrücken.“
Antje Vollmer, Politikerin, Interview im „Spiegel“, 17. September 2004
„Die Anglisierung unserer Sprache steigert sich allmählich in eine monströse Lächerlichkeit. Deutsch wird uncool. Gleichzeitig blamieren wir uns mit Worthülsen wie „Ich erwarte mir“ oder „Ich gehe davon aus.“ “
Vicco von Bülow (Loriot) in einem Interview vom 21. Juni 2002 der Süddeutschen Zeitung auf die Frage: „Wie beobachten Sie den Wandel der Sprache? Sind Sie in Sorge?“
„Aber wieviel Fremdwörter kann man sich einverleiben (!), ohne sich innen fremd zu werden.“
Martin Walser, Schriftsteller
„Es hat mir eben immer widerstrebt, mich stets gestört, den Missbrauch unserer Sprache in fast allen Bereichen der Gesellschaft als gegeben hinzunehmen. Nicht das entsetzliche Parteichinesisch des vergangenen Systems, nicht die Überfrachtung der Alltagssprache mit Amerikanismen, Anglizismen oder sonstigen Ismen, nicht das oberflächliche sensationslüsterne Geschreibe und Geschwätz der Medien und auch nicht die geringe Achtung der Schulfächer Deutsch und Musik, was letztendlich zur Verkümmerug der emotionalen Intelligenz führen würde. Die deutsche Sprache hat wahrlich Besseres verdient als Wortverstümmelung, Sprachpanscherei oder Behördenkauderwelsch.“
Peter Weise, Schriftsteller
„Unser Heil – manche Wörter muss man wirklich unter Schuttbergen ausgraben -, unser Heil in diesem zur Zeit so heillosen Land ist unsere deutsche Sprache. Sie ist differenziert, genau, subtil, liebevoll, scharf und behutsam zugleich. Sie ist reich. Sie ist der einzige Reichtum in diesem Land, das sich reich glaubt und es nicht ist. Sie ist all das, was dieses Land nicht mehr ist, noch nicht wieder ist, vielleicht nie mehr sein wird.“
„Vom Ausland her gesehen, reduziert sich Deutschland für mich auf die deutsche Sprache. Das ist mein Gepäck, das ist mir das Liebste in diesem Land.“
Wim Wenders, Filmemacher
„Denglisch kann ich nicht leiden. Die deutsche Sprache ist reich genug.“
Wilhelm Wieben, ARD-Tagesschausprecher (1973-1998)
„Wir Deutsche unterliegen nicht den Franzosen und den Britten im Kampf um die Sprachen, wir verlieren eher gegen uns selbst: Das Problem des Deutschen in der EU sind die Deutschen, die kein Deutsch reden.“
Martin Winter (Quelle: Süddeutsche Zeitung 15.06.07)
„Es ist der Drang jedes jungen Menschen, auf etwas stolz zu sein. Warum nicht auf die eigenen Leute.“
Sönke Wortmann, Filmregisseur („Das Wunder von Bern“)
„Ein Volk hat eigentlich nicht das Recht, etwas, das zum Weltkulturerbe gehört, verwahrlosen zu lassen.“
Dieter E. Zimmer, Schriftsteller und Publizist (1973-1977 Feuilletonchef der Zeit)
„Wenn mehr auf deutsch gesungen würde, könnte sich das Talent besser entwickeln. Gedanken und Gefühle lassen sich einfach besser mitteilen.“
Rolf Zuckowski, Liedermacher
- Protestieren Sie gegen Sprachhunzer!
Sind Sie auch genervt von den Sprachhunzern in Politik und Medien? Mit unseren Formularen können Sie protestieren
Aktionsblätter (pdf, 25 kB)
- Wanderausstellung ‚Deutsch ist out‘
Die VDS-Wanderausstellung Deutsch ist out kann über die Berliner Regionalgruppe für eigene Ausstellungen angefordert werden.
Wörterbücher im Netz
- LEO English/ German Dictionary:Umfangreiches Wörterbuch, benutzerfreundlich, klasse.
- Wortschatz Deutsch (an der Uni Leipzig) Gibt umfassende Informationen zu deutschen Wörtern an: Häufigkeit, Synomye, Anwendungsbeispiele usw.
