1. Presseschau
Das F-Wort
In Berlin wurde um die unterstellte Anstößigkeit des Namens „Mohrenstraße“ gestritten. Jetzt geht es um Umbenennung bei den Bayreuther Festspielen. Intendantin und Richard-Wagner-Urenkelin Katharina Wagner und der Dirigent und frühere Musikdirektor Christian Thielemann sind über das Wort „Führer“ entzweit. „Seht da den Herzog von Brabant, zum Führer sei er euch ernannt“, hatte Richard Wagner im Lohengrin-Libretto formuliert. Katharina Wagner bat den Tenor das Wort „Führer“ durch „Schützer“ zu ersetzen, schreibt das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Es ist ein gängiges Substitut“, so die Wagner-Urenkelin, gerade in Bayreuth sollte man besonders sensibel sein, weil es einen besonderen politischen Hintergrund habe. Richard Wagner war Adolf Hitlers Lieblingskomponist, seine Schwiegertochter Winifred Wagner hofierte den Führer und blieb auch nach dem Weltkrieg eine Anhängerin des alten Regimes. Dem ehemaligen musikalischen Musikdirektor geht die Streichung dennoch zu weit. Er sieht auch andere Werke der Opernliteratur in Gefahr: „Dann darf man auch ‚Tosca‘ nicht mehr spielen, mit der versuchten Vergewaltigung, dem Mord und so weiter“, sagte er der WELT. Mit Cancel Culture habe ihre Forderung nichts zu tun, sagt Wagner. Sie möchte lediglich nicht, dass das Wort „Führer“ in derart pointierter Form am Ende der Geschichte steht, wo es um die Benennung eines politischen Nachfolgers geht. (rnd.de)
Siegeszug des „Du“
Auf stern.de berichtet Wiebke Tomschelt über die Ausbreitung des „Du“. Es zeichne sich eine neue Tendenz ab, Duzen werde zur Norm. Tomschelt erklärt, dass auch im Beruf häufiger geduzt werde. Das „Du“ habe an Intimität verloren. Es sei längst nicht mehr Freundschaften oder Verwandten vorbehalten, sondern mittlerweile eine weit verbreitete Anrede. Ihr komme das Siezen „spießig“ vor, schreibt Tomschelt. Aber wie wolle man in der Anrede „einen Unterschied für besonders nahe Menschen machen“, wenn das „Du“ als Standardanrede gilt? Sprachforscher Gerd Simon erläutert, dass das „Du“ die erste gängige Anrede in der deutschen Sprache war. Differenzierungen kamen später hinzu. Simon hatte die Theorie aufgestellt, dass Duzen mit Demokratisierung von Gesellschaftsverträgen einherginge. Er selbst bezweifle das mittlerweile, in der Zukunft sehe er jedoch keine Rückkehr zum Siezen, mit einer bemerkenswerten Ausnahme. Junge Menschen verstoßen gern gegen die Regeln der Älteren, vielleicht auch gegen das zum Standard gewordene „Duzen“. Es wäre „somit nicht unmöglich, dass irgendwann sehr reflektierte, sehr modische und sehr entschlossene junge Leute entscheiden, dass sie sich untereinander fortan mit einem freundschaftlichen ‚Wie geht’s Euch heute, liebe Martha-Elisabeth?‘ begrüßen.“´(stern.de)
Keine Sorge, aber Zweifel
Das Hessische Statistische Landesamt hat zum Tag der deutschen Sprache eine Erhebung zur Stellung der Sprache in dem Hessen vorgelegt. Die Daten stammen aus dem Jahr 2021. Demnach wird in 2,9 Millionen (94 Prozent) der knapp 3,1 Millionen hessischen Haushalte Deutsch gesprochen. Eine halbe Million Haushalte gab an, dass daheim neben Deutsch noch mindestens eine weitere Sprache gesprochen werde. Aber 2,4 Millionen der Haushalte (77 Prozent) erklärten, es werde ausschließlich auf Deutsch kommuniziert. Patricia Andreae der Frankfurter Allgemeine Zeitung meint, ein