Die Texte auf dieser Seite werden zur Zeit aktualisiert, in Kürze finden Sie die neuen Informationen!
- Gehört Gendersprache in die Schule?
- VDS auf der didacta
- Wie ist Sprachwandel zu bewerten – ein Test
- Buchpreis für die beste Abiturleistung an Ihrer Schule
- Besitzen Schulabgänger heute noch die elementaren Fähigkeiten des sprachlichen Ausdrucks?
- Studie zur Lage der deutschen Sprache in Schulen
- Überarbeitung des Kernlehrplans Deutsch für die Gymnasiale Oberstufe (hier: NRW)
- Deutschunterricht im digitalen Zeitalter
- Deutsch als „Bildungssprache“ in der Schule
- Kernlehrplan Deutsch Sekundarstufe I – 2019
Gehört Gendersprache in die Schule?
An Anreden wie „Liebe KollegInnen“ oder „An die Schüler*innen der Jahrgangsstufe 10“ hat man sich beinahe gewöhnt . Ob auf internen Mitteilungen oder Arbeitsblättern gilt das jetzt als neue Form von angeblich „inklusiver“ Höflichkeit.
Ist das eigentlich rechtens? Nein – ist es nicht, denn wenngleich solche Formen im internen Schriftverkehr inzwischen (aus Vereinfachungsgründen) weitgehend geduldet werden, gibt es klare Vorgaben für das offizielle Schreib- und Anredeverhalten, nämlich zum einen das „Verwaltungsverfahrensgesetz“ (BVwVfG), und zum andern die „Amtliche Regelung Deutsche Rechtschreibung“, die ausdrücklich feststellt, dass die vom „Rat für deutsche Rechtschreibung“ formulierten Vorgaben „innerhalb derjenigen Institutionen (Schule, Verwaltung)“ Gültigkeit haben, „für die der Staat Regelungskompetenz hinsichtlich der Rechtschreibung“ besitzt.
(Der Rat hat diese Auffassung gerade erst bei seiner Tagung im Juli 2023 bekräftigt. Im Oktober wird sich wahrscheinlich die Kultusministerkonferenz mit den Empfeh-lungen des Rates beschäftigen – im Anschluss daran werde ich diese Seite nochmals aktualisieren.)
Dem werden nun ca. 10.000 aufgeregte Gleichstellungsbeauftragte und deren Getreuen entgegenhalten, dass doch Gleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder eine gegenteilige Feststellung träfen – nämlich:
dass „Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Bundes … die Gleichstellung von Frauen und Männern auch sprachlich zum Ausdruck bringen“ sollen (§ 3 BGleiG 2015). U.a. in Vordrucken seien „geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen zu verwenden“ bzw. ersatzweise „die weibliche und die männliche Sprachform“. (LGG NRW 2002)
Aber: Was viele Behörden und Körperschaften ihren Beschäftigten mit so genannten „Leitfäden“ oder „Empfehlungen“ zur „geschlechtergerechten Sprache“ zumuten, hat mit diesen Vorgaben nichts zu tun und ist in keiner Weise durch das Gesetz abgedeckt. Insbesondere ist dort keine Rede von Signaturen wie „Genderstern“, Binnen I, Unterstrich oder Doppelpunkt.
Eine sprachwissenschaftliche Fachorganisation wie die „Gesellschaft für deutsche Sprache“ (GfdS) hat im August 2020 zum Gendersternchen eindeutig festgestellt. „Es eignet sich nicht, um genderneutrale Personenbezeichnungen zu bilden. Bei seiner Verwendung entstehen nicht nur grammatisch falsche Formen (z. B. Arzt*in oder Ärzt*in), auch den Regeln der deutschen Rechtschreibung entspricht das Sternchen nicht.“
Die Deutsche Gesellschaft für Sprachwissenschaft (DGfS) hat auf ihrer Jahrestagung im Februar 2021 einen Antrag auf Einführung des Gendersterns in ihre Satzung mit deutlicher Mehrheit abgelehnt und der Direktor des Leibnitz-Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim konzidiert in einem Interview mit dem „Spiegel“ (Nr. 10 2021), dass der Genderstern „derzeit nicht zum Zeichenbestand der deutschen Orthographie“ gehört, weshalb man streng genommen seine Verwendung „in der Schule also als Fehler anstreichen“ müsse.
Fazit: „Gendersternchen, Gender_Gap und andere sprachentstellende Konstruktionen haben … weder in Wochenplänen noch in Unterrichtsmaterialien und Arbeitsblätternetwas verloren“ – denn: „All diese Formen“ sind „nicht konform mit den Regeln der deutschen Grammatik sowie denen der Rechtschreibung.“ (So formulierte es zu Recht ein Vater zweier schulpflichtiger Töchter, der sich schriftlich beim zuständigen Ministerium für Schule und Kultus in München beschwerte.)
