Infobrief vom 7. Januar 2024: Deutsch als Fremdsprache in Tschechien

1. Presseschau

Deutsch als Fremdsprache in Tschechien

In Tschechien ist seit 2013 eine zweite Fremdsprache Pflicht für die älteren Schüler, spätestens ab der achten Klasse. Deutsch wird häufig nach Englisch als zweite Fremdsprache belegt. Tschechien hat mit Deutschland und Österreich zwei deutschsprachige Nachbarländer, wodurch viele berufliche Chancen gegeben sind. Rund 4.000 deutsche Firmen haben in der Tschechischen Republik einen Standort. Nun steht eine Bildungsreform an. Sie enthält den Plan, die zweite Fremdsprache an den neunklassigen Grundschulen nur noch als Wahlfach anzubieten. Eine Studie hat ergeben, dass die Schüler neben Englisch mit einer zweiten Fremdsprache überfordert seien; insbesondere Deutsch sei „schlichtweg zu schwer“. Viele junge Tschechen entscheiden sich zudem eher für Spanisch oder Italienisch. Es sieht nicht gut aus für den Deutschunterricht in Tschechien. (saechsische.de (Bezahlschranke))


Verwandtschaft zwischen Sprache und Biologie

Der Chatbot Chat-GPT basiert auf generativer künstlicher Intelligenz (GKI), auf großen Sprachmodellen. Die GKI befähigt das Programm, Aufsätze, Gedichte und Programmiercodes zu schreiben. Forscher der Technischen Universität München machen sich diese Technik nun zunutze, um die Sprache der Proteine zu entschlüsseln. Denn der Aufbau der Proteine und der Aufbau der Sprache seien sich grundlegend ähnlich, erklärt Professor Burkhard Rost. Dem Zusammenspiel von Wörtern, Satzteilen, Phrasen und ihren Funktionen ähnelt der Aufbau der Proteine und Aminosäuren. GKI-Programme wie Chat-GPT bieten sich daher an für biologische Aufgaben.

Die biologischen Sprachmodelle, die man entwickeln könne, müssten zunächst bekannte Proteinsequenzen und deren Bestandteile lernen und sie anhand von Lückentexten generieren. Eine ähnliche Vorgehensweise gilt auch für Sprachmodelle wie Chat-GPT. Durch deren Training erhoffen sich die Forscher, dass in Zukunft neue Proteine generiert werden können. So könne man Antikörper entwickeln, die das Immunsystem auf Krebszellen aufmerksam machen. Solche Fähigkeit könnte auch abseits der Medizin in der Industrie nützlich sein. Rost betont jedoch, die Technologie sei noch neu und es bleibe schwer abzusehen, wohin die Entwicklung führt. Er hat keinen Zweifel, dass biologische Sprachprogramme „die Biologie verändern werden“. (nzz.ch, welt.de (Bezahlschranke))


Das Flüstern der Pferde

Spätestens seit Robert Redfords Rolle als Pferdeflüsterer weiß man: Pferde sind mehr als Last- und Reittiere. Man muss nicht unbedingt ein Redford sein, um die Sprache der Tiere zu entschlüsseln. Wer aufmerksam hinhört, erkennt die verschiedenen Laute der Tiere. Ein Brummen signalisiert Freude und Zuneigung. Das lernen bereits die Fohlen in den ersten Lebenswochen, denn genau damit rufen die Stuten ihren Nachwuchs. Jedoch sollte man sich als Pferdefreund nicht nur auf die Laute beschränken. Pferde harmonieren Bewegungen von Ohren, Schweif, Nüstern, Augen und Maul, womit sie ihre Stimmung abbilden. Nach vorne gespitzte Ohren zeigen Aufmerksamkeit und Konzentration. Zeigen die Ohren nicht in dieselbe Richtung, ist das Pferd unsicher und prüft, worauf es sich momentan konzentrieren solle. Flach nach hinten angelegte Ohren sind meist als Warnung zu verstehen. Ein lässig pendelnder Schweif zeugt von Entspannung. Anders jedoch, wenn das Pferd ihn einklemmt (ähnlich wie der Hund seine Rute) – dann hat es meist Angst. (pferde.de)


Quasi polyglotte Maschinen

Computerlinguist Prof. Hinrich Schütze arbeitet an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) an der Schnittstelle von Sprachwissenschaft und Informatik. Er untersucht das Training von generativer künstlicher Intelligenz (GKI) wie Chat-GPT, sodass sie auch kleine Sprachen lernen und in fehlerfreien Texten wiedergeben kann. GKI muss für das Training auf einen Fundus gesprochener und geschriebener Texte zurückgreifen können. Je seltener eine Sprache, desto schwieriger ist es, sie hinlänglich korrekt zu erfassen und künstlich wiederzugeben, so Schütze: „Es gibt mehr als 7.000 Sprachen auf der Welt, die man 400 Sprachfamilien zuordnen kann. Nur für etwa 100 Sprachen stehen viele Ressourcen zur Verfügung. Für die meisten Sprachen gibt es nicht genug Trainingsdaten. Da kann man mit dem Sorbischen in Deutschland anfangen. Dann auch viele afrikanische Sprachen. Die Sprachen der Ureinwohner in Amerika, Sprachen in Südostasien und Australien, Ozeanien.“