Aufenthalt in den Innenstädten der Region lasse anderes vermuten. Diese Orte seien jedoch nicht repräsentativ für die Stellung der deutschen Sprache in ganz Hessen. Trotz der modischen Englischwörter oder angesichts der Einwanderung von Fachkräften sowie Flüchtlingen solle man nicht um die Stellung der deutschen Sprache besorgt sein. Offen bleibe allerdings, so die FAZ, „ob der leidenschaftliche Gamer der sogenannten Gen Z, einer also, der nach 2000 geboren wurde und der auf den Upload eines Handy-Spiels wartet und derweil überlegt, ob er einen Smoothie oder Chai-Latte trinken soll oder lieber online eine Poke-Bowl bestellen, wohl glaubt, dass all das deutsche Begriffe sind.“ (faz.net)
2. Gendersprache
Kein Gendern – Uni will Professor Lehre verweigern
Jürgen Plöhn ist Politik-Professor an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU). In seinen Seminaren gendert er nicht – von seinen Studenten erwartet er eine korrekte Sprache. In seinen 30 Jahren der Lehre habe es mit dieser Praxis keine Probleme gegeben. Studenten wurden darauf hingewiesen, und wer sich damit nicht arrangieren wollte, hat den Kurs verlassen, „wegen Genderns wurde kein Leistungsnachweis verweigert“, so Plöhn in der Welt. Dennoch gab es im April 2021 eine Beschwerde bei der „Präventionsstelle Diskriminierung und sexuelle Belästigung“. Das Institut für Politikwissenschaften forderte Plöhn daher auf, diese Praxis zu beenden. Dieser wehrte sich: „Wissenschaft ist Wahrheitssuche, und das wesentliche Instrument dazu ist in den Geisteswissenschaften die Sprache. Wer gendert, bringt damit eine politische Ideologie zum Ausdruck, die die Verhältnisse nicht nur erforschen, sondern verändern will“, so Plöhn.
Im Wintersemester 2021/2022 eskalierte die Situation: Der Studiendekan erkundigte sich hinter dem Rücken des Professors bei dessen Studenten, ob seine Vorgehensweise weiterhin gelte. Plöhn selbst erfuhr erst von einer Studentin davon und sprach von „Bespitzelung“. Institutsdirektor Johannes Varwick teilte ihm dann im Februar mit, man habe sich entschieden, dass Plöhn keine Lehre mehr an der MLU anbieten könne. Weil Plöhn allerdings in Halle habilitiert ist, darf ihm die Lehre dort nach dem Hochschulrecht des Landes nicht verweigert werden. Das sah auch Varwick ein, schob aber direkt nach: „Sehr wohl können wir aber als Institut die Rahmenbedingungen dafür festlegen.“ Diese Rahmenbedingungen sahen u. a. vor, keine Ressourcen mehr zur Verfügung zu stellen, um Raumbuchungen etc. müsse Plöhn sich selbst kümmern, außerdem können Studenten seine Vorlesungen nicht mehr für die Pflichtmodule anrechnen lassen. Varwick schrieb in seinem Schreiben an Plöhn süffisant weiter: „Ich weiß nicht, sehr geehrter Herr Plöhn, ob Sie unter diesen Voraussetzungen noch Freude an der Lehre haben werden.“ Plöhn bietet angesichts dieser Behandlung im Sommersemester 2022 tatsächlich keine Lehrveranstaltungen mehr an. Allerdings ist die Sache noch nicht erledigt: Auf seine Eingabe hin beschäftigt sich derzeit der Petitionsausschuss des Landtags Sachsen-Anhalt mit dem Vorgang, mit einem Votum ist im November zu rechnen. Plöhn hofft auf ein Einlenken der Uni, andernfalls erwägt er eine Klage. (welt.de (Bezahlschranke))
Friedrich Merz gegen Gendern im Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk
Auf dem CDU-Parteitag in Hannover hat sich CDU-Chef Friedrich Merz erneut deutlich in Sachen Gendersprache positioniert und ist dabei auch hart mit dem Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk (ÖRR) ins Gericht gegangen. Vor allem dort, so Merz, solle man sich an die Regeln halten, „die wir uns alle in diesem Land gegeben haben – auch für die Verwendung der deutschen Sprache.“ Universitäten und der ÖRR seien keine Volkserziehungsanstalten, vielmehr hätten sie einen staatlichen Bildungs- und Informationsauftrag. Das sei umso wichtiger, da ARD und ZDF über Gebühren finanziert werden, die von Allen in der Gesellschaft erhoben werden. Über das Thema diskutierte Merz auch in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“ (am 13. September 2022). (rnd.de, zdf.de)
3. Sprachspiele: Unser Deutsch
Marder, Panther, Leopard
Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine wissen wir, dass Marder nicht nur Leitungen in unseren Autos durchbeißen und als nachtaktive Räuber schon manchen Kater zum Tierarzt geschickt haben – Marder heißen auch Schützenpanzer, die seit 1934 für die Deutsche Wehrmacht hergestellt und erstmals im Spanischen Bürgerkrieg erprobt wurden. Die neueste Version wird dringend von der Ukraine eingefordert, für ihren Kampf gegen die russische Aggression. Ebenso nachgefragt ist der moderne Kampfpanzer Leopard II. Weiter gibt es den Transportpanzer Fuchs, den Brückenlegepanzer Biber, den Bergepanzer Büffel und den Flakpanzer Gepard. Anderes, schweres Militärgerät war schon im II. Weltkrieg im Einsatz: der Panzerkampfwagen Panther und der schwere Tiger (ein Exemplar findet sich im Schweizer Militärmuseum Full). Haubitzen hatten die Namen Hummel, Wespe und Hornisse. Kurz: Diese sogenannten ‚Suggestivnamen‘ für militärisches Gerät haben eine lange Tradition, von der Wiederbewaffnung der Wehrmacht in den 30er Jahren, bis zur heutigen Bundeswehr. Im II. Weltkrieg begegneten sie in den Wehrmachtsberichten, heute in den Nachrichten über die Bewaffnung der Ukraine.
Das Auffällige sind eben diese Namen. Es sind metaphorische Bezeichnungen nach den Gattungen wilder Tiere. Es fehlen Maus und Hase, Reh und Hirsch. Weder Maulwurf noch Wanderratte tauchen in den Katalogen der Waffenhersteller auf. Nur kraftvolle Wildtiere dienten als Namensgeber. Manchmal wurde dabei auf besondere Eigenschaften der Tiere Bezug genommen wie beim Biber, der seine Wohnungen am Wasser baut. Leopard und Panther sind wie ihre tierischen Vorbilder kraftvoller als der Marder.
Im Grunde ging es nur um eines: statt der komplizierten Herstellerbezeichnungen sprechende Namen zu finden, die sich für die Kommunikation in der Truppe, für den Waffenhandel und die Berichterstattung in den Medien eignen. Dabei liefert die Tiermetaphorik nicht nur geläufige Wörter. Sie trägt auch dazu bei, die todbringende Gefährlichkeit dieser Waffen aus dem Blick zu nehmen. Denn die anschaulichen Namen machen einen Vergleich: Kriege erscheinen wie Kämpfe von Wildtieren untereinander, eine gefährliche Verharmlosung der Kampfkraft und des Einsatzes von Panzerwaffen.
Nachtrag: Einen Panzer Maus hat es doch gegeben, wie mir mehrere Leser mitteilen. Er wurde 1941 bei der Firma Krupp in Auftrag gegeben. Bis 1944 entstanden aber nur zwei Prototypen. Das 188 Tonnen schwere Ungetüm sollte ursprünglich den Namen Mammut erhalten. Aus Tarngründen, so heißt es im Wikipedia-Bericht, wurde er zu Maus abgeändert.
