1. Presseschau
Der verdrängte Doktor
Einige definieren sich über ihn, für andere ist er nur ein willkommener Namens-Zusatz – der Doktor-Titel. Während er in Deutschland auch in Dokumenten vor dem Namen geführt werden darf, sorgt genau das im Ausland für Probleme. Denn laut FAZ ist bei der internationalen Luftfahrtorganisation der Vereinten Nationen (ICAO) vorgesehen, dass im Datenfeld „Name“ allein der Familienname steht – ohne weitere Zusätze. Titel wie „Dr.“ würden daher regelmäßig für Verzögerungen sorgen, da sie als Name gelesen werden und nicht als akademischer Titel. Eine neue Verordnung des Bundesinnenministeriums sieht nun vor, dass der Doktor-Titel künftig auf der Rückseite des Personalausweises in einem eigenen Datenfeld steht. (faz.net)
GKI als Übersetzer
Anwendungen der generativen künstlichen Intelligenz (GKI) können bald die Sprachgrenzen im Urlaub oder bei ausländischen Arbeitstreffen sprengen. Laut dem Berliner Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch gibt es bereits digitale Simultan-Übersetzer, die so tüchtig sein sollen, dass sie das Erlernen von Fremdsprachen anscheinend überflüssig machen. das berichtet t3n. Aufgrund der Fortschritte beim maschinellen Lernen sei die computergestützte Spracherkennung samt Übersetzung inzwischen so gut, dass sie für alltägliche Zwecke genüge. Dazu müsse man nur noch eine entsprechende Anwendung (App) auf seinem Handy installieren, schon ist eine Übersetzung in Echtzeit möglich. Das Goethe-Institut weist jedoch darauf hin, dass es sich hierbei lediglich um eine Übersetzung handele, nicht zu verwechseln mit dem Beherrschen der Fremdsprache. Übersetzungsprogramme scheitern oft noch an Sprichwörtern. Aus Ausdrücken wie „nicht das Gelbe vom Ei“ werde immer noch „not the yellow of the egg“. Solange ihm alles von einem Rechner übersetzt werden müsse, könne der Mensch in andere Kulturen daher nur bedingt eintauchen, meint Stefanowitsch. In jeder Sprache stecke eine andere Perspektive auf die Welt. Diese könne nur erfahren werden, wenn man die Sprache selbst lernt: „Es ist besser, wenn Übersetzungen von Menschen angefertigt werden statt von Maschinen.“ (t3n.de)
Sprachförderung abgelehnt
Die Bremer CDU rund um den Fraktionschef Frank Imhoff hat in der Bürgerschaft gefordert, dass Vorschulklassen eine Sprachförderung nach Hamburger Vorbild erhalten. Imhoff verwies auf die Sprachdefizite bei rund 47 Prozent der Kinder in Bremen, in Bremerhaven 55 Prozent. Laut seinem Antrag sollen Kinder in dem Jahr vor der Einschulung gezielt gefördert werden, aber er fand keine Mehrheit. SPD, Grüne und Linke äußerten Bedenken. Die Vorschulklassen seien nur für Kinder mit besonderem Förderbedarf, da müsse Ausgrenzung vermieden werden. Zudem gebe es keine sprachlichen Vorbilder wie in den gemischten Kita-Gruppen, erklärt Miriam Strunge von den Linken. Die Koalition setze stattdessen auf gemeinsames Lernen, um Ausgrenzung zu vermeiden, und fordere ein verpflichtendes Kita-Brückenjahr. Allerdings räumt die Bremer Bildungssenatorin Sascha Karolin Aulepp ein, es gebe noch Verbesserungsbedarf. (butenunbinnen.de)
Bürokraten-Deutsch
