Infobrief vom 8. September 2022: Deutsche Sprachtage in Wittenberg

1. Presseschau

Deutsche Sprachtage in Wittenberg

Nach zweijähriger Corona-Pause finden in diesem Jahr wieder die Deutschen Sprachtage des VDS statt, und zwar am kommenden Wochenende in der Lutherstadt Wittenberg. Rund 170 Delegierte und Gäste kommen zusammen und befassen sich in Arbeitsgruppen mit aktuellen Sprachthemen. Mit dabei sind rund 20 VDS-Vertreter aus dem Ausland. Die Festrede auf der Eröffnungsveranstaltung am Freitag, 9. September – 18 Uhr im Wittenberger Stadthaus – hält der Sprachwissenschaftler Dr. Jörn Weinert von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Es sprechen außerdem der VDS-Vorsitzende Prof. Dr. Walter Krämer, der Bundestagsabgeordnete Dr. Karamba Diaby und die VDS-Regionalleiterin für Sachsen-Anhalt, Arne-Grit Gerold. Das Grußwort der Stadt Wittenberg überbringt Bürgermeister André Seidig. Musikalisch umrahmt wird die Eröffnung von Jassin Awadallah und Felix Condy von der Kreismusikschule Wittenberg. Am Samstag findet die Delegiertenversammlung des VDS statt, auf der auch der neue Vorstand gewählt wird. (vds-ev.de)


Ukrainer in Sprachkursen

Seit dem Einmarsch Russlands in der Ukraine sind fast 1 Million Menschen nach Deutschland geflüchtet. Mittlerweile haben rund 100.000 von ihnen einen Integrationskurs begonnen, so das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Hier wird in 600 Unterrichtseinheiten auch ein Deutschkurs angeboten, weitere 100 Unterrichtseinheiten vermitteln Kenntnisse zu Staat, Gesellschaft und Geschichte. Mit dem Erwerb der deutschen Sprache soll eine Grundlage geschaffen werden, um in der Gesellschaft anzukommen, so das BAMF. Mehr als 80 Prozent der ukrainischen Teilnehmer sind Frauen, darunter viele Mütter kleiner Kinder, meldet das Übersetzerportal UEPO. (uepo.de)


2. Gendersprache

Subtiler Zwang

Ihm wurde gekündigt, weil er nicht gendert – deswegen zog Dr. Klaus Roggenthin vor Gericht. Sein Arbeitgeber – ein Verein, der Straffällige betreut – hatte ihm gekündigt, weil er laut eigener Aussage nicht gendern wolle. Vor Gericht gab es jetzt einen Vergleich. Die fristlose Kündigung wurde in eine fristgerechte umgewandelt, der Vertrag läuft damit regulär im September aus. Brisanz bekommt das Thema, weil Roggenthin eigentlich im nächsten Jahr sowieso in Rente gegangen wäre. Die Beklagten führten an, dass das Verhältnis bereits schon länger belastet sei, so die Welt. Die Ablehnung des Genderns sei da nur ein Tropfen auf dem heißen Stein gewesen. Wichtig war Roggenthin die Klage trotzdem: „Das Positive an diesem Prozess ist, dass er sichtbar gemacht hat, dass Gendern keineswegs, wie gern behauptet wird, immer nur freiwillig ist, sondern dass es auf subtile oder auch rabiate Art erzwungen wird.“ (bild.de, welt.de)


Kein Gendern auf Müritz-Portal

Das Online-Portal wir-sind-mueritzer.de wird nicht gendern. Bei einer Umfrage hatten sich 91 Prozent der Teilnehmer gegen Genderformen ausgesprochen. Die Redaktion sieht sich damit in der Linie bestätigt, die sie vorher schon verfolgte: „Wir sehen uns damit in unserer bisherigen Haltung bestärkt, und zwar nicht, weil wir jemanden diskriminieren oder ausgrenzen wollen, sondern weil wir der Meinung sind, dass ‚Gender-Artikel‘ deutlich schwerer lesbar sind.“ Die Tendenz der Kommentare unter dem Beitrag ist eindeutig. Nahezu alle bestärken die Redaktion in ihrer Entscheidung. (wir-sind-mueritzer.de)


