7. Juli 2017
1. Presseschau vom 30. Juni bis 6. Juli 2017
- Deutsche Klassik bei Donald Duck und Micky Maus
- Kantiger Bayer, erfahrener Lehrer
- Mehr Helvetismen
2. Unser Deutsch
- Sprachwandel per Gesetz
3. Berichte
- Wunderbares in Saerbeck
- Sprachvorbild KATHI
- Luthers Deutsch
4. VDS-Termine
5. Literatur
- Buch zum Lehrer-Welsch-Sprachpreis
6. Neues Denglisch
- Campen und cornern
1. Presseschau vom 30. Juni bis 6. Juli 2017
Deutsche Klassik bei Donald Duck und Micky Maus
Die WELT erinnert an die 2005 verstorbene Kunsthistorikerin Dr. Erika Fuchs, die von 1951 bis 1988 die Entengeschichten des Zeichners Carl Barks ĂŒbersetzt hat und damit berĂŒhmt geworden ist. Fuchs sei âdie Fusion amerikanischer Popkultur mit der Sprache des deutschen BildungsbĂŒrgertumsâ gelungen, so die WELT. So können schon Tick, Trick und Track den RĂŒtlischwur aus Schillers âWilhelm Tellâ zitieren: âWir wollen sein ein einig Volk von BrĂŒdern, in keiner Not uns waschen und Gefahrâ. Und auch Geldmagnat Dagobert sinniert ganz im Stil der deutschen Klassik: âLeichtfertig ist die Jugend mit dem Wort und bar jeden Sinnes fĂŒr geschĂ€ftliche Dinge.â Das Stilmittel des Inflektivs (ihr zu Ehren auch âErikativâ genannt) ist in der deutschen Alltagssprache seit Erika Fuchs verbreitet, obwohl es in der deutschen Grammatik nicht vorgesehen ist: grĂŒbel, kratz, denk.
Wer Sprachkunst im Comic einmal hautnah erleben möchte, kann das im Erika-Fuchs-Haus in Schwarzenbach a. d. Saale tun, das am 1. August seinen zweiten Geburtstag feiert. (welt.de, erika-fuchs.de)
Kantiger Bayer, erfahrener Lehrer
Fast dreiĂig Jahre lang war Josef Kraus PrĂ€sident des Deutschen Lehrerverbands. FĂŒr eine weitere Amtsperiode trat er nun nicht mehr an. Dies nimmt die FAZ-Redakteurin Heike Schmoll zum Anlass, auf seine bisherigen Leistungen als Lehrer, Schulleiter und Bildungskritiker zu blicken. Kraus hat fĂŒnf BĂŒcher geschrieben (u. a. âHelikopter-Elternâ, 2013), kĂ€mpft fĂŒr ein âstrukturiertes, gegliedertes Schulsystemâ und hĂ€lt jĂ€hrlich ĂŒber hundert VortrĂ€ge. Einer davon war sein vielbeachteter Auftritt auf der VDS-Delegiertenversammlung in Rudolstadt im Jahr 2013 mit dem Titel: âSprachliche Bildung ist nicht alles, aber ohne solide sprachliche Bildung ist alles nichts!â
âRĂŒffel aus dem MĂŒnchner Kultusministerium waren ihm herzlich gleichgĂŒltig und ein Anspornâ, so Schmoll.