Unter diesem Link finden Sie ein aktualisiertes Merkblatt zur Verwendung bzw. Nichtverwendung von Elementen so genannter „geschlechtergerechter Sprache“ in der Schule.
Ein sehr hilfreiches Video zur Diskussion des Themas im Unterricht finden Sie hier: youtube.com.
Eine Schwerpunktausgabe der VDS – Sprachnachrichten mit dem Thema „Deutsch in der Schule“ hat sich im August 2022 u. a. mit der Genderfrage beschäftigt – die Ausgabe kann unter dem Menüpunkt Sprachnachrichten 2022 nachgelesen werden.
Alle interessierten Kollegen und ausdrücklich auch Kolleginnen sowie Eltern oder Schüler sind herzlich eingeladen, uns ihre eigenen Beobachtungen und Erfahrungen damit unter claus.maas@vds-ev.de mitzuteilen.
VDS auf der didacta
Der VDS war in diesem Jahr erstmals mit einem eigenen Stand auf der Bildungsmesse Didacta vom 7. bis 11. März in Stuttgart vertreten.
Es standen drei Themenschwerpunkte im Vordergrund: „Die Bedeutung der Handschrift“ , „Sprachwandel oder Sprachverfall“ und natürlich: „Gehört Gendersprache in die Schule?“
Die Arbeitsgruppen „Deutsch in der Schule“ und die Arbeitsgruppe „Ausgangsschrift“ konnten eine große Nachfrage zu ihren Gesprächsangeboten verzeichnen. Viele Besucherinnen und Besucher probierten unter Anleitung von Katarina Rehm Schreibtechnik mit Hilfe von Tinte und Feder aus, die das Schreibenlernen im Grundschulalter verbessern soll, und zahlreiche Interessenten nahmen an dem Frage- und Korrekturwettbewerb teil, den Arbeitsgruppenleiter Claus Maas zum Thema „Sprachwandel oder Sprachverfall – was ist heute noch `richtig`?“ erstellt hatte.
Darin wurden Formulierungen aufgelistet, die früher in Schülerarbeiten als Ausdrucks- oder Grammatikfehler gewertet worden wären. Aktive Lehrerinnen und Lehrer sollten angeben, wie sie heute mit diesen Formulierungen umgehen und wie sie sie bewerten würden. Es nahmen etwa 200 Personen teil, unter denen einige nette Preise ausgelost wurden.
Natürlich war auch die Ausbreitung der Gendersprache in den Schulen ein Thema. Es wurden dazu viele Gespräche geführt, einige Gäste hatten eigens deswegen den VDS-Stand aufgesucht. Die Gelegenheit war insbesondere für Baden-Württemberger günstig, sich dort über ein gerade laufendes Volksbegehren in ihrem Bundesland zu informieren.
Eine starke Nachfrage zeigte sich außerdem nach Hilfestellungen für Erzieherinnen und Erzieher in Kindertagesstätten zum Thema „frühkindliche bzw. vorschulische sprachliche Bildung“, das offenbar eine hohe Aktualität hat. Der VDS bot interessierten Personen aus diesem Bereich an, ein Kommunikationsforum zu schaffen, an dem jeder teilnehmen kann, der möchte, um sich über Fragestellungen, Beobachtungen und Materialsuche auszutauschen.
Zahlreiche Gäste zeigten sich an dem Vorschlag interessiert und hinterließen ihre Kontaktdaten. Sie werden in Kürze angeschrieben werden.
Wie ist Sprachwandel zu bewerten – ein Test
Anlässlich der Didacta, die in diesem Frühjahr in Stuttgart stattfand, hat der VDS eine Befragung zum Thema „Sprachwandel“ im Deutschunterricht entwickelt und durchgeführt.
Teilnehmende Lehrerinnen und Lehrer sollten sich darin erklären, wie sie nicht (mehr) normgerechte Formulierungen im Bereich Ausdruck und Grammatik in schriftlichen Schülertexten bewerten.
Zu Sätzen wie „wegen dem schlechten Wetter …“ oder „Die Bedarfe an Lehrkräften nehmen zu…“ war eine Einstufung mit drei Optionen vorzunehmen:
- Bewertung als Fehler
- Bewertung als „ungenau“ ggf. mit Verbesserungsvorschlag
- Bewertung als zulässig / unproblematisch bzw. ohne Beanstandung
Interessant dabei: Formulierungen, die einen tatsächlichen Sprachwandel über die Umgangssprache widerspiegeln, werden weiterhin zu hohen Anteilen von über 80 % als „fehlerhaft“ eingestuft. Dazu gehörten der genannte Gebrauch des Dativs bei der Präposition „wegen“ oder die Wortstellung im Nebensatz mit „weil“ – also: „Auf dem Schulhof darf nicht mit Schneebällen geworfen werden, weil es ist zu gefährlich.“
Auch die falsche Kasusform „Er hatte ein Mann gesehen“ im Akkusativ wurde sicher zu Recht weiter von beinahe allen als Fehler gekennzeichnet.
