Infobrief 423 (29/2018): Emotionen mit Emojis

1. Presseschau vom 13. bis 19. Juli 2018

  •  Emotionen mit Emojis
  •  Vater Staat als Erzieher seiner Bürger
  •  Deutscholympiade

2. Unser Deutsch

  •  E-Mail

3. Berichte

  •  Versuch mit negativem Ergebnis
  •  Leitung der VDS-Geschäftsstelle

4. VDS-Termine

5. Literatur

  •  Zum Tod von Christine Nöstlinger

6. Denglisch

  •  Denglisch mit Akzent

 

1. Presseschau vom 13. bis 19. Juli 2018

Emotionen mit Emojis


Unterschrift von Bernard Hennet, Abt des Zisterzienserklosters Žďár von 1741 mit einer smileyähnlichen Zeichnung (Wikipedia, gemeinfrei)

Emojis sind die derzeit letzte Variante von Bildzeichen und Piktogrammen im Internet, Vorläufer sind Emoticons, Smileys aber auch einfache Bilder aus Zeichenfolgen wie : – ) . Diese letztgenannte Zeichenfolge wurde schon 1982 von dem Informatiker Scott E. Fahlman vorgeschlagen, um in den damals verwendeten Bulletin Boards eine Möglichkeit zu besitzen, nicht erst gemeinte Beiträge zu kennzeichnen. Dieser Vorschlag enthielt auch die ironische Anmerkung, dass es wohl ökonomischer wäre, nur die ernst gemeinten Beiträge besonders zu kennzeichnen. Die von der Seite zu lesenden Zeichenfolgen vermehrten sich explosionsartig. Es gibt kein Spezialgebiet, das nicht eigene Kürzel kreierte. In Japan wurden Zeichenfolgen wie \(^_^)/ („Hurra!“ mit Armen) verwendet, die den Vorteil haben, dass sie zum Lesen nicht gedreht werden müssen.

Ludwig Wittgenstein beschrieb bereits 1932 einfache, gezeichnete Gesichter als Alternative zu Adjektiven, vielleicht sind dies die Vorläufer unser heutigen Emojis. 1999 entwickelte der Japaner Shigetaka Kurita die ersten Emojis mit dem Ziel, eine universelle Sprache zu schaffen. Mit dem Aufkommen leistungsstarker Mobiltelefone mit farbigen Displays wurden inzwischen mehr als 2.300 Symbole entwickelt. Es gibt kaum eine private Nachricht im Internet oder Mobilfunk, die ohne diese Zeichen auskommt.

Von einer universellen Sprache sind die Emojis noch weit entfernt. Obwohl bereits längere Texte in Emoji-Sequenzen „übersetzt‟ wurden, fehlt es noch an grammatischen Strukturen und Wortschatz. Weiterhin werden nicht nur auf verschiedenen Telefonfabrikaten und Betriebs­systemen die Symbole unterschiedlich dargestellt, auch die kulturell geprägte Bedeutung und Konnotation ist nicht einheitlich, sodass es bereits Emoji-Dolmetscher gibt. Mittlerweile gibt es im Netz zahlreiche Wörterbücher und mehr oder weniger ernst gemeinte Verwendungshinweise, die den Umgang mit Emojis vereinfachen sollen.

Eine aktuelle Studie der Hochschule Fresenius in Köln konnte nun zeigen, dass die Emoji-Nutzer als besonders sympathisch wahrgenommen werden. Die Studie zeigte auch, dass Frauen häufiger ihre Gefühle mit Emojis ausdrücken als Männer, die zudem einfache Symbole wie „Daumen hoch“ bevorzugen. Ob jemand in einer Kommunikation überhaupt Emojis verwendet, hängt auch davon ab, ob eine empfangene Nachricht Emojis beinhaltet. „Emojis bilden […] soziale Normen in der Kommunikation und ihr Einsatz kann als soziale Anpassung verstanden werden“, so die Psychologieprofessorin Wera Aretz unter deren Leitung die Studie erstellt wurde. (wr.de)

 

