1. Presseschau
- Welt-Braille-Tag
- Geboren aus Multikulti
- Sylvester und Silvester
2. Unser Deutsch
- Silvester
3. Berichte
- Beispielhafter VDS
4. VDS-Termine
5. Literatur
- Amos Oz und Edgar Hilsenrath verstorben
- Buchtipps des Ex-PrÀsidenten
6. Denglisch
- Sprachlose GrĂŒnder
7. In eigener Sache
1. Presseschau
Welt-Braille-Tag
Die Christoffel-Blindenmission (CBM) erinnerte zum Welt-Braille-Tag am 4. Januar daran: 90 Prozent der weltweit 253 Millionen Menschen mit Sehbehinderungen leben in EntwicklungslĂ€ndern. Das Erlernen der Braille-Schrift könne fĂŒr diese Menschen den einzigen Zugang zu Bildung darstellen. Sie ermögliche Inklusion in die Gesellschaft, die Menschen mit Behinderungen sonst weitgehend verwehrt bliebe. Mit dem Zugang zur Schriftsprache können sie sich ĂŒber ihre eigenen Rechte informieren und ein selbstbestimmtes und weniger abhĂ€ngiges Leben fĂŒhren. (presseportal.de)
Geboren aus Multikulti
In ihrer Kolumne Heimatkunde verweist Ferda Ataman im Spiegel darauf, dass Sprachen ĂŒber lange ZeitrĂ€ume durch Anpassung an die Umwelt ihrer Verwender geformt werden. Sie seien hybrid, es gebe semantische Importe aus den Kontaktsprachen, sei es gerade Englisch, Jiddisch, Spanisch oder Arabisch, fĂŒr das Ataman beispielhaft die âArabismenâ Alkohol und Matratze anfĂŒhrt. Neben der Entlehnung von Einzelwörtern werde auch immer wieder auf VersatzstĂŒcke, zum Beispiel aus Subkulturen, verwiesen, die innerhalb ihres abgeschlossenen Systems eine eigene Sprachform entwickeln, wie beispielsweise das Kiezdeutsch, das in dem begrenzten Anwendungsbereich der Jugendsprache genutzt werde. Gerade die deutsche Sprache sei eine Zusammenstellung subkultureller VersatzstĂŒcke, so Ataman. Der Bericht zur Lage der deutschen Sprache von 2017 habe aber gezeigt, dass dies mitnichten ein Anlass zur Sorge sei, die Sprache wachse und gedeihe. WĂ€hrend Politiker und Medien immer noch stritten, ob Deutschland ein Einwanderungsland sei, sei die Sprache lĂ€ngst weiter.
Sorgen bereiten sollte eher das Beispiel gegen Ende der Kolumne: Ein FlĂŒchtling möchte bei einem Besuch ĂŒber das Wohnzimmer ein Kompliment machen: âEin schönes Ankunftszentrum haben Sie hierâ. Die RealitĂ€t, der sich die Sprache eines abgegrenzten Anwendungsbereiches auf diese Weise anpasst, wĂ€re allerdings zu diskutieren. (spiegel.de)
Sylvester und Silvester
Zum Jahreswechsel versucht es die BILD-Zeitung mit sprachlicher LĂ€uterung und erklĂ€rt ihren Lesern den Unterschied zwischen i und y. Silvester, der letzte Tag des Jahres, werde wie der Name des Papstes, auf dessen Todestag Silvester fiele, mit i geschrieben, nicht mit y. Als ErklĂ€rungsversuche dafĂŒr, warum die falsche Schreibweise mit y hĂ€ufig auftauche, fĂŒhrt die BILD die Bekanntheit der Schauspieler Sylvester Stallone und Sylvester Groth sowie der gleichnamigen Zeichentrickfigur der Looney Tunes an, auĂerdem werde im englischen Sprachraum auch der Papstname mit y geschrieben. (bild.de)
2. Unser Deutsch
Silvester
Jeder weiĂ: Es ist der letzte Tag des Jahres, der 31. Dezember. Es böllert, auf Partys wird angestoĂen auf das Neue Jahr, manche verspeisen einen Silvester-Karpfen, andere ĂŒben sich in verschiedenen Silvester-Scherzen. Aber warum hat dieser Tag diesen Namen? Das hat Geschichte. Es ist der Name des Papstes Sylvester (314-335), seit 813 Namenstag der römisch-katholischen Kirche. Durch die Gregorianische Kalenderreform von 1582 wurde dieser Tag vom 24. auf den 31. Dezember verlegt. Und erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts hat sich im Deutschen der pĂ€pstliche Namenstag als Bezeichnung des letzten Tages im Jahr eingebĂŒrgert. Er fehlt in England, den Niederlanden, Skandinavien. In Schweden wird nyĂ„rsafton, in England New Yearâs Eve, also âAbend des Neuen Jahresâ gefeiert â ĂŒbrigens beides protestantische LĂ€nder.