Andererseits gab es Sätze, in denen durch falsche logische Bezüge oder durch einen undeutlichen Ausdruck auch inhaltliche Unklarheiten verursacht wurden – z. B. „Die Kinder helfen sich gerne bei den Hausaufgaben“ (statt helfen sich gegenseitig / helfen einander) oder „Der Schüler gab an, er hätte die Klausur versäumt, weil der Bus zu spät kam“ (statt: gab an, er habe die Klausur versäumt …) Diese Fehler wurden umgekehrt von vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern kaum beachtet.
Auch an einer anglizistischen Adaption wie „Es macht Sinn, dass…“ nahm eine deutliche Mehrheit der korrigierenden Kollegen keinen Anstoß. Nicht zuletzt die Floskel „Unser Theaterbesuch hat leider nicht geklappt“ (statt „ist nicht zustande gekommen / musste leider ausfallen“) wurde kaum beanstandet. Was „lernt uns das?“ könnte man fragen:
Sprachwandel findet sichtbar Eingang in das, was als Standardsprache gilt, oder anders ausgedrückt:
Auf eine Unterscheidung zwischen Alltagssprache und Standardsprache wird auch in der Lehrpraxis im Deutschunterricht immer weniger Wert gelegt. Und nicht zuletzt:
Logische Ungereimtheiten fallen offenbar weniger ins Auge als vordergründige grammatische Gebrauchsvarianten.
Unabhängig von den vorgenommenen Bewertungen wurden unter allen Teilnehmern Sachpreise verlost. Die Gewinner wurden benachrichtigt.
Der Fragebogen mit den insgesamt zwölf Satzbeispielen sowie die Übersicht über die Bewertungsvarianten sind hier aufrufbar.
Buchpreis für die beste Abiturleistung an Ihrer Schule
Auch in diesem Jahr 2023 stellte der Verein Deutsche Sprache allen Schulen mit Abiturprüfung einen Buchpreis als Anerkennung für die beste Abiturleistung im Fach Deutsch zur Verfügung.
Diesee kostenlose Aktion wird seit einigen Jahren angeboten, um ein Signal dafür zu setzen, dass Leistungen im Fach Deutsch ihrer Bedeutung nach nicht hinter anderen Fächern zurückstehen sollten. Bundesweit nahmen wieder über 500 Schulen dieses Angebot an, erstmals befanden sich darunter auch deutsche Auslandsschulen u. a. die:
- Alexander von Humboldt-Schule (Colegio Peruano Alemán, Lima, Peru)
- Deutsche Schule Mariscal Braun (La Paz, Bolivien)
- Deutsche Schule der Borromäerinnen (Alexandria, Ägypten)
- Deutsche Schule Santa Cruz de Tenerife (Spanien)
Besitzen Schulabgänger heute noch die elementaren Fähigkeiten des sprachlichen Ausdrucks?
Der Spiegel (Nr. 11-2021) berichtet über eine Auswertung von Abiturklausuren im Fach Deutsch aus den Jahren 1984 und 1985. Diese wurden, nachdem sie in einem Gymnasium am Bodensee zufällig aufgefunden worden waren, mit aktuellen Abiturarbeiten aus dem Jahrgang 2019 verglichen. Das Ergebnis kann nicht überraschen:
Die Leistungen im Hinblick auf Rechtschreibung, Zeichensetzung, Grammatik und die Qualität des sprachlichen Ausdrucks haben deutlich erkennbar nachgelassen: Wiesen Abiturarbeiten im Fach Deutsch vor 35 Jahren eine durchschnittliche Fehlerquote von 1,5 auf 100 Wörter auf, so waren es 2,2, auf 100 im Jahr 2019 – also eine Fehlerzunahme von rund 50 %. (Dabei blieben Klausuren, die 2019 mit weniger als 6 Punkten – also noch glatt ausreichend – bewertet wurden unberücksichtigt, um ungleiche Voraussetzungen bei der Auswahl der Abiturfächer auszugleichen, denn leistungsschwächere Schüler konnten 1984/85 das Fach Deutsch als Fach der schriftlichen Abiturprüfung abwählen.)
Die Auswertung macht nach Ansicht der Autoren deutlich, dass etwa die große Rechtschreibreform von 1996 mit den vorgenommenen Vereinfachungen des Regelsystems den angekündigten Effekt (mit Ausnahme der Zeichensetzungsfehler) schuldig blieb . Im Gegenteil seien bestimmte Fehlertypen wie die Verwechslung von „das“ und „dass“ (früher „daß“) sogar häufiger geworden.
