Infobrief vom 5. November 2023: Frankreichs Präsident gegen Genderzeichen

1. Presseschau

Frankreichs Präsident gegen Genderzeichen

Gendersprache gibt es auch im Französischen und ebenso streiten die Franzosen darüber, ob ihre Sprache zu „männlich“ sein könnte. Zur Vermeidung von Doppelformen verwenden Genderbewegte grafische Abkürzungsmittel wie Großschreibung (écrivainE), Binde- oder Schrägstrich (écrivain-e, écrivain/e), Klammern (écrivain(e)), Punkt (écrivain.e). Die französische Sprachakademie hat diese Zeichen jedoch als „tödliche Gefahr“ für das Französische gebrandmarkt. In staatlichen Einrichtungen wurde ihr Einsatz deswegen kurzerhand verboten. Vergangene Woche hat sich auch Präsident Emmanuel Macron eindeutig positioniert: Die französische Sprache sei „vor den Auswüchsen der sogenannten inklusiven Schreibweise zu schützen“, zitiert ihn die FAZ. Das Maskulinum entspreche dem Neutrum, man müsse keine Punkte in die Mitte der Wörter setzen oder Bindestriche oder andere Dinge, um es lesbar zu machen, so Macron. Ein gesetzliches Verbot will Macron aber nicht. Aber eben dieses hat vergangene Woche der Senat, das Oberhaus des französischen Parlaments, auf den Weg gebracht und einem Gesetzesentwurf zugestimmt, der die Verwendung der Gendersprache in Gesetzestexten, aber auch in Gebrauchsanweisungen, Arbeitsverträgen und anderen Alltagsdokumenten verbieten soll. Bevor daraus ein Gesetz wird, muss noch die Nationalversammlung zustimmen. (faz.net, srf.ch)


Scholz fordert Deutsch-Vergleichstests

„Es ist wichtig, dass alle, die hier aufwachsen, die deutsche Sprache lernen und beherrschen,“ sagte Bundeskanzler Olaf Scholz bei einem Bürgerdialog in Mannheim. Dafür brauchte es alle zwei Jahre vergleichende Tests an den Schulen. Die Ergebnisse sollten dann zeigen, wie man die Deutschkenntnisse der Kinder besser und gezielt fördern kann. Dabei sei es aber auch wichtig, gleich auf den Anfang der Bildungskarriere zu schauen, so Scholz, und die beginne bereits im Kindergartenalter. „Wenn es uns gelingt, ein flächendeckendes Angebot gebührenfreier Kitas zu schaffen, dann würde das bedeuten, dass die Kinder schon gut Deutsch sprechen, wenn sie in die Grundschule kommen.“ (zeit.de)


Mit Tieren sprechen

Das Fortschreiten der KI-basierten Technologien birgt verschiedene Möglichkeiten. Nun stellen Tier- und Verhaltensforscher in Aussicht, dass es in Zukunft möglich werde, die Sprache der Tiere weitreichend zu entschlüsseln und sich mit diesen zu verständigen. Aza Raskin ist Gründer des Earth Species Project, eines Programms, das Daten über verschiedene Tierarten und deren Kommunikation sammelt, um damit ein maschinelles Lernmodell zu erstellen. Es werden bereits KI-Modelle mit dem Ziel entwickelt, „Gespräche“ mit Tieren zu führen, erklärt Raskin. Die Entschlüsselung der Tierstimmen könne dem Artenschutz und -erhalt dienen. Tierverhaltensforscher Con Slobochikoff vermutet, dass Tiere, ebenso wie Menschen, Hoffnungen und „vielleicht auch Träume“ besitzen. Durch künstliche Intelligenz könne man künftig auch die eigenen Haustiere besser verstehen. Die Grenze zwischen menschlicher und tierischer Kommunikation zu verwischen, weckt aber auch ethische Bedenken. Karen Bakker, Forscherin für digitale Innovationen, erklärt, dass diese KI-Programme auch Wilderern dienen können, etwa indem sie gefährdete Tiere orten und ihre Rufe nachahmen. Man sei sich noch nicht der Folgen bewusst, die synthetisch erzeugte Klänge und Gesänge etwa der Population der Buckelwale nach sich zögen. Wünsche nach dem großen Durchbruch in der Forschung müssten gegen diese Risiken abgewogen werden. (spektrum.de)