- Anglizismen und Übersetzungsfallen: umfangreiche Liste, zusammengestellt von Stefan Winterstein
- Computerspiele aus Deutschland: Übersetzungsvorschläge aus dem Bereich EDV.
- Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache: das größte frei zugängliche Wörterbuch für die deutsche Sprache
- dict.cc: offenes Wörterbuchprojekt für Deutsch-Englisch-Übersetzungen
- The Free Dictionary
- linguee.de: Übersetzungsvorschläge aus dem Netz
- www.fremdwort.de: Fremdwörterbuch
- Handy: Ausführliche Auskünfte zu Herkunft und Verwendung des Pseudo-Anglizismus
Literatur
Vestische Forschungsstiftung e. V.
Der Vorstand
Bachaue 3
46284 Dorsten
Tel. 02362/65755
Pressemitteilung
Wissenschaftliche Studien zum Zusammenhang zwischen Sprachwandel, Persönlichkeitseigenschaften und gesellschaftlichen Einstellungen
Bisher gab es so gut wie keine wissenschaftlichen Arbeiten zu der Frage, durch welche Persönlichkeitseigenschaften und gesellschaftliche Einstellungen sich Menschen auszeichnen, die eine besondere Vorliebe für Anglizismen in der deutschen Sprache haben. Inzwischen liegen zwei Studien zum Thema vor. Eine von Professor Roland Imhoff, Institut für Psychologie der Universität Mainz und eine von Professor Christopher Cohrs, Fachbereich Psychologie der Universität Marburg. Beide wurden von der Vestischen Forschungsstiftung gefördert.
In zwei Punkten stimmen die Studienergebnisse mit erstaunlicher Deutlichkeit überein:
– Menschen, die sich weniger mit Deutschen oder Deutschland identifizieren
und
– Menschen, die die US-amerikanische Gesellschaft bevorzugen,
lieben es, Anglizismen in ihr Deutsch einzuflechten. Der Einfluss dieser beiden Größen auf das Sprachverhalten ist im Vergleich zu anderen Variablen besonders stabil
und besonders hoch. Die Freude an Anglizismen steht einem Verbundenheitsgefühl mit den Deutschen nicht im Wege. Dieses weist einen vergleichbaren inneren Bezug auf. Mit den obigen Eigenschaften einhergehend wirkt sich auch Bildung stark auf den Anglizismengebrauch aus, die mit besseren Englischkenntnissen verbunden ist.
Das Alter, das zunächst stark mit abnehmendem Anglizismengebrauch korreliert, erweist sich als indirekte Variable, die durch Eigenschaften und Einstellungen, welche mit zunehmendem Lebensalter übernommen werden, wesentlich besser erklärt wird.
Über diese starken Einflussgrößen hinaus fand Imhoff noch einige schwächere. So werden Freunde von Anglizismen des Weiteren als überwiegend weibliche, politisch eher links orientierte, gesellschaftlich weniger engagierte Menschen beschrieben, um einige weitere Merkmale zu nennen.
Cohrs fand in seiner unabhängigen Untersuchung, dass die Präferenz für Anglizismen neben den oben genannten, übereinstimmenden starken Abhängigkeiten auch von Migrationshintergrund und dem Anglizismengebrauch im Umfeld des Befragten abhängt. Letzteres würde für einen selbst verstärkenden Zyklus des Anglizismengebrauches sprechen, der durch entsprechenden Sprachgebrauch in Medien und
Wirtschaft verstärkt wird.
Basis der Untersuchungen sind zwei getrennte online-Befragungen jeweils einer für die deutsche Gesamtbevölkerung repräsentativen Gruppe.
