VDS-Infobrief 351: 9/2017 Noch mehr Englisch?

1. Presseschau vom 24. Februar bis 2. März 2017

2. Berichte

3. VDS-Termine

4. Literatur

5. Denglisch

 

 

1. Presseschau und Berichte vom 24. Februar bis 2. März 2017

Noch mehr Englisch?


© pixabay / CC0 1.0 / markusspiske

Die Berliner Wissenschaftssenatorin Ramona Pop setzt sich in einer neuen Kampagne für mehr Englisch in der Hauptstadt ein. „Gerade wenn man als weltoffene und internationale Stadt eine junge, urbane Klientel als Unternehmer und Fachkräfte ansprechen will, ist das ein Pluspunkt“, lautete ihre Begründung vor Vertretern der Industrie- und Handelskammer. Pop wolle sich so von anderen Hauptstädten wie Paris abgrenzen, in denen eine Verständigung auf Englisch mühevoller sei.

Der in Berlin lebende Autor Dominik Drutschmann beklagt dagegen, in vielen Gaststätten nur noch ausschließlich auf Englisch bedient zu werden. „Klingt weltläufig und integrierend, grenzt aber Menschen aus“, so sein Fazit im Tagesspiegel. Und eine Nutzerin der Tagesspiegel-Plattform schreibt: „Hier bilden sich gefährliche Parallel­gesellschaften von Wirtschaftsflüchtlingen aus den USA, gegen die vorgegangen werden sollte.“ (bz-berlin.de, tagesspiegel.de)

 

Ketschua-Präsident bei den Deutschen Sprachtagen in Kusel

Fernando Hermoza Gutierrez aus Cusco in Peru nimmt als Präsident der Vereinigung der Ketschuasprecher an den Deutschen Sprachtagen des VDS vom 15.-17. Juni 2017 in Kusel teil. Hermoza steht der AMLQ ( = Academia Mayor de la Lengua Quechua) vor, der offiziellen Vertretung von über sechs Millionen Sprechern dieser indigenen Sprache, die außer in Peru auch in Bolivien und Ecuador Amtsprache ist. Ketschua ist nach Spanisch und Portugiesisch mit insgesamt weit über 12 Millionen Sprechern die drittstärkste Sprache Südamerikas. Lange Zeit spielte diese Sprache in den Andenstaaten nur eine untergeordnete Rolle, doch gelang es in den letzten Jahren, ihren Status zu festigen. Als Sprache der Inkas ist Ketschua ein bedeutendes, erhaltenswertes Kulturgut. Auch in der deutschen Sprache gibt es einige Ketschua-Wörter: Alpaka, Coca, Inka, Lama, Mate, Pampa und Puma.

Neben Ketschua werden in Peru noch 46 weitere indigene Sprachen gesprochen, darunter auch Yaminahua, das die Peruanische Regierung nun offiziell anerkannt hat. Yaminahua ist mit geschätzten 887 Sprechern eine sehr kleine Sprache, die Anerkennung allerdings ein wichtiger Schritt und eine „Grundvoraussetzung für den Schutz der Mitglieder dieser Gruppe“, so das Internetportal amerika21. Die Anerkennung erfolgte im Zuge des 2016 erlassenen „Nationalen Plans zur interkulturellen zweisprachigen Bildung 2021“, der die kulturelle und sprachliche Vielfalt der indigenen Bevölkerung in Peru sichern soll. (amerika21.de)

 

Anglizismen in China genau wie in Deutschland?

Auf der Internet-Seite „Expat – (einem privaten) Nachrichten- und Service-Portal für Reisende, Expats und Auswanderer“ finden wir einige Anmerkungen zum Thema, ob und wieweit das Chinesische durch den Einfluss des Englischen verändert wird. Sogar die Möglichkeit der Verdrängung wird erörtert. Bei der Übernahme von Wörtern werde von der Linguistik häufig der Begriff des „Ausleihens“ verwandt. Es handele sich aber in der Tat um Kopieren. Im Prozess des Sprachwandels, etwa auch bei der Übernahme von Anglizismen ins Deutsche, meint der Kommentar, würden jedoch nur Wörter entlehnt, die sich gut in die Ziel-Sprache integrieren ließen, ohne deren Formen zu verändern. Im Chinesischen allerdings spielten Anglizismen nur in der Geschäftswelt eine Rolle, nicht im Alltagsleben. Deshalb bestehe, meint der Kommentar, kein Grund zur Sorge, dass die gefestigte und traditionsreiche Sprache Mandarin durch die westlichen Einflüsse Schaden nehme, zumal auch die Staatsführung den Prozess nicht fördere, sondern politisch eher dagegen halte.