Horst Haider Munske
Der Autor ist Professor für Germanistische Sprachwissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Vereins Deutsche Sprache e. V. Ergänzungen, Kritik oder Lob können Sie schicken an: horst.munske@fau.de
4. Kultur
Weniger Deutschunterricht in Polen
Der Infobrief berichtete bereits über eine Verordnung des polnischen Bildungsministers, womit die Zahl der Unterrichtsstunden für Deutsch als Minderheitensprache von drei auf eine pro Woche fallen soll. Zum 1. September trat diese Verordnung in Kraft. Rafał Bartek, Vorsitzender des Verbands deutscher Gesellschaften, appelliert nun an die Kommunen, die Zahl der Deutschstunden zu erhöhen. In seinem Brief an die Kommunen und Schulleiter spricht Bartek von einer „systematischen Diskriminierung“ polnischer Staatsbürger mit deutscher Identität. Die Drittelung der Wochenstundenzahl habe zur Folge, dass rund 50.000 Kinder die Sprache nicht mehr nach bisherigen Regeln und mit der vollen Finanzierung erlernen können. Regierungsvertreter begründeten die Entscheidung mit einer fragwürdigen Gleichsetzung: In den polnisch-deutschen Beziehungen fehle die Symmetrie, insbesondere im Hinblick auf den Unterricht der polnischen Sprache in Deutschland. Laut Bartek gibt es Kommunen in ganz Polen, die beschlossen haben, die Kosten für den Unterricht von Deutsch als Minderheitensprache an ihren Schulen zu übernehmen. Deshalb appelliert er in seinem Brief an die restlichen Gemeinden. In seinem Schreiben sagt er: „Wir danken Ihnen für Ihr klares Signal (…), dass Kinder an erster Stelle stehen und dass Sie Diskriminierung und Stigmatisierung aus nationalen Gründen nicht zulassen“. (wochenblatt.pl, vdg.pl)
Plattdeutsches Wörterbuch im Netz
Das plattdeutsche Wörterbuch „Der Neue SASS“ ist fortan auch kostenlos im Netz verfügbar. Als größtes niederdeutsches Online-Wörterbuch enthält es rund 180.000 Datensätze von Verben, Substantiven, Adjektiven, Adverbien, anderen Wortarten sowie idiomatische Ausdrücke und Redensarten. Das Wörterbuch baut auf einem 1956 erstmals erschienenen Vorgänger herausgegeben von Johannes Saß auf. Das „Neue SASS“ wurde durch einen Arbeitskreis von Platt-Experten unter der Leitung des Sprachforschers (und VDS-Mitglieds) Heinrich Thies zusammengestellt. Die Landesregierung von Schleswig-Holstein hat das Projekt mit 24.000 Euro gefördert. Marianne Ehlers, die Vorsitzende der Fehrs-Gilde, eines Vereins, der sich der Förderung der plattdeutschen Sprache widmet und das Wörterbuch herausgibt, bezeichnet das Angebot als „Meilenstein für alle, die mit der plattdeutschen Sprache leben und arbeiten.“ Neben den Begriffen und ihrer Übersetzung finden sich im „Neuen SASS“ Erläuterungen zur Grammatik des Niederdeutschen. (ndr.de, sass-platt.de)
5. Berichte
Deutsche Sprachtage in Wittenberg
Nach zweijähriger Corona-Pause fanden in diesem Jahr wieder die Deutschen Sprachtage des VDS statt. Rund 170 Delegierte und Gäste kamen in der Lutherstadt Wittenberg zusammen. Die Bildungsfahrt führte die Teilnehmer ins Bauhaus-Museum Dessau, in den Wörlitzer Park und in die Paul-Gerhardt-Stadt Gräfenhainichen. Die Festrede auf der Eröffnungsveranstaltung am Freitag, 9. September, im Wittenberger Stadthaus hielt der Sprachwissenschaftler Dr. Jörn Weinert von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Grußworte sprachen der Bundestagsabgeordnete Dr. Karamba Diaby, die VDS-Regionalleiterin für Sachsen-Anhalt Arne-Grit Gerold, und Bürgermeister André Seidig von der Stadt Wittenberg. Diaby, der ursprünglich aus dem Senegal kommt, erzählte von seiner ersten Zeit in Deutschland: „Ich kannte nur diese beiden Wörter: BMW und Bundesliga – ich sollte zum Glück sehr schnell mehr lernen.