Infobrief vom 22. Oktober 2023: Gut in Englisch – schlecht in Deutsch

1. Presseschau

Gut in Englisch – schlecht in Deutsch

Jeder dritte Neuntklässler verfehlt die Mindeststandards im Lese- und im Hörverständnis im Fach Deutsch, das besagt der aktuelle IQB-Bildungstrend. Geprüft haben die Forscher auch die Rechtschreibung. Da haben sich die Ergebnisse im Vergleich zur Vorgängeruntersuchung von 2015 sogar noch verschlechtert. Im Fach Englisch sehen die Ergebnisse anders aus, hier konnten die Kinder geschriebene Texte und gesprochene Sprache besser verstehen als noch vor 13 Jahren. Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass das mit der stärkeren Nutzung von digitalen Medien zusammenhängt, wo man als Nutzer oft auf Englisch trifft. Gerade während der Corona-Pandemie hätten viele Schüler Plattformen wie TikTok und YouTube als „außerschulische Lerngelegenheiten“ genutzt. In der ZEIT dieser Woche freut sich Martin Spiewak über diesen Aspekt des IQB-Berichts. An der Universität sei Englisch ohnehin „in jeder Disziplin“ die bestimmende Lingua franca. Offenbar glaubt Spiewak, man könne beim Surfen im Netz und in den sozialen Medien gutes Englisch erwerben. (tagesschau.de, zeit.de (Bezahlschranke))


Sprachen sind unterschiedlich komplex

Eine neue Studie des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim (IDS) veranlasst eine Neubewertung im Vergleich von Sprachen. Bisher waren Forscher davon ausgegangen, die Komplexität der weltweit rund 7.000 Sprachen unterscheide sich nicht maßgeblich. Man nahm an, dass sich Sprachen innerhalb ihrer selbst ausgleichen: Wenn eine Sprache beschränkte Möglichkeiten der Wortstellungen innerhalb eines Satzes hat, werde die Vielfalt der Aussage zum Beispiel über Vor- und Nachsilben ausgeglichen. Die Forscher des IDS ließen ein Rechnerprogramm die Gesetzmäßigkeit von Sprachen lernen, indem sie über 6.500 Dokumente mit mehr als 3,5 Milliarden Wörtern in 2.000 Sprachen auswerten ließen. Dabei sollte das Programm zeigen, wie gut Sätze oder Wörter sinnvoll beendet werden können, z. B.: Welcher Buchstabe folgt nach „Die Frau sag“? Die Ergebnisse zeigten, dass einige Sprachen weniger genau als andere vorhergesagt wurden. Sprachen, die Vielen als Muttersprache dienen, sind komplexer als weniger verwendete. Die häufiger verwendeten produzierten zudem kürzere Texte – das könnte laut Forschern im gesellschaftlichen, ökonomischen und technologischen Zusammenleben vorteilhaft sein, weil sie einfacher zu übermitteln und zu speichern sind. (ids-mannheim.de, nachrichten.idw-online.de)


Fremdsprachenunterricht verboten

Die Regierung der Islamischen Republik Iran verbietet den Unterricht in Fremdsprachen in Kindergärten, Vorschulen und Grundschulen. Es wird berichtet, dass nicht nur Englischunterricht, der ohnehin erst ab der Sekundarstufe erlaubt war, betroffen sei, sondern auch Arabisch und andere Sprachen. Ein Mitarbeiter des Bildungsministeriums erklärte in der staatlichen Nachrichtenagentur Irna, bei den Kindern forme sich in diesem Alter die „iranische Identität“. Die Amtssprache in Iran ist Persisch. (spiegel.de)


