Infobrief vom 8. Mai 2020: Gebärdensprache mit Maske

1. Presseschau

Gebärdensprache mit Maske

Foto: adobestock / 209438519

Sprache muss nicht zwingend gesprochenes oder geschriebenes Wort sein. Es gibt verschiedene Arten, nonverbal zu kommunizieren, so die Gebärdensprache. Sie besitzt eine eigene Sprachstruktur und, je nach Region oder Land, sogar verschiedene Dialekte. In Deutschland beherrschen mehr als 200.000 Menschen Gebärdensprache. Wichtig sind sowohl Gestik als auch Mimik. Will man wissen, ob das Gegenüber einen verstanden hat, zieht man die Augenbrauen hoch und hebt den Kopf leicht nach oben. Wenn das Gegenüber nickt und ebenfalls die Augenbraue hochzieht, bedeutet das: Ja, ich habe dich verstanden. Auch die Handzeichen der Gebärdensprache sind vielfältig. Eine geballte Faust gibt an, dass man über einen schweren Gegenstand spricht, eine flache Hand weist auf leichtere Dinge hin. Natürlich lässt sich auch buchstabieren, für jeden Buchstaben gibt es Handzeichen. In der Öffentlichkeit kommt es für Gehörlose aktuell jedoch zu Problemen: Durch die Gesichtsmasken sind weder Lächeln noch andere Mundbewegungen zu erkennen, und das Lippenlesen funktioniert nicht mehr. Die Kommunikation werde dadurch für Gehörlose „stark erschwert“, so der Deutsche Gehörlosen-Bund. (nrz.de)


Seuche und Sprache

Die Pandemie beeinflusst die deutsche Sprache, das hat der Infobrief bereits in mehreren Beiträgen in den vergangenen Wochen festgestellt. Nicht nur mit Englisch, Denglisch und neuen Wörtern haben wir es zu tun, die Seuche findet sich auch in Gesetzen, Gedichten und anderen Textsorten. Diese Einflüsse werden jungen Sprachwissenschaftlern vermutlich für mehrere Semester Themen für Abschlussarbeiten bieten. Der Lehrstuhl für Deutsche Sprachwissenschaft an der Universität Würzburg (Prof. Dr. Wolf-Peter Klein) schafft dafür nun eine Grundlage. Er hat ein Netzportal eingerichtet, in dem alle die Sprache betreffenden Artikel, Netzressourcen, wissenschaftliche Aufsätze, Tagebücher, Reiseberichte und andere Textsorten gesammelt und aufgelistet werden. (germanistik.uni-wuerzburg.de)


Computersprache hält Einzug in Alltag

Computerspieler leben in einer eigenen Welt – oft mit einer eigenen Sprache, die meist englisch geprägt ist, da Spieler häufig über verschiedene Länder oder Kontinente hinweg interagieren. Begriffe wie quest (Aufgabe, Herausforderung), spell (Zauberspruch) oder damage (Schaden) sind Beispiele für Wörter, die in nahezu jedem Computerspiel auftauchen. Viele dieser Wörter haben mittlerweile den Sprung in den Alltagsgebrauch geschafft, einer der bekanntesten dürfte der Troll sein, jemand der absichtlich im Internet andere veräppelt, beleidigt oder nach Aufmerksamkeit sucht.

Gänzlich ohne gesprochene Sprache kommt das Computerspiel Book of Travels aus. Die Spieler verständigen sich in einer Fantasie-Welt, deren Anmutung aus asiatischer Malerei stammt. Sie verwenden ausschließlich sogenannte Emotes. Das sind Zeichen, die ähnlich wie Emojis in Mobiltelefonen ganze Gefühle ausdrücken. Allerdings stecken in Emotes gleich ganze Handlungen, zum Beispiel eine trauernde Geste, wenn die Figur an einem Friedhof vorbeigeht, oder ein In-die-Luft-springen, wenn sie sich übermütig freut. (buffed.de, mein-mmo.de)


