Infobrief vom 4. Februar 2022: Political Correctness geht vor Geschichtswissen

1. Presseschau

Political Correctness geht vor Geschichtswissen

Während in Deutschland die Aufarbeitung des dunkelsten Kapitels der Geschichte – der Nazi-Diktatur – in allen Lehrbüchern steht und aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet wird, ist in den USA wieder mal klar geworden: Geschichte? Aber bitte nicht so, dass sie aneckt! Der mit einem Pulitzer-Preis ausgezeichnete Comic „Maus“ von Art Spiegelmann ist in einem Schulbezirk im US-Bundesstaat Tennessee aus den Schulbibliotheken verbannt worden, schreibt der Tagesspiegel. Spiegelmann arbeitet darin die Geschichte seiner Familie auf, die im 2. Weltkrieg das KZ Auschwitz überlebt hat. Weil im Comic Schimpfwörter vorkommen („verdammt“, „Schlampe“) sowie auf eine Nacktszene verwiesen wird, sah sich der Schulbezirk gezwungen, das Buch zu entfernen. Es handele sich um eine „unnötige Nutzung von Obszönität und Nacktheit und der Darstellung von Gewalt und Suizid“, hieß es in einer Stellungnahme. Dass der Comic als Kunstwerk eine düstere Zeit auf eine unkonventionelle Art und Weise aufarbeitet, blieb ungehört. Spiegelmann selbst nennt das Vorgehen „kurzsichtig“: „Sie fokussieren sich nur auf einige schlimme Wörter in dem Buch“, sagte Spiegelman dem Sender CNN. Auch jüdische Verbände kritisierten die Entscheidung des Schulbezirks scharf. „Angesichts der ausgeprägten Wissenslücken vor allem junger Amerikaner über den Holocaust“ sei die Entscheidung „völlig unverständlich“, erklärte der Vorsitzende des American Jewish Committee, David Harris. „Maus“ reiht sich damit ein in die Liste weiterer Bücher, die wegen vermeintlicher Gewaltdarstellung verboten werden, einem Vorgehen, das meist von christlich-konservativer Seite kommt. Zuletzt wurde auch der Sklaverei-Roman „Menschenkind“ der schwarzen Literaturnobelpreisträgerin Toni Morrison aus dem Lehrplan des Bundesstaates Virginia gestrichen. In Pennsylvania gingen Schüler auf die Barrikaden, weil Bücher über den Anti-Apartheid-Kämpfer Nelson Mandela und die pakistanische Aktivistin Malala Yousafzai verboten wurden; in anderen Schulen wurden auf Druck von Anti-Rassismus-Aktivisten Klassiker wie „Wer die Nachtigall stört“ und „Huckleberry Finn“ gestrichen, mit der Begründung, dass darin afroamerikanische Figuren negativ dargestellt würden. (tagesspiegel.de)


Wieder Punktabzug wegen Nicht-Genderns an Uni

Wenn das mal kein Déjà Vu ist: Auch an der Justus-Liebig-Universität in Gießen hat es jetzt den Fall einer schlecheren Benotung wegen Nicht-Genderns gegeben. Ein Student hatte sich über eine schlechte Bewertung gewundert und den Dozenten darauf angesprochen. Dieser erklärte ihm die Fehler, die zu der Note geführt haben, und teilte mit, dass auch das fehlende Gendern ein Grund für den Punktabzug war. Da der Student wusste, dass er während des Studiums noch häufiger mit diesem Dozenten zu tun hatte, vermied er die Konfrontation, schreibt die FAZ, obwohl er selbst das Gendern ablehnt. Er hält es angesichts der demografischen Entwicklung und des Klimawandels für ein Luxusproblem, zudem störe ihn, dass eine lautstarke Minderheit der Mehrheit vorschreiben wolle, wie diese zu sprechen habe. In seinem studentischen Umfeld mache man sich sogar darüber lustig, wenn ein Dozent in seiner Vorlesung gendere. Vor allem stört ihn die Willkür: Jeder Dozent koche „sein eigenes Süppchen“. Als Student hänge man in der Luft, weil man sich jedes Mal erst darum kümmern müsse, welcher Dozent welche sprachlichen Vorgaben habe – das führe zu intransparenten Bewertungskriterien. Der betreffende Dozent hat einer Interviewanfrage zuerst zu-, dann wieder abgesagt. Der Grund: Das Thema werde „universitätsintern derzeit auf verschiedenen Ebenen diskutiert“. Das Präsidium der Universität Gießen selbst hat bisher nach eigenen Angaben von Vorgaben zum Gendern abgesehen, jedoch achte mach sowohl in internen Mails als auch Publikationen auf eine „gendergerechte“ Sprache. (faz.net (Bezahlschranke))