Wie unsere Nachbarn die deutsche Sprache retten

Bei unseren Nachbarn im Ausland ist das Interesse an der deutschen Sprache gesunken. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, engagieren sich Schulen, Botschaften und Verbände in den Niederlanden und Belgien, um den Ruf und das Interesse an der deutschen Sprache zu stärken. An der Horizon College Berufsschule im niederländischen Purmerend fand in der vergangenen Woche ein eigens konzipierter Tag der deutschen Sprache statt. Deutschlehrer Jan Janssen berichtet, die junge Generation sei kaum noch an der deutschen Sprache interessiert. Man wolle sich nun mit besonders kreativen Methoden helfen. An der Berufsschule haben von 500 Schülern nur noch 25 Deutsch als Fach belegt. Der niederländische Tag der deutschen Sprache wurde erstmals im Jahr 2012 von der „Actiegroep Duits“ ins Leben gerufen, er wird von der deutschen Botschaft in Den Haag, der deutsch-niederländischen Handelskammer und dem Duitsland Institut in Amsterdam unterstützt. Für die Schüler von Jan Janssen gab es an dem Tag deutsche Spezialitäten wie Götterspeise, Bockwürste und selbstgemachte Frikadellen.

Mangelndes Interesse seitens der Schüler sei jedoch nicht das einzige Problem. Auch der Mangel an Deutschlehrern mache den Schulen zu schaffen. In Belgien ist Deutsch eine der drei gesetzlich festgeschriebenen Landessprachen. Für rund 80.000 Belgier ist Deutsch die Alltagssprache, trotzdem genieße die Sprache laut dem deutschen Botschafter in Brüssel, Martin Kotthaus, mittlerweile nur noch einen „mäßigen Ruf“. In Belgien fand deshalb die „Woche für Deutsch“ statt, organisiert durch die deutsche Botschaft, Lehrerverbände und das Goethe-Institut. Besucher wurden über die Vorteile aufgeklärt, die mit dem Erlernen der wichtigsten Handelssprache innerhalb Europas verbunden sind (Englisch ist Weltsprache). Es fanden zudem Theaterworkshops, Kinovorführungen und Poetry-Slam-Abende statt. Das Goethe-Institut in Brüssel bestätigte, dass in der gesamten Wirtschaft nach Fachkräften gesucht werde und Sprachkenntnisse ein entscheidendes Einstellungskriterium seien. Wer die Sprache des Nachbarlandes beherrscht, genießt bessere Karrierechancen, nicht nur in den Grenzregionen. (nrz.de, stuttgarter-zeitung.de)


Gewandelte Sprache der Eltern

„Solange du DEINE Füße unter MEINEN Tisch legst“ oder „Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt“ – diese typischen Eltern-Sätze haben vermutlich viele noch im Ohr. Doch die Sprache der Eltern hat sich in den letzten Jahren gewandelt, hat jetzt eine repräsentative Studie des Meinungsforschungsinstituts YouGov sowie der Sprachlernplattform Babbel gezeigt. Dafür wurden 2.009 Personen in Deutschland befragt. Untersucht wurde, wie sich Erziehungsstile und gesellschaftliche Vorstellungen in der Sprache widerspiegeln. Demnach gab immer noch ein Großteil der Befragten (37 Prozent) an, dass die Ausdrucksweise ihrer Eltern meist „streng und bestimmend“ war. Gerade die Generation der sog. Babyboomer (die zwischen 1946 und 1964 Geborenen) empfand den Kommunikationsstil der Eltern als streng (47 Prozent). Ab 1980 sei ein Wandel erkennbar, der Sprachstil wurde nicht mehr als autoritär empfunden, eher als „einfühlsam und auf Augenhöhe“. Ein Großteil der Befragten gab an, dass er bei der Erziehung der eigenen Kinder eine fürsorgliche und ermunternde Kommunikation pflegt oder diese plant, wenn es denn Kinder geben werde. Vor allem positive Verstärker wie „Du schaffst das, ich glaube an dich!“ würden genutzt. (tagesspiegel.de (Bezahlschranke))