Vater Staat als Erzieher seiner Bürger

In einem Beitrag für Deutschlandfunk Kultur weist der Theologe Boris Kalbheim darauf hin, dass „sprachliche Gewalt‟ nicht nur die Dimensionen Sexismus, Rassismus und Homophobie hat. Kalbheim beschreibt, wie in staatlichen Institutionen Sprache als Machtinstrument gebraucht wird und Menschen erniedrigt. Er kritisiert besonders den Umgang mit Menschen ohne Arbeit in den sogenannten Jobcentern, wo das Wort „Kunde‟ den hierarchischen Machtverhältnissen fast zynisch entgegensteht und erwachsene Menschen durch ungefragtes Duzen zu Schuljungen degradiert werden, denen erziehende Maßnahmen auferlegt werden können. Kalbheims Rezept gegen entwürdigende Sprache: Menschlichkeit und Achtung. Bereits im April wurde das Thema durch die Akteure der Politsatiresendung „Die Anstalt‟ aufgearbeitet. Die Sendung kann über die Mediathek des ZDF im Internet angesehen werden. Sie integriert zusätzlich einen sehenswerten Mediendiskurs zwischen Kafka und Bratwürstchenwerbung. (zdf.de, deutschlandfunkkultur.de)

 

Deutscholympiade

Das Goethe-Institut und der Internationale Deutschlehrerinnen- und Deutschlehrerverband richten derzeit in Freiburg die zweiwöchige Deutscholympiade aus, bei der sich 140 Jugendliche aus 73 verschiedenen Ländern messen. Bewertungskriterien für die drei zu lösenden Aufgaben im Wettbewerb sind formale Richtigkeit der gesprochenen und geschriebenen Texte und Eloquenz, aber auch Kreativität und Zusammenarbeit in der Gruppe. Ziel sei es schließlich, nicht Konkurrenzdenken, sondern den kulturellen Austausch und das Interesse für die Deutsche Sprache im Ausland zu fördern, so die Veranstalter. Das Programm enthält deshalb neben dem Wettbewerb Freizeitaktivitäten sowie Besichtigungen von Firmen und der Universität Freiburg, die besonders für diejenigen Teilnehmer interessant sein dürfte, die später in Deutschland studieren möchten; ein häufig genanntes Motiv für das Erlernen von Deutsch als Fremdsprache. (deutschlandfunk.de)

 

2. Unser Deutsch

E-Mail

Ich ertappe mich dabei, wie ich E-Mail auf meine Visitenkarte schreibe statt E-Post, was mir der Anglizismen-Index des Vereins Deutsche Sprache empfiehlt. Ich schäme mich ein bisschen, dass ich dem Anglizismus auf den Leim gegangen bin, oder besser gesagt, ich frage mich, warum ich mich garnicht recht schäme. Was hindert mich eigentlich, E-Mail zu ersetzen? Warum bleibe ich diesem englischen Import treu?

Ich befinde mich offenbar mitten in der Auseinandersetzung zwischen Lehnwort und Ersatz dafür. Ältere, sehr viel ältere, erinnern sich vielleicht noch, wie Mercedes den Airbag einführte. Dieser sinnvolle Unfallschutz hatte bereits Karriere gemacht, als Ersatzwörter gesucht wurden. Doch weder Prallsack noch Luftsack konnten sich durchsetzen. Anders bei der air condition. Sie lebt zwar als AC auf dem Armaturenbrett vieler Autos fort, musste aber im Alltag der Klimaanlage, oder einfach Klima, Platz machen. Viel hängt daran, wo die Sache herkommt. Die gesamte Internet-Terminologie atmet den Geist von Microsoft und Apple. Auch Neueinsteiger wie die Chinesen beugen sich dem Diktat des Englischen.

