1. Presseschau
Ohne Deutschkenntnisse nicht vermittelbar
Gut qualifizierte handwerkliche Fachkräfte aus Polen finden in Deutschland keine Stelle, wenn sie nicht ausreichend Deutsch beherrschen. Die Arbeitsagentur Cottbus stellt fest, dass viele Bewerber mit polnischer Staatsangehörigkeit erwarten, bei deutschen Arbeitgebern mit Englischkenntnissen einsteigen zu können. Arbeitsvermittlerin Aleksandra Drückler sagt: „Englisch ist in vielen Lausitzer Firmen keine Umgangssprache und reicht nicht für die Kommunikation im Arbeitsalltag.‟ Gerade in kleinen Familienunternehmen lege der Chef Wert darauf, dass er sich mit seinen Leuten unterhalten kann. (lr-online.de)
Europäischer Tag der Sprachen
Am 26. September hat Europa den Europäischen Tag der Sprachen gefeiert. Die außerordentliche Sprachenvielfalt des europäischen Kontinents soll damit hervorgehoben werden. Anlässlich des Tages hat die Bundesregierung eine Liste von zehn Fakten über europäische Sprachen veröffentlicht – beispielsweise ist Deutsch die weltweit einzige Sprache, bei der Nomen großgeschrieben werden. Im Französischen gibt es außerdem 13 verschiedene Arten, das „o“ auszusprechen, und die in Europa am weitesten verbreiteten nichteuropäischen Sprachen sind Arabisch, Chinesisch und Hindi. Die vollständige Liste ist hier zu finden: bundesregierung.de.
Tag des Butterbrots
Passend zum Tag des Butterbrots am 27. September veröffentlicht der Landschaftsverband Rheinland (LVR) eine Karte, die zeigt, in welchen Regionen des Rheinlands welche Begriffe für das Butterbrot verwendet werden. Botteram, Dubbel, Bütterken oder Knifte sind beispielsweise Bezeichnungen, die im Rheinland verbreitet sind. Während Botteram vom niederländischen boterham abgeleitet ist und nur am Niederrhein zwischen Düsseldorf und Köln bekannt ist, stammt die Knifte aus dem Westfälischen und hieß ursprünglich dicke Schnitte. Weitere Begriffe sind Stulle, Dubbel, Rämmel oder Dong. Jedoch gibt es auch Unterschiede zwischen den verschiedenen Altersgruppen. Botteram ist beispielsweise unter 16- bis 24-Jährigen kaum verbreitet und demnach eher ein aussterbendes Wort, ganz im Gegensatz zur Stulle. (sueddeutsche.de)
Sprachmuseum in Mannheim
Das Mannheimer Institut für deutsche Sprache plant, in der Stadt ein Sprachmuseum zu errichten. Die Mittel dafür sollen aus dem Haushalt des Landes Baden-Württemberg und von einer namhaften Stiftung aus der Region kommen, der Mannheimer Oberbürgermeister will einen Bauplatz für ein mindestens 4000 Quadratmeter großes Gebäude zur Verfügung stellen. Laut IDS-Direktor Henning Lobin soll in dem Haus nicht nur die deutsche Sprache dokumentiert, sondern auch Forschung betrieben werden. So sollen Sprachdaten von den Besuchern erhoben werden: wie sie über die deutsche Sprache denken, wie sie sprechen und schreiben und welche Medien sie dafür benutzen. (morgenweb.de)
2. Unser Deutsch
Lebensleistung
Dies ist ein Fahnenwort der Sozialdemokratie geworden. Sie schwingen es programmatisch und werben damit bei der schwindenden Gefolgschaft. Aber was ist Lebensleistung? Die Wörterbücher enthalten es noch nicht, es steht allenfalls in Aufzählungen zwischen Lebenslicht und Lebenslauf. Das deutet auf eine Neubildung hin. Die Bedeutung erschließt sich zunächst nur allgemein: ‚die Leistung des Lebens‘. Aber was ist damit konkret gemeint? Das verraten die politischen Ankündigungen. Es geht um die lebenslange Arbeitsleistung, um Einzahlungen, die im Alter zu einer verdienten Rente führen sollen. Dumm, wer lange eingezahlt, aber immer wenig verdient hat. Das schlägt sich unerbittlich in kümmerlicher Rente nieder. Nebenbei-Arbeit (ich vermeide den Begriff Schwarzarbeit), hat geholfen, bringt aber Nichts für die Rente. Besonders die sogenannten Fehlzeiten, arbeitslos, nur teilzeitbeschäftigt, für die Kinder da und danach nicht mehr gebraucht – alles das zehrt am Geld im Alter. Trotzdem, sagen die Politiker, sei da eine Lebensleistung, die der Staat mit einer Grundrente belohnen wolle. Das ist ein neues Schlagwort, das gleichsam die Selbstverständlichkeit solcher Zahlung festmacht. Noch wird gestritten, wer sie wirklich bekommt, wer sie sich verdient hat. Die reine Lehre sagt: jeder. Die Opponenten verlangen die Prüfung der Bedürftigkeit. Wer erbt, geht leer aus.
