Infobrief vom 8. Januar 2023: Medienecho auf Hamburger Volksinitiative gegen Gendern

1. Presseschau

Medienecho auf Hamburger Volksinitiative gegen Gendern

Die Bürger möchten nicht länger zum Gendern genötigt werden. Der VDS unterstützt die „Volksinitiative gegen das Gendern in Hamburger Verwaltungen und Bildungseinrichtungen“. Der Antrag liegt beim Landeswahlleiter, in den nächsten Tagen soll es die Genehmigung geben, so das Hamburger Abendblatt. Ab Februar können dann Unterschriften gesammelt werden. Hinter der Aktion steht die Initiative „Schluss mit der Gendersprache in Verwaltung und Bildung“, deren Sprecherin ist Sabine Mertens, die beim VDS die AG Gendersprache leitet. „Wir lehnen die Gendersprache ab, da sie diskriminierend, integrationsfeindlich und vorurteilsbeladen ist“, heißt es in dem Aufruf. Gendersprache gebe den Frauen einen „Opferstatus“. Sie seien aber nicht Opfer, die man „in jedem Satz mit nennen muss“, sagt Mertens. Damit die Hamburger Bürgerschaft das Thema aufgreift, muss die Initiative in sechs Monaten 10.000 Unterschriften sammeln. In einem nächsten Schritt könnte ein Volksbegehren angegangen werden, sollte auch das gelingen, käme es zu einem Volksentscheid. (vds-ev.de/vi-hamburg, abendblatt.de (Bezahlschranke), ndr.de, zeitung.faz.net, spiegel.de (Bezahlschranke), welt.de, hamburg1.de, bild.de)


„Südländer“ in Berlin abgeschafft

Keine Satire ist der interne Leitfaden, der Berliner Polizisten zur Nutzung einer politisch korrekten Sprache ermahnt. Wie die Berliner Zeitung berichtet, klärt ein 29-seitiger Leitfaden die 25.000 Mitarbeiter darüber auf, welche Begriffe sie vermeiden oder benutzen sollen – „ungeachtet mancher Kollision mit den deutschen Rechtschreibregeln.“ Die Wörter Asylbewerber und Dunkelhäutiger oder auch die Anrede „Herr Müller“ seien nicht mehr zu verwenden, da das Gegenüber sich diskriminiert fühlen könnte. Man solle vielmehr die Begriffe nutzen, die die betroffenen Gruppen für sich selbst beanspruchen. Auch bestimmte Personenbeschreibungen, die intern verschickt wurden, stünden nun auf dem Index: „Südländer“ oder „südländisches Aussehen“ seien verboten, „weil dies geografisch unspezifisch sei“, außerdem sei der Begriff wegen seiner Nutzung „in verfassungsfeindlichen Medien negativ belegt“, heißt es. Besser sei es laut Leitfaden, „dunklerer Hauttyp, Phänotypus: westasiatisch“ zu schreiben. (berliner-zeitung.de)


Flüchtlinge statt Geflüchtete

Das Wort „Geflüchtete“ verharmlost das Los von Flüchtlingen. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR lehnt das Wort ab und hält an „Flüchtlinge“ fest. „Wir betrachten das Wort ,Geflüchtete‘ als abwertend und benutzen es nicht“, sagte laut WELT der UNHCR-Sprecher in Deutschland, Chris Melzer, der Deutschen Presse-Agentur. Auch der Name des UN-Flüchtlingshilfswerks bleibe erhalten. Die Organisation Pro Asyl hatte sich schon 2016 positioniert und das Wort „Flüchtlinge“ verteidigt: „Im juristischen Sinn ist ein Flüchtling einer, der Rechte hat“, schrieb sie damals. Melzer hält „Geflüchtete“ für zu banal. „Wir sind alle schon einmal vor irgendetwas geflüchtet, sei es vor einem Regenguss, einer unangenehmen Pflicht oder etwas anderem“, sagt er. „Flüchtling“ sei jedoch „quasi ein geschützter Begriff“. Er sei seit mehr als 70 Jahren durch die Genfer Flüchtlingskonvention definiert und habe eine Schärfe und Stärke, die Menschen schütze. (welt.de)