Karriere motiviert zum Sprachenlernen

Sprache soll Chancen in der Berufswelt erweitern. Vor allem Fremdsprachenkenntnisse werden als Anforderung in Stellenanzeigen genannt. Eine aktuelle Studie der Lernplattform „Babbel“ kommt zu dem Ergebnis, dass rund 15 Prozent der Befragten in Deutschland eine neue Sprache wegen des Berufs lernen. Am häufigsten in den Stellenanzeigen gefordert werden – neben Englisch – Französisch, Spanisch und Italienisch, Russisch und Polnisch schon weniger und nur vereinzelt Arabisch und Chinesisch; Ukrainisch bleibt unerwähnt. Laut der Studie sind Reisen, privates Interesse oder Hobbies und die Karriere entscheidende Gründe für die Aneignung einer Fremdsprache. In Deutschland landet das berufliche Motiv auf dem dritten Platz, an erster Stelle steht für 25 Prozent der Befragten der Wunsch, sich auf Reisen besser verständigen zu können. In anderen europäischen Ländern sei das berufliche Motiv die hauptsächliche Triebfeder für das Erlernen neuer Sprachen. (onlinemarketing.de)


Falsche Nazis

Das Wort „Nazi“ wird inflationär verwendet. Zu diesem Schluss kommt Frank Jöricke bei nd-aktuell.de, der Online-Ausgabe der linken Wochenzeitung nd (ehemals Neues Deutschland): „‚Das sollen Nationalsozialisten sein?‘, hätte Hitler bestimmt ausgerufen. Und was hätte er von Polizisten gehalten, die sich als ‚Nazis‘ beschimpfen lassen? Vermutlich hätte er sie als Witzfiguren abgetan.“ Der Begriff sei mittlerweile weichgespült und abgenutzt, viele Deutsche würden heute nicht mehr wissen, was ihre Großeltern zur Zeit des Dritten Reichs gemacht hätten. „Vordergründig ist ‚Nazi‘ heute nur ein neues Synonym für ‚Arschloch‘“, so Jöricke, ein Gespräch mit Nazis verböte sich schlichtweg. Gleichzeitig unterstelle es jedem, den man so bezeichnet, Rassismus, selbst wenn es sich nur um eine Meinung handelt, die einem selbst nicht zusage. „Nazi“ jedoch beschreibe in der Kommunikation eine Art Barrikadehaltung, die man einnimmt und sich damit auf der richtigen Seite wähnt. „Meinungen, die früher als ‚konservativ‘ oder ‚reaktionär‘ durchgewinkt wurden, ziehen heute den ‚Nazi‘-Vorwurf nach sich“, schreibt Jöricke, das erinnere sehr an die 1970er Jahre, da liefen westdeutsche Linke Gefahr, als RAF-Sympathisanten zu gelten, wenn sie es wagten zu differenzieren. Man täte als Gesellschaft gut daran, sich die 1980er zum Vorbild zu nehmen, verbal abzurüsten und so mehr Sprachsensibilität zu zeigen. (nd-aktuell.de)


2. Gendersprache

Strenge Regeln im Wiener Gesundheitsministerium

Minister Johannes Rauch hat auf Nachfrage der FPÖ-Abgeordneten Susanne Fürst erklärt, wie im österreichischen Gesundheitsministerium gegendert wird. Sein elfseitiger Leitfaden „Gendergerechter Sprachgebrauch im BMSGPK“ sei verpflichtend für die Mitarbeiter. Demnach müssen sämtliche Texte, Publikationen, Beiträge auf Internetseiten und in den sozialen Medien „gendergerecht“ verfasst werden. Lediglich für die mündliche Verständigung gebe es keine Regeln. Der Leitfaden geht ins offenbar durchdachte Detail. In der offiziellen Kommunikation sei ausschließlich der Genderdoppelpunkt (Politiker:in) anzuwenden. Substantivierte Nomen seien erlaubt (die Leitenden, die Teilnehmenden). Der Leitfaden gibt vor, dass Wortzusammensetzungen mit „-kraft“, wie die Hilfskraft oder Arbeitskraft, vermieden werden sollen, denn sprachliche „Ent-Personifizierung“ könne diskriminierend wirken. Der Leitfaden fordert „kreative Lösungen“, damit Abwechslung in die Texte gebracht werde. Akademische Titel, Amtstitel und Funktionsbezeichnungen bleiben nicht verschont. Anhand bestimmter Tastenkombination sollen sogar bei der abgekürzten Form die entsprechenden Endungen („In“ bei Doktorin oder ein „x“ für nicht-binäre Personen) hochgestellt werden. Weitere Genderformen wie das Binnen-I seien jedoch nicht barrierefrei oder inklusiv genug und sollen lediglich auf informelle Texte beschränkt werden. Auch der Schrägstrich solle „aus Gründen der Lesbarkeit“ beschränkt verwendet werden. Minister Rauch bezeichnet diese Richtlinien als „notwendig“. Änderungen des ausführlichen Leitfadens seien nicht geplant. (heute.at)


