1. Presseschau
VDS gut besucht auf Leipziger Buchmesse
Vier Tage anregender Gespräche und neuer Kontakte – die Leipziger Buchmesse war für den VDS ein schöner Erfolg. Regelmäßig bildeten sich große Menschentrauben vor dem VDS-Stand in Halle 4. „Wir freuen uns vor allem über die vielen jungen Leute, teils noch Schüler, die anhielten und uns in unserem Eintreten gegen die Gendersprache bestätigten“, sagt Jörg Bönisch, Mitglied des VDS-Vorstands, der die Tage in Leipzig begleitet hat. Viele berichteten von Gender-Versuchen an ihren Schulen, die teils halbherzig, teils rigoros in die Klassenzimmer getragen werden. Die Schüler selbst zeigten jedoch wenig Interesse an Gendersternchen, -doppelpunkten und Co. Auch Lehrer blieben regelmäßig stehen und fragten nach Infomaterial, um an ihrer Schule gegen das Gendern einzustehen. „Zwei Lehrerinnen berichteten von ihren Erfahrungen und sprachen von sich selbst als ‚Wir sind Lehrer‘, das zeigt also deutlich, dass nicht alle Lehrkräfte ins Gender-Horn blasen“, so Bönisch.
Auch einige Autoren des IFB-Verlags waren gekommen, um Bücher zu signieren und mit den Besuchern des Messestands ins Gespräch zu kommen. Besonders erfreulich war die Resonanz auf die Sütterlin-Aktion des VDS, die jeden September stattfindet. Ein paar Eindrücke von den Messetagen finden Sie auf unserer Internetseite sowie bei Facebook. (vds-ev.de, facebook.com/VDS)
KI kann singen
Forscher der Suno AI aus Cambridge haben eine neue künstliche Intelligenz namens „Bark“ entwickelt, die in der Lage sein soll, natürliche menschliche Sprache zu erzeugen, einschließlich Gesang. Bei dem Programm handle es sich um einen Text-zu-Audio-Generator, der momentan 13 Sprachen verstehe. Selbst Regieanweisungen wie „laughs“ (lachen) oder „sighs“ (seufzen) kann das Programm korrekt auslegen. Das System ist in der Lage, eigene Stimmen anhand von Audioaufnahmen zu trainieren – einschließlich Tonfall, Tonhöhe, Emotion und Prosodie. Die Technologie könne in Zukunft für Anwendungen wie Sprachsynthese, Musikproduktion und Klangdesign eingesetzt werden, berichtet heise.de. (heise.de)
Musikfähigkeit abhängig von Muttersprache
Rhythmusgefühl und das melodische Gehör werden von der Muttersprache vorbestimmt. In einer weltweiten Studie wurde untersucht, wie sich die Muttersprache auf das musikalische Verständnis auswirkt. Es stellte sich heraus, dass nicht-tonale Sprachen wie Deutsch und Englisch ein gutes Rhythmusgefühl fördern. Tonale Sprachen wie Chinesisch bringen dagegen ein gutes Gehör für Tonhöhen und Melodien mit sich. Im Deutschen wird das Wort „Mutter“ immer verstanden, egal wie hoch oder tief oder mit welcher Melodik es gesprochen wird. Bei einigen asiatischen und afrikanischen Sprachen ist das anders; im Chinesischen kann „ma“ je nach Wortmelodie beispielsweise Mutter oder Pferd bedeuten. Diese Sprachmuster, die wir seit der Kindheit einüben, prägen unseren Sinn für Musik, so die Forscher. An der Studie haben 500.000 Menschen in 203 Ländern teilgenommen. (scinexx.de)
2. Gendersprache
Genderzwang für Kommunen in Brandenburg
Das Bundesland Brandenburg will das Kommunalrecht „geschlechtergerecht“ umformulieren. Demnach müssten Satzungen und kommunale Gesetzestexte gendersprachlich redigiert werden. Der Städte- und Gemeindebund protestiert und fordert, das Gesetzesvorhaben, das 2024 in Kraft treten soll, zu stoppen: „Die Kommunen haben für die Umsetzung der Reform derzeit keine Kapazitäten.“ Das brandenburgische Innenministerium gibt Zugeständnisse: Ob kommunale Gesetze geschlechtergerecht formuliert werden, entscheiden demnach weiterhin die Kommunen selbst. (maz-online.de)
Dem Volk aufs Maul schauen
Rainer Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, kritisiert im WELT-Interview die Sprache des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. „Gebärende Personen“ anstelle von Müttern findet er „unerträglich“. „Eine solche Sprache spaltet und (…) wird hier im Osten als westdeutsche Bevormundung und Spinnerei empfunden.“ In der Migrationskrise warnt er vor einem „Spiel mit dem Feuer“. (welt.de (Bezahlschranke))
Gender-Diskussion mit Michael Kretschmer
Der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) Leipzig hatte zu einer Podiumsdiskussion zum Thema „Gendern an Hochschulen“ geladen. Neben Ministerpräsident Michael Kretschmer und einem RCDS-Vertreter waren auch der VDS und die Gleichstellungsstelle vertreten, außerdem gesellte sich der Leipziger Linguistik-Professor Sebastian Seyferth dazu. Kretschmer warb für mehr Gelassenheit in Sachen Gendern: „Mir bricht kein Zacken aus der Krone, alle gendergerecht zu adressieren – vor allem in einem Rahmen, in dem ich weiß, dass es vielen wichtig ist“, sagte er. Die Rektorin der Uni, Prof. Eva Inés Obergfell, sagte, dass es an der Uni Leipzig keine Pflicht zum Gendern gebe: „Die Sprache ist frei.“ Zwar empfehle der Senat die Nutzung von Gender-Doppelpunkt und geschlechtsneutralen Begriffen, allerdings riskiere kein Student eine schlechtere Note, wenn er nicht gendere.