Floskel-Wahl sorgt für Ärger

Kein Tag ohne Beschwörung der Freiheit! Nun ist das Wort „Freiheit“ zur Floskel des Jahres 2022 gewählt worden – und allein die Wahl und die Berichterstattung darüber sorgen in den (sozialen) Medien für Verwunderung. Das sprachkritische Projekt der Journalisten Udo Stiehl und Sebastian Pertsch gibt es bereits seit 2014, mit ihm sollen Phrasen und Formulierungen in Nachrichtentexten hinterfragt werden; seit 2020 wird eine Floskel des Jahres gewählt. Als Begründung für den aktuellen Platz 1 geben die Macher an, „Freiheit“ würde „entwürdigt von Egoman*innen, die rücksichtslos demokratische Gesellschaftsstrukturen unterwandern. Im Namen der Freiheit verkehren sie selbstgerecht und unsolidarisch die essenziellen Werte eines Sozialstaates ins Gegenteil – alles für den eigenen Vorteil.“ Als problematisch gilt Kritikern, dass Stiehl und Pertsch einen Begriff nach unklaren Kriterien prämieren. Pertsch gibt sich in den sozialen Medien als „kritikoffen“ und präsentiert sich als jemand, der Beleidigungen ablehnt, zugleich bezeichnet er seine Kritiker als „Arschloch“, „Trottel“ und „Schwachkopf“ und entzieht sich der Kritik, indem er ihm nicht genehme Personen auf Twitter blockiert. Auf Übermedien schreibt Stefan Niggemeier, die Floskel des Jahres werde von Medien und Agenturen behandelt, als ginge es um ein denkwürdiges Ereignis, um das Ergebnis einer Expertenumfrage, einer Publikumsabstimmung oder einer wissenschaftlichen Auswertung. „Dabei ist es nur das, was Pertsch und Stiehl so finden.“ (bild.de, tagesschau.de, uebermedien.de)


Babysprachen-Übersetzer

Die Macher der US-amerikanischen Comicserie „Die Simpsons“ könnten Wiedergänger des Nostradamus sein. Sie haben Donald Trump als US-Präsidenten vorhergesagt, ebenso den Ausgang der Serie „Game of Thrones“ sowie die Autokorrektur für elektronische Nachrichten. Jetzt bewahrheite sich eine weitere Weissagung, meldet Yahoo-Nachrichten. In der Simpsons-Folge „Der vermisste Halbbruder“ aus dem Jahr 1992 wurde ein „Babydolmetscher“ erfunden, der das unverständliche Gebrabbel und Weinen von kleinen Kindern übersetzen und so Eltern das Leben erleichtern soll. Bei der Technikmesse CES in Las Vegas hat jetzt ein Unternehmen aus Taiwan den Babydolmetscher Q-Bear vorgestellt. Das Gerät verspricht, mithilfe von künstlicher Intelligenz das Weinen von Babys analysieren und übersetzen zu können. Es soll vier Bedürfnisse unterscheiden können: Hunger, eine volle Windel, Müdigkeit und den Wunsch nach Aufmerksamkeit. Je häufiger das Gerät genutzt wird, desto besser lerne die künstliche Intelligenz und könne sie das Bedürfnis genauer erkennen. (nachrichten.yahoo.com)


2. Gendersprache

Ärzte und Apotheker in der Minderheit

Der Warnhinweis „Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ sei aus der Zeit gefallen – sagt der Ärztepräsident Klaus Reinhardt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Über 90 % der Apotheken-Mitarbeiter seien weiblich, rund die Hälfte der Ärzteschaft ebenfalls, daher müsse der Pflichttext „durch eine neutrale und dennoch leicht verständliche Formulierung ersetzt werden.“ „Ein rein männlicher Sprachgebrauch kann da keineswegs als eine faire Sprachpraxis bewertet werden“, sagte Gabriele Regina Overwiening, die Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Sogar Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach begrüßte in der Bild diesen Vorstoß: Dass Ärztinnen ausdrücklich genannt würden, entspreche der Realität der Versorgung. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Jana Schinke kritisierte: „Das schlägt dem Fass den Boden aus. Die Kinderstationen sind überfüllt, es fehlt an wichtigen Medikamenten, wir erleben die seit langem stärkste Infektionswelle – und schon wieder solch ein Vorschlag, den keiner braucht.“ Julien Reitzenstein fordert in der Welt die Beibehaltung der bisherigen Formulierung: „Denn der Anteil der Männer in diesen Berufen sinkt rapide, und zwar deutlich unter jedes Paritätsmaß.“ Die Welt erinnert auch an Max Goldt, der bereits vor Jahren die postmortale Geschlechtsumwandlung von Männern rügte: „Aus ‚der Mann‘ wird ‚die Leiche‘.“ Auf Befragen teilt ein Vorstand des VDS die Sorge: „Man stelle sich vor, Frauen ignorieren den Warnhinweis, da ihrer Ansicht nach nur Männer gemeint sind!“ (rnd.de, bild.de, welt.de)