Sprache entschleunigen

Der Linguist Fredrik Vahle plädiert in Zeiten von Corona für sprachliche Entschleunigung. Er hat über Wochen verschiedene Zeitungen ausgewertet. Ihm fällt auf, wie sich neue Begriffe trendartig ausbreiten, meistens ohne hinterfragt zu werden. Kriegs- und Kampfmetaphern seien verstärkt in der Berichterstattung zu finden, heißt es in der Gießener Allgemeinen Zeitung – zwar vermeiden Politiker hierzulande das Wort Krieg, aber Ärzte und Pflegekräfte kämpfen „an vorderster Front“, eine offenbar heiß beliebte Metapher. Auch das „social distancing“ sieht er kritisch. Soziale Distanz bedeute eher, dass man sich von einem Wertesystem distanziert, aber nicht die Einschränkung zwischenmenschlicher Kontakte. (giessener-allgemeine.de)


2. Unser Deutsch

Alltagsmaske

Das Wort Maske hat eine interessante Geschichte. Bis vor kurzem kannten wir es vor allem aus Berichten von Schauspielern. Sie berichteten, wie lange sie in der Maske waren, als sie für ihre Rolle geschminkt und eingekleidet wurden. Ursprünglich eine Einrichtung des Theaterwesens, die auch für Film und Fernsehen übernommen wurde. Ältere Zeitgenossen (und ‚Gediente‘) erinnern sich der Gasmasken, Ungetüme, die vor das Gesicht gestülpt wurden, eingeführt in den Grabenkämpfen des I. Weltkriegs, als Giftgas zur Waffe wurde. Diese beiden Funktionen, Verkleidung und Schmuck hier, Schutz dort, prägen die Bedeutungsvielfalt des Wortes.

Es wurde Ende des 17. Jahrhunderts aus französisch masque ‚Gesichtslarve, Kostüm‘ entlehnt. Von französisch mascarade übernahmen wir auch die Maskerade ‚Maskenzug, Verkleidung‘, die im Maskenball fortlebt, sowie die Verben maskieren ‚eine Maske umlegen, sich verkleiden‘ und demaskieren ‚jmd. entlarven‘. Dies alles hat seinen Ursprung in italienisch maschera und mascherata. Es geht um die Verhüllung des Gesichts, meist mit künstlerisch gestalteten Produkten, die unter anderem im Carnevale di Venezia fortlebt.

Der aktuelle Gebrauch ist mit der Corona-Pandemie in Umlauf gekommen. Zwar kannten Mediziner seit langem die chirurgischen Masken, welche die Patienten vor Ansteckung schützen, das Outfit aller Ärzte und Krankenschwestern im Operationssaal. Und auf Bildern von asiatischen Großstädten sah man Scharen von Fußgängern und Radfahrern in solchen leichten Stoffmasken. Sie dienten anfangs dem Schutz vor der Luftverschmutzung, später vor den Viren.

Uns wurde solcher Schutz erst spät empfohlen. Das lag auch an dem Unwissen und der mangelhaften Information über zwei Typen von Masken. Die einen, die leichten, welche jeder selber schneidern und auch waschen kann, schützen nur das Gegenüber, nicht uns selber. Dafür braucht es die sogenannten FFP-Masken – die Abkürzung stammt von englisch Filtering Face Piece –, die mit einem kleinen Plastikfilter ausgestattet sind. Sie sind obligatorisch für das medizinische Personal, sie schützen auch den Träger vor Ansteckung. Werden die Ärzte krank, ist auch den Patienten nicht mehr zu helfen. Es hat einige Wochen gedauert, bis die Politiker die Bedeutung dieser Schutzmasken erkannt und für Nachschub auf dem Weltmarkt gesorgt haben. Und noch länger hat es gedauert, von dieser Grundausstattung aller Krankenhäuser, Arztpraxen und Pflegeheime jene einfachen Masken zu unterscheiden, die jeder tragen soll beim Einkaufen und in der U-Bahn. Endlich gibt es dafür ein sprechendes Wort: Alltagsmaske, eine gelungene Übersetzung von englisch community mask. Schon schneidern kreative Boutiquenbesitzer und Änderungsschneider an bunten Masken. Es zeichnet sich ab, dass Schutz und Schmuck, die beiden Funktionen der Maske, sich wieder vereinen.
Horst Haider Munske

Der Autor ist Professor für Germanistische Sprachwissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Vereins Deutsche Sprache e. V. Ergänzungen, Kritik oder Lob können Sie schicken an: horst.munske@fau.de