Komik in Genderferne

In offiziellen Briefen werde durchgegendert, normale Menschen dagegen genderten überhaupt nicht. „In dieser Diskrepanz steckt enorme Komik“, sagt Dieter Nuhr im Zeit-Magazin. Martin Machowecz berichtet über „einige Monate mit Dieter Nuhr“, der die Grünen mitgegründet hat und heute „für Konservative der einzig vernünftige Komiker“ sei. (zeit.de (Bezahlschranke))


3. Kultur

Schlechte Vorbilder schaden der deutschen Sprache

Opernsängerin und VDS-Mitglied Edda Moser fordert anlässlich des „Festspiels der deutschen Sprache“ in Bad Lauchstädt, die deutsche Sprache müsse geschützt werden. Dämliche Anglizismen förderten Sprach- und Kulturverfall, wird sie von der Mitteldeutschen Zeitung zitiert. Vor allem bei Eltern und den Lehrern liege die Verantwortung, die Jugend sprachlich zu leiten, erklärt Moser. Denn diese Vorbilder beeinflussen Kinder auch in der Sprache. Moser hat mit den jährlichen Festspielen dem Goethe-Theater in Bad Lauchstädt „zum silbernen Zeitalter verholfen“, schreibt die Mitteldeutsche. Die letzten fünf Tage des diesjährigen Festspiels sind vor allem den deutschen Klassikern gewidmet. (mz.de (Bezahlschranke))

Diktat feiert Ukrainisch

Anlässlich des Tags der ukrainischen Schrift und Sprache am 27. Oktober findet seit dem Jahr 2000 ein jährliches Radiodiktat statt. Das Diktat wird im Radio, Fernsehen und als Livestream im Netz vorgelesen. Damit werden die ukrainische Sprache und die Traditionen des Landes weltweit gefeiert. Julia Scheludko vom Ukrainischen Radio organisiert das Diktat und berichtet gegenüber tagesschau.de vom Erfolg der Aktion. Seit Beginn des Krieges habe die Aktion einen besonders solidarisierenden Wert für die Ukrainer. Scheludko berichtet, dass selbst Bewohner in den russisch besetzten Gebieten der Ukraine teilnehmen. Man schreibe, um sich zu vereinen, erklärt Scheludko. Unter allen Teilnehmern, die das Diktat einreichen, wird ein Gewinner ausgesucht. Dieser erhält ein Buch, eine Urkunde und ein Souvenir. Die Zustellung der Preise sei seit Beginn des Krieges jedoch schwierig geworden, berichtet die Tagesschau. (tagesschau.de)