Mit dem „Antrag auf Erteilung eines Antragformulars“ besang Reinhard Mey die Sprache in deutschen Ämtern. Bis heute, knapp 50 Jahre später, hat sich in den Amtsstuben wenig verändert. Das Textananalyse-Unternehmen Wortliga hat die Internetseiten von knapp 20 Städten in Deutschland untersucht. Das Ergebnis: Über 40 Prozent der Texte seien kaum zu verstehen. Lange Sätze, Passivformulierungen und die Wortwahl würden Texte schwer lesbar machen und zu Missverständnissen, unnötigen Rückfragen und damit auch hohen Kosten führen, heißt es von Wortliga-Chef Gidon Wagner. 86 Prozent der Deutschen hätten es schwer, Texte von Ämtern und Behörden zu verstehen – und das quer durch alle Bildungsschichten. Ein neues Gesetz, das 2025 in Kraft tritt, soll verständliche Sprache zur Pflicht machen. In seiner Kurzform heißt es „Barrierefreiheitsstärkungsgesetz“, das sind 32 Buchstaben. Seine lange Bezeichnung lautet „Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (BFSG)“. (oiger.de, wortliga.de)
2026 beginnt der globale Inzest
Unter dieser preiswürdigen Überschrift gibt es im Spiegel ein Interview mit der Kommunikationswissenschaftlerin Miriam Meckel. Was generative künstliche Intelligenz (GKI) fertigbringt, nennt sie „bloße Statistik“. Um diese Aussage nachzuvollziehen, muss man bedenken: Die Sprachmodelle, mit denen GKI-Anwendungen trainiert werden – womit ihr Wissenshorizont gebildet und erweitert wird – dürften in drei Jahren alles aufgesogen haben, was im Internet zur Verfügung steht. Von dann ab ist das meiste, was neu in die Modelle eingefüttert wird, nur eine neue Mischung dessen, was es bereits gibt. „Textlich betrachtet beginnt also 2026 der globale Inzest“, sagt Meckel, „wir werden ein permanentes Wiederkäuen von Bestehendem erleben. Und wir wissen, dass das die Modelle schlechter macht. Der Wert von Anwendungen der generativen künstlichen Intelligenz wird davon abhängen, wie Menschen Originalität in die Datensätze einführen.“ (siehe Kommentar) (spiegel.de (Bezahlschranke))
2. Gendersprache
Gendern an Bayerns Hochschulen
Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) sprach mit der Augsburger Allgemeinen Zeitung jüngst auch über das Gendern. Er bekäme immer wieder Beschwerden über Benachteiligungen bei Prüfungen, wenn ein Prüfling den Genderleitfaden seiner Universität nicht beachtet. „Tatsächlich scheint sich hier einiges verselbstständigt zu haben“, so Blume. Für ihn sei klar: Niemand dürfe dazu aufgefordert werden, sich von der amtlichen deutschen Rechtschreibung absetzen zu müssen. „Wir dulden keinen Genderzwang. Wir verwenden selbstverständlich geschlechtergerechte Sprache, reden von ‚Professorinnen und Professoren‘. Auch der Begriff ‚Studierende‘ hat sich eingebürgert. Sprachliche Künstlichkeiten wie Sternchen und Binnen-I oder spracherzieherische Tendenzen sind dagegen zu unterlassen.“ Das solle den Hochschulen noch einmal in aller Deutlichkeit mitgeteilt werden, außerdem werde eine gesetzliche Verankerung im bayerischen Hochschulinnovationsgesetz geprüft. (augsburger-allgemeine.de)
Ein Reim gegen das Gendern
Der stellvertretende Ministerpräsident Baden-Württembergs, Thomas Strobl, trat am vergangenen Dienstag beim Empfang für die Karnevals- und Fastnachtsvereine in Stuttgart auf. In seiner Rede reimte der Innenminister „Sternchen, Doppelpunkte und Binnen-I, kurz gesagt: Das brauch ich nie“. Zuvor hatte es in der grün-schwarzen Landesregierung Diskussionen um ein Genderverbot in den Landesbehörden gegeben. Ein aktueller Beschluss stellt klar, dass im förmlichen Schriftverkehr der Landesverwaltungen fortan das amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung gelte und die Empfehlungen des Rates für deutsche Rechtschreibung eingehalten werden. (suedkurier.de)
3. Sprachspiele: Phrasen der Neuzeit
Mut zur Lücke: Unvollständiges über das Lückendenken in Linguistik, Ökonomie und Justiz.