Aber wieso âafton und Eve, also Abend? Es ist die gleiche Verwendung des Wortes, die wir aus Heiligabend kennen. Abend hat hier die Bedeutung âVorabendâ, an dem die Feierlichkeiten des kommenden Tages begannen. Das Wort galt schlieĂlich (pars pro toto) fĂŒr diesen ganzen Tag. Heiligabend, auch Weihnachtsabend genannt, ist also der Tag vor dem Weihnachtstag und der Neujahrsabend ist der Tag vor Neujahr.
Auch unser Sonnabend erklĂ€rt sich Ă€hnlich. Das Wort ist schon seit dem 9. Jahrhundert im Althochdeutschen belegt (sunnĆ«nÄband), eine VerkĂŒrzung von sunnĆ«ntag-Äband âSonntag-Abendâ (diese Form der Vereinfachung von dreigliedrigen Zusammensetzungen gibt es noch heute, zum Beispiel LaubsĂ€ge aus LaubholzsĂ€ge). Aber warum heiĂt es in SĂŒddeutschland Samstag? Dies geht zurĂŒck auf althochdeutsch sambaztag, entlehnt aus lateinisch sabbatum, das wiederum auf griechisch sabbaton (aus dem Neuen Testament) zurĂŒckgeht. Damit reicht diese Wortgeschichte hinab bis zur jĂŒdisch-griechischen WochentagszĂ€hlung, zu hebrĂ€isch ĆĄabbÄt âRuhetagâ.
Und was hat es mit der Wendung zwischen den Jahren auf sich? Heute meinen wir damit meist die Tage vom 25. Dezember bis Neujahr. UrsprĂŒnglich â und das erklĂ€rt die Wendung â waren dies die âzwölf heiligen Tageâ zwischen dem ursprĂŒnglichen Ende des alten Jahres (24. Dezember) und dem ursprĂŒnglichen Beginn des neuen Jahres (Dreikönige, 6. Januar). Die VerkĂŒrzung auf sechs Tage hĂ€ngt mit der Verlegung des Jahresendes auf den 31. Dezember zusammen. Und wenn man noch weiter schĂŒrft, dann landet man beim Brauch der Römer, seit 153 v. Chr. das Amtsjahr ihrer Beamten am 1. Januar zu beginnen. Dieses Datum ist uns bis heute als Wende des Jahres erhalten geblieben.
Schlussbemerkung zu dieser Kurzinformation in deutscher Sprachgeschichte: Viele unserer Wörter, die wir wie Kleingeld der Kommunikation benutzen, reichen weit in die Tiefe unserer kulturellen Vergangenheit hinab. Ab und zu lohnt es, sich dieses Erbes zu erinnern. Zum Beispiel an Silvester.
Horst Haider Munske
Der Autor ist Professor fĂŒr Germanistische Sprachwissenschaft an der UniversitĂ€t Erlangen-NĂŒrnberg und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Vereins Deutsche Sprache e. V. ErgĂ€nzungen, Kritik oder Lob können Sie schicken an: horst.munske@fau.de
3. Berichte
Beispielhafter VDS
In einem Leserbrief an die Welt lobt Ulrich J. Heinz den Verein Deutsche Sprache. Er schreibt, der VDS fange in den Sprachnachrichten die Fehlsicht allgeschlechtlicher Angaben auf. Im Gegensatz zur geschlechtergerechten Sprache seien sie nicht umfassend. Dazu zitiert er folgendes Beispiel: âPersonenbezeichnungen gelten fĂŒr jedes Geschlecht, âsogar fĂŒr MĂ€nnerââ. (welt.de)
4. VDS-Termine
9. Januar, Region 04 (Leipzig)
Mitgliedertreffen
Zeit: 18:00 Uhr
Ort: SeminargebÀude der UniversitÀt Leipzig, UniversitÀtsstr., 04109 Leipzig
11. Januar, Region 24 (Flensburg)
Mitgliedertreffen mit Wahl der Regionalleitung
Zeit: 17:00 Uhr
Ort: Restaurant WaldschÀnke, Projensdorfer Str. 232, 24106 Kiel
14. Januar, Region 42 (Wuppertal, Remscheid, Solingen)
Mitgliedertreffen
Zeit: 17:15 Uhr
Ort: GaststĂ€tte âKaiser-Treffâ, Hahnerberger Str. 260, 42329 Wuppertal-Cronenberg
16. Januar, Region 07 (Gera, Jena)
Mitgliedertreffen