Der Begriff hat inzwischen Schule gemacht und wird – wiederum als politisches Argument – weiter gefasst. Nun geht es um die Lebensleistung der Deutschen in den östlichen Bundesländern. Gemeint sind all die Lebensjahre unter der SED-Herrschaft, das Durchwurschteln, die Beengtheit im sozialistischen Lager, aber auch die Solidarität untereinander, am Ende auch die alltäglichen Kompromisse, deren man sich heute vielleicht schämt und sie zugleich entschuldigt. Alles ist von der Marktwirtschaft, von neuem Wettbewerb überdeckt, von Wessi-Herrschaft verdrängt worden. Auf einmal sieht man die Vorzüge fester Arbeitsstellen, auch wenn sie oftmals ungeliebt waren. Lebensleistung wird nun zu einem trotzigen Begriff, der alles Verlorene umfasst und nach Würdigung verlangt. Es hat auch einen nostalgischen Anklang. Wer dürfte den verwehren?
Wir fragen: Was hat eigentlich den Blick auf ein ganzes Leben eröffnet und stoßen auf ein ähnliches Wort, das Lebenswerk. Wir begegnen ihm bei Preisverleihungen für berühmte, älter gewordene Künstler. Ein jüngerer Berufsgenosse überreicht dem Jubilar einen Blumenstrauß und vielleicht etwas Schriftliches. Geld ist nicht mehr im Spiel. Denn die Geehrten habe genug verdient durch ihr Lebenswerk, das immer noch auf dem Buchmarkt, in Mediatheken oder auf klassischen Tonträgern verbreitet wird. Mit einer gewissen Rührung sehen wir die einst geliebten, gerade noch bekannten Kunstschaffenden im Rampenlicht.
Lebenswerk und Lebensleistung: hier der Blick auf die großen künstlerischen Leistungen, die sich summiert haben, dort übertragen auf unseren kleinen Alltag. Eigentlich höchste Zeit, dies in den Blick zu nehmen. Es ist, als ob Erlebtes und Erlittenes sich auf einmal ein Wort ergreift, es okkupiert, es mit Leben erfüllt und es zum Argument macht in politischer Debatte. So geht es der Lebensleistung, die endlich nach Anerkennung verlangt. Aber hat nicht jeder das Recht, sich der Leistungen seines Lebens bewusst zu werden? Einfach nur so, an einem entspannten Abend, in fröhlicher Runde oder vor dem Einschlafen?
Horst Haider Munske
Der Autor ist Professor für Germanistische Sprachwissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Vereins Deutsche Sprache e. V. Ergänzungen, Kritik oder Lob können Sie schicken an: horst.munske@fau.de
3. Kultur
Sachbuch des Jahres gesucht
Erstmalig wird im kommenden Jahr der Deutsche Sachbuchpreis vergeben. Die Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins ehrt damit herausragende, in deutscher Sprache verfasste Sachbücher, die Impulse für gesellschaftliche Auseinandersetzung geben. Verlage können bis zum 22. November 2019 maximal zwei Titel einreichen. Voraussetzungen für die Bewerbung sind, dass die eingereichten Titel Monografien sind und zwischen Mai 2019 und April 2020 erschienen sein müssen. Bewerben können sich außerdem nur Mitgliedsverlage des Börsenvereins, des Hauptverbandes des Österreichischen Buchhandels und des Schweizer Buchhändler- und Verlegerverbandes. Der mit 42.500 Euro dotierte Preis wird am 16. Juni 2020 im Humboldt Forum in Berlin verliehen. (buchreport.de, buchmarkt.de)
4. Berichte
Henryk M. Broder in Bremen
Der bekannte Journalist und Buchautor Henryk M. Broder hält auf Einladung der Bremer Regionalgruppe des Vereins Deutsche Sprache e. V. am 10. Oktober einen Vortrag in Bremen. Sein Thema: „Gender und andere Irrlichter‟. Broder ist Kolumnist der Tageszeitung „Die Welt‟ und einer der Herausgeber des Blogs „Achse des Guten‟.