Es gibt unter den politisch Korrekten zweierlei Zwänge: Einmal den Zwang, nach Lücken zu suchen, dann auch den Zwang, die gefundenen Lücken zu füllen. In der Linguistik hat es wohl begonnen, als man Benennungslücken bzw. lexemisch-semantische Lücken, ja sogar Vakanzen entdeckte. In der Justiz verfährt man ebenso, indem man Gesetzeslücken findet, die durch neue, oft härtere Gesetzgebung geschlossen werden sollen. Fast alle neuen Straftatbestände, die Frauen betreffen, sind auf aktivistischen Druck hin entstanden. Man beruft sich immer auf Strafrechtslücken und merkt dabei nicht, dass man das vorhandene Recht lediglich ausbaut.
In der Linguistik scheint man auf dem Stand des 18. Jahrhunderts zu sein, indem man glaubt, unsere Ausdrücke würden eine vormals unbenannte Wirklichkeit pflastern, und es sei nicht auszuhalten, wenn etwas ungepflastert bliebe. Dabei ist die Wirklichkeit, die wir benennen, geradezu unerschöpflich, und alles, was wir machen, ist nur fokale Punkte mit unserem Ausdruck zu setzen. (Und diese Punkte werden von uns Dusseln dann auch noch doppelt benannt: Postbote und Briefträger).
Die forcierte Gleichstellung stellt überall Lücken fest. Die sprachliche Gestaltung sieht so aus: Nach dem Schema gender x gap kommen: gender pay gap, gender data gap, gender digital gap, gender orgasm gap, gender leisure gap usw. als Aktionsfelder, wo die Gleichstellung von Mann und Frau noch nicht gelungen ist. Wir haben noch: Besetzungslücken, Lohnlücken, Innovationslücken, Benennungslücken, Strafrechtslücken, Lehrkräftelücken (allgemein: Fachkräftemangel), die Forderung nach lückenloser Aufklärung, Gerechtigkeitslücke (Vergütung), Lücken im Sicherheitsapparat und den empathy gap (Narzissmus usw.). Sicher habe ich etwas ausgelassen.
Zu den ältesten Monierungen gehört der Hinweis auf einen Mangel des Deutschen, nämlich dass es zwar feminine Artikel gebe, aber nur das maskuline Fragewort wer. Man hatte übersehen, dass dieses Wort jedenfalls drei Anschlüsse hat: Wer hat den Kuchen gestohlen? Der Mann, die Frau, das Kind… Das Denken in Lücken in der Sprache ist verwandt mit der Suche, ja sie ist der ganze Hintergrund für die Suche nach Pendants: Hurensohn hat kein Pendant Hurentochter, es gibt also Nachholbedarf. Viele Ausdrücke und Redensarten haben kein feminines Pendant: Es heißt nun mal Jedem das seine, nicht: Jeder das ihre. Es fehlt an der frauhohen Hecke, an der Weihnachtsfrau und an der Schneefrau, insofern nicht scherzhafter Gebrauch vorliegt. Männin als Pendant zu Mann und als Alternative zu Frau scheint nicht zu befriedigen, es wird eigentlich nur scherzhaft gebraucht: Feuerwehrmännin. In der Wirtschaft wüten die Innovationslücke und die Lohnlücke als Vorstellung einer Lohnungerechtigkeit. Dabei treibt uns nur das Loch im Geldbeutel an. Und städtebaulich reden die Korrekten immer von urbanen Räumen, ja sogar von Freiräumen, befürworten aber Nachverdichtungen…
Wirklich, jemand sollte den Korrekten den Lückendetektor aus der Hand nehmen und ihnen die Fülle und Vielfalt der Welt zeigen.