3. Sprachspiele: Unser Deutsch

Vorschrifteritis

Wie oft mag dieser Satz schon genervt haben: „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“. Immer dasselbe, schnell heruntergerattert. Das wird sich bald ändern. Denn nun kommt noch die Genderlobby und verlangt nach „geschlechtsneutraler Formulierung“. Also bitte das generische Maskulinum streichen. Da gibt es große Auswahl: Ärzte und Ärztinnen oder Ärzt:innen oder Ärzt/innen oder gar Ärzt*innen. Und dasselbe noch für die Apothekerschaft. Das wird aber sehr lang und kostet Geld, das hinzukommt zu den eigentlichen Kosten der Werbung für Pillen, Salben, Säfte. Denn der bekannte Satz ist seit 1990 gesetzlich vorgeschrieben. Damals, so erfährt man beiläufig aus der Presse, habe ein Werbeverbot für Medikamente gedroht. Der Kompromiss zwischen Bundesgesetzgeber und Arzneimittelindustrie war dieser Pflichttext. Kurios auch der Hinweis auf den Beipackzettel, der xfach gefaltet sämtliche je gefundenen Nebenwirkungen aufführt, bei der Frage nach der Anwendung aber versagt. Da heißt es lapidar, man möge bei Arzt oder Apotheker nachfragen.

Alle Fortschrittsbegeisterten und Zeitgeistfollower verlangen jetzt Umformulierung. Auch der Gesundheitsminister hat sein gewichtiges Wort dazugelegt. Nun gibt es kein Drumherum mehr. Schon vor Jahren hatte die SPD-Abgeordnete Renate Schmidt einen passablen Vorschlag gemacht. „Holen Sie ärztlichen Rat ein und fragen Sie ihre Apothekerin oder ihren Apotheker“. Da war schon berücksichtigt, dass das Personal in Apotheken fast ausschließlich weiblich ist. Wie in der Grundschule. (Sollten in beiden Fällen nicht endlich Gleichstellungsbeauftragte wirksam werden?) Es ginge auch ganz entpersonalisiert, etwa so: „Fragen Sie in ihrer Arztpraxis oder Apotheke nach“. Das trägt auch dem Umstand Rechnung, dass die meisten Bürgerinnen und Bürger gar keinen eigenen („ihren“) Arzt oder Apotheker haben. Quasi eine Leibapothekerin, denn ein Mann wird es wohl kaum sein.

Endlich kommt Schwung in die Genderdebatte, denn nun muss der Gesetzgeber ran (oder sollte es besser heißen: der Gesetzgeber oder die Gesetzgeberin?). Die Sache könnte weitestreichende Folgen haben, etwa für die gesamte Gesetzes- und Verordnungssprache. Das Verfassungsgericht könnte eine geschlechtergerechte Formulierung irgendwie generalisieren. Da mag es lohnen, sich auf die Anfänge dieser lästigen, jetzt als frauenunfreundlich empfundenen Regelung zu besinnen. Einfach streichen. Am besten auch die Werbung für Medikamente mitstreichen, wie es einst die Regierung vorhatte. Denn letztlich ist die ganze Sache ja selbst Symptom einer Krankheit, die in Deutschland epidemisch grassiert: die Vorschrifteritis.