Diskriminierung in Kunstsammlungen wird aufgespürt

Forscher des Deutschen Museumsbundes untersuchen verschiedene Kunstsammlungen nach diskriminiernden Formulierungen. Werke, welche rassistische oder sexistische Formulierungen im Titel haben sollen dann ggf. mit Hinweistafeln versehen werden, welche beispielsweise den kolonialen Kontext der Entstehungszeit des Werks erläutern. In Berlin wurden bereits zahlreiche staatliche Museen und ihre Bestände untersucht. Direktorin des Kupferstichkabinetts Dagmar Korbacher erzählt, dass „Zeichnungen aufgefallen sind, die heute nicht mehr so benannt würden“. Ein Blatt des Kupferstechers Georg Friedrich Schmidt (1712-1775) wurde umbenannt in „Kopf eines jungen Mannes mit Turban in drei Ansichten“, da der ursprüngliche Titel das N-Wort beinhaltete. Die alten und neuen Titel können in Datenbanken wiedergefunden werden, jedoch liege die Herausforderung für die Kunsthistoriker dabei, dass eine einfache Umbenennung sämtlicher Werke keine Option sei. „Es gilt, sich damit auseinanderzusetzen und differenziert damit umzugehen, wie die Kunst geschaffen wurde“, erklärt Korbacher. Im Berliner Brücke-Museum lässt sich die Wandlung des gesellschaftlichen Umgangs mit Sprache in der aktuellen Ausstellung „Whose Expression? Die Künstler der Brücke im kolonialen Kontext“ noch bis zum 20. März sehen. Hierfür musste Museumsdirektorin Lisa Marei Schmidt einige Titel neu verfassen lassen, da die Institution beispielsweise das „N-Wort“ heutzutage nicht mehr schreiben kann. Laut Direktorin Schmidt handle es sich bei den Umbenennungen jedoch nicht um eine geminderte Wertschätzung für Werke. „Das sind wunderbare Werke. Es geht nicht darum, die Brücke-Künstler schuldig zu machen, sondern heute Verantwortung zu übernehmen“. (welt.de)