2. Gendersprache

Keine Sonderzeichen in Brandenburg

Das Landesbildungsministerium Brandenburg gab in einer E-Mail an die Schulleiter bekannt, dass an Schulen des Landes Genderzeichen wie das Binnen-I, Schrägstrich, Auslassungen oder Genderstern nicht verwendet werden sollen. Die Sprecherin des brandenburgischen Bildungsministeriums, Ulrike Grönefeld, erklärte in dem Schreiben, dass die Rechtschreibnormen des Dudens für alle Schulen verbindlich seien, dort seien eben keine Sonderzeichen vorgesehen. Die E-Mail mit dem Titel „richtiges Gendern“ sorgte bei den Lehrern jedoch für Aufruhr, da das Gendern dem individuellen Ermessen zugeschrieben werde und man sich durch das Schreiben des Ministeriums eingeschränkt fühle. Grönefeld betonte jedoch, dass eine „geschlechtersensible Sprache“ weiterhin verpflichtend sei, um Diskriminierungen zu vermeiden. Konkret bedeutet das offenbar, dass Paarformen, geschlechtsneutrale Formulierungen oder Passivkonstruktionen weiterhin zulässig sind und die Sonderzeichen nicht als Fehler angestrichen werden dürfen. Zwar werde innerhalb der schriftlichen Arbeit vermerkt, dass die Sonderzeichen nicht zulässig sind, jedoch darf das bei der Bewertung keine Rolle spielen. (tagesspiegel.de (Bezahlschranke))


Gendern ein Kulturkampf?

In der Fuldaer Zeitung ging es um das Volksbegehren gegen Gendersprache in Hessen. Mit-Initiator und VDS-Mitglied Dr. Bernd Fischer berichtet über den Stand der Dinge: 44.000 Unterstützer aus dem Bundesland werden im ersten Schritt benötigt, damit das Volksbegehren zustande kommt. Stimmzettel können unter amtssprache-in-hessen.de abgerufen werden. Wie Fischer betont, versteht sich die Initiative als überparteilich. Man wolle niemandem vorschreiben, wie er privat spricht oder schreibt. Aber für die Landesregierung und alle Behörden in Hessen solle gelten, dass sie sich im Interesse der Verständlichkeit an die amtliche Rechtschreibung zu halten haben. Fischer erinnert daran, dass Gendersprache den Menschen mit Sinnesbehinderungen die Teilhabe am gesellschaftlichen Austausch wie auch in Alltagsfragen erschwert. Die Politik-Professorin Dorothee de Nève von der Justus-Liebig-Universität Gießen sieht dieses Volksbegehren gänzlich anders. Sie sagt in einem Interview auf mittelhessen.de, dass es Gender-Gegnern gar nicht um Sprache gehe, sondern um einen Kulturkampf, „der von unterschiedlichen radikalkonservativen und rechtsextremen Kräften lanciert wurde.“ Substanziell gehe es um einen Kampf um kulturelle Vorherrschaft und Identität.

Dazu meint Oliver Baer, Vorstandsmitglied des VDS: „Auch Professor de Nève ist sich nicht zu schade, die – nicht mit Fakten belegbare – Leerbehauptung zu wiederholen, dass Gender-Gegner den Wertewandel ablehnten. Als akademisch gebildeter Mensch müsste Frau de Nève längst durchschaut haben, dass Sichtbarmachung den Frauen in Wirklichkeit nichts bringt (den LGBTQ schon gar nicht). Im Gegenteil, der Wertewandel wird durch das Protzen mit gegenderter Sprache (‚Ich gehöre zu den Guten‘) eher blockiert als gefördert.“ (mittelhessen.de (Bezahlschranke))


Rechtschreibung und Ideologie

Über Ideologie und Rechtschreibung berichtet die FAZ: In einer Studie an der Universität Flensburg wurden Dozenten verschiedener Fachrichtungen befragt, wie sie die Rechtschreibfehler ihrer Studenten bewerten. „Fast achtzig Prozent der befragten Hochschullehrer sehen einen mehr oder weniger starken Zusammenhang zwischen orthographischen und anderen sprachlichen Fähigkeiten.“ Die Studienleiter, die Germanisten Johanna Fay, Nils Langer und Carolin John-Wenndorf, interessierte offenbar viel mehr, in welchem Maße Hochschuldozenten „ideologischen“ Vorstellungen vom Niedergang sprachlicher Fähigkeiten anhängen, wie sie unter linguistischen Laien verbreitet seien. Ideologe ist nach Definition der Studienleiter, wer der Standardsprache Vorrang vor anderen Sprachformen einräumt, hochsprachliche Kompetenzen als einen Indikator für intellektuelle Fähigkeiten ansieht und die Abnahme grammatischer und orthographischer Fähigkeiten beklagt. Wohlgemerkt, als ideologisch gilt in der Studie die Ablehnung des Sprachgenderns. Interessant ist der Umkehrschluss: Gendern wäre demnach unideologisch? (faz.net)