Horst Haider Munske

Der Autor ist Professor für Germanistische Sprachwissenschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Vereins Deutsche Sprache e. V. Ergänzungen, Kritik oder Lob können Sie schicken an: horst.munske@fau.de


4. Kultur

Serbische Sprache unter Druck

Kyrillisch geschriebenes Serbisch ist nicht länger erwünscht. In der ostkroatischen Stadt Vukovar darf die serbische Minderheit ihre Sprache und das kyrillische Alphabet offiziell nicht mehr verwenden, so die taz. Das lokale Parlament habe das zum neuen Jahr beschlossen. Der Grund: Eine Volkszählung aus dem Jahr 2021 habe ergeben, dass der serbische Bevölkerungsanteil auf weniger als ein Drittel aller Bewohner gefallen sei. Laut Gesetz entfalle damit für die Serben das Recht, weiterhin offiziell ihre Muttersprache zu nutzen. Der Kampf um die Sprache tobt in der Region schon länger. Nachdem 2013 ein zweisprachiges Schild in kyrillischer und lateinischer Schrift auf der Polizeistation in Vukovar angebracht worden war, wurde es sofort von kroatischen Veteranen abgerissen. Die Region um Vukovar an der Grenze zu Serbien war während des Kroatienkrieges (1991-1995) das am stärksten umkämpfte Gebiet. Die Stadt wurde durch serbische Freischärler weitgehend zerstört, heute leben hier knapp 28.000 Menschen. (taz.de)


Dialekt-Sympathie

Sächsisch bleibt von der Geschichte gefärbt. Der SWR beschäftigt sich mit der Frage einer Hörerin, warum einige Dialekte in ihrem Ohr sympathisch oder unsympathisch klingen. Laut Gábor Paál, dem Leiter der Abteilung Wissenschaft und Bildung im SWR, spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Im Schwäbischen und Sächsischen würden viele Vokale, aber auch manche r-Laute „pharyngalisiert“. So klingen sie fast nasal, weit hinten im Rachen artikuliert. Auf Nicht-Dialektsprecher wirken sie so distanziert. Im Bayerischen hingegen würden die Vokale weit vorne im Mund gebildet, das wirke offener. So sei es nicht verwunderlich, dass das Bayerische bei den Dialekten die größten Sympathiewerte genieße. Auch das Hessische kenne fast nur weiche, stimmhafte Konsonanten und wirke dadurch „gemütlich“. Neben dem reinen Ton spielten aber auch Assoziationen eine Rolle. Wenn wir bei Schwaben an die Kehrwoche denken – darin ist geregelt, wann wer mit dem Fegen gemeinschaftlich genutzter Räume dran ist –, wirke sich das positiv auf die Sympathiewerte aus. Das Sächsische hingegen sei einst der staatstragende Dialekt der DDR gewesen, das sei schwierig auszublenden und sorge für eine emotionale Distanz – auf der Beliebtheitsskala sei Sächsisch daher oft das Schlusslicht. (swr.de)


Schwierige Sprachen

Was macht eine Sprache schwierig? Laut Prof. Martin Haspelmath sind es meist die Sprachen, die mit der eigenen Muttersprache wenig verwandt sind, so der SWR – für Deutsche wären das zum Beispiel Finnisch oder Georgisch. Generell gebe es aber viele Merkmale, die eine Sprache schwierig machen, unabhängig davon, wer sie erlernt. Das kann an einer komplizierten Grammatik, einem schwierigen Vokabular oder feinen Differenzierungen liegen. Im Chinesischen hängt die Bedeutung eines Wortes von der Melodie ab. Im Japanischen müssen viele Höflichkeitsformen berücksichtigt werden. Diese Faktoren kennzeichnen Burashaski (gesprochen im Norden Pakistans, ca. 100.000 Sprecher) als komplexeste Sprache, danach folgt Copainalá Zoque, eine indigene Sprache in Mexiko, und an dritter Stelle Khoekhoe, eine Sprache aus der Grenzregion Namibia/Botswana. Komplexität und Schwierigkeitsgrad hängen jedoch nicht immer zusammen, heißt es. Spanisch sei sehr komplex, jedoch vergleichsweise leicht zu lernen, weil es sehr regelmäßig ist. (swr.de)


Künstliche Text-Intelligenz

Rechnerprogramm ist mit wählbarem Charakter verfügbar geworden. Das Unternehmen OpenAI hat eine künstliche Intelligenz entwickelt, die Sprache nicht nur verstehen, sondern auch nach bestimmten Prämissen selbst erzeugen kann. Dafür werden ihr bestimmte Parameter vorgegeben. Die Jugend- und Schulredaktion des Portals Idowa hat einem KI-Programm namens Text KI GPT-3 eine Frage gestellt, die es unter Bezugnahme auf verschiedene Variablen beantworten sollte. Die Frage lautete: „Warum ist die Banane krumm?“ Die „gut gelaunte“ Charakterversion der KI antwortete nüchtern, aber freundlich: „Die Banane wächst an einem langen Blattstiel, der sich im Laufe der Zeit biegt.“ Die Version mit der Prämisse „zynisch und sarkastisch“ brachte eine andere Antwort hervor: „Bananen sind einfach zu faul, um gerade zu stehen – vielleicht sogar zu faul, um überhaupt zu existieren.“ (idowa.de)