“ In seinem Grußwort sagte er, Sprache sei nicht nur prägend, sondern auch stetig wandelbar. Deshalb sei es richtig und wichtig, dass es eine Organisation wie den VDS gebe, „die sich der Förderung und Entwicklung der deutschen Sprache widmet.“ Musikalisch umrahmt wurde die Eröffnung von Jassin Awadallah von der Kreismusikschule Wittenberg, dem Gewinner des Bundeswettbewerbs „Jugend musiziert“ des Jahres 2022 in der Kategorie Gesang. Die Delegiertenversammlung des VDS wählte am Samstag, 10. September, einen neuen Vorstand: Alter und neuer 1. Vorsitzender ist Professor für Statistik Walter Krämer, als 2. Vorsitzenden bestätigten die Delegierten den Literaturwissenschaftler Roland Duhamel, auch Schatzmeister Walter Terschüren wurde wiedergewählt. Zu Beisitzern im VDS-Vorstand wurden gewählt: Oliver Baer, Jörg Bönisch, Bruno Klauk, Claus Maas, Sabine Mertens, Silke Schröder, Regine Stephan und Dietrich Voslamber. Der VDS-Vorsitzende Walter Krämer sagte in seinem Schlusswort: „Im Verein Deutsche Sprache bündeln wir viele gesellschaftliche Ströme und Ansätze mit dem Ziel, die deutsche Sprache zu fördern und weiterzuentwickeln. Wir haben in den vergangenen drei Jahren gezeigt, dass wir als Interessenvertretung für unsere Sprachgemeinschaft wahrgenommen werden.“ (vds-ev.de)
Verschriftungen
Die Ausstellung „alpha*beten. Verschriftungen in Klöstern und Kirchen“ wird bald im Museum Dominikanerkloster Prenzlau gezeigt. Die Schrift, insbesondere die Handschrift, geht im gesellschaftlichen und privaten Leben verloren. Der Künstler Micha Brendel erinnert an die Schrift, belebt sie und versucht sie zeitgemäß bildkünstlerisch zu durchdringen. Die Akzente liegen auf der bildhaften Präsenz von Schriftzügen, erfundenen Buchstaben, Zeichen, Schreibrhythmen, Kürzeln, Flecken und Färbungen. Wichtig sei es, diese „Verschriftungen“ an den Orten der ursprünglichen Herstellung und Verfeinerung von Schrift, den (ehemaligen) Klöstern, zu präsentieren. Die verwendeten Untergründe und Schreibgeräte knüpfen bei historischen an, bis hin zu Schreibmaschinen und Druckern. Selbst hergestellte Tinten, Wachse und andere ungewöhnliche Materialien wie Rost, Blut, Ei, Ruß rücken den Prozess des „Verschriftens“ in die Nähe alchemistischer Verfahren. Die Eröffnung findet statt am 24. September um 15 Uhr. Zu sehen ist die Ausstellung bis zum 30. Dezember 2022. (prenzlau.eu)
Dialekte zum Tag der deutschen Sprache
Constanze Wagner, Lokalredakteurin der Zeitung Freies Wort in Thüringen, schreibt zum Tag der deutschen Sprache an einen (wohl imaginären) „Herrn Müller“, der ohnehin täglich Post aus der Lokalredaktion bekommt. Sie habe über die Dialekte nachgedacht. Diese „sterben langsam aus und das ist schade“, schreibt sie. Jedoch gibt sie auch zu, Sächsisch klinge „putzig“ und beim Bairischen komme bei ihr „Kabarettstimmung“ auf. Aber einfach mal reden, wie der Schnabel gewachsen ist, sei „ein guter Beitrag zum Tag der deutschen Sprache“, so Wagner. (insuedthueringen.de)
6. Denglisch
US-Akzent auf Knopfdruck