Schütze verwendet die Bibel als Forschungsgrundlage, kein anderes Werk wurde in so viele Sprachen übersetzt. Mit seiner Methode versucht er, Wörter unter anderem geografisch zu ordnen und Zusammenhänge zu finden: „Zum Beispiel verbinden Chinesisch, Japanisch und Koreanisch alle das Konzept ‚Mund‘ mit ‚Eingang‘ aufgrund des Einflusses des chinesischen Schriftzeichens.“ Anders als der Mensch habe eine GKI jedoch kein „explizites Gedächtnis“, so Schütze. Sie erprobe Wortfolgen und Textpassagen auf anscheinend sinnvolle Wahrscheinlichkeit, eventuell verbleibende Löcher füllt die GKI mit dem, was als Fakten zu passen scheint. Damit ergäben sich nicht nur bei seltenen Sprachen sogenannte „Halluzinationen“, das sind syntaktisch korrekte, aber rein erfundene Antworten – die zufällig so aussehen können, als ergäben sie einen Sinn. Schützes Team arbeitet daran, Künstlichen Intelligenzen Gedächtnis mitzugeben und sie auf Erkennung reiner Fakten zu trainieren. (lmu.de)


2. Gendersprache

Gebote sind gut, Verbote verwerflich

In der FAZ untersucht Susanne Kusicke die Möglichkeiten, den Umgang mit Gendersprache in den Bundesländern per Verbot zu regeln. Bayern hat angekündigt, das Gendern an Schulen und in Verwaltungen zu untersagen. Hessen will ein Gebot zur normgerechten Sprache auf den Weg bringen. Korrekte Sprache zu gebieten, sei nicht so einfach, erläutert Kusicke in der FAZ. Auf Söders Ankündigung habe das sachsen-anhaltische Bildungsministerium „schmallippig“ reagiert. Es gebe kein explizites Gender-Verbot, jedoch habe es zu Schuljahresbeginn einen Brief an die Schulleiter gegeben, in dem klargestellt wurde, „dass Sonder­zeichen wie Asterisk, Gender-Gap oder Doppelpunkt nicht Teil des amtlichen Re­gelwerks der deutschen Rechtschreibung (Duden) sind, und dass sich das Ministerium für Bildung Sachsen-Anhalt an die Empfehlungen des Deutschen Rechtschreibrates vom 14. Juli 2023 hält“.

Auch in Sachsen sprich man nicht von einem Verbot, aber von Rechtschreibregelungen. Geschlechtergerechte Sprache werde ausdrücklich befürwortet, heißt es aus dem sächsischen Kultusministerium, man benutze Paarformen oder geschlechtsunabhängige Formulierungen wie „Lehrkräfte“. In Bayern beruft man sich auf das amtliche Regelwerk der deutschen Sprache. Gendern sei de facto schon verboten, denn verbindlich sei das amtliche Regelwerk der deutschen Sprache. Darauf seien Lehrpläne und Lehrmittel ausgerichtet, das Kultusministerium habe die Schulaufsichten erinnert, es sei nach den Regeln der Amtlichen Rechtschreibung zu unterrichten; das gelte auch für das Unterrichtsgespräch. Lehrer sollten demnach nicht gendern, heißt es, und Schüler dürften nicht dazu gedrängt werden.

Der Vorsitzende des Bayerischen Elternverbandes, Martin Löwe, hält Söders Ankündigung für kaum mehr als eine Darstellung der ohnehin gegebenen Rechtslage „in populistischer Art“ und die Lehrergewerkschaft BLLV hält wenig von einem Verbot. Gendern sei ein „Spiegel der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung“. Junge Menschen wollten Diversität auch abgebildet sehen, Lehrer ihrerseits sähen sich in ihrer pädagogischen Kompetenz beschnitten, wenn es zu einem Gender-Verbot käme. Die Freiheit der Lehrer sei wichtig, diese wolle man sich nicht verbieten lassen. Auf den Einwand, dann müsse man auch andere gesell­schaft­liche Gruppen einzeln „ansprechen“, bezieht sich der BLLV-Sprecher auf den „Beutelsbacher Konsens“, nach dem sich Lehrkräfte idealerweise richten sollten. Dieses in den Siebzigerjahren beschlossene „Überwältigungs- und Indoktrinationsverbot“ habe deutlich unterschieden: Lehrer dürfen ihre eigene politische Meinung darlegen, sollen sie aber stets als eine unter anderen möglichen Auffassungen darstellen.