Eine der Ursachen sehen die Verfasser neben den Einflüssen digitaler Kommunikationsmöglichkeiten und dem allgemeinen Verlust an Schriftlichkeit vor allem in der Lernmethode des „Schreibens nach Gehör“ in den Grundschulen.
Aber auch die Vernachlässigung der korrekten Behandlung von grammatischen Phänomenen in der medialen Öffentlichkeit, z.B. des Konjunktivs in indirekter Rede oder des richtigen Kasusgebrauchs trügen zum Qualitätsverlust bei.
Der Spiegel zitiert die Professorin für Deutsche Sprachdidaktik Julia Knopf, die vor der im öffentlichen Raum häufig vernehmbaren Ansicht warnt, Rechtschreibung sei doch heute nicht mehr so wichtig, solange der Sinn einer Aussage oder eines Gedankengangs verständlich sei. Genau das sei aber aufgrund der sprachlichen Mängel heute schon bei vielen Abiturarbeiten in Teilen nicht mehr der Fall.
Schon im Jahrgang 2019/2020 hat der VDS durch eine Umfrage unter ausgewählten (mittelständischen) Ausbildungsbetrieben deren Einschätzung zu den sprachlichen Leistungen von Schulabgängerinnen und Schulabgängern zu Beginn ihrer Berufsausbildung erfragt.
Die Umfrage sollte Erkenntnisse darüber liefern, inwieweit diese Leistungen sich tatsächlich, wie es immer wieder behauptet wird, deutlich verschlechtert haben, und in welchen Bereichen der Sprachkompetenz besondere Defizite sichtbar werden.
Etwa drei Viertel der befragten Unternehmen hatten den Eindruck, dass die sprachlichen Fähigkeiten ihrer Ausbildungsbewerber in den Bereichen Rechtschreibung, Grammatik und Wortschatz seit Jahren rückläufig sind.
Besonders schlecht stellte sich die Fähigkeit des schriftlichen Ausdrucks dar: nur etwas mehr als ein Drittel der Schulabgänger verfügten in dieser Hinsicht nach Einschätzung der Betriebe noch über wenigstens „ausreichende“ Fähigkeiten. Das galt weitgehend unabhängig davon, ob die Schülerinnen und Schüler einen familiären Migrationshintergrund hatten oder nicht.
Vom Sprachunterricht an den Schulen erwarteten die befragten Betriebe eine stärkere Ausrichtung seiner Anforderungen an den praktischen beruflichen Bedürfnissen sowie eine stärkere Berücksichtigung des schriftlichen Bereichs bei der Notengebung.
Das genaue Ergebnis und die Daten zu der Umfrage, die im Zeitraum Sommer 2019 bis Januar 2020 durchgeführt wurde, und an der sich insgesamt 63 Unternehmen beteiligt haben, finden Sie hier (pdf-Datei).
Wenn Sie über eigene Erfahrungen mit Auszubildenden verfügen, können Sie uns diese auch weiterhin mitteilen. Das Formular der Umfrage finden Sie hier.
Studie zur Lage der deutschen Sprache in Schulen
Die Klagen über mangelnde Sprachkompetenz von Schulabgängern sind nicht neu. Der VDS hat bereits im Jahr 2019 eine (nicht repräsentative) Erhebung unter etwa 100 Ausbildungsbe-trieben in verschiedenen Regionen des Bundesgebietes durchgeführt, die den Eindruck bestätigte, dass es um die elementaren Fähigkeiten des Schreibens und des sprachlichen Ausdrucks durchweg nicht gut bestellt ist. Grundlegende sprachliche Mängel in den schriftlichen und den Leseleistungen der Auszubildenden seien keineswegs nur bei Beteiligten mit familiärem Migrationshintergrund festzustellen, sondern auch unter Schulabgängern, die diesen Nachteil nicht haben.
Forderungen an die Fachdidaktik schienen unausweichlich – nun nahm die Akademie für deutsche Sprache und Literatur das zum Anlass für eine umfangreiche Untersuchung zur „Lage der Sprache an den Schulen“. In einer 320 Seiten starken Analyse beschreiben zwölf Autorinnen und Autoren des „Dritten Berichts zur Lage der Deutschen Sprache“, hg. v. Professor Helmuth Feilke von der Universität Gießen und Ursula Bredel, Professorin für deutsche Sprache und ihre Didaktik an der Uni Hildesheim, ihre Beobachtungen und Erkenntnisse unter dem Aspekt einer „Sprache im Werden“.
Eine ausführliche Würdigung des Berichts und seiner Ergebnisse finden Sie in der Ausgabe 95 (3/2022) der VDS-Sprachnachrichten.