Künstliche Intelligenz (KI) gewinnt Einfluss auf unser Leben. Mittlerweile stehen etwa bei der Plattform TikTok raffinierte Filter zur Verfügung. Man kann in Filmen jemandem ein Kleid auf den Leib schneidern, das sich den Bewegungen anpasst. Bereits bekannt (und in einem früheren Infobrief erwähnt) ist die Fähigkeit zu Videoaufnahmen, bei denen eine Person etwas sagt, das echt klingt und zu den Mundbewegungen passt, aber der Text wurde ihr zuvor in den Mund gelegt. Wird so etwas zu Täuschungszwecken verwendet, spricht man von einem Deepfake. KI kann auch in Randbezirken des Miteinanders und nicht nur in redlicher Weise eingesetzt werden. Das zeigt jetzt ein Projekt aus den USA. Dort wurde ein System entwickelt, das die Stimme in Echtzeit (!) manipulieren kann, meldet Der Standard. Dafür wird der Original-Stimme einfach ein amerikanischer „Akzent“ übergestülpt. Dieser lässt sich nicht klar einer bestimmten Region zuordnen, klingt aber für englische Ohren vertraut. Eine Einsatzmöglichkeit sind z. B. Callcenter in Indien, deren Mitarbeiter nicht immer die perfekte englische Aussprache haben. Nachteil: Die Stimme klingt noch nicht so natürlich wie man es von einer menschlichen Stimme gewohnt ist, außerdem wirkt die Intonation bisher noch recht leblos. (derstandard.de)
7. Soziale Medien
Verfälschung durch „Untertitel“
Auf der Plattform Instagram hatte der Kanal „Wir sind Mainz“ (betrieben vom SWR-Sender DASDING) in seiner Insta-Story einen jungen Förster und seine Arbeit vorgestellt. Dieser berichtete in einer kurzen Videosequenz, dass es im Wald regelmäßig zu Konflikten mit Radfahrern, Spaziergängern, Joggern und Reitern kommt. In den Untertiteln war die Aussage des jungen Mannes mit Sternchen gegendert, als handele es sich um eine Fremdsprache. Diese Texte waren mit Sternchen gegendert, dort stand also „Radfahrer*innen“, „Spaziergänger*innen“ und so weiter. Der Twitter-Nutzer @jeanvansta griff das als erster auf, der VDS fragte auf Twitter mithilfe einer Markierung des SWR beim Sender nach: „Hey, @SWRpresse, wie seht ihr das eigentlich mit der Verfälschung von Zitaten?“ Zwischenzeitlich fragte @jeanvansta bei Instagram nach und erhielt die Antwort, mit den Untertiteln sollten sich „die gesamte Community angesprochen fühlen“, Untertitel seien nie wortwörtlich verfasst, es sei ein wichtiger journalistischer Grundsatz, alle mit einzubinden, nicht nur „männliche Personen“. Schon kurze Zeit später zeigte sich jedoch: Wirklich abgesprochen schien die Antwort nicht zu sein. Denn die Pressestelle des SWR antwortete auf das VDS-Posting: „Hallo VDS, danke für den Hinweis. Bei den Untertiteln ist den Kolleginnen und Kollegen von DASDING ein Fehler unterlaufen, den wir entschuldigen möchten.“ Und kurz darauf folgte an @jeanvesta auch auf Instagram eine weitere Nachricht mit dem Tenor des Presseteams: „Wir entschuldigen uns aufrichtig dafür, das Interview von Ranger Fabian nicht korrekt untertitelt zu haben. Das war nicht richtig. Unser Leitfaden war für unsere Redaktion nicht konkret genug, daher haben wir diesen noch einmal präzisiert und angepasst, sowie direkt das Gespräch gesucht und den Vorfall aufgearbeitet. Wir sind offen für (konstruktive) Kritik und diese ist aktuell auch berechtigt.“ (twitter.com/VDS_weltweit)
Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten zu verschiedenen Sprachthemen. Männer sind mitgemeint, das Gleiche gilt für andere Geschlechter. Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln gelegentlich die Meinung der Redaktion wider.
Redaktion: Oliver Baer, Holger Klatte, Asma Loukili, Dorota Wilke, Jeanette Zangs