In Hessen soll Mitte Januar der neue Landtag konstituiert werden, die Koalition aus CDU und SPD hat im Kapitel „Bürgernahe Verwaltung“ des Koalitionsvertrages festgelegt: „Wir werden festschreiben, dass in der öffentlichen Verwaltung sowie wei­teren staatlichen und öffentlich-recht­lichen Institutionen (wie Schulen, Universitäten, Rundfunk) auf das Gendern mit Sonderzeichen verzichtet wird und eine Orientierung am Rat für deutsche Rechtschreibung erfolgt. Auf die Verwendung der sog. Gendersprache werden wir daher zukünftig landesweit verzichten.“ Verzicht anstelle eines Verbotes, und der betreffe auch den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk. Der Vorsitzende des hr-Rundfunkrats, Harald Freiling, zeigte sich auf Nachfrage der FAZ „verwundert“ über die Pläne des designierten Ministerpräsidenten Boris Rhein. Im Sender gebe es unterschiedliche Auffassungen zum Gendern mit Sonderzeichen, es sei aber nicht Aufgabe der Politik, hier etwas festzulegen: „Staatsferne und Rundfunkfreiheit sind auch hier ein hohes Gut“, so Freiling. Auch der Leipziger Professor für Staats- und Verwaltungs- sowie Medienrecht, Hubertus Gersdorf, sieht ein Verbot skeptisch. „Die Rundfunkgarantie des Grundgesetzes verbietet dem Staat, den Rundfunkanstalten Vorgaben zu geschlechtergerechter Sprache zu machen. Das ist eine autonome Entscheidung der Journalistinnen und Journalisten.“ Vorgaben oder Empfehlungen könnten laut ihm nur die Landesrundfunkanstalten machen.

In mehreren Bundesländern rufen Initiativen die Bürger zur Beteiligung auf. In Hessen organisiert Dr. Bernd Fischer, Leiter der VDS-Region 60 (Frankfurt a. M.), die Volksinitiative. Mittlerweile sind rund 34.000 der benötigten 44.000 Stimmen gesammelt. „Ich bin ei­gentlich ein unpolitischer Mensch und sah bisher nie die Notwendigkeit, mich po­litisch zu engagieren“, sagte Fischer der FAZ, er wolle auch nicht polarisieren. Aber der als Zwang empfundene Neusprech mache ihm Sorgen. „Ich glaube, es treibt viele Leute in die Arme der AfD, weil die sich bis vor Kurzem als einzige klar dagegen ausgesprochen hat.“ Es gehe Fischer und seinen Mitstreitern nicht darum, jemandem im privaten Umfeld das Gendern zu verbieten. Es sollte nur niemand dazu genötigt werden, und staatliche Behörden, Kommunen und öffentliche Einrichtungen sollten es einfach unterlassen. Jetzt brauche man Rechtssicherheit. (faz.net (Bezahlschranke))


Gendern gegen grammatisches Gespür

Der ehemalige Lehrer und Autor Rainer Werner zeichnet in einem Gastbeitrag im Cicero ein düsteres Bild von den Folgen der Gendersprache für Kinder. Viele Schulen genderten in internen Schreiben oder Pressemeldungen, im Unterricht sollten sie es aber sein lassen. Für Klassenarbeit oder Klausur gälten andere Regeln. „Dann müssen die Schüler die deutsche Hochsprache verwenden, die Genderformen nicht kennt.“ Maßgeblich sei die Schreibweise, die der Rat für deutsche Rechtschreibung in seinen Empfehlungen zur geschlechtergerechten Sprache dargelegt hat. Zeichen innerhalb von Wörtern werden dabei nicht empfohlen, und süffisant fügt er hinzu: „Dass sich selbst rot-grün regierte Bundesländer bei prüfungsrelevanten Gegenständen an diese Empfehlung halten, hat juristische Gründe. Sie möchten sich die Klagen von Eltern ersparen, die in der Verordnung der Gendersprache einen rechtswidrigen Akt sehen könnten.“

Als ehemaliger Gymnasiallehrer habe Werner beobachtet, seine Schüler verstünden durchaus, dass es zwischen dem privaten Gendern und der Hochsprache in Klausuren einen Unterschied gibt. Anders sähe es jedoch an Grund-, Gesamt- und Sekundarschulen aus. Hier hätten viele Kinder eh schon Probleme mit der deutschen Sprache. Ihnen ein weiteres Handicap aufzubürden, sei nicht sinnvoll. Sachsen-Anhalt, Sachsen und Schleswig-Holstein hätten das erkannt und das Gendern in der Schule generell untersagt; Hessen und Bayern wollen bald folgen. In Berlin fahre man zweigleisig: Im Unterricht gelte die Hochsprache ohne Genderformen, im internen Schriftverkehr sei der Genderstern Pflicht. Das führe auch zu absurden Formen wie Hausmeister*innen“ an Stellen, wo es überhaupt keine Frauen in diesem Beruf gibt.