Myron Hurna
Der Autor (geboren 1978) promovierte in Philosophie über das Thema moralische Normen. Er schrieb mehrere Bücher über die politische Rhetorik, besonders über die Rhetorik des Holocaustvergleichs und über die politisch korrekte Sprache (Zensur und Gutsprech). Sein neues Buch Amoklauf am offenen Lernort wird bei Königshausen & Neumann erscheinen.
4. Kultur
Ein Hund als Lernhilfe
Der US-amerikanische Jurist Kristopher Milicevic berichtet auf businessinsider.de von seiner Erfahrung mit dem Auswandern, und wie sein Hund ihm zu Sprachkenntnissen verhalf. Milicevic zog 2019 nach Italien mit dem Wunsch, sein Italienisch zu verbessern. Trotz Vorbereitung mithilfe von Sprachlern-Apps und Kursen, die er im Voraus besuchte, konnte er jedoch kein Selbstvertrauen für tiefergehende Gespräche mit Fremden aufbauen. Das Lernen einer neuen Sprache sei keine leichte Aufgabe gewesen, und der Sprung von der Theorie zur Praxis fast unüberwindbar, erzählt Milicevic. Die Gespräche mit den Einheimischen seien meist transaktional und mechanisch und er konnte nicht über die grundlegenden Konversationselemente hinauskommen. Die Adoption seines Hundes habe die Lage jedoch deutlich verbessert, erzählt Milicevic stolz. Denn dieser entpuppte sich als Eisbrecher, so dass die Menschen offener und freundlicher zu ihm wurden. Durch die täglichen Spaziergänge in der Nachbarschaft hätten sich mehr Gelegenheiten für Gespräche ergeben und Milicevic erklärt, dass er dadurch auch umgangssprachliche Ausdrücke und Wörter erworben habe. (businessinsider.de)
Sprache lehrt Demut und Empathie
Pascal Bangemann, Volontär der Celleschen Zeitung, spricht sich in seiner Glosse für das Lernen neuer Sprachen aus. Sprachen und deren Nuancen seien oftmals unterschätzt im Alltag. Denn durch das Erlernen neuer Sprachen sorge man nicht nur für die Verständigung zwischen verschiedenen Menschen, sondern man entwickle auch ein Verständnis und Empathie für Nicht-Muttersprachler. Bangemann lernt momentan Hindi, die Amtssprache Indiens und berichtet von der Schwierigkeit, sich ein neues Alphabet, in diesem Fall Devanagari, anzueignen. Das Lernen einer neuen Sprache sei für das Gehirn eine „Mammutaufgabe“ und diese Erkenntnis lehre ihn Demut und neue Perspektiven. (cz.de)
5. Denglisch
Englisch lernen mit dem ultimativen Spießer
„Ich gucke Filme oder Serien ja nur im Original“ – mag hochnäsig klingen, hat aber einen Vorteil: Man lernt die Feinheiten einer Sprache kennen. In seiner Kolumne in der Wirtschaftswoche beschreibt Peter Littger, wie er sich von der Serie „Curb your Enthusiasm“ verabschieden muss. Nach 12 Staffeln geht die Serie um den besserwisserischen Larry David in Rente. Larry David spielt dabei sich selbst, in einer leicht fiktionierten Form. Schlecht gelaunt und cholerisch bringt er seine Umgebung zur Weißglut, drängt ihr seine Meinung auf und