CDU kritisiert Bochumer „Sprachpolizei“

Die Stadt Bochum hatte kürzlich für ihre Mitarbeiter eine Handlungsempfehlung zum Gendern ins Intranet gestellt, dazu hat sich neben dem VDS auch die CDU geäußert. Sie stellte eine Anfrage im Rat, mit der sie u. a. erfahren will, ob es sich um eine Dienst- oder eine Arbeitsanweisung handelt. Die CDU kritisiert deutlich, dass die Stadt ihre Mitarbeiter auf „geschlechterumfassende Sprache einschwören“ will, so die WAZ. Die Verwaltung zeigt sich verwundert. Man wolle nicht mit dem erhobenen Zeigefinger als „Sprachpolizei“ auftreten, heißt es von der Leiterin des Gleichstellungs-Referats, Regina Czajka. Die Handlungsempfehlung sei zudem überarbeitet worden. Das Gendersternchen solle nur als dritte Option (nach neutralen Bezeichnungen und der Doppelnennung) und nur sparsam genutzt werden. Dass Czajka jedoch dem üblichen Generalirrtum über das generische Maskulinum verfallen ist, zeugt von wenig Einsicht: „Die rein männliche Form wird es dann nun in Zukunft hoffentlich nicht mehr geben.“ Hans Henneke, CDU, schreibt in einem Gastbeitrag bei den Ruhrbaronen, dass jemand, der das grammatische Geschlecht nicht vom biologischen unterscheiden kann, besser Nachhilfeunterricht bekommen sollte: „Wenn Menschen aber sprachlich ständig unter dem Gesichtspunkt des biologischen oder empfundenen oder irgendwie sozialen Geschlechts unterschieden werden, führt dies sicher nicht zu mehr Gleichheit, sondern betont nur ständig die Unterschiede. Es ist auch verkopft, verkrampft und dogmatisch – und wirkt von daher so, als sei es von einer Gouvernante der Fünfzigerjahre vorgetragen.“ (waz.de (Bezahlschranke), ruhrbarone.de)

3. Kultur

Nettes Miteinander

Wo man früher wegen eines Dialekts oft gehänselt wurde, ist jetzt Entpannung eingekehrt – der Schulhof ist längst nicht mehr der Ort, sich über andere wegen ihrer Sprache lustig zu machen. Der Schweizer Sender SRF sprach mit Helen Christen, Professorin für Germanistische Linguistik an der Universität Freiburg. Während es früher eher üblich war, einen fremden Dialekt skeptisch zu beäugen, würden jetzt viele Kinder ihre Sprache, die sie von zu Haus mitbringen, auch im Spiel mit Altersgenossen behalten: „Es gibt offenbar keinen Druck mehr, sich an die herrschende Ortsnorm anzupassen. Wir sind es einfach gewohnt, dass wir nicht alle genau gleich reden“, so Christen. Mobilität und Migration seien üblicher geworden, daraus habe sich eine größere Toleranz entwickelt. Allerdings habe sie festgestellt, dass häufiger auch abseits von Schule und Universität Hochdeutsch gesprochen wird. Das sei nicht grundsätzlich verwerflich, zeige jedoch eine Entwicklung weg vom Dialekt. Die Sorge: Dialekte könnten – wenn sich das Hochdeutsch stärker durchsetzt, Schaden nehmen: „Damit wären wir am Beginn einer Entwicklung, die in Deutschland im 18. Jahrhundert ihren Anfang nahm. Sie hat letztlich dazu geführt, dass der Dialekt vor allem im Norden des Landes zunehmend in die private Gebrauchssphäre zurückgedrängt wurde.“ (srf.ch)


4. Berichte

Festakt zum Duden-Jahr

In Schleiz (Thüringen) endete am vergangenen Wochenende das Jubiläumsjahr „150 Jahre Schleizer Duden“ mit einem Festakt. Viel Lob erfuhr Dr. Manfred Eckstein von der Schleizer Arbeitsgruppe dudenker, sie halte die Erinnerung an das Wirken Konrad Dudens ins Schleiz wach und habe auch in ehrenamtlicher Arbeit das Duden-Museum Schleiz aufgebaut. Im Duden-Kostüm begrüßte Eckstein die rund 300 Gäste und verlas ein Grußwort des thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow. Den Bogen zum heutigen Duden-Wörterbuch spannte die Leiterin der Duden-Redaktion, Katharina Kunkel-Razum, und berichtete aus ihrer Arbeit. Die aktuelle 28. Ausgabe des Dudens enthalte rund 3.000 neue Wörter und es falle ihrer Redaktion „überhaupt nicht schwer, neue Wörter zu finden.“ Für den VDS sprach Vorstandsmitglied Jörg Bönisch und kritisierte die „sprachlichen Verrenkungen“ durch die Gendersprache. Den Festvortrag hielt Jessica Ammer, Sprachwissenschaftlerin von der Rheinisch-Westfälischen Universität Bonn. An dieser Universität hatte Konrad Duden ab 1854 sein Staatsexamen abgelegt. (otz.de)


5. Denglisch

Mehr Visuals

Das Portal Business Punk hat Zitate gesammelt, die so oder ähnlich in Unternehmen fallen, wo man sich gerne weltoffen gibt. Manager-Sprech at its best, von B2B Issues, die dringend gesolved werden müssen, bis hin zu Trending Topics sind viele erfrischende Stilblüten dabei: business-punk.com.


Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten zu verschiedenen Sprachthemen. Männer sind mitgemeint, das Gleiche gilt für andere Geschlechter. Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln gelegentlich die Meinung der Redaktion wider.

Redaktion: Oliver Baer, Holger Klatte, Asma Loukili, Dorota Wilke, Jeanette Zangs

Beginne damit, deinen Suchbegriff oben einzugeben und drücke Enter für die Suche. Drücke ESC, um abzubrechen.

Zurück nach oben