Dr. Kurt Gawlitta (VDS-Vorstand) ist sehr verwundert über die linguistische Theorie, die Übernahme von Anglizismen folge irgendeiner sprachimmanenten Logik. Auch wenn er über die Entwicklung im Chinesischen nichts aussagen könne, erscheine ihm aus hiesiger Sicht ein solcher Ansatz für die Übernahme der Anglizismen abwegig. Wir beobachten stattdessen, meint Gawlitta, dass Hersteller und Handel, Sportjournalisten und Feuilletonschreiber und andere Berufsgruppen US-amerikanischen globalen Verkaufspraktiken und anderen Moden folgen, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, ob die neuen Wörter sich in die Struktur der deutschen Sprache einfügen, sich also beispielsweise, vernünftig deklinieren oder konjugieren lassen. Die Theorie sei anscheinend nicht „totzukriegen“, die Sprache würde sich sozusagen selbsttätig wandeln, anstatt anzuerkennen, dass von Interessengruppen aktive „Sprachwandelpolitik“ gemacht werde. (expat-news.com)

 

In Berlin wird Gendern zur Pflicht

Nach Friedrichshain-Kreuzberg und Marzahn-Hellersdorf sollen auch in den Berliner Bezirken Mitte und Lichtenberg künftig nur noch Dokumente von den Bezirksparlamenten angenommen werden, die in einer geschlechtergerechten Sprache formuliert sind. „Anderslautende Drucksachen können dann nicht mehr behandelt werden“, sagte Julie Rothe, SPD-Fraktionsvize in Mitte. Allein die CDU habe sich gegen diese Regelung gewehrt, da „durch das ganze Sternchengegendere die Anträge der anderen Fraktionen noch schwerer lesbar“ seien, kritisierte der Fraktionsvize Götz Müller und verwies auf die deutsche Rechtschreibung, in der Gender-Sternchen schließlich auch nicht vorgegeben seien. „Allerdings beschäftigt das Gender-Sternchen nun auch den Rat für deutsche Rechtschreibung“, wie die Berliner Zeitung berichtet. Ob Sternchen, Binnen-I oder Gender-Gap sei jedoch noch nicht festgelegt, es werde sich aber „aller Wahrscheinlichkeit nach eine Form durchsetzen“, heißt es seitens der Geschäftsführung des Rates.

Der Sprachwissenschaftler Peter Eisenberg nimmt die „Gender-Pflicht“ in den Bezirken Berlins zum Anlass, nach Möglichkeiten zu suchen, rechtlich gegen das „Gender-Deutsch“ vorzugehen. So sei im Berliner Koalitionsvertrag von „Berliner*innen, Bürger*innen, Senator*innen“, aber nur von „jugendlichen Straftätern“ und „Intensivtätern“ die Rede. „Aus Sicht des Genderns doch wohl eine haarsträubende Diskriminierung“, so Eisenberg in der Süddeutschen Zeitung. (tagesspiegel.de, berliner-zeitung.de, sueddeutsche.de)

 

 

2. Berichte

Deutsch in Frankreich

Der für Frankreich zuständige VDS-Regionalleiter Rolf Massin berichtet von seiner Teilnahme an einer mehrtägigen Tagung des Deutsch-Französischen Ausschusses für Städtepartnerschaften in Brüssel, auf der er sich für eine bessere Stellung der deutschen Sprache eingesetzt habe.