„Ich sehe das Problem darin, dass eine ganze Generation von Schülern mit einer Sprachform aufwächst, die von Interessengruppen mit großer Überzeugungskraft und mit moralischer Überhöhung im öffentlichen Raum verfochten wird“, schreibt Werner und weist auf falsch verwendete Partizipialformen hin, wie „tote Radfahrende“: „Wenn Schüler solchen Nonsens-Formulierungen ständig ausgesetzt sind, leidet ihr grammatisches Gespür. Dieses ist aber notwendig, um die Komplexität unseres grammatischen Systems geistig zu durchdringen. Im Grunde schadet die Wurstigkeit und Sorglosigkeit, mit der die Gender-Adepten falsche Sprachformen erfinden, dem Sprachgefühl unserer Schüler.“ (cicero.de (Bezahlschranke))


Der stabile Käseladen

Dass ausgerechnet ein Käseladen in Österreich den Duden und sämtliche Gender-Befürworter Lügen straft, hat sich der Sprachwissenschaftler Josef Bayer nicht träumen lassen. Sowohl auf der Tür der Herren- als auch der Damentoilette prangt das Schild „Nur für Kunden“. Hier kennt man offenbar die generische Bedeutung des Wortes „Kunde“ und versteift sich nicht auf ein „aber die anderen sind damit nicht mitgemeint!“ Bayer führt den Gender-Gedanken aus: „Laut Duden wären alle Frauen, die nicht regelmäßig in dem Geschäft (…) einkaufen und dort bekannt sind, vom Besuch der Damentoilette ausgeschlossen. Männliche Einkäufer, die die geforderten Kundeneigenschaften mitbringen, wären hingegen auch auf der Damentoilette willkommen.“ Intuitiv habe man im Käseladen also erkannt, was auch die Mehrheit der Menschen in Umfragen regelmäßig bestätigt: Gendern bringt nicht weiter – nicht in der Gesellschaft, aber auch nicht in der konkreten vor der Toilettentür. Maskuline Personenbezeichnungen beziehen sich eben nicht zwingend auf eine männliche Person, sondern sind als lexikalische Einheiten in ihrem Bezug auf das natürliche Geschlecht frei: „Es ist schlimm, dass diese einfache linguistische Tatsache derzeit allenthalben und nicht zuletzt sogar durch den Duden ignoriert wird.“ (welt.de)


Vernetzt, lautstark und staatlich finanziert

Der Sprachwissenschaftler Helmut Berschin befasst sich bei Tichys Einblick mit der Gruppe der Unterzeichner, die gegen Söders Anti-Gender-Pläne Sturm laufen. Nach seiner Ankündigung, dem Gendern an Schulen und Behörden einen Riegel vorzuschieben, formierte sich Widerstand in Form eines Offenen Briefes samt Unterschriftenaktion. Berschin hat die Gruppe der Unterzeichner unter die Lupe genommen und festgestellt: Die meisten von ihnen lassen sich einem bestimmten Milieu zuordnen, wo die Geschlechtsidentität eine große Rolle spielt. Die beiden Erstunterzeichner waren das Netzwerk Genderforschung und Gleichstellungspraxis Bayern (NeGG) sowie die Landeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten der bayerischen Hochschulen (LaKoF). Insgesamt gehe der Protest von staatlich finanzierten Organisationen und Einrichtungen aus, vor allem an Hochschulen. Besonders stark vertreten sei auch die queere Bewegung, wo man sich einer anderen als der heterosexuellen Geschlechtsidentität zugehörig fühlt. Mitgliederstarke Frauenverbände kämen, abgesehen vom „KDFB“ (Katholischer Deutscher Frauenbund), unter den Unterzeichnern nicht vor.

Die klassische Frauenbewegung, so Berschin, habe indes mit „geschlechtergerechter Sprache“ nichts im Sinn, sie spreche und schreibe Standarddeutsch. Erst die neue Frauenbewegung ab den 1980er Jahren habe die „Männersprache“ Deutsch in Frage gestellt und sei dazu übergegangen, ausdrücklich beide Geschlechter deutlich zu benennen (Schüler und Schülerinnen). Die Genderschreibung mit ihren Sonderzeichen gehe dagegen von vielen Geschlechtern aus und reduziere die Frauen auf das Anhängsel „-innen“. Sprachfeministisch gesehen sei das ein Rückschritt für die Frauen, sagt Berschin. Ein Verbot würde das wieder richten. Für Berschin sind die Gender-Befürworter eine zahlenmäßig kleine, aber lautstarke und bestens vernetzte Gruppe, die zudem oft durch ihre staatliche Finanzierung gekennzeichnet ist. Sie stehe im Ganzen unter „Minderheitenschutz“, schon deshalb berichteten die Medien über ihre Unterschriftenaktion meistens positiv. (tichyseinblick.de)


Jaecki Schwarz findet Gendern grausig

Der Schauspieler Jaecki Schwarz hat sich in einem Interview mit web.de deutlich über das Gendern geäußert. Er findet es grausig: „Man ist bis dato so ausgekommen, und ich weiß nicht, wer sich da diskriminiert fühlt.“ Generell sei ihm Vieles bei der künstlerischen Entwicklung ein Dorn im Auge, z. B. die Realverfilmung von Schneewittchen, bei der die Zwerge durch „magische Figuren“ ersetzt werden sollten. „Ich begreife das nicht – genauso, dass in Shakespeares ‚Der Mohr von Venedig‘ der Mohr nicht mehr der Mohr heißen darf. Das ist doch Historie.“ (web.de)