3. Kultur

Über das Schreiben mit der Hand

Während ihrer Geburtstagsfeiern bekam Juliane Uhl ständig Anrufe von Gratulanten. In ihren Gesprächen mit Anwesenden sah sie sich derart genervt, dass sie Telefonate einfach nicht mehr annahm. Stattdessen begann sie handschriftliche Geburtstagskarten zu schreiben, und sie wurden immer öfter erwidert, auch handgeschrieben. Von da an entdeckte die Autorin das Schreiben mit der Hand für sich. „Handschrift bringt Struktur ins Denken‟, sagt sie und sie glaubt, dass das Briefeschreiben die Menschen ehrlicher macht und sie sich mehr Zeit für den gedanklichen Austausch nehmen. Deswegen hat Juliane Uhl nun die Gesellschaft zum Erhalt der Handschrift gegründet. Darüber hat sie ein Gespräch im VDS-Blog kultürlich geführt. (kultürlich.de, gesellschaft-handschrift.de)


Forum Deutsche Sprache

Seit Jahren ist es schon geplant, nun wird das Vorhaben konkret: In Mannheim soll ein Forum Deutsche Sprache gebaut werden. Die Idee stammt von dem dort ansässigen Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS). Es vernimmt von den Bürgern der Stadt seit 20 Jahren den Wunsch nach einer derartigen Einrichtung. Das Forum Deutsche Sprache soll eine Kultureinrichtung sein, in der Forschungsergebnisse des IDS im Rahmen von Ausstellungen und Veranstaltungen präsentiert werden. Bildungsbürgerminister Dirk Grunert hat das Projekt als „hochwertige Einrichtung für den gesamten deutschsprachigen Bereich“ begrüßt. (fnweb.de)


Radio Vatican über App

Radio Vatican hat sein Angebot für die Hörer weltweit ausgebaut. Ab sofort kann das Programm in 34 Sprachen über die Radio-Vatican-App empfangen werden. Auch die Messen und andere Veranstaltungen mit dem Papst sind über die App abrufbar. Außerdem wurde das Online-Archiv implementiert: Artikel von 2003 bis 2017 sind ebenfalls verfügbar. (vaticannews.va)


4. Denglisch

Leserbriefe zu Anglizismen-Leserbrief

Leserbriefe zu einem Leserbrief – die Meinung eines Lesers der Lausitzer Rundschau (LR) hat Wellen geschlagen. Mehrere weitere Leser meldeten sich zu Wort und unterstützen den Brief eines Mannes, der die immer häufiger vorkommenden Anglizismen beklagt hatte: „Mich stört es schon lange, dass diese Anglizismen immer mehr unseren Alltag überrollen“, antwortet ein Leser, „ich beziehe schon seit mehr als 40 Jahren die LR, und die Verständlichkeit der Texte wird immer wirrer und für ältere Menschen unverständlicher.“ Eine Leserin stellt eine klare Forderung: „Wie wäre es, wenn Medien, aber vor allen auch unsere führenden Politiker zur deutschen Sprache zurückfänden? Immerhin gibt es noch einen größeren Anteil in der Bevölkerung, der kein Englisch gelernt hat.“ (www.lr-online.de)


5. Termine

ABGESAGT! 11. Mai, Region 65 (Wiesbaden/Kelkheim)
Mitgliedertreffen
Zeit: 19:00 Uhr
Ort: Restaurant Europa, Stadthalle Kelkheim, Gagernring 1, 65779 Kelkheim

ABGESAGT! 11. Mai, Region 20/22 (Hamburg)
Mitgliedertreffen
Zeit: 19:30 Uhr
Ort: Hotel Ibis Alsterring,

Pappelallee 61, 22089 Hamburg

14. Mai, Region 18 (Rostock)
Mitgliedertreffen
Bitte beachten: Aufgrund der bestehenden Beschränkungen muss ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Außerdem wird um eine Anmeldung beim Regionalleiter Prof. Rasch unter d_rasch@t-online.de gebeten.
Zeit: 18:00 Uhr
Ort: Gasthaus Zum Bauernhaus Biestow, Am Dorfteich 16, 18059 Rostock

ABGESAGT! 26. Mai, Region 01 (Dresden, Riesa)
Mitgliedertreffen mit Vortrag von Marc-Alexander Glunde
Zeit: 18:00 Uhr
Ort: Ortsamt Dresden-Loschwitz, Grundstr. 3, 01326 Dresden

IMPRESSUM

Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten der vergangenen Woche zur deutschen Sprache. Männer sind mitgemeint, das Gleiche gilt für andere Geschlechter. Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln mitunter die Meinung der Redaktion.

Redaktion: Holger Klatte, Alina Letzel, Dorota Wilke

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