Blamage auf Kosten der Leseschwachen

Die parlamentarische Staatssekretärin für Wirtschaft und Klimaschutz, Dr. Franziska Brantner, sah sich diese Woche zu der Aussage veranlasst: „Selbst wenn eine deutsche Staatsbürgerin oder Staatsbürger des Lesens nicht mächtig sein sollte, hat er alle Möglichkeiten, auch in diesem Deutschen Bundestag zu sein, weil wir hier eben nicht darauf setzen, dass jemand irgendeine Art von Bildungsabschluss haben muss.“ Ob ein solcher Mitbürger gegebenenfalls „alle Möglichkeiten“ hätte, sei hier bezweifelt. Hervorhebenswert an Brantners Aussage wäre auch – nachdem sie zu Anfang des Satzes das Maß des Genderns gesetzt hat: „Staatsbürgerin oder Staatsbürger“ –, dass dann nur noch Personen des als dominant berüchtigten Geschlechtes („…hat er alle…“ und „…jemand…“) gemeint sind. Sonst müsste man Brantner nahelegen, sie solle sich beim Sprachgendern besser konzentrieren, oder es wäre erneut bewiesen, dass sich das Sprachgendern nicht halten wird. Das natürliche Sprechverhalten kommt einem fortwährend in die Quere, und um daran etwas zu ändern, benötigte man die Mehrheit der Sprecher des Deutschen. (apollo-news.net, youtube.com/Dasgeht Sienichtsan)


3. Kultur

Deutsch in Dänemark

In Dänemark ist Deutsch die wichtigste zweite Fremdsprache an den Schulen. Jedoch beobachten Lehrer, dass es den Schülern zwar nicht an Lernmotivation mangelt, aber an Wissen über die deutsche Kultur im deutschsprachigen Raum. Rund 94 Prozent der Grundschüler in der Region Süddänemark und 67 Prozent in der Region Hauptstadt lernen Deutsch. Jenny Gibson, Deutschlehrerin des Naerum Gymnasiums nahe Kopenhagen erklärt, es seien meist die Eltern, die ihre Kinder zum Erlernen der deutschen Sprache anspornen. Das Gymnasium bringt mit Tagesfahrten nach Lübeck oder durch Aufenthalte in Berlin, Wien und München den Schülern den Zusammenhang zwischen Sprache und Kultur näher. Diese Fahrten seien bisher erfolgreich gewesen, sagt Gibson. Im Gespräch mit Der Nordschleswiger meint sie, Lehrer seien grundsätzlich der Meinung, die Politik in Dänemark müsse die deutsche Sprache höher priorisieren. Denn Deutschkenntnisse seien in den Grenzregionen auch für die berufliche Zukunft wichtig. Die deutsche Sprache und die deutsche Kultur seien für Dänemark entscheidend „und man müsste den Mut haben, das laut zu sagen“, appelliert Jenny Gibson. (nordschleswiger.dk)


Pfälzisch in Amerika

Die mennonitische Religionsgemeinschaft der Amish in den USA stammt überwiegend von den Pfälzer Wiedertäufern ab, die im 18. Jahrhundert nach Nordamerika auswanderten. Laut einer Studie der Ohio State Universität seien die Amish eine der am schnellsten wachsenden Religionsgemeinschaften in den USA. Die Sprache der Amish ist bis heute das Pennsylvanisch – abstammend aus dem Pfälzischen und ab 1685 in die neue Welt mitgenommen und noch von einem Prozent der Bevölkerung in Pennsylvania gesprochen. Die Auswanderung der Pfälzer sei in den Vereinigten Staaten weiterhin ein großes Thema, berichtet die Preußische Allgemeine und verweist auf die „Hiwwe wie Driwwe“-Projekte. Neben einer Netzseite, die sich dem Themenkomplex der Pfälzer in den USA widmet, gibt es auch eine Zeitung und mehrere Kanäle in den sozialen Medien. „Hiwwe wie Driwwe – Pfälzisch in Amerika“ ist zudem der Titel eines Films, der 2018 im rheinland-pfälzischen Landtag vorgestellt wurde und auch im pennsylvaniadeutschen Sprachgebiet in den USA ein voller Erfolg war. Das Pennsylvania German Cultural Heritage Center der Universität Kutztown widmet sich der Geschichte und Kultur der Auswanderer. Studenten können dort Pennsylvaniadeutsch lernen. (paz.de)