5. Berichte

VDS auf der didacta

Der Verein Deutsche Sprache und insbesondere seine Arbeitsgruppe „Deutsch in der Schule“ wird sich im März erstmals mit einem Stand bei der Bildungsmesse didacta in Stuttgart präsentieren. Zur Zeit werden Inhalte für die Präsentation aufbereitet und Materialien erarbeitet. Schwerpunktmäßig sollen die Themen „Handschrift“, „Deutsch als Sprachunterricht“ sowie „Gendersprache in der Schule“ behandelt werden. Anregungen hierzu von pädagogisch interessierten Lesern des Infobriefes werden gerne entgegengenommen – außerdem werden auch noch Freiwillige für die Standbetreuung gesucht. Die didacta findet in der Zeit vom 7. bis 11. März statt. Meldungen bitte an: claus.maas@vds-ev.de (messe-stuttgart.de)


6. Denglisch

„Syntax-Anglizismen“

Redakteurin Birgitta Stauber von der Berliner Morgenpost erkennt eine neue Form der Anglizismen. Anstelle der englischen Begriffe, die wörtlich ins Deutsche übernommen werden, wird nun der Satzbau des Englischen in das Deutsche übersetzt, und damit ergeben sich Sätze wie „Ich bin damit fein“ – zugrunde liegt der englische Ausdruck „I’m fine with it.“ Als Grund vermutet Stauber vor allem den gesteigerten Konsum englischer Medien, wie TikTok oder Filme im englischen Original auf Netflix. Grammatik und Satzbau des Englischen würden nach und nach in den deutschen Sprachgebrauch eingebaut. „Das macht Sinn“ (engl. „makes sense“) sei ein älteres Beispiel für solche „Syntax-Anglizismen“, wie Stauber sie nennt. Denn normalerweise müsse es „das ergibt Sinn“ oder „das ist sinnvoll“ heißen. Staubers Meinung dazu: Das Sprachniveau sinkt durch die derartige Ausbreitung der englischen Grammatik in der deutschen Sprache. (morgenpost.de)


7. Kommentar

Sprache im Knast

Die Duma rettet die russische Sprache vor ausländischem Einfluss. Laut Süddeutscher Zeitung (SZ) geht es darum, „dass Fremdwörter in staatlichen Behörden, Gerichten, auch in Medien, Kinos und in der Werbung nicht mehr verwendet werden dürfen.“ Die russische Sprache solle nicht von ausländischen Sprachen „verunstaltet und übernommen werden“, zitiert die SZ den Fraktionschef der Partei Gerechtes Russland. Eine bemerkenswert staatstragende Umsicht, wenn man die Sorgfalt bedenkt, mit der die russische Staatsführung in der Ukraine dafür sorgt, dass alles als fragwürdig gilt, was aus Russland kommt, nicht nur die Sprache. Der Überfall auf die Ukraine führte bereits im März 2022 zur spontanen Abstrafung, etwa in dem Berliner Restaurant Datscha Kreuzberg, wo man sich unmissverständlich mit der Ukraine solidarisierte. Dennoch berichteten die Mitarbeiter dem rbb bereits im März 2022: „Es arbeiten auch Ukrainer, Russen, Moldawier und Belarussen hier, aber weil wir hier alle Russisch sprechen, werden wir alle boykottiert.“ Da liegt eine Verwechslung vor. Wenn man Sprache für ein Lebewesen hält, ist sie auch strafmündig und muss für ihre Untaten zur Rechenschaft gezogen werden. Wir können sie dann im Knast besuchen. (Oliver Baer) (sueddeutsche.de, rbb24.de)


Der VDS-Infobrief enthält Neuigkeiten zu verschiedenen Sprachthemen. Männer sind mitgemeint, das Gleiche gilt für andere Geschlechter. Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln gelegentlich die Meinung der Redaktion wider.

Redaktion: Oliver Baer, Holger Klatte, Asma Loukili, Dorota Wilke, Jeanette Zangs

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