Bei den zur Zeit in einigen Bundesländern stattfindenden Beratungen über eine Neufassung der geltenden Kernlehrpläne für Deutsch in der Sekundarstufe II spielen die Überlegungen dazu durchaus eine Rolle. Der VDS beteiligt sich namentlich in NRW im Rahmen der vorge-sehenen Verbändebeteiligung an den Beratungen und achtet dabei darauf, dass der Gedanke der sog. „konzeptionellen Schriftlichkeit“ die nötige Aufmerksamkeit erhält. Unter „konzeptioneller Schriftlichkeit“ ist zu verstehen, dass an der Schule (in allen Fächern,) nicht nur im Deutschunterricht eine bildungssprachliche Ebene zur Grundlage der Kommunikation bzw. zur Interaktion gemacht werden sollen. Sprachunterricht zielt darauf ab, auch im mündlichen Sprachgebrauch Standards zu wahren, die für den Schriftsprachgebrauch als angemessen gelten.
Überarbeitung des Kernlehrplans Deutsch für die Gymnasiale Oberstufe (hier: NRW)
Mit Beginn des Schuljahres 2023/24 wurde der Kernlehrplan Deutsch für die GO von 2013 durch eine Neufassung ersetzt. Im Rahmen der frühzeitigen Verbändebeteiligung konnte der VDS eine Stellungnahme zu dem entsprechenden Entwurf abgegeben.
Eine Bewertung der jetzt in Kraft getretenen Fassung unter Berücksichtigung der von uns vorgebrachten Einwände und Anregungen wird es in Kürze auf dieser Seite geben.
Soweit Sie Fragen zu den Lehrplanentwürfen anderer Bundesländer haben, wenden Sie sich an uns unter der Adresse: claus.maas@vds-ev.de.
Deutschunterricht im digitalen Zeitalter
Der Anspruch einer fehlerfreien Rechtschreibung und korrekten grammatischen Ausdrucks, findet Julia Knopf , Professorin für Deutschdidaktik an der Universität des Saarlandes, sei gerade im Hinblick auf das digitale Zeitalter von enormer Wichtigkeit, weil es in der digitalen Welt noch mehr als in der analogen auf Genauigkeit und Präzision ankomme und weil digitale Medien nicht über die Fähigkeit der Interpretation oder über pragmatisches Textverständnis verfügten.
Die Frage, wie mit dieser Problematik umzugehen ist, stellt sich auch in unserem Arbeitsbereich: soll der Spracherwerb sich künftig in den Dienst der digitalen Kommunikation stellen – oder sollen sich die Möglichkeiten der digitalen Kommunikation, besonders auch der Umgang mit digitalen Medien, in den Dienst des Sprachunterrichts stellen ?
Welche der beiden Leitideen bestimmen künftig den Deutschunterricht – und wie wird sich fortschreitende Digitalisierung auf die Entwicklung aktiver individueller Sprachkompetenz auswirken? Schließlich: was leistet die Schule eigentlich noch an aktivem Sprachunterricht, um Schülerinnen und Schüler bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen?
Im coronabedingten Fernunterricht lassen sich dazu wohl erste Erkenntnisse gewinnen. Mit der besseren digitalen Ausstattung wird sich die Forderung nach höheren Anteilen digitalen Arbeitens auch im Sprachunterricht allgemein stellen.
Wie Julia Knopf gehen wir von der (konservativen) Vorstellung aus, dass Deutschunterricht vor allem die Fähigkeit von Jugendlichen weiterentwickeln sollte, sich mit Informationen, mit denen sie in vielfältiger Weise konfrontiert werden, sprachlich und gedanklich kompetent und in der Kommunikation präzise auseinanderzusetzen. Das bedeutet, dass sie einerseits das gründliche und systematische verstehende Lesen erlernen müssen und dass sie andererseits einen reichhaltigen Wortschatz und ein möglichst breites Spektrum an sprachlich formalen Mustern erwerben sollten, um sowohl gedanklich differenziert zu urteilen als auch sprachlich flexibel und sensibel zu formulieren. Einfacher ausgedrückt: Schülerinnen und Schüler müssen angehalten werden, sich um ein gutes und niveauvolles Deutsch zu bemühen, und sollen ihre Persönlichkeit namentlich über eine gründliche sprachliche Bildung entfalten.
Bei aller Notwendigkeit, die Möglichkeiten der digitalen Welt kennenzulernen und sie sich zunutze zu machen, muss das sprachlichlogische Denken und die Fähigkeit, selber überzeugend zu formulieren, die Basis für die Wirklichkeitserfassung und die Wirklichkeitsbeschreibung bleiben. Entscheidend ist, dass sich der Deutschunterricht nicht in den Dienst der Digitalisierung stellt, sondern umgekehrt die Digitalisierung in den Dienst des Deutsch – wie auch jeden anderen Fachunterrichts.