Die Dauerempörten

„Alle Negativen sind Rassisten, oder doch nicht?“ betitelt die Journalistin Verena Maria Dittrich ihre Kolumne auf n-tv.de und ist damit mitten drin in der Diskussion um Sprache. „Die Aufmerksamkeit auf rassistische Sprache zu lenken, ist ehrenhaft. Doch wir leben inzwischen in einer Gesellschaft mit einer dauerempörten Sprachpolizei“, so Dittrich. Dass wir heute bestimmte Wörter als rassistisch einstufen und sie vermeiden, weil sich das Weltbild und die Gesellschaft gewandelt haben, sei gut und richtig, schreibt Dittrich. Dennoch werde immer häufiger auch bei harmlosen Begriffen oder Redewendungen unterstellt, rassistisches Gedankengut zu pflegen. Alternativ heißt es, man könne sich nicht in die Lage derer versetzen, die von Rassismus betroffen sind, weil die eigene – europäisch bedingt meist helle Hautfarbe – einem von Natur aus vor Rassismus bewahrt habe. Alltagsrassismus als weiße Journalistin zu benennen, sei unmöglich: „Das sei, wie ich nun in mehreren Leserbriefen erfahre, ja alles ‚schön und gut und auch sehr löblich‘, aber ich bin und bleibe immer noch eine weiße Frau aus einer weißen Mehrheitsgesellschaft.“ Es genüge nicht mehr, ein sensibles Bewusstsein für Sprache und ihre Bedeutung zu haben und sich gegen jedwede diskriminierende Entgleisung auszusprechen. Man müsse sich selbst um Wörter wie „negativ“ sorgen, weil sie phonetisch nah an dem Schimpfwort sind, das auch heute immer noch für schwarze Menschen genutzt wird. Diese Einstellung, so Dittrich, gehe nach hinten los: „(…) ich sehe hier vielmehr ein ganz anderes Problem, nämlich, dass ein längst überfälliger und mehr als berechtigter Diskurs mit derlei Blödsinn nur der Lächerlichkeit preisgegeben wird. Und letztlich erreicht man damit das genaue Gegenteil dessen, wofür man ursprünglich vorhatte, ein größeres Bewusstsein zu schaffen.“ (n-tv.de)


2. Gendersprache

Gender-Broschüre der Bundeszentrale für politische Bildung

Die Bundeszentrale für politische Bildung hat eine Broschüre mit verschiedenen Aufsätzen zum Thema „Gendern“ veröffentlicht. In ihr kommen verschiedene Autoren zu Wort, die das Gendern auf unterschiedliche Weise beleuchten. Die Feministin Anne Wizorek sieht Gendern nicht als Allheilmittel, sondern vielmehr als einen Baustein im Gesamtbild. Die Kritik, die Gender-Gegner anbringen, interpretiert sie als Erfolg, da Gendern vor zehn Jahren noch gar kein Thema war. Ebenso verortet sie jene, die sich gegen das Gendern aussprechen, in der rechten Ecke: „Die realen Geschlechter- und Machtverhältnisse werden so verzerrt und mitunter sogar als ‚Terror der Minderheiten‘ völlig umgekehrt. Die Anti-Gender(n)-Rhetorik spielt dabei eine zentrale Rolle, rechte Ideologie im gesamten politischen Spektrum der Gesellschaft anschlussfähig zu machen und allgemein zum Angriff auf Geschlechtergerechtigkeit zu blasen.“ Mit ihrer rhetorischen Frage „Wollen wir weiter diskriminierende oder verletzende Sprache verwenden?“ verschließt sie sich dem Diskurs, ob Sprache überhaupt von sich aus diskriminierend oder verletzend sein kann. Die Autorin Nele Pollatschek schlägt den Bogen zur englischen Sprache. Hier gebe es sprachlich keine Unterscheidung im Genus – ein actor kann männlich, weiblich oder divers sein; die weibliche Form actress ist verpönt. Im Gespräch stellt sich nicht die Frage nach dem Geschlecht; Deutsch hat, so Pollatschek, an einer Stelle versäumt, sich sprachlich ähnlich zu entwickeln: „Hätte Deutschland den angelsächsischen Weg der Geschlechtergerechtigkeit eingeschlagen, dann gäbe es heute Jugendliche, für die das Wort ‚Bundeskanzler‘ in erster Assoziation ein weibliches ist, weil dieses Amt zu ihren Lebzeiten vor allem von Angela Merkel ausgeführt wurde. Durch die Verwendung der beiden unterschiedlichen Wörter ‚Bundeskanzler‘ und ‚Bundeskanzlerin‘ haben wir uns um diesen Sprachwandel gebracht.“ Außerdem gibt es u. a. Beiträge des Sprachwissenschaftlers Anatol Stefanowitsch zur „Diagnose: Männersprache“, und des Germanisten Thomas Kronschläger, der eine künstlerische Gendermethode (Entgendern nach Phettberg) in den Raum wirft. Die Broschüre ist kostenlos bei der Bundeszentrale für politische Bildung erhältlich. (bpb.de)