Dem widersprach Prof. Sebastian Seyferth, er sprach von einem hohen Konformitätsdruck, dem die Studenten ausgeliefert seien. Dazu bemängelte er, dass Gendern wenig durchdacht sei und grammatikalisch nicht komplett funktionieren könne, da es an der Beugung in den verschiedenen Fällen scheitere. Dorota Wilke, Pressesprecherin des VDS, bezweifelte, dass die Art, wie wir sprechen, viel bewegen könne. „Ein Gender-Sternchen wird die Gesellschaft nicht ändern“, sagte sie. Gendern sorge weder für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch dafür, dass Arbeitgeber Mütter als attraktive Arbeitnehmer sähen – und erst recht würden damit keine Übergriffe auf queere Menschen verhindert. Der Wandel müsse vielmehr von unten ausgehen, damit sich dieser auf die Sprache durchschlagen könne, jedenfalls „nicht von oben verordnet“. (lvz.de (Bezahlschranke))
3. Sprachspiele: Unser Deutsch
schwindeln
Wann sagen wir „Du hast geschwindelt“, wann „Das ist gelogen“? Die Wörterbücher geben keine oder nur wenig Auskunft. Den semantischen Kern haben sie gemeinsam: ‚die Unwahrheit sagen‘. Schwindeln ist eher die lässliche Lüge, ‚bei kleinen harmlosen Dingen‘, wie das DWDS erklärt. Das gilt vor allem für Kinder. Sie schwindeln gerne einmal, wenn Sie gefragt werden: „Hast Du die Schulaufgaben gemacht?“ „Die Zähne geputzt?“ „Die Hände gewaschen?“ Man sieht auch einen weiteren Unterschied: Lügen ist Vorsatz, bewusste Verschleierung, schwindeln eher dem Augenblick geschuldet, eine spontane Ausflucht.
Dies Nebeneinander zweier oder mehrerer Verben mit gleicher Grundbedeutung findet man öfter: einerseits die Standardbezeichnung, daneben eine Variante mit Einschränkungen, oft umgangssprachlich.
Auf Anhieb entdecken wir weitere Fälle: betrügen hier – betuppen oder mogeln dort. Betrügen hat Vorsatz, ist strafrechtlich verfolgbar, betuppen harmloser (z.B. bei Geschäften), mogeln (beim Spiel). Dann stehlen hier – klauen (metaphorisch zu ‚mit den Klauen kratzen‘) dort. Auch zum Stehlen gehört der Vorsatz, klauen kann nebenbei sein, sozusagen mitgenommen. Auch dies wird man eher Kindern nachsagen. Weiter vergleichen wir schlagen und hauen. Beide Wörter sind vielseitig verwendbar. Nur bei körperlichem Streit oder bei Strafe stehen sich schlagen und hauen als Varianten gegenüber. „Der Peter hat mich gehaut/gehauen“, sagt das weinende Mädchen. Die Mutter beschwert sich bei der Lehrerin: „Der Junge hat sie geschlagen.“ Kindersprache versus Elternsprache, Standardsprache versus Umgangssprache. Ähnlich liegt der Kontrast bei fliehen und abhauen. Abhauen ist eher ‚sich eilig davonmachen‘.
Schließlich etwas Medizinisches: stechen und piepsen. Der Arzt zückt die Spritze und kündigt an: „Jetzt muss ich etwas piepsen“. Diese Verwendung hat eine lange Vorgeschichte. Als erstes (und noch heute) steht es lautmalend für Vogelstimmen, daraus wurde metonymisch ‚mit dünner Stimme sprechen‘. Dies wurde schließlich übertragen auf eine leichte Verletzung, den Pieps. Was auffällt bei diesen Beispielen: immer geht es um eine Verfehlung oder Verletzung. Hier ist besonderer Bedarf zur Abstufung.