wird nicht müde, andere an den Pranger zu stellen. Er ist der „alte weiße Mann“ in Reinform. Sprachlich lohnt sich die Serie ganz besonders, so Littger, denn sie kommt ohne festes Drehbuch aus. David spricht, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, nutzt sprachliche Finessen, die in den üblichen Comedyserien eher selten zu finden sind. Selbst in einer jüdischen Familie aufgewachsen, stellt David dabei seinen Kampf mit der Religion grotesk dar, überspitzt ihn, greift ihn aber auch liebevoll auf, er übernimmt sogar jiddische Wörter in die Serie, wie to schlepp, verklemmt (farklemt) oder Schnorrer. Peter Littger legt die Serie jedem ans Herz, der aus der Komfortzone „normaler“ englischer Serien rauskommen und mal etwas feinere Sprache genießen möchte. (wiwo.de)
Denglisch für Paare
Jemand anderen für eine wie auch immer geartete Partnerschaft oder für einen Lebensabschnitt (oder nur für einen Abend?) kennenzulernen, erscheint heute ohne technische Hilfsmittel kaum noch möglich. Unzählige Apps und Netzwerke machen das Kennenlernen anscheinend einfacher. Aber ob neue Technik dafür sorgt, dass etwas einfacher wird, soll hier gar nicht diskutiert werden. Vielmehr zeigt ein aktueller Artikel im Focus, dass der deutschen Sprache der Wortschatz im weitläufigen Themenfeld der Liebe abhandenzukommen droht. Damit ist nicht gemeint, dass es heute Date heißt statt Verabredung oder Stelldichein. Wer sich heute als Single zum Flirten treffen will, sollte wissen, was Val-Core Dating ist (also eine Art Erklärung über das eigene Interesse an politischen oder gesellschaftlichen Themen). Betterment Burnout (in etwa Selbstakzeptanz) ist laut Focus eine wichtige Strategie bei der Partnersuche. Für Männer gilt: Open Hearted Masculinity (also Gefühle zeigen ist okay). Und damit ist die Liste der englischen Dating-Trends in dem Artikel von Nina Habres noch lange nicht am Ende. Es wäre an der Zeit, einen Trend zu setzen, die Dinge im Wortfeld der Zweisamkeit auf Deutsch zu benennen. (focus.de)
6. Soziale Medien
Was ist Meinung – und was Hass?
Demokratie stärken – das klingt erst mal nach einem ehrbaren Ziel. Allerdings hat das von der Ampelregierung geplante „Demokratiefördergesetz“ in den letzten Tagen für Aufregung gesorgt. Mit dem Gesetz sollen Projekte gefördert werden, die sich für Demokratie und gegen Hass aussprechen. Die Sorge: Auch Aussagen, die bisher von Art. 5 GG als Meinung akzeptiert waren, könnten – obwohl unterhalb der Strafbarkeitsgrenze – geahndet würden. Beispielsweise Geschimpfe über den Staat oder Kritik an Gesetzen. Zu den grundgesetzlich verbrieften Rechten zählt, „den Staat zu verhöhnen, ihn furchtbar zu finden oder sich Gedanken darüber zu machen, ob das Parteiensystem, wie wir es kennen, besser abgeschafft gehört,“ wie Ben Krischke im Cicero sagt (strafbar wäre erst der daraus geplante Umsturz).