Schweiz: Gott als „die“ und „das“

Pfarrerinnen aus der Deutsch- und Westschweiz stören sich am männlichen Bild Gottes. Sie machen sich für ein vielfältiges Gottesbild stark und wünschen sich, dass auch „die Gott“ und „das Gott“ sich etabliert, schreibt das Portal 20min.ch. Der Rat der Pfarrer- und Diakonengesellschaft der Protestantischen Kirche Genf (EPG) kritisiert, dass Gott nur als weißer alter Mann wahrgenommen wird. Frauen würden sich im Glaubensleben nicht wiedererkennen und könnten ihre weibliche Realität darin nicht integrieren, heißt es. Gott sei nicht nur ein Mann mit Bart – Gott habe viele Geschlechter und Formen, gehe über alles Fassbare hinaus, sagt Gabriela Allemann, Präsidentin der Evangelischen Frauen Schweiz (EFS). In der Politik ist die Reaktion verhalten. Mitte-Nationalrat Philipp Matthias Bregy spricht von „Kunst, um der Kunst willen“. Jeder könne sich unter Gott vorstellen, was er wolle; aber: Nicht alles könne unter Gendergesichtspunkten beurteilt werden. Ansonsten nehme die Gender-Debatte immer absurdere Züge an. Viel wichtiger sei, dass die Gesellschaft Gleichberechtigung in der Realität lebe. (20min.ch)


3. Sprachspiele: Unser Deutsch

Fußabdruck

Das Wort hat in jüngster Zeit als Metapher Karriere gemacht. Es ist zu einem Leitwort der Debatte um Transparenz geworden. Die Verwendungen folgen dem englischen Pendant, dem footprint. Die ursprüngliche, die wörtliche Bedeutung lässt an die Spuren im Sand denken oder die Spuren von Tieren, auch ausgestorbenen, die sich versteinert erhalten haben. So kann die Tierwelt der Vergangenheit erschlossen werden. Das Gegenstück ist der Fingerabdruck. Jeder Mensch hat einen anderen, einen eigenen und kann anhand der Spur auf einem Glas, einer Klinke, einer Tür identifiziert werden. In beiden Fällen geht es um den Urheber, den Besitzer des Fußes oder des Fingers.

Die neueren metaphorischen Bedeutungen knüpfen hier an, greifen aber viel weiter aus. Am bekanntesten ist der CO2-Fußabdruck, allgemeiner auch ökologischer Fußabdruck genannt*.* Im Englischen heißt es sprechender carbon footprint. Er gilt als Maß für die Kohlendioxyd-Emission, die durch ein Produkt, seine Herstellung, seine Nutzung und seine spätere Entsorgung verursacht wird. Das ist eine völlig neue Bewertung. Ging es bisher vor allem um die Kosten aus Material, Herstellung und Transport eines Produkts, so bezieht die neue ökologische Bewertung die CO2-Belastung in der ganzen Herstellungskette bis hin zur Entsorgung mit ein. Inzwischen sieht man den CO2-Fußabdruck allerorten: natürlich bei der Verbrennung von Öl, Gas, Kohle, bei der Heizung und beim Antrieb aller Fahrzeuge. Auch jede Urlaubsreise hat einen ökologischen Fußabdruck.

Etwas anderes meint der legislative Fußabdruck. Er gibt Auskunft darüber, wer alles an einem legislativen Akt vorbereitend beteiligt war: welche Abgeordnete, welche Ministerien, welche Lobbyisten. Es geht um Transparenz in der Arbeit unserer Vertreter in den gesetzgebenden Organen von Bund, Ländern und Gemeinden.