Deutscher Buchpreis für Tonio Schachinger

Der Österreicher Tonio Schachinger ist für seinen Roman Echtzeitalter mit dem Deutschen Buchpreis 2023 ausgezeichnet worden. Die Jury lobte den Gesellschaftsroman, der das Aufwachsen des Jungen Till an einer Wiener Eliteeinrichtung beschreibt, wie junge Menschen „mit reaktionärem Drill und bildungsbürgerlichen Idealen aufs Leben vorbereitet werden.“ Schachinger erhält ein Preisgeld von 25.000 Euro. (zeit.de)


4. Berichte

Die unerträgliche Leichtigkeit von Statistik

getAbstract veranstaltet jedes Jahr einen Book Award (gemeint wäre in der Landessprache ein Buchpreis). Heuer wurde ein Werk über Statistik prämiert, und Mitglieder wie Freunde des VDS vermuten zu Recht, dass bei diesem Thema Walter Krämer nicht weit sein kann: „Grüne fahren SUV und Joggen macht unsterblich“. Die Redaktion gratuliert dem Vereinsvorsitzenden und den Ko-Autoren Thomas Bauer und Gerd Gigerenzer. Beim diesjährigen Preisträger geht es mal wieder um Risiken und Nebenwirkungen der Unstatistik, denn „5 von 4 Personen haben Probleme mit Statistiken“. Das Wirtschaftsmagazin brand eins veranstaltet zusammen mit getAbstract am 26. Oktober 2023 um 17-18 Uhr einen „kleinen, digitalen Buchclub“ per Zoom. Alle sind eingeladen, mathematische Vorkenntnisse sind nicht vorausgesetzt. Bitte anmelden bei brandeins: brandeins.de.


Aktion „Genderfrei“ ist gestartet

Seit Mitte Oktober ist die Aktion „Genderfrei“ im Netz, ein eigenständiges Projekt, das einige Mitglieder der VDS-Arbeitsgruppe Gendersprache ins Leben gerufen haben. Mit einem Logo, das jeder herunterladen und für seine Korrespondenz verwenden kann, werden Menschen, die sich dem Genderdruck nicht unterwerfen wollen, und die von interessierten Kreisen gerne als „rückständig“, „altmodisch“ oder „nicht informiert“ apostrophiert werden, ermutigt, ein Zeichen zu setzen. Die Initiatoren wollen deutlich machen, dass der herkömmliche Sprachgebrauch völlig ausreicht, um diskriminierungsfrei, respektvoll und verständigungsorientiert zu kommunizieren, und dass es keinerlei ideologisch motivierter Sprachverbiegung bedarf. Die Aktion wendet sich zunächst an Privatpersonen, aber auch Unternehmen und Institutionen finden auf genderfrei.org eine Handreichung, wie respektvolle Sprache ohne Gendern umgesetzt werden kann. Die Initiatoren betonen, dass ihre Seite nicht für Diskriminierung, Ausgrenzung oder für Hassbekundungen gegen Minderheiten missbraucht werden darf – das ist Voraussetzung für die Verwendung des Logos. Mitglieder des VDS werden ausdrücklich eingeladen mitzumachen unter dem Motto „Genderfrei – ich bin dabei“. (genderfrei.org)