Der Ampelpartner FDP befürchtet außerdem, man schieße sich auf rechtradikales Gedankengut ein, ignoriere aber, dass auch linksradikale Kräfte die Demokratie unterwandern können. Ein Bekenntnis, das Betreiber entsprechender Projekte zur Förderung der Demokratie abzugeben hätten, wird skeptisch gesehen. So kam es als Gegenreaktion bei X (vormals Twitter) zu Beiträgen, in denen Bundesfamilienministerin Lisa Paus und Bundesinnenministerin Nancy Faeser veralbert wurden: @Einer_l_e_i schrieb: „Ich liebe unsere Regierung, ich bin dankbar für die Ampel und ich verehre Nancy Faeser und Lisa Paus. Sie leben hoch, hoch, hoch. Einen schönen Tag, Genossen.“ @mawilms, @cbgSpender, @t_woelfer und andere schlossen sich wörtlich übereinstimmend an: „Ich folge @NancyFaeser schon länger als viele andere. Sie wurde eine meiner Lieblingsuserinnen hier. Weil sie unglaublich scharfsinnig und viel schlauer ist als ich, weil sie witzig und charmant Salz in die Wunden unserer Zeit streut. Wer sie beleidigt, beleidigt uns alle.“
Dass Hass im Netz zunimmt, versucht auch das Kompetenznetzwerk „Hass im Netz“ zu verdeutlichen. Bei einer Umfrage mit mehr als 3.000 Teilnehmern stellte es fest: Viele zögen sich zurück, wenn ihnen Hass im Netz entgegenschlägt, sie kommentieren dann nicht weiter und blocken die Angreifer. Jeder Zweite schränke seine Internetnutzung nach solchen Erfahrungen ein. Sprachlich ebenfalls interessant an der Studie ist ein Teil der Einleitung. Dort heißt es: „In der Befragung wurde aus methodischen Gründen das generische Maskulinum verwendet. Hintergrund ist, dass eine Mehrheit der Deutschen eine gendergerechte Sprache ablehnt (Infratest dimap 2021). Diese ablehnende Haltung führt in Befragungen zu einer Verzerrung der Daten (Bias), da zu viele Befragte die Fragebögen in geschlechtergerechter Sprache nicht ernsthaft oder gar nicht ausfüllen.“ Dennoch wurde die Studie anschließend in Gendersprache verfasst. Dieses Vorgehen zeigt, dass den Studienerstellern die ideologische Ausrichtung am Ende wichtiger ist als zu respektieren, dass die Teilnehmer selbst eine verständliche Sprache bevorzugen. (tagesspiegel.de (Bezahlschranke), welt.de, kompetenznetzwerk-hass-im-netz.de (PDF-Datei), twitter.com/@einer_l_e_i, twitter.com/@cbgspender, cicero.de (Bezahlschranke))
Sonstiges
Keiner hat Bock!
Pressesprecherin zu sein, hat seine Tücken. In Zeiten von Videos, Social Media usw. muss man eben auch mal kreativ sein und sich als Filmemacher betätigen. Doof nur, wenn keiner aus der Geschäftstelle Lust hat, mitzumachen. (tiktok.com/@vds)
7. Kommentar
Zur Verhütung von Blödsinn
Der Kampf um Wahrheit und Tatsachen im Netz wird, wenn der „Inzest“ tobt, auch algorithmisch noch ganz spannend, denn die künstliche Intelligenz könnte zunehmende Bestätigung für all das finden, was sie schon „weiß“ und immer weniger Anlässe wahrnehmen, Neues als valides Wissen zu erkennen. Mit anderen Worten, der Anteil des bullshit content (blödsinniger Inhalt) im Wissensreservoir der GKI wächst zwangsläufig. Miriam Meckel betont, dass zu eben diesen Problemen nur der Mensch Lösungen erfinden, entwickeln und in die GKI_Anwendungen einbauen könne. Das hört man gerne, aber Voraussetzung dafür wird eine gesteigerte und verfeinerte Beherrschung intelligenter und präziser Sprache sein. Schon gar nicht zu gebrauchen ist künftig eine Sprache, die man – und sei es aus gut gemeinter Absicht – mit verkopften Begriffen, Wörtern, Endungen, Sonderzeichen, rücksichtslosen Verdrehungen der Grammatik und spracherzieherischen Stilverkrampfungen verstopft. Derlei Manipulationen erschweren, was viele heute schon nicht fertigbringen: das Echte vom Geschwindelten zu unterscheiden. Bei Texten ist das oft am Stil zu erkennen. (Oliver Baer)
Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten zu verschiedenen Sprachthemen. Männer sind mitgemeint, das Gleiche gilt für andere Geschlechter. Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln gelegentlich die Meinung der Redaktion wider.
Redaktion: Oliver Baer, Holger Klatte, Asma Loukili, Dorota Wilke, Jeanette Zangs