Wegfall schriftlicher Arbeiten ist das falsche Signal für Bildung
„Weniger Klassenarbeiten sind das denkbar schlechteste Mittel, um Bildungsstandards aufrechtzuerhalten“, sagt Claus Günther Maas, Leiter der AG „Deutsch in der Schule“ im Verein Deutsche Sprache (VDS), „wer angesichts von Digitalisierung und steigendem Medienkonsum nicht abgehängt werden will, muss die Kernkompetenzen junger Menschen herausfordern und sie nicht zusammenstreichen.“ NRW-Schulministerin Dorothee Feller plant unter anderem in den Kernfächern der Klassen 7 und 8 jeweils eine Klassenarbeit zu streichen.
Die Streichung dieser Arbeiten wäre eine Entlastung an falscher Stelle, so Maas. Klassenarbeiten seien weder ein ausgedientes Mittel noch ein demotivierender Faktor, wie es oft behauptet wird. Sie dienen vielmehr der Feststellung, wo ein Kind in seinem Lernprozess leistungsmäßig steht, um es anschließend bestmöglich fördern zu können. Die daraus folgende Benotung ist nicht das Ziel, sondern ein wichtiges Mittel zur Leistungsbeurteilung. Eine Reduzierung der Anzahl von Klassenarbeiten bedeutet also ein Weniger an Diagnose im Hinblick auf den Lernerfolg der Kinder. „Die Auseinandersetzung mit den schriftlichen Schülerleistungen ermöglicht den Lehrern einen Blick auf die Ausdrucksfähigkeit, die allein in der mündlichen Mitarbeit nicht angemessen repräsentiert ist“, erklärt Maas. In schriftlichen Arbeiten werde nicht einfach nur erlerntes Wissen abgefragt, sondern dessen gedankliche Anwendung eingeübt.
Schon die Reduzierung der Klassenarbeiten für die Klassen 9 und 10 in den 1990er Jahren war verheerend. Ihr Wegfall hat maßgeblich dazu beigetragen, dass deutsche Schüler in den internationalen Bildungsstudien seit langem immer schlechter abschneiden. „Wer individuell fördern will, darf eine zentrale Grundlage der Förderung nicht derart beschneiden“, sagt Claus Günther Maas.