Gendern = rechter Kulturkampf

Sprachdiktate seien ein rechtes Narrativ, behauptet Veronika Kracher in ihrem Kommentar auf der Online-Plattform nd-aktuell.de. Rechte Gruppierungen sähen im Gendern einen Angriff auf die Gesellschaft und spielten sich deswegen als Heilsbringer auf. Sie wollten die (Sprach-)Welt vor queeren Kräften beschützen, die es sich zur Aufgabe gemacht hätten, die Gesellschaft umzuformen. Der Hass gegen feministische Kräfte sei ein verbindendes Element zwischen radikaler und konservativer Rechter, so Kracher: „Dies zeigt sich immer wieder in gemeinsamen Anträgen von AfD und CDU oder FDP gegen inklusive Sprach- und Schreibweisen.“ Diese Parteien wollten das herrschende Patriarchat aufrechterhalten und würden sich zusammenschließen, um die Sprache vor einer längst überfälligen Umformung zu schützen. Wer sich gegen das Gendern ausspricht, könne sich publikumswirksam wehren, schreibt Kracher süffisant: „Indem sie zum Beispiel ihr hart verdientes Geld dem Millionär und Comedian Mario Barth für ein Shirt mit der Aufschrift ‚Ich gender nicht‘ in den Rachen schmeißen und sich damit richtig rebellisch fühlen. Oder eben eine Partei wie die CDU oder AfD wählen, die in den Krieg gegen die Sterne zieht und quasi das einzige ist, was zwischen einer geordneten Welt und einem queeren Terroranschlag auf die nächste Vollversammlung des Vereins Deutscher Sprache e.V. steht.“ (Anm. der Red.: Wie der VDS richtig heißt, ließe sich notfalls durch Recherche ermitteln) Mittlerweile müsse man nicht mehr auf die rechtsextreme AfD warten, damit ein Anti-Gender-Antrag durchkomme, in Sachsen-Anhalt habe das CDU-geführte Bildungsministerium die Verwendung von Gendersternchen im Unterricht verboten – zur Freude der AfD. Und die neue Koalition CDU/SPD in Hessen spreche sich ebenfalls gegen das Gendern aus: „Dies ist ein weiterer Nachweis dafür, inwieweit vor einigen Jahren noch primär rechtsradikale Talking-Points Teil des politisch-bürgerlichen Mainstreams geworden sind.“ (nd-aktuell.de)


Renitente Lehrer

Trotz des Verbots von Gendersprache an Schulen in Sachsen und Sachsen-Anhalt wollen sich einige Lehrer nicht daran halten und weiter gendern, berichtet die taz. Noah Schmidt, eine nonbinäre Lehrkraft aus Leipzig, habe mit ihren Kollegen einen entsprechenden Erlass durch den Schulleiter zur Kenntnisnahme erhalten und ihre Schüler darüber informiert. Sie wolle sich nicht daran halten: „Die Jugendlichen haben gesagt, dass es sie nicht stört, wenn ich weiter mit Doppelpunkt gendere, und sie mich selbstverständlich nicht verpfeifen werden“, so Schmidt. Für ihre Schü­le­r sei der Erlass kein großes Thema gewesen, „sie gendern eher weniger“. In ihrem Kollegium, berichtet Schmidt, seien etwa 70 % gegen das Gendern. Ihr Schulleiter toleriere ihre Einstellung, habe ihr aber zu verstehen gegeben, möglichen Beschwerden von Eltern oder Schülern nachgehen zu müssen. Welche Folgen das hätte, sei unklar.

Juri Haas, Justiziar bei der Lehrergewerkschaft GEW Sachsen, berichtet von Folgen, die bereits zu beobachten seien. Einer Kollegin in Sachsen wurden Sanktionen angedroht, weil sie aus pädagogischen Gründen weiter Genderzeichen verwende, so Haas. Die Behörde habe angekündigt, ihr eine spezielle Aufgabe im LaSuB (Landesamt für Schule und Bildung) zu entziehen, falls sie sich weiter weigert, sich an den Gender-Erlass zu halten. Um welche Aufgabe es sich handele, wollte der Justiziar nicht mitteilen, da man die Lehrkraft sonst leicht identifizieren könne, was wiederum ihren Job gefährden würde. Der Fall sei momentan noch nicht geklärt, so Haas. Er zweifelt auch die Rechtswirksamkeit des Erlasses an. Grundrechte von Lehrern und Schülern würden dadurch eingeschränkt. Die GEW gewähre daher Rechtsschutz, wenn Leh­rer aufgrund der Gender-Erlasse sanktioniert würden. (taz.de)