Vortrag von Vorstandsmitglied Jörg Bönisch: Gendersprache â Geschlechter(un)gerechtigkeit und Sprach(zer)störung
Zeit: 17:00 Uhr
Ort: SanitÀts- und Gesundheitshaus Carqueville, Flurstr. 6, 07586 Kraftsdorf
16. Januar, Region 23 (LĂŒbeck/Wismar)
Mitgliedertreffen mit Wahl der Regionalleitung
Zeit: 18:00 Uhr
Ort: LĂŒbecker Rudergesellschaft, HĂŒxtertorallee 4, 23564 LĂŒbeck
17. Januar, Region 70/71/73/74 (Stuttgart, NordwĂŒrttemberg)
Mitgliedertreffen
Zeit: 19:00 Uhr
Ort: BrauereigaststĂ€tte Dinkelacker, TĂŒbinger Str. 46, 70178 Stuttgart
5. Literatur
Amos Oz und Edgar Hilsenrath gestorben
Die literarische Welt verlor in der vergangenen Woche zwei bekannte jĂŒdische Schriftsteller. Amos Oz (Eine Geschichte von Liebe und Finsternis), suchte mit seiner Literatur Poesie zu schaffen, kein politisches Pathos. Er stand fĂŒr die Zweistaatenlösung zur Befriedung des Konfliktes zwischen israelischen Juden und palĂ€stinensischen Arabern. Ihre Geschichte sei keine der Guten gegen die Bösen, sondern eine Tragödie, ein Konflikt âzwischen Recht und Rechtâ. DafĂŒr musste er Kritik und Anfeindung einstecken.
Edgar Hilsenrath musste sich in Deutschland, dem Land, aus dem er einst geflohen war, gegen die Kritik wehren, der âgroteske, vom Tod geschwĂ€rzte Humorâ seines Romans Der Nazi und der Friseur sei unangemessen fĂŒr eine literarische Darstellung der Schoah. (zeit.de, focus.de, tachles.ch, welt.de, berliner-zeitung.de)
Buchtipps des Ex-PrÀsidenten
Im RĂŒckblick auf das Jahr 2018 veröffentlichte Barack Obama seine persönliche Favoritenliste an BĂŒchern, Filmen und MusikstĂŒcken. Die genannten Titel haben ihn im vergangenen Jahr besonders inspiriert und bewegt, so Obama via Facebook. An erster Stelle steht unter den BĂŒchern die Autobiographie Becoming seiner Frau Michelle Obama. Wer entscheiden möchte, ob diese Nennung als Liebesbekundung abzutun ist, sollte als erstes das Buch lesen. (deutschlandfunk.de)
6. Denglisch
Sprachlose GrĂŒnder
Neben einer schlechten Lage des Immobilienmarktes fĂŒr Gewerbetreibende und der unzureichenden Versorgung mit schnellem und stabilem Internet beklagen sich Jungunternehmer der GrĂŒnderhauptstadt Berlin, dass die Behörden nur in deutscher Sprache kommunizieren. Vier von zehn Start-Up-Unternehmen kĂ€men aber aus dem Ausland, so die Industrie- und Handelskammer Berlin. FĂŒr diese Unternehmen liege die HĂŒrde hoch, da es beispielsweise Informationen zur UnternehmensgrĂŒndung nur auf Deutsch gebe. Auch englischsprachige AusfĂŒllhilfen fĂŒr Fragebögen zur steuerlichen Erfassung existierten nicht. Dies sei keine Werbung fĂŒr Berlin als Wirtschaftsstandort. (rbb24.de)
7. In eigener Sache
Der Infobrief erscheint wöchentlich, neuerdings aber nicht immer am Freitag. Wir bitten unsere Leser um Nachsicht: Rechnen Sie kĂŒnftig mit der Veröffentlichung am Samstag, manchmal schaffen wir es noch zum Freitag. Dass es zwischen den Jahren keinen Infobrief gab, muss an den Feiertagen gelegen haben; da war der eine oder andere Mitarbeiter unabkömmlich …
Der VDS-Infobrief enthĂ€lt Neuigkeiten und Nachrichten der vergangenen Woche zur deutschen Sprache. Namentlich gekennzeichnete BeitrĂ€ge mĂŒssen nicht die Meinung der Redaktion widerspiegeln.
Redaktion: Oliver Baer
© Verein Deutsche Sprache e. V.