Und jüngst habe ich auch von einem kulturellen Fußabdruck gelesen. Die Definition ist noch etwas diffus. Es geht um die positive oder negative Wirkung, die eine kulturelle Aktivität erzeugt.

Alles dies zeigt beispielhaft, wie eine Metapher ganz neue Dimensionen der Bezeichnung erschließt. Ausgangspunkt ist unser Alltagswissen: Jeder Mensch hat einen Fuß, jeder hat einmal seinen Abdruck im Sand oder im Schnee gesehen. Dies anschauliche Bild ist die Basis des Vergleichs. Metaphorischer Gebrauch, das sehen wir daraus, ist ein sehr ökonomisches Verfahren, mit bekannten Wörtern neue Gedanken, neue Sachverhalte zu bezeichnen. Dies ist eins von mehreren Möglichkeiten, den Wortschatz vereinfacht zu vermehren. Man stelle sich vor, wir müssten für alles, was wir neu benennen wollen, ein neues Wort erfinden. Zum Glück brauchen wir das nicht, ja wir können – statt ein Wort zu entlehnen – auch nur die Metaphorik adaptieren, wie wahrscheinlich von footprint auf Fußabdruck.

Horst Haider Munske

Der Autor ist Professor für Germanistische Sprachwissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Vereins Deutsche Sprache e. V. Ergänzungen, Kritik oder Lob können Sie schicken an: horst.munske@fau.de


4. Kultur

St. Georgener Dialekt ist Thema einer Doktorarbeit

Hüte mit roten Bollen, Kuckucksuhren und eine gleichnamige Kirschtorte – das sind wohl die bekanntesten Export-Schlager aus dem Schwarzwald. Jetzt hat es aber ausgerechnet ein kleiner Dialekt bis nach Australien geschafft. Der St. Georgener Dialekt ist Thema einer Doktorarbeit an der Univerity of New England in Armidale. Janet Donnelly verdankt das Thema ihrer Arbeit ihrem Mann, der aus St. Georgen kommt und mit dem sie 25 Jahre verheiratet ist. Mindestens ein Mal im Jahr besuchen beide die kleine Stadt. „Ich war erstaunt, als ich erfuhr, dass jede Stadt, jedes Dorf und jedes Tal im Schwarzwald unterschiedliche Dialekte hat. Im Schwarzwald ist es notwendig, viele Dialekte zu verstehen“, so Donnelly. Deswegen will sie das Zusammenspiel des St. Georgener Dialekts mit anderen Dialekten untersuchen und prüfen, wie sie miteinander verwoben und wie einfach sie untereinander zu erlernen sind. Ihr Mann wird dabei als eine Art „Dialektassistent“ fungieren. Ein erster Schritt ist dabei eine Umfrage, an der jeder mitmachen kann, der aktuell in St. Georgen lebt oder mal dort (auch als Kind) gelebt hat. Diese Umfrage wird dann die Basis der eigentichen Arbeit mit dem sperrigen Untertitel „Wahrnehmungsdialektologie und Minderheitendialekte in Südwestdeutschland“ sein. (schwarzwaelder-bote.de, unesurveys.au1.qualtrics.com)


Belgien: Neuer Reisepass mit Comics

Die Fotos von Rathäusern in belgischen Reisepässen haben ausgedient. Demnächst zieren belgische Comic-Figuren die 16 Seiten im Inneren, die für Reisestempel reserviert sind. Unter anderem werden Motive aus „Die Schlümpfe“, „Tim und Struppi“ oder „Marsupilami“ zu sehen sein – alle unter dem Motto „Reisen“ bzw. „Mobilität“. Belgien blickt auf eine lange Comic-Tradition zurück, die immer noch in aller Welt beliebt ist. Der neue Reisepass kann ab dem 7. Februar 2022 beantragt werden. (spiegel.de)