Für die Zukunft des Deutschen als Fremdsprache in Frankreich lässt ein Bericht in der FAZ über den Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron hoffen. Er fordert wieder mehr Deutsch im Schulunterricht. Die Mittelschulen (Collèges) sollen die Möglichkeit bekommen, die im vergangenen Jahr stark eingeschränkten Zwei-Sprachen-Klassen wieder einzuführen. (faz.net)

 

3. VDS-Termine

6. März 2017 Region 20, 22 (Hamburg)
Mitgliedertreffen (Gäste sind herzlich willkommen)
Zeit: 19:30 Uhr
Ort: Hotel Ibis (Wandsbek), Pappelallee 61, 22089 Hamburg

7. März Region 48 (Münsterland)
Vortrag Prof. Dr. Roland Duhamel, Antwerpen (2. VDS-Vorsitzender): „Deutsch und andere Sprachen in Belgien“
Zeit: 17:00 Uhr
Ort: Gemeindesaal der katholischen Pfarrei St. Georg, Kirchplatz, Saerbeck

7. März 2017 Region 30 (Hannover)
Vortrag Prof. Dr. Dieter Rasch: „Wie spricht man in Deutschland?“
Zeit: 17:00 Uhr
Ort: Rudolf-Steiner-Haus, Brehmstraße 10, 30173 Hannover

7. März 2017 Region 38 (Braunschweig, Salzgitter, Wolfsburg)
Arbeitskreistreffen (an jedem ersten Dienstag eines ungeraden Monats)
Zeit: 16.00 Uhr
Ort: Gliesmaroder Thurm, Berliner Str. 105, Braunschweig

7. März 2017 Region 58 (Hagen / Ennepe-Ruhr / Mark)
Mitgliedertreffen
Zeit: 19:00 Uhr
Ort: Haus Humpert, Fleyer Straße 123, 58097 Hagen

9. März 2017 Region 28 (Bremen)
Treffen des Freundeskreises der dt. Sprache (regelmäßige Treffen jeden 2. Donnerstag des Monats)
Zeit: 19:00 Uhr
Ort: Restaurant „Platzhirsch“, Ostertorsteinweg / Ecke Contrescarpe

10. März 2017 Region 83 (Rosenheim, Oberbayern)
Regionaltreffen
Zeit: 19:30 Uhr
Ort: Hotel „Neuer am See“, Seestraße 104, 83209 Prien am Chiemsee

 

 

4. Literatur

Weltweit auf Deutsch studieren

Viele Abiturienten schrecken davor zurück, ein Studium im Ausland zu absolvieren, da sie die Seminare in einer Fremdsprache fürchten. Dabei ist das Angebot deutschsprachiger Lehrveranstaltungen auch außerhalb Deutschlands, Österreichs und der Schweiz groß. Über 700 Angebote gibt es inzwischen weltweit, die bisher noch weitestgehend unbekannt sind. Björn Akstinat, Leiter des Verbands der deutschsprachigen Auslandsmedien, hat aus diesem Grund eine Übersicht aller Studiengänge, Kurse und Vorlesungsreihen auf Deutsch in einer Datenbank zusammengetragen. „Deren großer Vorteil liegt darin, richtig mitstudieren zu können. Als Deutscher kann man den Vorlesungen problemlos folgen und Klausuren ohne Verständnisschwierigkeiten schreiben“, so Akstinat. Besonders in osteuropäischen Ländern, wie Rumänien oder Polen, sei das Angebot deutschsprachiger Studiengänge groß. Der Ratgeberist 2017 in überarbeiteter Auflage im IMH-Verlag erschienen und kann hier bestellt werden. (blogs.faz.net, hermannstaedter.ro)

 

 

5. Denglisch

Sprachkritik im Karneval

Der deutsche Karneval ist bekannt für seine gesellschaftliche und politische Kritik. Nun bekam auch das Denglische während einer Sitzung der Mombacher Bohnebeitel ordentlich „sein Fett weg“. Der „Mundart-Logistiker“ Gerd Brömser nahm in seinem Vortrag die bekanntesten Anglizismen aufs Korn und machte so auf sprachlichen Unsinn aufmerksam. „Ein Event, outdoor, mit Fingerfood – da hab ich doch schon keine Lust mehr hinzugehen“, betonte der Komiker unter Zuspruch des Publikums. Den Vortrag finden Sie hier (ab 2:48:00). (allgemeine-zeitung.de)

 


Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten und Nachrichten der vergangenen Woche über die deutsche Sprache. Bestellbar unter: infobrief@vds-ev.de.

RECHTLICHE HINWEISE

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Verein Deutsche Sprache e. V. Dortmund
Redaktion: Anna Beckmann, Kurt Gawlitta, Lea Jockisch, Holger Klatte

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