Bei E-Mail kommt eines dazu. Wir haben das Wort in der spezifischen Bedeutung ‚elektronischer Brief‘ übernommen. Damit erhielt der Konkurrent der gelben Post einen eigenen Namen. Das ist die Stärke von E-Mail: ein neues Wort für eine ganz neue Sache. Jetzt genügt sogar einfach mail. Die ist immer elektronisch, sie steht für schnelles Kommunizieren. Unter Post verstehen wir wie bisher die gelben Briefkästen, den Briefträger auf seinem Fahrrad, die hübschen Briefmarken. Hier stehen Welten gegeneinander. Hinzukommt die praktische Ableitung E-Mailen, die die E-Post nicht bieten kann. Denn posten, gesprochen [po:stən], ist auch schon vergeben, die Entlehnung von englisch to post in der Bedeutung ‚in einem Internetforum schreiben‘. Jetzt haben wir gleich zwei neue Wörter für die beiden Varianten der Internetkommunikation: die private (E-Mail) und die öffentliche (posten).

Die simple englische Abkürzung e- für electronic ist ja inzwischen zum Muster für unzählige Nachbildungen geworden, eine ganze Großfamilie der Elektronik mit dem neuen Präfix e- von e-banking, über e-commerce, e-learning bis zum aktuellen E-bike.

Kritische Analyse muss fragen: was ist überflüssig, was ist verdrängend und was ist ein Gewinn an Differenzierung? Nach wie vor störe ich mich an Banking in der Anweisung meiner Bank, wenn ich bloß eine Überweisung erledigen will. Noch mehr an log-in und log-out, wo Anmelden und Abmelden dasselbe und verständlich sagen. Eins akzeptieren, anderes entschieden ablehnen – das bleibt eine realistische Perspektive.

Horst Haider Munske

Der Autor ist Professor für Germanistische Sprachwissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Vereins Deutsche Sprache e. V. Ergänzungen, Kritik oder Lob können Sie schicken an: horst.munske@fau.de

 

3. Berichte

Versuch mit negativem Ergebnis

Der VDS hat die Zusammenarbeit mit dem Deutschen Musikradio beendet. Das bedeutet ausdrücklich nicht, wir hätten das Interesse an deutschsprachiger Musik verloren. Im Gegenteil. Aber der Erfolg des mehrjährigen Versuches hat alle Erwartungen um ein Vielfaches untertroffen. Zudem schlugen sehr hohe Kosten zu Buche, und der Zeitaufwand für unsere Wortbeiträge zu den Sendungen blockierte andere und dringliche Leistungen der Geschäftsstelle. Übrig bleibt ein Schatz an Erfahrungen im Umgang mit dem Medium Radio, den wir in anderer Form erweitern möchten, etwa zur Produktion von kurzen Audio- und Videobeiträgen in den neuen Medien.

Leitung der VDS-Geschäftsstelle

Während seiner Elternzeit wird Dr. Holger Klatte bis Juni 2019 von Oliver Baer vertreten, bisher ohne besondere Vorkommnisse …

 

4. VDS-Termine

24. Juli, Region 10-14, 16 (Berlin und Potsdam)

Ausstellungsbesuch: Was fremde Sprachen anders machen im Museum für Kommunikation Berlin
Treffpunkt an der Kasse, eine Anmeldung ist nicht erforderlich
Zeit: 18 Uhr
Ort: Museum für Kommunikation, Leipziger Straße 16, 10117 Berlin

25. Juli, Region 03 (Cottbus)
Mitgliedertreffen
Zeit: 18 Uhr
Ort: Hotel „Zur Sonne“, Taubenstraße 7, 03046 Cottbus

25. Juli, Region 84 (Landshut, Niederbayern)
Zusammenkunft für literarisch interessierte Menschen:
Jeder der Anwesenden kann einen sprachlich oder inhaltlich beeindruckenden Text vortragen.
in Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Bildungswerk Landshut e. V.
Zeit: 19 Uhr
Ort: Evangelisches Bildungswerk Landshut, Luitpoldstraße 3 (II. Stock), 84034 Landshut

26. Juli, Region 70, 71, 73, 74 (Stuttgart, Nordwürttemberg)
Regionalversammlung
Zeit: 19 Uhr
Ort: Brauereigaststätte Dinkelacker, Tübinger Straße 46, 70178 Stuttgart