Uns interessiert deshalb, wie sich Schulen, Weiterbildungsträger und Medienanbieter auf die anstehenden Veränderungen vorbereiten, wie sie für sich die digitalen oder digital gestützten Unterrichtsmaterialien weiterentwickeln und inwieweit dabei ausreichend Raum für die Entwicklung elementarer individueller Sprachkompetenz geschaffen wird.
Gerne würden wir darüber mit Ihnen in einen Austausch treten. Diese Seite kann dafür eine Plattform bieten. Ihre Meinungen, Beobachtungen und Vorschläge nehmen wir gerne entgegen. Kontakt: claus.maas@vds-ev.de
Deutsch als „Bildungssprache“ in der Schule
Die Kultusministerkonferenz des Bundes und der Länder (KMK) hat im Jahr 2019 ein Grundsatzpapier zum Thema „Stärkung der Bildungssprache Deutsch“ verabschiedet. Der Sprachunterricht soll demnach durchgängig eine stärkere Akzentuierung in allen Bildungsabschnitten und Bildungsgängen erhalten und als „Querschnittsaufgabe“ für alle Fächer und Lernbereiche verstanden werden.
Die Leitforderungen und die Inhalte des Papiers finden sich unter der Netzadresse: kmk.org.
Die Arbeitsgruppe Deutsch in der Schule hat zu den Inhalten des Papiers und zu den von den Bundesländern eingereichten Angaben eine vergleichende Übersicht erstellt.
Im Ergebnis kann man feststellen, dass zwar fast alle Bundesländer eine respektable Breite an Maßnahmen zur Förderung von Sprachkompetenz bei Kindern mit erschwerten sprachlichen Lernbedingungen z.B. durch einen Migrations- oder bildungsfernen familiären Hintergrund bereithalten, dass aber Impulse zur Stärkung bildungssprachlicher Elemente im „muttersprachlichen“ Unterrichtsfach Deutsch nur noch wenig präsent sind. Besonders beim Vergleich der Fortbildungsangebote findet sich dazu kaum etwas. Sehr unterschiedlich stark sind entsprechende inhaltliche Vorgaben oder thematische Akzentuierungen in den jeweiligen Lehrplänen (Schwerpunkt Sekundarstufe I) vertreten. Diese waren zwar nicht ausdrücklich Teil der KMK-Erhebung, müssen aber bei einer Gesamtbetrachtung natürlich berücksichtigt werden.
Die vergleichende Übersicht enthält zu jedem Bundesland eine abschließende Bewertung. Sie können Sie durch einen Klick auf das entsprechende Bundesland über die Karte aufrufen.
Erläuterungen zum Vorgehen und zur Beurteilung sowie die Leitfragen zur Bewertung nach fachdidaktischen Aspekten finden Sie hier.
Eine Zusammenfassung des Ergebnisses finden Sie hier.
Zehn Thesen zur Stärkung der Bildungssprache Deutsch in der Schule aus der Sicht des VDS finden Sie hier.
Kernlehrplan Deutsch Sekundarstufe I – 2019
Im Rahmen der Verbändebeteiligung wurde der VDS im Frühjahr 2019 aufgefordert, eine Stellungnahme zum neuen Kernlehrplan Deutsch für die Sekundarstufe I (in diesem Fall in NRW) abzugeben.
In unserer Stellungnahme stellten wir Schwachstellen des Lehrplanentwurfs heraus und machten mehrere Verbesserungsvorschläge. Eine unserer Forderungen darin lautete, dass die zentrale Aussage aus dem Kernlehrplan 2007 erhalten bleibt: Deutschunterricht ist Sprachunterricht. Diese war tatsächlich in dem neuen Entwurf nicht mehr enthalten (!). Außerdem sollten nach Ansicht des VDS literarische Texte in den Deutscharbeitsbüchern wieder einen größeren Raum erhalten, die Wortschatzerweiterung stärker akzentuiert und mehr Wert auf den Aspekt der Hoch- oder Bildungssprache gelegt werden.