Imhoff ermittelte die Präferenz seiner Gruppe für Anglizismen durch
– Bewertung ihrer Verwendungsneigung durch Auswahl jeweils sinngleicher Wörter (dt./engl.) aus einer Liste
– ihre Nutzungsneigung von Anglizismen durch Selbsteinschätzung
– Präferenz für anglizistische Geschäfts- und Produktnamen
– Nutzungsfähigkeit von Anglizismen im Lückentest
– Übersetzungsfähigkeit von im Deutschen verbreiteten englischen Ausdrücken
Als Einflussvariable wurden erhoben und in Bezug auf ihren Einfluss auf die Anglizismenpräferenz getestet:
– Soziodemografische Daten
– Identifikation mit Deutschland
– Identifikation mit der US-amerikanischen Gesellschaft (gg. dt.), Einschätzung v. Kultur, Traditionen, Kultur, Gesellschaft, Staat
– gesellschaftliches Engagement
– Kreativität und Konformität (Mitläufertum)
– Bedürfnis nach Einzigartigkeit und Trendsetting
– Persönlichkeitseigenschaften (Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Extraversion, Verträglichkeit, Neurotizismus)
Cohrs ermittelte die Neigung seiner Gruppe zu Anglizismen durch
– Ermittlung der Einstellung zu Anglizismen durch gezielte Fragen zur Beurteilung des Sprachgebrauches
– Kategorisierung der Verwendungsarten der von den Probanden gewählten Anglizismen ergänzt durch offene Zusatzfragen
– das Ausmaß der Verwendung von durch die Probanden aus einer Liste sinngleicher deutscher und englischer Wörter ausgewählten Anglizismen
Als Einflussvariable wurden erhoben und in Bezug auf ihren Einfluss auf die Anglizismenpräferenz getestet:
– Soziodemografische Daten
– Migrationshintergrund
– Englischkenntnisse und englische Muttersprachler als Freunde
– Identifikation mit gesellschaftlichen Bezugsrahmen (u.a. Deutschland)
– Gemeinwohlorientierung
– politische Selbstverortung
– Sicherheitsgefühl in der Nachbarschaft
– Einstellung zu USA
– Einstellung zu Anglizismen
– Verwendung von Anglizismen im privaten/beruflichen Umfeld
– soziale Konformität (Mitläufertum)
– Machtstreben,
um die wesentlichen zu nennen.
Die in den Ergebnissen nicht genannten Variablen haben entweder keinen nennenswerten Einfluss auf das Ergebnis oder der Einfluss auf das Ergebnis konnte nicht abgesichert werden.
Auf der Basis seiner Erhebungen zu Verwendungsarten und Verwendungsverhalten gelang es Cohrs, eine Typologie der Anglizismenverwender zu entwickeln. Er unterscheidet:
Selektive (41,2% der Befragten)
Selektive entscheiden sich von Fall zu Fall für oder gegen Anglizismen. Da die Unterscheidungen innerhalb der Gruppe nicht einheitlich sind, weist sie die größte Streuung in ihrem Antwortverhalten auf. Die Fälle der Anglizismenablehnung überwiegen. Man kann vermuten, dass man sich für wenige verbreitete Alltagsanglizis-
men entscheidet.
Verwender (6,4%)
Diese entscheiden sich durchweg ganz oder überwiegend für den Anglizismus.
Gemäßigte (14,1%)
Sie vermeiden kompromisslose Stellungnahmen für oder gegen Anglizismen. Vorwiegende Antwort ist „eher deutsch“.
Vermeider (38,2%)
Weisen eine kritische Haltung gegenüber Anglizismen auf und vermeiden sie. Nur bei „bodylotion“ wurde man unsicher („eher Anglizismus“), weil es sich wohl um eine unvermeidliche Produktbezeichnung handelt.
Diese beiden ersten Untersuchungen mit dem Ziel, Ursachen und Motive für den Sprachwandel zu suchen und ihn mit Einstellungen und Persönlichkeitseigenschaften in Beziehung zu setzen, kommen teilweise schon zu sehr stabilen und deutlichen Aussagen. Es gelingt aber noch nicht, ein umfassendes und abgerundetes Bild des Sprachwandels oder gar seiner gesellschaftlichen Auswirkungen zu zeichnen. Dazu bedarf es noch erheblicher weiterer Anstrengungen. Da einige der treibenden Variablen für den Sprachwandel auf die Definitionselemente des Zusammenhaltes einer Gesellschaft* zielen, könnte es angebracht sein, die nächsten Untersuchungen auch auf die Frage zu richten, ob zunehmender Anglizismengebrauch auch als Indiz für schrumpfenden gesellschaftlichen Zusammenhalt zu werten ist.
* Arant, R., Dragolov, G., Boehnke, K. (2017). Sozialer Zusammenhalt in Deutschland 2017, Gütersloh, Bertelsmann Stiftung
Die Originaltexte der Studien finden sich unter sozrepsy.uni-mainz.de und uni-marburg.de.