Neuer Medikamentenhinweis

„Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ hat ausgedient. Ab sofort fragt man jetzt „Ihre Ärztin, Ihren Arzt oder in der Apotheke“. Damit wird ein Beschluss des Bundestags aus dem Sommer 2023 verwirklicht, denn im ursprünglichen Werbespruch sei nur von Männern die Rede. Das sei nicht mehr zeitgemäß, schließlich seien immer mehr Frauen in diesen Berufen zu finden. Der Berufsverband der Ärzte freut sich über diesen neuen Spruch, behauptet Bild, der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller sieht ihn skeptisch. Mag er geschrieben noch unproblematisch sein, zeige sich die Krux in den audiovisuellen Werbespots im Fernsehen oder im Radio. Laut Arzneimittelhersteller sei er nicht innerhalb der „etablierten Zeitspanne von vier Sekunden professionell sprechbar“. Die 4 Sekunden, die für den Spruch zur Verfügung stehen, seien zu kurz bemessen, der Sprecher rase geradezu durch den Satz. Der neue Hinweis wird in TV-Werbung bereits verwendet. (bild.de)


3. Sprachspiele: Unser Deutsch

Gemischter Satz

Auf diesen Ausdruck stieß ich bei einer Weinverkostung im fränkischen Ramsthal. Erste Frage: Was heißt hier Satz? Ich erkläre mir: Es ist ein Verbalabstraktum zum Verb setzen, also ‚Setzung‘, ähnlich wie Griff aus greifen oder Schuss aus schießen. Das ist die älteste Methode, aus Verben ein Abstraktum zu bilden. Hier ging es also um die Pflanzung von Weinreben. ‚Gemischt‘ heißt dabei, nicht wie heute üblich, nur reine Rebsorten wie Silvaner, Riesling, Spätburgunder, Elbling, sondern eine Mischung von roten und weißen Trauben, von frühreifen, spätreifen, frostempfindlichen oder resistenten usw. Das war die traditionelle Methode des Weinbaus bis zur Reblauskatastrophe des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Die alte Mischpflanzung sollte den Ertrag sicherstellen, auch wenn die eine oder andere Rebe durch Frost, Trockenheit, Ungeziefer ausfällt. Eine kluge, eine nachhaltige Wirtschaftsform? Heute gibt es nur noch wenige solcher Parzellen, sie werden als Besonderheit gepflegt, obwohl sie viel Mehrarbeit bedeuten: meist aufwendige Pfahlerziehung, Pflege ohne hilfreiche Maschinen, schließlich Lese der ganzen Parzelle, Kelterung und Vergärung. Jeder Jahrgang ist etwas verschieden.

Inzwischen hat Österreich bei der EU die Bezeichnung für sich reserviert. Um Wien und in der Steiermark wird der gemischte Satz noch gepflegt. In Franken musste man für die wenigen alten Parzellen einen neuen Namen wählen: alter fränkischer Satz. Die Zeit zwischen den Jahren lässt die Phantasie schweifen. Ist gemischter Satz nicht viel mehr als pfleglicher Weinbau? Ist es nicht überhaupt eine bewährte Form sozialen Miteinanders, die Verschiedenes bindet, Katastrophen meidet, auf Höchstleistung verzichtet?

Schauen wir zur Politik. Gerade die Bundesrepublik Deutschland mit ihrer föderalen Verfassung aus Bund, Ländern und Kommunen ist eine typisch gemischte Regierungsform: Sie verhindert Extreme, aber verzögert auch allzu kühne Pläne. Das war die Antwort auf den sortenreinen arischen Nationalstaat, der sich anmaßend Drittes Reich nannte. Und sie ist ein heilsames Rezept gegen Nationalismus, gegen ideologische Alleinherrschaft und religiösen Fanatismus. All diese Heilsversprechen haben eines gemeinsam: Sie wenden sich gegen Vielfalt, gegen Eigenständigkeit, kurz gegen Gemischtes. Man kann die Duldung des Verschiedenen auch als eine Form der Inklusion verstehen, als Schutz der Schwächeren, der Entwicklung ihres Potentials.

Anfangs war Bayern ein armes Land, das die anderen Bundesländer unterstützen mussten. Jetzt ist es umgekehrt. Einen ähnlichen Weg ging Europa mit der Europäischen Union. Dass sich europäische Nationalstaaten derart verbunden haben, trotz vieler Gegensätzlichkeiten, hat Frieden gestiftet. Zwei Großtaten haben dies vertieft: die Freizügigkeit im Schengenraum und die einheitliche Währung. Auch in der EU gibt es Inklusion, die Integration der Kleineren. Natürlich ist gemischter Satz längst kein Wildwuchs mehr. Im Weinbau wie in der Politik sind Regeln der Mischung angesagt. Charakteristisch für die EU ist das Zusammenspiel von Kommission in Brüssel, Parlament in Straßburg und den Regierungen der Mitgliedsstaaten im Hintergrund. Oft wird das als Mangel gegeißelt. Dabei ist es nichts anderes als gute Mischung. Darauf lohnt es einen Schluck zu trinken, zum Beispiel einen alten fränkischen Satz aus Ramsthal.