5. Berichte

Luxemburgisch ist seltener Muttersprache

Der Luxemburgische Bildungsminister Claude Meisch gab bekannt, dass nur noch rund 33 Prozent der Grundschüler Luxemburgisch als Muttersprache sprechen. Im Jahr 2003-2004 waren noch rund 60 Prozent luxemburgische Muttersprachler. Zwar sei Luxemburgisch nicht die Erstsprache der Mehrheit, jedoch beherrschen noch rund 87 Prozent der Zwölfjährigen die Sprache, gefolgt von Französisch mit 38 Prozent und Deutsch mit rund 47 Prozent. Auch Portugiesisch und Englisch sind mit 25 Prozent und 10 Prozent häufig unter den Schülern vertreten. Bildungsminister Meisch betont jedoch, dass jährlich knapp 10 000 Menschen Luxemburgisch lernen und somit die Sprache insgesamt nicht weniger gesprochen wird. Der Direktor des Zentrums für die luxemburgische Sprache (Zenter fir d’Lëtzebuerger Sprooch), Luc Marteling beschreibt, dass Luxemburg ein mehrsprachiges Land sei und die vorliegenden Zahlen für eine landesweite Entwicklung sprechen. „Die luxemburgische Sprache wird sich verändern, das ist das Merkmal einer lebendigen Sprache und eher eine gute Sache“ erklärt Marteling. (lessentiel.lu)


6. Denglisch

Boostern ist Anglizismus des Jahres 2021

Der Anglizismus des Jahres 2021 wurde gekürt. Auf Platz eins schaffte es das Verb „boostern“. Wörtlich übersetzt bedeutet „to boost sth.“ etwas zu steigern oder verstärken. Im Kontext der Coronapandemie wird damit die Auffrischung der Corona-Schutzimpfung bezeichnet. Häufige Formulierungen des Verbs sind sich „boostern lassen“ oder „geboostert“ sein. Die alltagssprachliche Verwendung begann im Oktober 2021, obwohl der Begriff bereits früher in medizinischen Fachtexten zu finden war, um die Verstärkung der Immunabwehr auszudrücken. In einer vergangenen Ausgabe des Infobriefs wurde bereits darauf verwiesen, dass die ins Deutsche übertragene Form „boostern“ falsch ist. Richtigerweise müsste es „ich bin geboostet“ oder „heute lasse ich mich boosten“ heißen müsse. Abgesehen davon wären die Ausdrücke „sich nachimpfen lassen“ oder „Impfung auffrischen“ deutlich passender. Die Sprachwissenschaftler in der Anglizismus-Jury hat vor allem durch die Schnelligkeit, mit der die vermeintliche Lücke im Wortschatz gefüllt wurde und die Leichtigkeit, mit der dieser Begriff im grammatikalischen System integriert wurde, überzeugt. Die angepriesene Schnelligkeit und Leichtigkeit sind jedoch nur ein schwacher Trost dafür, dass es sich bei dem Begriff um eine denglische Eigenkreation handelt, welche weder von ausgeprägten Englischkenntnissen noch von Weltgewandtheit zeugt. Seit 2010 wird der Anglizismus des Jahres bekanntgegeben. In vergangenen Jahren schafften es Ausdrücke wie „Shitstorm“ (2011), „Influencer“ (2017) oder „Lockdown“ (2020) auf Platz eins. Den zweiten Platz belegten für 2021 unter anderem die Begriffe „Long Covid“, „QR-Code“ und „cringe“. Die Verleiher des Preises sehen die Anglizismen als Beitrag des Englischen zur Entwicklung des deutschen Wortschatzes. Dabei zeigt „boostern“ recht gut, dass man auf viele dieser Beiträge auch verzichten kann. (anglizismusdesjahres.de)


Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten der vergangenen Woche zur deutschen Sprache. Männer sind mitgemeint, das Gleiche gilt für andere Geschlechter. Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln gelegentlich die Meinung der Redaktion.

Redaktion: Oliver Baer, Holger Klatte, Asma Loukili, Dorota Wilke

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