Infobrief vom 1. Januar 2022: Was reimt sich auf Karpfen?

Bild: Kurt Michel / pixelio.de

1. Presseschau

Was reimt sich auf Karpfen?

Silvester steht vor der Tür und bringt mal wieder jede Menge Brauchtümer mit. Ob Bleigießen, Wunderkerzen oder Kleeblätter – zum Jahreswechsel drehen sich die meisten Traditionen und Symbole um das Glück, welches man sich für das neue Jahr wünscht. Auch der Karpfen spielt hier eine Rolle: Als klassisches Silvester- oder Weihnachtsessen verspricht er Geldsegen für das kommende Jahr, vorausgesetzt man legt sich eine Schuppe des Fisches ins Portemonnaie.

Auch sprachlich regte der Karpfen schon den einen oder anderen zum Nachdenken an. Lange hieß es nämlich, es gebe im Deutschen nur ein einziges Wort, auf das sich nichts reimt: Karpfen. Es ist eine alte poetische Frage, die immer wieder aufkommt: Hat die deutsche Sprache reimlose Wörter? Antworten gab es einige, bei den meisten wurde jedoch mindestens ein Reimwort – wenn auch mit Mühe – gefunden. Die Stürme etwa scheinen abgesehen von Türme keine weiteren Reime zu haben. Ähnlich verhält es sich mit der Angst: Es gibt zwar ein paar Begriffe, beispielsweise bangst und langst, wirklich schön sind sie jedoch nicht. Vor mehreren Jahrzehnten erklärte die Gesellschaft für deutsche Sprache deshalb den Karpfen zum einzigen reimfreien deutschen Wort. Auch hier gibt es aber nun ein Reimwort: In Südtirol und Kärnten ist seit langem das Wort Harpfen gebräuchlich. Es bezeichnet Holzgestelle, auf denen Heu oder Getreide getrocknet wird. So bleibt letztlich nur noch das Wort Mensch, zu dem bislang kein passendes Reimwort gefunden wurde. (faz.net, sat1.de)


Großbritannien: Kaum Wissen über Deutschland

In Großbritannien ist das Interesse, Deutsch als Fremdsprache in der Schulzeit zu erlernen, in den vergangenen 20 Jahren stark zurückgegangen. Wählten 2001 noch 571.000 Schüler Deutsch, waren es 2020 nur noch gut 40.000. Grund dafür ist vor allem eine Schulreform der Labour-Regierung aus dem Jahr 2004, nach der eine Fremdsprache als Prüfungsfach für den Schulabschluss, der der Mittleren Reife in Deutschland entspricht, nicht mehr verpflichtend war. Einen gewissen Anteil an dem Rückgang hat auch der Brexit, weil Austauschprogramme und Stipendien weggefallen sind. Der SPIEGEL zitiert eine Mitarbeiterin des British Council, Großbritanniens Organisation für internationale Kulturbeziehungen: Die spanische Sprache werde bei den Schülern beliebter, weil „Spanien mit Badeurlaub verbunden“ sei. Über Deutschland wüssten viele Schüler kaum etwas. Zu Wort kommt auch Katrin Kohl, die an der Universität Oxford Deutsche Literatur lehrt: Es lohne sich für immer weniger Schulen, Deutsch als Unterrichtsfach anzubieten. (spiegel.de, msn.com)


2. Gendersprache

Dieter Hallervorden zum Gendern

Wenn es darum geht, auch mal Sachen anzusprechen, die politisch nicht ganz so korrekt sind, kann man Dieter Hallervorden schon lange nichts mehr vormachen. Einst als Blödel-Komiker belächelt, ist er heute ein angesehener Schauspieler und Theaterleiter. Als klassischer Vertreter der Zunft ist ihm daher auch die Sprache ein Anliegen. In einem Interview mit der WAZ machte er jetzt klar: Gendern ist eine der absurdesten Sachen überhaupt. Vor lauter ‚Political Correctness‘ wüsste er schon gar nicht mehr, welchen verbalen Slalom er durchkurven müsse, um alle Fettnäpfchen gekonnt zu umrunden. „Wie kommt eine politisch motivierte Minderheit dazu, einer Mehrheit vorschreiben zu wollen, wie wir uns in Zukunft auszudrücken haben? Die deutsche Sprache als Kulturgut gehört uns allen. Keiner hat ein Recht, darin herumzupfuschen. Sprache entwickelt sich von allein, aber nicht auf Druck von oben. Gendern ist – wie ein weiser alter Mann wie Joachim Gauck sagte – ‚betreutes Sprechen‘. Ich und viele mit mir brauchen keine Erziehung zu Sensibilität“, so Hallervorden. (waz.de)