Horst Haider Munske

Der Autor ist Professor für Germanistische Sprachwissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Vereins Deutsche Sprache e. V. Ergänzungen, Kritik oder Lob können Sie schicken an: horst.munske@fau.de


4. Kultur

Warnung vor Macho-Gerede im Kino

James Bond ist knallhart und sexy – aber auch sehr gefährlich – für zart Besaitete. Deswegen werden die Filme mit dem Agenten seiner Majestät jetzt mit einem Warnhinweis versehen, so wie bereits die Buchvorlagen des Autoren Ian Fleming. Das Britische Filminstitut (BFI) hat Bond-Titel aus den Sechzigern mit sog. Triggerwarnungen versehen, wie britische Medien übereinstimmend berichten. Die Warnung wurde ausgesprochen wegen der „Sprache, Bilder oder anderer Inhalte (…), die Ansichten der damaligen Zeit widerspiegeln, aber heute wie damals Anstoß erregen“. So gebe es laut BFI im Film „Man lebt nur zweimal“ „veraltete rassistische Klischees“. In einer Szene versucht der Agent 007 (gespielt von Sean Connery), sich als Japaner auszugeben. In „Goldfinger“ drängt er sich in einer Scheune Pussy Galore (gespielt von Honor Blackman) auf. Diese Inhalte seien anstößig und deswegen mit einer Warnung zu versehen, so das BFI. (spiegel.de)


Kurioses Deutsch

Dass „umfahren“ das Gegenteil von „umfahren“ sei, klingt absurd genug. Im Deutschen gibt es viele Sätze, die unlogisch klingen, aber durchaus sinnvolle Informationen vermitteln. „Beeil dich mal so langsam!“ ist so ein Beispiel. Das Wort langsam habe hier nicht die Bedeutung von Tempo bzw. Geschwindigkeit, sondern deute auf einen gemächlichen Zeitverlauf hin. „Irgendwas läuft hier gerade schief!“ spielt mit der unterschiedlichen Bedeutung von Adjektiven, Adverbien und Partikeln. Gerade kann alles davon sein, in diesem Fall ist es kein Adjektiv (wie „eine gerade Strecke“), sondern ein Adverb, das auf einen Augenblick hindeutet. (swr3.de)


5. Berichte

Tag der Deutschen Sprache in Albanien

Karl Valentin, Robert Musil und Joseph Roth – diese Autoren standen am 20. Dezember im Mittelpunkt beim Tag der deutschen Sprache im albanischen Tirana. Der Tag wurde gemeinsam vom VDS-Regionalverband und dessen Leiter Edvin Cami in Partnerschaft mit Pro-Lingua organisiert. Der Abend im Kaffeehaus „Nur“ stand im Zeichen der Literatur der 1930er Jahre. Das in den vorgelesenen literarischen Texten („Das Aquarium“ (Valentin), „Das Fliegenpapier“ (Musil) und „Die Büste des Kaisers“ (Roth)) ironisch beschriebene Absurde einer vergangenen Zeit fanden die Diskutanten vielen aktuellen Phänomenen der Modernität überraschend ähnlich. Fotos von der Veranstaltung finden Sie hier: facebook.com/vds.


Ehrung für die Gebrüder Grimm vom VDS Berlin

Der Berliner VDS-Regionalleiter Björn Akstinat und rund 20 weitere VDS-Mitglieder haben im Dezember zu Ehren der Gebrüder Grimm einen Kranz am Grab in Berlin-Schöneberg niedergelegt. Auf der Kranzschleife war zu lesen „Zu Ehren der Gebrüder Grimm – den weltberühmten Förderern der deutschen Sprache (Verein Deutsche Sprache e. V. Berlin/Brandenburg)“. Danach hielt Regionalleiter Akstinat einen Kurzvortrag über das Leben der für die deutsche Sprache, ihre Erforschung, Dokumentation und Entwicklung so wichtigen Persönlichkeiten. Jacob Grimm (1785–1863) und Wilhelm Grimm (1786–1859) wurden als Märchensammler weltberühmt und haben mit dem 1852 erschienenen ersten Band des „Deutschen Wörterbuchs“ das umfassendste Wörterbuch der deutschen Sprache gegründet. Die „Deutsche Grammatik“ von Jacob Grimm (1819) war bahnbrechend für die Herausbildung der germanistischen Sprachwissenschaft als universitäres Fach.