27. Juli, Region 88 (Bodensee/Oberschwaben)
Mitgliederversammlung mit Vortrag:
Dr. Ulrich Höflacher zum Thema „Hochsprache und Dialekt – eine spannende Sprachgeschichte“Zeit: 17 Uhr
Ort: Klosterkeller, Magdalenensaal (schräg gegenüber der Klosterkirche), Abteistraße 2, 88214 Ravensburg-Weißenau

 

5. Literatur

Zum Tod von Christine Nöstlinger

Im Alter von 81 Jahren starb die österreichische Kinderbuchautorin Christine Nöstlinger. Ihre Bücher wurden in 30 Sprachen übersetzt und sind preisgekrönt. Zu den bekanntesten Titeln ihres über 150 Bücher sowie Drehbücher, Theaterstücke und Hörspiele umfassenden Werkes zählen „Maikäfer flieg!‟, „Wir pfeifen auf den Gurkenkönig‟ und die „Geschichten vom Franz‟. Nöstlinger bezog sich häufig auf ihre eigenen Kindheitserlebnisse im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg. Die lange Zeitspanne, die zwischen dem Heute und ihrer Kindheit liegt, bewog die Autorin noch vor wenigen Wochen zur der Entscheidung, keine Kinderbücher mehr zu schreiben. Ihre eigene Kindheit und auch die ihrer Kinder sei bereits „historisch‟, ihr fehle nun das Verständnis. Sie betonte aber, dass sie nicht abfällig über heutige Kinder urteile. Neben ihrer Tätigkeit als Kinderbuchautorin betätigte sich Nöstlinger als Literaturkritikerin und Zeitungskolumnistin und zeichnete sich durch ihr gesellschaftliches und politisches Engagement unter anderem als Menschenrechtsaktivistin aus. (deutschlandfunkkultur.de, deutschlandfunkkultur.de, deutschlandfunk.de, welt.de, wr.de)

 

6. Denglisch

Denglisch mit Akzent

In Deutschland sind nicht nur Anglizismen und das Einstreuen englischer Wörter in deutsch­sprachige Sätze sehr beliebt, die englischen Worteinsprengsel werden dazu auch häufig noch ‚deutsch‘ betont. Was macht es aber so schwierig, einen solchen Akzent abzulegen?

Forscherinnen der Ludwig-Maximilians-Universität München sind dieser Frage in einer Studie nachgegangen und konnten eine potenzielle Fehlerquelle aufdecken. Sie fanden heraus, dass deutsche Englischlerner Lautkontraste, die es im Deutschen nicht gibt, nur schlecht erkennen und dann nur undeutlich reproduzieren können. Der Kontrast zwischen zwei Lauten wird so minimal. Durch eine solche Angleichung können Wörter wie „bed‟ und „bad‟ in der gesprochenen Sprache nicht mehr voneinander unterschieden werden, das distinktive Merkmal geht verloren. Dadurch, dass sich die Sprecher selber zuhören und sich so an die verschliffene Aussprache gewöhnen, verfestigt sich der Fehler.

Um diesem Teufelskreis zu entkommen, schlagen die Forscherinnen vor, viele Äußerungen von englischen Muttersprachlern zu hören und sich kritisch mit ihrer Aussprache auseinander­zusetzen, zum Beispiel mithilfe von Tonaufnahmen. Dabei sollte gezielt auf die Unterscheidung ähnlicher Wortpaare geachtet werden. Hierbei ist es ratsam, sich Unterstützung zu holen – von einem Muttersprachler oder einem anderen Denglisch-Sprecher. Die Studie zeigte nämlich auch, dass das eigene Kauderwelsch zwar stets am besten verstanden wird. Doch selbst dann, wenn zwei Fremdsprachenlerner die gleichen Aussprachefehler machen, kommt es zu Verständnis­schwierigkeiten, die ein Anhaltspunkt für ein Problem in der Aussprache sein können. (focus.de, lizzynet.de)


Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten und Nachrichten der vergangenen Woche zur deutschen Sprache.

RECHTLICHE HINWEISE
Verein Deutsche Sprache e. V. Dortmund
Redaktion: Oliver Baer

© Verein Deutsche Sprache e. V.

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