3. Kultur

Polen kürzt Ausgaben für Deutsch als Minderheitensprache

Der Sejm, das polnische Parlament, hat Mitte Dezember entschieden, die Ausgaben für Deutsch als Minderheitensprache für den Schulunterricht zu kürzen. Die Sozial-Kulturelle Gesellschaft der Deutschen im Bezirk Schlesien kritisiert das scharf. Man sei Bürger des Landes, die Kinder leben, lernen und arbeiten in Polen – auch wenn die Nationalität eine andere sei, sei man dem Land gegenüber loyal und habe das Recht, im staatlichen Bildungswesen Unterstützung zum Erhalt der eigenen Minderheitensprache zu bekommen, sagte Martin Lippa, Vorsitzender des Deutschen Freundschaftskreises im Bezirk Schlesien auf einer Pressekonferenz. Wichtig sei, „dass sie als ein wesentlicher Teil unserer kulturellen Identität erhalten bleibt.“ Auch die zukünftige Wirtschaftssituation habe man dabei im Blick: Sie könnte sich wegen der mangelnden Sprachkenntnisse verschlechtern, so die Meinung der Vertreter der deutschen Minderheit. Akademiker, Vertreter der Wirtschaft und Eltern haben wegen der finanziellen Kürzungen deswegen Petitionen gestartet, um ihrer Forderung nach einer besseren Förderung Ausdruck zu verleihen. (wochenblatt.pl)


1.500 Sprachen könnten bald verschwinden

7.000 Sprachen gibt es geschätzt auf der Welt; rund die Hälfte gilt als bedroht – und rund 1.500 Sprachen könnten bis zum Ende des Jahrhunderts komplett verschwinden. Zu diesem Schluss kommen Forscher der Australian National University. Sie haben verschiedene Faktoren herausgearbeitet, die für den Erhalt einer Sprache wesentlich sind, zum Beispiel wirtschaftliche, politische und rechtliche Voraussetzungen. Überrascht waren die Forscher, dass Sprachen auch verschwinden, wenn die Schulbildung zunimmt, und zwar dann, wenn nicht auf Zweisprachigkeit geachtet wird. Auch die Infrastruktur kann für ein Sprachsterben sorgen: Wenn in einer Gegend mit vielen indigenen Sprachen immer mehr Straßen und Verbindungen zu Großstädten gebaut werden, helfe das den dominanten Sprachen, sich weiter zu verbreiten und kleinere Sprachen zurückzudrängen. Die UNESCO will ab dem neuen Jahr die Menschen für das Thema sensibilisieren und hat deswegen die „Dekade der indigenen Sprachen“ ausgerufen. (science.orf.at)


4. Denglisch

Denglische Produktnamen

Für die meisten Menschen gehören Anglizismen heutzutage zum alltäglichen Sprachgebrauch – Begriffe wie T-Shirt oder Pullover haben sich im Deutschen etabliert und werden nicht mehr groß hinterfragt. Es sei alles eine Frage der Gewohnheit, schreibt Redakteurin Susanne Menzel in den Grafschafter Nachrichten. Was allerdings zu denken gebe, seien einige Produktnamen. Für einen Einkauf sei mittlerweile mindestens das Abitur im Fach Englisch notwendig geworden, so Menzel. Beim Blick in Prospekte stoße man auf Produkte wie den Pure Humidify Cool – klingt kompliziert, dahinter verbirgt sich jedoch lediglich ein Ventilator samt Luftreiniger. Auch die Bartpflege durch den Multigrooming Kit kommt ganz ohne deutsche Wörter aus. Das True Wireless Stereo Headset Comfort Pair bezeichnet kabellose Kopfhörer und mit dem GPS-Tracker Cobblestone lassen sich Personen, Autos und andere bewegliche Objekte orten. Englisch klingt eben modern, würden Produktbewerber wohl sagen – ob der Konsument aber letztlich versteht, was eigentlich gemeint ist, scheint oft auf die Namensgebung keinen Einfluss mehr zu nehmen. (gn-online.de)


Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten der vergangenen Woche zur deutschen Sprache. Männer sind mitgemeint, das Gleiche gilt für andere Geschlechter. Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln gelegentlich die Meinung der Redaktion.

Redaktion: Oliver Baer, Holger Klatte, Alina Letzel, Asma Loukili, Dorota Wilke

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