Der Deutsche Lehrerverband, mit rund 160.000 Mitgliedern die gröĂte Lehrerorganisation in Deutschland auĂerhalb der Gewerkschaften, wird kĂŒnftig von Heinz-Peter Meidinger gefĂŒhrt, der bisher Vorsitzender des Deutschen Philologenverbands war. (faz.net)
Mehr Helvetismen
In der Neuen ZĂŒrcher Zeitung geht es um den âkleinen Komplexâ der Schweizerdeutschen besonders bei der Aussprache des Hochdeutschen. âMan höre nur, wie manche gestandene Parteivertreter im Bundesparlament radebrechen oder wie wir in Debatten mit nördlichen Nachbarn verstummen angesichts von deren Eloquenzâ, schreibt Urs BĂŒhler. Er plĂ€diert dafĂŒr, selbstbewusster aufzutreten und besonders beim Wortschatz schweizerdeutsche Eigenarten zu pflegen. Denn der Rechtschreibduden kennzeichnet heute rund 1.000 Helvetismen mit âschweiz.â BĂŒhler fragt sich, warum man in der Schweiz âstĂ€ndig gedankenlos Anglizismen reproduziert, die SprachschĂ€tze vor der eigenen HaustĂŒr aber verschĂ€mt im OberstĂŒbchen verstautâ. Statt âlocationâ gebe es z. B. eine âBeizâ. Generell lasse die lautmalerische Kraft des Schweizerdeutschen die Standardsprache oft verblassen, wie in: FĂŒdlibĂŒrger (SpieĂer), Sommervogel (Schmetterling), Velo (Fahrrad), Zustupf (Zuschuss), Schnauf (Atemzug) oder dem Verb schubladisieren (sich nicht weiter mit etwas befassen). (nzz.ch)
2. Unser Deutsch
Sprachwandel per Gesetz
Was macht die Debatte um die âEhe fĂŒr alleâ, die gesetzliche Gleichstellung von Ehe und Partnerschaft, so emotional? Es ist auch die AnmaĂung des Gesetzgebers, das Sprachwissen um das Wort âEheâ neu definieren zu wollen. Seit dem Mittelalter hat âEheâ die heutige Bedeutung einer lebenslang versprochenen, gesetzlich oder kirchlich besiegelten âVerbindung von Mann und Frauâ. Mit dem Wort ist auch die auĂerordentliche WertschĂ€tzung der Ehe, ihre soziale, wirtschaftliche, religiöse und natĂŒrlich auch erotische Bedeutung verknĂŒpft. Ein breites Wortfeld von Zusammensetzungen und Ableitungen enthĂ€lt diesen Begriff: von âEhegatteâ und âEheleuteâ bis zu âEhebruchâ und âEhescheidungâ, von âehelichâ bis âehelichenâ, und auch Abweichungen wie âMischeheâ, âScheineheâ, âEhe zur linken Handâ, implizieren diese Bedeutung. Auch unser Grundgesetz und das BĂŒrgerliche Gesetzbuch kennen nur dies VerstĂ€ndnis des Wortes âEheâ.
Die Partnerschaft von Mann und Mann, von Frau und Frau kann der Ehe völlig gleichgestellt werden â auch in der Adoption â und wird dennoch niemals Ehe im bekannten, im selbstverstĂ€ndlichen Sinne sein können. Darum wirkt es auch nach wie vor etwas befremdlich, wenn MĂ€nner âmein Mannâ sagen und Frauen âmeine Frauâ, wenn sie von ihrem Partner reden. Denn diese AusdrĂŒcke implizieren das VerstĂ€ndnis der Ehe, nach denen MĂ€nner eine Frau, und Frauen einen Mann haben. Das Dringen auf das Wort âEheâ fĂŒr die gleichgeschlechtliche Partnerschaft ist der Versuch, sich dessen Semantik und damit die WertschĂ€tzung der âVerbindung von Mann und Frauâ anzueignen. Dazu ist kein Gesetzgeber befugt. Er darf und soll vieles regeln, aber die Sprache soll er gefĂ€lligst in Ruhe lassen.
Prof. Dr. Horst Haider Munske (Professor em. fĂŒr Germanische und deutsche Sprachwissenschaft und Mundartkunde und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates des VDS)
3. Berichte
Wunderbares in Saerbeck
Zur Vorbereitung des Tags der deutschen Sprache am 9. September 2017 kĂŒndigt der VDS in der Region MĂŒnster âWunderbares aus aller Weltâ an. Bei einer Veranstaltung werden sich die VDS-Mitglieder und Freunde der deutschen Sprache in Kurzgeschichten, Gedichten und Anekdoten mit dem Begriff âWunderâ im Deutschen und in anderen Sprachen auseinandersetzen. (wn.de)
Sprachvorbild KATHI
Das hallesche Traditionsunternehmen âKATHI Rainer Thiele GmbHâ erhĂ€lt von der VDS-Region Sachsen-Anhalt den Titel âSprachvorbildâ. Die Auszeichnung wird dem GeschĂ€ftsfĂŒhrer Marco Thiele vom VDS-Vorstandsmitglied Dr. Reiner Pogarell und der Regionalleiterin Arne-Grit Gerold ĂŒberreicht. (hallelife.de)