6. Denglisch

Zu viel Denglisch

Insbesondere im Netz wird man häufig mit Denglisch konfrontiert. Internetpersönlichkeiten wie Youtuber oder Twitch-Streamer, also Menschen die Inhalte per Echtzeitübertragung auf der Plattform Twitch teilen, sind für ihre eigenwillige Vermischung von englischen und deutschen Sätzen bekannt. Einer von ihnen, der Twitch-Streamer „Papaplatte“ wird nun für sein „Denglisch-Kauderwelsch“ kritisiert, berichtet mein-mmo.de. Der Internetstar nahm an der Online-Sendung 7 vs. Wild teil, dort müssen Internetpersönlichkeiten fernab ihres gewohnten Umfeldes sieben Tage lang in der Wildnis überleben. Zu Papaplattes Vokabular gehörten Ausdrücke wie „realtalk“ anstelle von „jetzt mal ehrlich“, „no joke“ anstatt „das meine ich ernst“, „you know“ anstatt „wisst ihr“ und das Allzweckwort „bro“, welches je nach Betonung viele verschiedene Bedeutungen hat. Zwar sei dieser Sprachgebrauch bei dem Streamer nicht ungewöhnlich, nun aber beschweren sich seine Fans über das durchgehende Denglisch des 26-Jährigen. Auf dem Internetforum Reddit erschien der Beitrag „Zurück zur Muttersprache“, darin sprachen sich die Nutzer und Zuschauer der Sendung dafür aus, dass Papaplatte wieder mehr Deutsch sprechen solle, Denglisch lasse ihn unseriös wirken. Auch Papaplatte selbst zeigte sich einsichtig und gab in seinem neuesten Stream bekannt, dass er sein übermäßiges Denglisch für „unnötig“ halte und dieses in Zukunft auch etwas einschränken möchte. (mein-mmo.de)


7. Soziale Medien

Rückblick 2023

Spannend war’s, das Jahr 2023. Der Umzug in die neue Geschäftsstelle, die Didacta, die Leipziger Buchmesse, die Deutschen Sprachtage, der Tag der offenen Tür, Lesungen … all das haben wir in einem kurzen Video-Rückblick zusammengefasst. Wir freuen uns schon aufs neue Jahr 2024 mit vielen Initiativen, denen wir uns widmen wollen. (instagram.com/vds)


8. Kommentar

Nazis, überall Nazis

Links und rechts der Mitte gibt es viel – einiges davon ist diskussionswürdig und kann zu Kompromissen führen; je weiter man sich jedoch zu den äußeren Rändern bewegt, desto demokratiefeindlicher wird es. Spannend also, dass gerade der Kommentar von Veronika Kracher auf nd-online.de das, was eine Demokratie ausmacht, nicht nur verneint, sondern explizit ablehnt. Seit Jahren zeigen Umfragen zum Gendern deutlich, dass die Mehrheit der Menschen es ablehnt. Diese Ablehnung zieht sich sowohl durch die verschiedenen Altersgruppen, Geschlechter, Bildungsabschlüsse und Parteizugehörigkeiten (Ausnahme: Anhänger der Grünen sind statistisch eher für das Gendern). Die Ablehnung beträgt dabei – je nach Fragestellung und Umfrageinstitut – durchgängig 70-90 %. Laut Krachers Theorie sind also all diese Menschen rechts, denn, so Kracher, sich gegen das Gendern auszusprechen ist ein Phänomen rechtskonservativer Kräfte.

70-90 % der Menschen als Nazis zu titulieren ist aber zu kurz gedacht. Diese Denkweise setzt alle herab, die sich politisch in der Mitte, links, oder vielleicht sogar nirgendwo verorten. Denn nicht immer muss ein Thema einen politischen Hintergrund haben. Wenn ein strammer Nazi möchte, dass an der Schule seines Kindes genügend Lehrer vorhanden sind und kein Unterricht ausfällt, ist das dann ein Grund, gegen einen solchen Antrag im Stadtrat zu stimmen? Dürfen sich stramme Nazis nicht für mehr Pflegekräfte in den Altenpflegeeinrichtungen aussprechen? Wer darf überhaupt Forderungen stellen, die die Gesellschaft weiterbringen? Laut Kracher sind das wohl nur diejenigen, die auf der „richtigen“, der linken Seite der Gesellschaft stehen. Denn links = gut, rechts = schlecht. Dass sich beide Seiten an ihren radikalen Rändern nicht die Butter vom Brot nehmen lassen, lässt sie unter den Tisch fallen.

Wer nicht gendert, ist aus ihrer Sicht ein schlechter Mensch und Teil einer rechtskonservativen Welt, die es zu überwinden gilt. Dass es gute Argumente gibt, gegen das Gendern zu sein, wird nicht mal als Diskussionsgrundlage angenommen. Die Welt Krachers ist nur Gut/Nazi. Wer eine Gesellschaft so einteilt, entfernt sich von der Demokratie. Sicherlich haben rechtsradikale Kräfte kein Interesse an Demokratie, das passt schlichtweg nicht in ihre Agenda. Aber nicht jeder konservativ denkende Mensch ist gleichzeitig „rechts“. In den sozialen Medien hat sich für diese Art der Kracher-Argumentation ein Begriff geprägt: „weghitlern“. Damit ist gemeint, ein Gespräch durch einen spontanen Hitler- oder Nazi-Vergleich zu beenden. Dieser Vergleich wird verwendet, um die Argumente des Anderen zu entwerten und diesen moralisch herabzusetzen. Wer sich jedoch moralisch nur dauernd erhebt, wird irgendwann tief fallen. (Doro Wilke)


Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten zu verschiedenen Sprachthemen. Männer sind mitgemeint, das Gleiche gilt für andere Geschlechter. Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln gelegentlich die Meinung der Redaktion wider.

Redaktion: Oliver Baer, Holger Klatte, Asma Loukili, Dorota Wilke, Jeanette Zangs

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