Umfrage zu den Sprachnachrichten

Im Dezember erscheint die 100. Ausgabe der „Sprachnachrichten“. Mit unserer Mitgliederzeitschrift erreichen wir rund 37.000 Mitglieder auf der ganzen Welt. Jede Ausgabe widmet sich einem Schwerpunktthema, außerdem werden aktuelle Entwicklungen und Diskussionen rund um das Thema Sprache behandelt. Das Archiv der Sprachnachrichten kann hier angeklickt werden: vds-ev.de.
In 100 Ausgaben hat sich natürlich viel geändert, vom Aussehen bis zu Themenschwerpunkten. Wir möchten das Jubiläum zum Anlass nehmen, mehr über Ihre Erfahrungen und Wünsche mit den „Sprachnachrichten“ zu erkunden: Was gefällt Ihnen gut? Wo können wir uns verbessern? Was vermissen Sie? Sagen Sie uns Ihre Meinung unter dem folgenden Link: umfrage.vds-ev.de.


5. Denglisch

Ärger mit den falschen Freunden

Lisa Brautmeier schreibt in ihrer Glosse für die Cellesche Zeitung, dass die zunehmende Menge der Anglizismen in der deutschen Sprache auch für mehr Verwirrung sorgt. Denn immer wieder begegnet man den „falschen Freunden“, also Begriffen, die im Deutschen und Englischen zwar ähnlich aussehen, aber verschiedene Bedeutungen haben. So berichtet Brautmeier, dass im Supermarkt aus dem „Bad Reiniger“ auch schnell der „bad Reiniger“ („bad“ – engl. „schlecht“) werden kann. Auch das Gift ist im Deutschen zwar tödlich, bedeutet im Englischen aber „Geschenk“. Durch Anglizismen werden laut Brautmeier zudem die Umlaute verdrängt. Aus Äthiopien werde dann schnell „Ethiopien“, da sich das deutsche und englische Sprachgefühl miteinander vermische. Englisch sei in der deutschen Alltagssprache so allgegenwärtig geworden, dass auch die Verwirrung mittlerweile unvermeidbar sei. (cz.de)


„English only“ in Berlin

In einem Kommentar im Berliner Kurier kritisiert Helge Denker die Besessenheit vieler Berliner von der englischen Sprache. Es gebe mittlerweile Rezeptionen, Cafés und Clubs, in denen man als Gast ohne Englischkenntnisse aufgeschmissen sei. Auch auf der Seite der Angestellten würde häufig nur englisch gesprochen, wer es als Kunde nicht beherrscht, habe dann ein Problem. Für Denker ist dieses Verhalten arrogant und abgehoben – man sollte in einem Land die Muttersprache können bzw. lernen. (berliner-kurier.de)


6. Kommentar

Tassen im Schrank

„Misogynie“ bedeutet Frauenfeindlichkeit. Ausgerechnet diese wird Alice Schwarzer von 33 Autoren vorgeworfen. Ihre Einladung zum Literarischen Herbst in Leipzig sei zu känzeln, fordert die Autorengruppe. Frau Schwarzer muss einem nicht sympathisch sein, aber der Vorwurf der Misogynie macht auch Unfreunde grübeln. Mit der Behauptung, er habe die Wortbedeutung momentan übersehen, käme kein Autor durch, schon gar nicht 33 Autoren, nicht einmal Texter für Glückskekse. Also wie ist so etwas möglich? Vermutlich setzt der Verstand aus, sobald der Drang einsetzt, sich moralisch über andere zu erheben. Da löst sich alles Denken von der Wirklichkeit, hebt ab und umkreist sich selbst. Mit gleichem Unrecht gälte die Behauptung als valide, dass rote Verkehrsampeln verfassungswidrig seien, weil sie den demokratischen Fortschritt behindern. Schierer Blödsinn. Wahrscheinlich grinsen die Urheber solchen Unfugs, dass ihnen so viele Leute auf den Leim gehen. (Oliver Baer) (faz.net)


Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten zu verschiedenen Sprachthemen. Männer sind mitgemeint, das Gleiche gilt für andere Geschlechter. Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln gelegentlich die Meinung der Redaktion wider.

Redaktion: Oliver Baer, Holger Klatte, Asma Loukili, Dorota Wilke, Jeanette Zangs

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