Luthers Deutsch
Die Ausgabe 74 der Sprachnachrichten ist soeben erschienen. Schwerpunktthema sind die sprachlichen Leistungen Martin Luthers, der 1534 die Bibel aus dem Griechischen und HebrĂ€ischen ins Deutsche ĂŒbersetzte und damit die Tauglichkeit der deutschen Sprache als Hoch- und als Kultursprache unter Beweis stellte. Im SN-Interview Ă€uĂert sich der Historiker Prof. Dr. Michael Wolffsohn zu fehlendem Patriotismus in Deutschland und zu den Folgen der Bologna-Reformen fĂŒr die deutschen UniversitĂ€ten. (vds-ev.de)
4. VDS-Termine
8. Juli, Region 42 (Bergisch-Land)
Infostand auf der Cronenberger Werkzeugkiste (www.cronenberger-werkzeugkiste.de)
Zeit: 10:00 â 16:00 Uhr
Ort: HĂŒtter StraĂe in Wuppertal-Cronenberg
12. Juli, Region 04 (Leipzig)
Regionalgruppentreffen mit Vorstellung der beiden Regionalleiterinnen Angelika Snicinski-Grimm und Beate Meckert
Zeit: 18:00 Uhr
Ort: Villa Tangermann, Ludolf-Colditz-StraĂe 34, Leipzig
12. Juli, Abidjan/ElfenbeinkĂŒste
Pressekonferenz der VDS Regionalvertreter mit Dr. ZeliolĂ© (ENS Abidjan), Mareike Steinberger (Goethe-Institut) und Franck Adam Kakou (VDS-ElfenbeinkĂŒste)
Zeit: 9:00
Ort: Goethe-Institut Abidjan
13. Juli, Region 58 (Hagen, Ennepe-Ruhr, Mark)
Regionalversammlung mit einem Vortrag von VDS-GeschĂ€ftsfĂŒhrer Dr. Holger Klatte: âNeues aus der VDS-Arbeitâ
Zeit: 19:00 Uhr
Ort: Gasthaus Humpert am Höing, Fleyer StraĂe 123, 58097 Hagen
13. Juli, Region 70,71,73,74 (Stuttgart, NordwĂŒrttemberg)
Regionalversammlung mit dem Schwerpunktthema âSprache und Politikâ
Zeit: 19:00 Uhr
Ort: BrauereigaststĂ€tte Dinkelacker, TĂŒbinger StraĂe 46, 70178 Stuttgart
15. Juli, Region 60 (Frankfurt/Main)
VDS-Informationsstand
Zeit: 11:00 â 14:00 Uhr
Ort: Fressgasse (KalbĂ€chergasse Ecke BörsenstraĂe 1), Frankfurt am Main
Sprache der Politik
Das 18. Duisburger RathausgesprĂ€ch befasst sich mit der Sprache der Politik. Welche Aufgabe kommt Politikern zu, wie muss ihre Sprache, ihre Rhetorik, ihre Kommunikation sein, damit BĂŒrger nicht manipuliert und gesteuert werden können, sondern mĂŒndig und wissend werden und bleiben? Hat Politik aber daran ĂŒberhaupt ein Interesse? Dies klĂ€rt die Hörfunkjournalistin Randi Crott mit der Duisburger Bundestagsabgeordneten BĂ€rbel Bas, dem Historiker und Kulturwissenschaftler Jörn RĂŒsen, dem Kommunikations- und Medienwissenschaftler Gerhard Vowe, dem Rhetorik-Trainer Jonathan Scholbach und der Politikstudentin Nina Wagemeyer. (focus.de)
5. Literatur
Buch zum Lehrer-Welsch-Sprachpreis
Am 4. September 2017 wird der Kölner Mediziner und VDS-Mitglied Gerhard Uhlenbruck fĂŒr sein literarisches Schaffen und seine Verdienste um die kölsche Sproch und die deutsche Sprache mit dem bekannten Lehrer-Welsch-Sprachpreis ausgezeichnet. Der Verlag Brockmeyer nimmt dies zum Anlass ein weiteres Buch des Lyrikers herauszugeben: âKein Satz ist fĂŒr die Katzâ ist sein Titel. (brockmeyer-verlag.de)
6. Neues Denglisch
Campen und cornern
Der G20-Gipfel in Hamburg gibt nicht nur Anlass fĂŒr Protest, sondern ist auch Auslöser neuer Protestformen. Nachdem die Stadtregierung das gemeinsame Zelten von G20-Gegnern verboten und die Polizei mehrere ZeltplĂ€tze wieder abgebaut hatte, treffen sich die Demonstranten zum Herumstehen an StraĂenecken, denn das ist erlaubt. Sie nennen das âcornernâ, ein Verb, das ursprĂŒnglich aus der US-amerikanischen Hip-Hop-Kultur stammt. In der New Yorker Bronx traten in den 70er Jahren Musiker und TĂ€nzer an StraĂenecken zu kleinen Wettbewerben gegeneinander an.
Ob das âCornernâ in Deutschland tatsĂ€chlich mehr ist als nur gemeinsames Biertrinken an der StraĂenecke, fragt sich die NDR-Journalistin Elise Landschek. (sueddeutsche.de,
deutschlandfunkkultur.de)
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Redaktion: Lea Jockisch, Holger Klatte, Ann-Sophie Roggel
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