Kurz vor den Sommerferien wurde nun der überarbeitete Lehrplan veröffentlicht – Fazit aus Sicht des VDS:
Ja, der Satz: „Deutschunterricht ist Sprachunterricht.“ wurde wieder aufgenommen – und ja: die Schülerinnen und Schüler sollen am Ende der Sekundarstufe I „normgerecht sprechen und schreiben können.“ Auch das steht auf Drängen des VDS jetzt wieder im Lehrplan. Die geforderte Stärkung der elementaren Fähigkeiten in Wortschatz und Grammatik fand jedoch wenig Niederschlag – insgesamt blieb es bei weitgehend unkonkreten, schwammigen und wenig verbindlichen Formulierungen zur Beschreibung der Aufgaben des Deutschunterrichts. Es hängt also nach wie vor an den Vorstellungen der Lehrerinnen und Lehrer, dieser Notwendigkeit in der Praxis Rechnung zu tragen – im Interesse ihrer Schülerinnen und Schüler. Deren individuelle Bildungschancen und deren Aussicht auf persönliche und berufliche Entwicklung sollten allen, die die Sprache unterrichten, so viel wert sein, dass sie sich durch pädagogische Allgemeinplätze und didaktische Spruchblasen auch in Lehrplänen nicht vom Wesentlichen ablenken lassen.
Claus Günther Maas
Warum „Deutsch in der Schule“ für uns ein Thema ist
Klagen von Hochschuldozenten, Ausbildungsbetrieben, Behörden und Akademien über mangelhafte sprachliche Fähigkeiten der Schulabgänger sind inzwischen alltäglich. Zeitungen sind voll mit Leserbriefen und Berichten, in denen die Verrohung und Verflachung der öffentlichen Sprache angeprangert werden. Die Ausbreitung von Anglizismen und eine unangemessene Verwendung von Umgangssprache sowie vielfach fehlerhafter Sprachgebrauch dominieren in den Medien, zugleich fehlt es an Vorbildern, die dem Sprachverfall entgegenwirken.
Eine zentrale Rolle bei Wahrung und Pflege des Sprachgebrauchs kommt dem Deutschunterricht in unseren Schulen zu. Erfahrenere Lehrerinnen und Lehrer wissen aber, dass Richtlinien und Lehrpläne den Aspekten der Sprachrichtigkeit und der Vielfalt des sprachlichen Ausdrucks immer weniger Bedeutung beimessen. Bei Lernstandserhebungen und Bewertungskriterien für schriftliche Arbeiten spielen diese kaum noch eine angemessene Rolle. Seit Jahrzehnten gibt es in den meisten Bundesländern an weiterführenden Schulen keine benoteten Diktate und keine verbindlichen Vorgaben für die Wortschatzerweiterung mehr (die im Fremdsprachenunterricht selbstverständlich sind). Die Ausarbeitung eigener Texte wird durch die aktuellen Aufgabenformate in der Sekundarstufe I immer weniger gefordert, das Nachdenken über angemessene Formulierungen unter den engen Zeitvorgaben für schriftliche Arbeiten massiv erschwert und einer differenzierten Sprachgestaltung zu wenig Beachtung geschenkt.
Was wir als Arbeitsgruppe tun können
Die Arbeitsgruppe „Deutsch in der Schule“ wurde anlässlich der Sprachtage 2018 neu belebt. Sie will die Ursachen der Fehlentwicklung untersuchen und in der Öffentlichkeit auf Abhilfe drängen. Deutschunterricht muss zunehmend auch wieder aktiver Sprachunterricht werden, mit Schwerpunkt auf dem geschriebenen und durchdachten Wort.
Dazu braucht es eine Neubesinnung in der Bildungspolitik, in der Lehrerausbildung und bei den Fortbildungsinstitutionen. Als Arbeitsgruppe wollen wir dazu beitragen, indem wir Erfahrungen und Eindrücke zusammentragen und diese den entsprechenden Akteuren nahebringen. Diese Seite kann dabei als Plattform für Diskussion und Austausch dienen, gerne können auch Vorschläge für Module zum aktiven Sprachunterricht eingereicht und – unter Beachtung der urheberrechtlichen Regelungen – bereitgestellt werden.
Mitstreiterinnen und Mitstreiter aus allen Berufs- und Erfahrungsfeldern sind uns zur Mitarbeit herzlich willkommen – auch Beiträge, die einfach nur dem Erfahrungsaustausch dienen, werden sehr gerne entgegengenommen. (Kontaktaufnahme über die oben angeführte Mailadresse)
Angebote
Der VDS ist ein Interessenverein, der die Erhaltung und Pflege eines guten deutschen Sprachgebrauchs zum Ziel hat. Dieses Ziel sollte uneingeschränkt auch der Deutschunterricht an Schulen verfolgen – nicht im Sinne der Auslese, aber im Sinne einer anspruchsvollen Förderung.
Wie das auch im Rahmen der geltenden Richtlinien und Lehrpläne möglich ist, das wollen wir gerne mit Lehrerinnen und Lehrern aus der Praxis erörtern und gezielt gemeinsame Konzepte erarbeiten.
Dazu bieten wir sowohl einzelnen Kolleginnen oder Kollegen als auch Fachschaften und Fachgruppen Fortbildungsveranstaltungen und Expertengespräche an, stellen auf Wunsch Referenten und übernehmen Beratung und Moderation zu gegenseitiger Hilfestellung unter den Beteiligten.