Schwedisch-Wörterbuch nach 140 Jahren fertig

Nach 140 Jahren ist erstmals ein komplettes Wörterbuch der schwedischen Sprache fertiggestellt worden. Es umfasst mehr als 500.000 Wörter. Christian Mattsson hat mit seinen Kollegen über 30 Jahre an der Vollendung gearbeitet. Die Arbeit habe so lange gedauert, weil neue schwedische Wörter seit 1591 erfasst werden mussten; damals erschien das letzte Wörterbuch. Mitunter mussten für Wörter mehrere tausend Einträge erfasst und analysiert werden. Laut Mattsson ist das Werk Wörtern vorbehalten, die lange überdauern; Modewörter hätten darin keinen Platz. Teilweise müssen sogar Wörter ersetzt werden, so Mattsson: „Sie sind nicht wirklich neu, aber kamen zu spät in den Sprachgebrauch, um schon erfasst zu sein. Das Wort ‚Allergie‘ etwa wird seit den 1920ern in Schweden verwendet. Damals war der entsprechende Band des Wörterbuchs aber längst fertig – deswegen kommt es nicht vor.“ Die Auflage wird bei 600 Stück liegen, je nach Einband kostet das Wörterbuch vermutlich rund 6.000 Euro und belegt zweieinhalb Meter im Bücherregal. Es wird aber kostenlos im Internet zu finden sein. (spiegel.de (Bezahlschranke))


4. Berichte

Kostenloses Schreibseminar in Calw

Die VDS-Akademie bietet in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe „Ausgangsschrift“ das Seminar „Vom Schreibenlernen bis zur reifen Handschrift“ an. Das Seminar ist kostenfrei und richtet sich an Grundschullehrer sowie Eltern und Angehörige, die Kindern und Jugendlichen beim Schreibenlernen Hilfestellung geben wollen. Zur Zielgruppe gehören Ehrenamtliche in der schulischen (Ganztags-)Betreuung, aber auch Personen, die ohne beruflichen Hintergrund ihre Schreibfertigkeiten weiterentwickeln wollen. In dem eintägigen Seminar erhalten die Teilnehmer Gelegenheit, unter fachkundiger Anleitung ihre Schreibtechniken zu überprüfen und weiterzuentwickeln, sowie die Fähigkeit zur Anleitung von Schreibanfängern im Grundschulbereich oder darüber hinaus. Das Seminar findet statt am Samstag, 25. November 2023, von 10 bis 17 Uhr in Calw-Hirsau (CIS – Centrum Ilse Scholl/Schule Hirsau e. V., An der Klostermauer 1, Calw-Hirsau). Um Anmeldung wird gebeten bis zum 16. November an flisa-rehm@t-online.de oder claus.maas@vds-ev.de oder über die VDS-Geschäftsstelle.


Zweisprachiges Elsass

Die Badischen Neuesten Nachrichten stellen Richard Weiss vor, den neuen Vorsitzenden der René-Schickele-Gesellschaft in Straßburg. Er ist auch VDS-Beauftragter für das Elsass, und er gibt regelmäßig Kurse für Erwachsene im elsässischen Dialekt am Elsässischen Kulturzentrum in Straßburg. In den 90er Jahren war er Initiator der ersten zweisprachigen ABCM-Schule. Durch das Engagement vieler Eltern fasse das Elsässische langsam wieder Fuß in der Region, berichtet Weiss. Soeben ist auch sein Buch „Wenn ich einmal groß bin, werde ich zweisprachig sein!“ im IfB-Verlag erschienen. (badische-zeitung.de (Bezahlschranke), ifb-verlag.de)


5. Denglisch

Care-Arbeit oder Kehrarbeit?

Wie verbohrt können doch Leute sein, die der Mission folgen, die gehobene Sprache sei allein Englisch! Ein hübsches Beispiel ist der vorwurfsvolle Einsatz des Begriffs der sogenannten Care-Arbeit: Die Gesellschaft soll endlich begreifen, wie ungerecht die Aufgaben unter den Geschlechtern verteilt sind. An sich ein alter Zopf! Die Mahnerinnen schleudern empört einen Bumerang auf den männlichen Gegner und bemerken nicht einmal, dass er ihre eigene Nase trifft. Der Gleichklang von Pflegen und Putzen ist eigentlich für jeden, der seine Ohren ein wenig öffnet, unüberhörbar. So ist es aber durchaus nicht gemeint. Von Kehren soll nicht die Rede sein. Die zweifellos berechtigte Kritik zielt auf das überkommene Quasi-Monopol der Frauen bei allen Sparten des Pflegens. Dass sie traditionell auch beim Putzen, wie gesagt beim „Kehren“, traditionell führend sind, ist leider ebenfalls wahr. Dieser lächerliche Doppelsinn scheint aber den Care-Strategen entgangen zu sein. Die kontraproduktive Ironie sehen sie nicht. Dazu müssten sie ihre Begriffe schärfen, also sprachlich erst einmal vor ihrer eigenen Tür kehren! (Kurt Gawlitta) (swr.de)