Der Vortrag findet statt im Hotel Strandlust (Rohrstr.11) in Bremen-Vegesack und beginnt am 10.10. um 19 Uhr. (vds-ev.de)
Reiner Pogarell in Arnsberg
Für „Literarische Gesellschaft Sauerland – Christine Koch Gesellschaft“ referierte VDS-Vorstandsmitglied im Bildhaueratelier der Arnsberger Künstlerin Stephanie Schröter im Rahmen der Reihe „Philosofa“. Sein Thema: „Woran sterben Sprachen?“ Pogarell mahnte, den Werdegang der deutschen Sprache stets zu beobachten, denn manchmal entwickele sich etwas in die falsche Richtung. „Wir dürfen unsere Sprache nicht aufgeben“, sagte Pogarell. (lokalkompass.de)
5. Denglisch
Sprachquiz
Und wieder einmal gibt es ein Quiz zur deutschen Sprache. Diesmal geht es aber nicht nur um simple Rechtschreibfragen wie so oft. Es wird auch ein wenig Hintergrundwissen abgefragt: Formen von Fremdwörtern, komplizierte Diminutive und Konjunktive und fast vergessene Wörter. Was ist zum Beispiel ein Hagestolz? Hier kann man das verstaubte Deutsch-Leistungskurswissen einmal testen.
Fragesteller ist der Bildungsanbieter UCB – Bildung & Beratung aus München. Zu gewinnen gibt es allerdings nichts. (ucb-bildung.de)
6. Termine
4. Oktober 2019, Verein Muttersprache, Wien
Wienerlieder-Abend „Zum Anhören und Mitsingen‟
Zeit: 19:00
Ort: Festsaal des Bezirksmuseums Wien-Floridsdorf, Pragerstraße 33
5. Oktober, Region Dänemark
Konferenz: Sprachen und Mundarten im deutsch-dänischen Grenzgebiet
Zeit: 9:00 – 16:00 Uhr
Ort: Askov Højskole, Maltvej 1, 6600 Askov, Dänemark
9. Oktober, Region 52 (Aachen)
Stammtisch
Zeit: 19:00 Uhr
Ort: Restaurant Soers, Krefelder Straße 86, 52070 Aachen
10. Oktober, Region 25 (West-Schleswig-Holstein)
Mitgliedertreffen
Zeit: 17:00 – 18:00 Uhr
Ort: Gaststätte Tante Jenny, Schiffbrücke 12, 25813 Husum
10. Oktober, Region 28 (Bremen)
Vortrag von Henryk M. Broder: Gender und andere Irrlichter
Zeit: 19:00 Uhr
Ort: Hotel Strandlust, Rohrstr. 11, 28757 Bremen
10. Oktober, Region 58 (Hagen/Ennepe-Ruhr/Mark)
Mitgliedertreffen mit Vortrag zur Auffassungsgabe von Migranten sowie Neuwahl der Regionalleitung
Zeit: 18:00 Uhr
Ort: Kath. Gemeindehaus St. Philippus und Jakobus, Wetterstr. 15, 58313 Herdecke
10. Oktober, Region 65 (Wiesbaden/Kelkheim)
Mitgliedertreffen
Zeit: 19:00 Uhr
Ort: Restaurant Europa, Stadthalle Kelkheim, Gagernring 1, 65779 Kelkheim
14. Oktober, Region 20, 22 (Hamburg)
Mitgliedertreffen
Zeit: 19:30 Uhr
Ort: Hotel Ibis Alsterring, Pappelallee 61, 22089 Hamburg
17. Oktober, Region 01 (Dresden, Riesa)
Besuch im Schulmuseum mit Besuch einer Schulstunde zur Kaiserzeit
Eintritt 9€ (Anmeldung erforderlich)
Zeit: 16:00 Uhr
Ort: Schulmuseum Dresden, Seminarstr. 11, 01067 Dresden
Veranstaltung entfällt
17. Oktober, Region 42 (Wuppertal, Remscheid, Solingen)
Mitgliedertreffen
Zeit: 17:00 Uhr
Ort: Gaststätte Kaiser-Treff, Hahnerberger Straße 260, 42329 Wuppertal-Cronenberg
28. Oktober, Region 50/51 (Köln)Vierteljährlicher Stammtisch
Zeit: 18:00 Uhr
Ort: Cöllner Hof, Hansaring 100, 50670 Köln
IMPRESSUM
Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten der vergangenen Woche zur deutschen Sprache. Männer sind mitgemeint, das Gleiche gilt für andere Geschlechter. Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln mitunter die Meinung der Redaktion.
Redaktion: Holger Klatte, Alina Letzel
© Verein Deutsche Sprache e. V.