Folgende Themen können z. B. behandelt werden:
- Was leistet Deutschunterricht heute – und was sollten Schüler wirklich lernen?
- Lese – und Sprachförderung als Qualitätsmerkmal an Schulen
- „So spricht doch kein Mensch“ – zur Unterscheidung von Alltagssprache und Schriftsprache
- „Leicht-Deutsch oder Denk-Deutsch“ – über angemessenes Sprachniveau in Schule und Beruf
- Was können Schüler können – und was müssen sie lernen zu lernen? – Kompetenzentwicklung als Tendenz im (deutschen) Sprachunterricht
- Deutsch – eine soziale Fremdsprache auch für Muttersprachler ?
- Was heißt eigentlich „sprachliche Leistung“ ? – Bewertung von Darstellungsleistungen und deren Verbesserung
Seit mehreren Jahren schleicht sich gegenderte Sprache unter dem Begriff „geschlechtergerecht“ in den Alltag der Schulen ein, sowohl in interne Texte als auch in Unterrichtsmaterialien und in die Kommunikation nach außen Begründet wird das mit gesellschaftstheoretischen Glaubenssätzen, die zu geltenden Sprachnormen, sprachwissenschaftlichen Erkenntnissen und pädagogischen Grundsätzen im Widerspruch stehen.
Als Lehrerinnen und Lehrer wehren wir uns gegen diese Praxis und bestehen auf folgenden Grundsätzen:
- Mit dem Begriff „geschlechtergerechte Sprache“ wird eine unzulässige Aufwertung versucht, die in der Sache nicht gerechtfertigt ist. Er suggeriert, dass die Nichtverwendung solcher Sprachformen „ungerecht“ sei, und führt so zur Störung des kollegialen Friedens. Er soll deswegen in der schulischen Kommunikation nicht verwendet werden.
- Soweit Kollegen auf die Verwendung von gegenderter Sprache Wert legen, muss dies in einer Weise geschehen, die mit den geltenden Sprachnormen der Orthographie, der Grammatik und der Lexik des Deutschen in Einklang steht.
- Insbesondere ist die Verwendung von Binnen-I und Sonderzeichen im Wortinnern zu unterlassen, die der Rat für deutsche Rechtschreibung wiederholt für nicht vereinbar mit der Amtlichen Regelung der Orthographie erklärt hat. (rechtschreibrat.com)
- Die „Leitlinien für Chancengleichheit durch geschlechtersensible schulische Bildung und Erziehung“ vom 6.10.2016 (kmk.org) rechtfertigen keine Verformung und Verfälschung der sprachlichen Logik und Systematik.
- Gerade geschlechtersensible und wertschätzende Kommunikation in der Schule erfordert sowohl gegenüber Kollegen als auch gegenüber Schülern einen korrekten Sprachgebrauch.
- Einwirkungen von Lehrpersonen auf Schülerinnen oder Schüler, die unter Berufung auf angebliche „Geschlechtergerechtigkeit“ stattfinden, sind unter dem Aspekt des „Nichtüberwältigungsgebots“ aus dem „Beutelsbacher Konsens“ unzulässig.
- Sinnvoll ist stattdessen eine normenkonforme Thematisierung des Phänomens gegenderter Sprache in sprachlichen Fächern, ggf. auch in erziehungs- bzw. gesellschaftswissenschaftlichen oder ethisch-philosophischen Zusammenhängen.
- Die Anwendung grammatisch oder orthographisch fehlerhafter Formulierungen durch Lehrpersonen in unterrichtlichen Zusammenhängen, im Gespräch, in Arbeitsblättern und Arbeitsaufträgen sowie in sonstiger innerschulischer Kommunikation ist nicht zulässig.
- Bei der Bewertung mündlicher und schriftlicher Schülerbeiträge ist auf eine fehlerhafte Benutzung gegenderter Sprache korrigierend hinzuweisen. Das gilt besonders bei sinnentstellenden Formulierungen.
- Logische Fehlleistungen entstehen (neben einer nicht normgerechten Orthographie und Satzgrammatik) besonders häufig durch missverständliche Geschlechter-Beidnennungen ohne konkreten Personenbezug sowie durch die sinnentstellende Verwendung von Partizipialformen.
- Schulischen Gremien obliegt keine Entscheidungsgewalt über etwaige Abweichungen vom normgerechten Sprachgebrauch, der durch Lehrpläne und Verwaltungsrichtlinien vorgeschrieben ist.
- Die Schulleitungen haben im Rahmen ihrer Leitungsverantwortung für die Einhaltung der geltenden Vorgaben zu sorgen.
im März 2024 – Initiativgruppe Lehrer gegen Gendern
V.i.S.d.P. Claus Günther Maas