6. Soziale Medien

Mit Tipp-Ex gegen Gendern

Auf der Plattform X (vormals Twitter) berichtet eine junge Frau von ihrer Mutter, die gerade eine Umschulung bei der Deutschen Bahn macht. Die Arbeitsblätter für die Prüfung sind gegendert, gesprochen wird von „dem:der Triebfahrzeugführer:in“ und „dem:der Fahrdienstleiter:in“. Die Mutter sei keine Deutsch-Muttersprachlerin und habe daher Probleme, die Aufgabenstellung überhaupt zu erfassen. Die Tochter habe daher mit Tipp-Ex sämtliche Doppelpunkte samt Anhängsel – also die gegenderten Teile – übermalt, so könne die Mutter die Texte auch verstehen. Für Ihren Tweet erntet die junge Frau viel Zuspruch: „Ich bin Muttersprachler, arbeite täglich mit amtlichen Texten und bekomme Kopfschmerzen von diesem Schwachsinnstext der @DB_Bahn, das ist unlesbar“, schreibt @Kasa_jas, und @Tarek_Muller ergänzt: „Man kommt nicht in Lesefluss. Ich musste immer wieder stoppen beim Lesen. Als ob ‚Der Die Das‘ für Ausländer nicht schon schwer genug wäre“. Die Bahn selbst hat sich bis zum Zeitpunkt des Versands dieses Infobriefs bei X nicht zu dem Tweet geäußert. Ein Gutes hatte der Tweet dennoch: Die Mutter habe die Prüfung bestanden, so die Tochter. Außerdem habe sie für die kommende Prüfung den Ausbilder nach alten Unterlagen ohne Gendern gefragt und auch bekommen. Er habe Verständnis für das Problem gezeigt. (twitter.com)


7. Kommentar

Sensitivity soll es bringen

„Wie engagiert muss Literatur heute sein?“ fragt Thea Dorn in der Zeit. Der Schriftsteller tauge jedenfalls nicht zum Chirurgen, auch nicht zum Psychotherapeuten. Er ähnle eher „dem Palliativarzt, der weiß, dass sein Patient verloren ist, und gerade deshalb, um seine Würde zu wahren, Zuwendung, Ablenkung und lindernde Mittel baucht.“  Literaturschaffende sollten dennoch „klar und leidenschaftlich für Menschenrechte und Demokratie, für Vernunft und Zivilität Partei ergreifen“. Das bedeute laut Dorn jedoch nicht, dass die Literatur selbst moralisch aufzuladen sei; der Kampf um Menschlichkeit müsse in der gesellschaftlichen Welt ausgetragen werden. „Irrationalität, Ressentiment und Hass lassen sich nicht mit Sensitivity-Lektoraten bekämpfen. Nichts wird real besser, wenn wir heute als beleidigend empfundene Wörter aus Werken der Vergangenheit tilgen oder in Romanen der Gegenwart Professoren vergangener Zeiten vorsichtshalber von ‚Studierenden‘ reden lassen. Bisweilen drängt sich mir der Verdacht auf“, fährt Dorn fort, „dass es Ausdruck objektiver Verzagtheit, ja hilfloses Symbolhandeln ist, wenn angesichts einer bedrohlicher und roher gewordenen Welt mit Eifer daran gearbeitet wird, wenigstens die Künste zum sensibilitätsgerechten safe space umzubauen.“ Man könnte auch, wennschon weniger vornehm als Dorn, sagen:  Das Gequatsche über Sensibilität wirkt, angesichts der anderswo stattfindenden Massaker, wie ein Ausweichen vor echten Problemen. Einstweilen kann man sich damit trösten, man habe die Sprache in Verwaltung, Schulen und Universitäten schon mal korrekt hingebogen. Das wird den Frieden bringen. (Oliver Baer)


Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten zu verschiedenen Sprachthemen. Männer sind mitgemeint, das Gleiche gilt für andere Geschlechter. Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln gelegentlich die Meinung der Redaktion wider.

Redaktion: Oliver Baer, Holger Klatte, Asma Loukili, Dorota Wilke, Jeanette Zangs

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