Schließlich eine ergänzende Anmerkung zum Schwindeln. Als Kind war es der spontane Ausweg. Im Alter ist man überlegter geworden, benötigt aber noch immer die Ausrede, die nicht ganz der Wahrheit entspricht. Teils möchte man den anderen nicht verletzen (wer würde schon eine Einladung ablehnen mit der Begründung ‚ich mag das Essen nicht‘ oder ‚die Gesellschaft ist langweilig‘), teils möchte man sich selbst nicht offenbaren, die Beschwerden des Alters lieber verbergen. Jetzt heißt es glaubwürdig schwindeln. Ein Freund gab dazu einen guten Rat. Niemals mehrere Ausreden kumulieren, zum Beispiel bei einer Besuchsabsage, etwa: ‚Ich bekam selber Besuch‘‚ ‚und bei dem Wetter wollte ich nicht fort‘, ‚meinem Mann ging es garnicht gut‘ – sie machen sich gegenseitig unglaubwürdig. Schwindeln will gekonnt sein und darf nur im Notfall eingesetzt werden. Darum nennen wir es Notlüge. Wenn es rauskommt, ist man für lange Zeit blamiert. Erfolg und Schaden abwägen, das hat man nun gelernt.
Horst Haider Munske
Der Autor ist Professor für Germanistische Sprachwissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Vereins Deutsche Sprache e. V. Ergänzungen, Kritik oder Lob können Sie schicken an: horst.munske@fau.de
4. Kultur
Digitales Lachen
Die Sprachenlernplattform Preply hat eine Weltkarte des Lachens erstellt, auf der zu sehen ist, wie man in 26 verschiedenen Sprachen im Internet ein Lachen ausdrückt. Die Karte zeigt verschiedene Lachtypen und deren Schreibweise auf der Tastatur, wie zum Beispiel „haha“, „lol“ oder „hehe“. Insbesondere im europäischen Raum werden in der Online-Kommunikation Abkürzungen verwendet. Neben dem englischen „lol“ („laughing out loud“ – lautes Lachen) seien in Frankreich „mdr“ („mort de rire“ – tot vor Lachen) und in Portugal „rsrsrs“ (Abürzung für „riso“ – lachen) üblich. In Asien werde eher Lautmalerei verwendet, so in Thailand die Zahlenfolge „5555“, denn die Zahl „5“ wird als „haa“ ausgesprochen. Im Japanischen stehe „www“ für Lachen. (hartware.de)
Mundartfest im Saarland
In der saarländischen Bosener Mühle in Nohfelden fand am 30. April ein Fest zum Thema „Heimat und Mundart“ statt. Das Fest, anlässlich des 30. Geburtstags des lokalen Mundartsymposiums, zeigt verschiedene Aspekte der saarländischen Kultur und befasst sich mit der Vielfalt der lokalen Dialekte. Mundartkünstler – darunter Musiker und Komiker – traten auf und mehrere Heimatkundevereine waren vertreten. Besucher konnten zudem eine Ausstellung in der Bosener Mühle zu „vergessenen Plätzen“ der Region besuchen. Das jährliche Fest solle dazu beitragen, das Bewusstsein für die lokale Kultur zu stärken und das Interesse an der Erhaltung des saarländischen Spracherbes zu wecken. (saarbruecker-zeitung.de)
5. Berichte
Regionalgruppe Bergisch-Land im Radio
Regionalleiter Hans-Ulrich Mundorf und seine Mitstreiter aus Wuppertal, Remscheid und Solingen haben eine eigene Radiosendung bei NRWision, einem Fernseh- und Radiosender, der von der Landesanstalt für Medien in NRW bereitgestellt wird. Alle paar Monate treffen sich die Mitglieder der VDS-Region und spielen eine neue Sendung zu aktuellen Veranstaltungen oder zu allgemeinen Sprachthemen ein. In der neuesten Sendung geht es um Gendersprache und Denglisch. (nrwision.de)
6. Denglisch
Anglizismen-Index 2023
Der IFB-Verlag Deutsche Sprache hat auf der Leipziger Buchmesse auch die diesjährige Ausgabe des Anglizismen-Index vorgestellt. Fast 200 englische Einträge sind seit 2023 dazugekommen. Darunter: gaslighting: Wahrnehmungsmanipulation; meal prepping: Vorbereitung von Mahlzeiten, vorkochen; quiet quitting: Dienst nach Vorschrift, innere Kündigung; woke washing: Unternehmensansehen durch oberflächliches Behandeln sozialpolitischer Themen reinwaschen.
Auch ab sofort für 16,- Euro im Buchhandel und direkt beim Verlag erhältlich. (ifb-verlag.de)
Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten zu verschiedenen Sprachthemen. Männer sind mitgemeint, das Gleiche gilt für andere Geschlechter. Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln gelegentlich die Meinung der Redaktion wider.
Redaktion: Oliver Baer, Holger Klatte, Asma Loukili, Dorota Wilke, Jeanette Zangs